Protokoll der Sitzung vom 12.09.2012

(Beifall bei der CDU)

Ja, ich habe ein beihilferechtliches Problem, wenn ich nur gezielt einem einzelnen Klinikum helfen will. So funktioniert das eben nicht. Wenn man wie wir den Weg wählt und sagt, wir machen keine Investitionsfinanzierung mehr, sondern wir geben nur noch Bürgschaften, und die Kliniken sollen es gefälligst selbst erwirtschaften, anders als in vielen anderen Bundesländern, dann muss man ehrlicherweise sagen, wenn ich das System ändern will, dann kann ich dies nicht nur bezogen auf ein eigenes Bauvorhaben ändern, weil diese Kliniken natürlich im freien Wettbewerb mit den freigemeinnützigen Kliniken stehen.

Wenn wir wie in anderen Ländern auch zu einer anderen Investitionsfinanzierung kommen, beispiels

weise dass 50 Prozent der Investitionskosten im Einzelfall auch staatlich finanziert werden und nur die anderen 50 Prozent durch unternehmerische Tätigkeit des Klinikums refinanziert werden müssen, dann muss das für alle gelten. Gleiches Recht für alle! Deswegen geht es gar nicht darum, jetzt spitzfindig nur einem Klinikum zu helfen. Sehr geehrte Frau Senatorin Jürgens-Pieper, in Bremen leidet die gesamte Krankenhausfinanzierung, übrigens auch nur in Bremen, weil es in anderen Ländern mit der Investitionsfinanzierung funktioniert!

(Zurufe vom Bündnis 90/Die Grünen)

Ich habe Ihnen zwei Beispiele genannt. Gehen Sie nach Rostock, schauen Sie sich die Kölner Kliniken an! Gleiche Rahmenbedingungen des Bundes!

(Zuruf der Abg. Frau H o c h [Bündnis 90/ Die Grünen])

Die Bundesregierung regiert doch nicht nur in Bremen, Frau Hoch, sie regiert überall in Deutschland, und komischerweise haben wir nur in Bremen solch ein Problem. Vielleicht ist das Ihr Problem und nicht das Problem der Bundesregierung! Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU)

Wenn man Geld hat, kann man sich Zeit lassen, Frau Senatorin! Das ist klar. Ich habe bisher aber den Eindruck, dass wir in Bremen nicht übermäßig viel Geld haben. Deswegen brauchen wir eine schnelle Lösung.

Lassen Sie mich deswegen zum Abschluss noch einmal Folgendes sagen. Ich habe jetzt gelernt, Frau Senatorin Jürgens-Pieper, Sie sind nicht zuständig für das, was vor den Jahren 2008 oder 2009 war, oder vielleicht sogar nicht einmal für das, was vor dem Jahr 2011 war, dafür ist Frau Rosenkötter zuständig. Sie wird sich übrigens bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie gesagt haben, dass sie damals alles falsch gemacht hat. Unabhängig davon waren die Sozialdemokraten übrigens immer dabei. Sie sind aber für das nicht verantwortlich, was im Gesundheitsbereich vor dem Jahr 2011 passiert ist. Sie sind nicht verantwortlich dafür, dass Sie zu Beginn dieses Schuljahres nicht ausreichend Lehrer hatten.

(Senatorin J ü r g e n s - P i e p e r: Ach ja!)

Sie sind nicht verantwortlich für den Unterrichtsausfall. Sie sind nicht verantwortlich für die Defizite der Kliniken, die in diesem Jahr in Ihren Verantwortungsbereich fallen. Sie sind nicht verantwortlich für das teilweise Scheitern des Sanierungskonzeptes.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Träume ich, oder hatten wir die Aufzählung gerade schon?)

Frau Senatorin Jürgens-Pieper, ich habe den Eindruck, Sie sind für gar nichts verantwortlich!

(Abg. Frau H i l l e r [SPD]: Aber Sie ha- ben auch eine Verantwortung!)

Zu dem Ergebnis können Sie für sich selbst ja kommen, aber wer für nichts verantwortlich ist, Frau Jürgens-Pieper, den brauchen wir hier auch nicht!

(Abg. Frau H i l l e r [SPD]: Das ist uner- träglich, was Sie hier machen! Das ist so zy- nisch!)

Das ist die Wahrheit!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich über eine Sache gestolpert bin. Frau Bürgermeisterin Linnert sagte, wenn wir uns jetzt über finanzielle Beihilfen für die Kliniken unterhalten, bekommen wir Ärger mit Berlin. Ich habe vorhin eine Beispielrechnung gemacht.

(Bürgermeisterin L i n n e r t: Nein, das habe ich nicht gesagt!)

Sie haben gesagt, wenn Sie nach Berlin gehen und 400 Millionen Euro mehr wollen, oder Ähnliches!

Es wird also nach wie vor das Gespenst des Überschreitens des Sanierungspfades an die Wand gemalt. Ich habe gelernt, der Klinikverbund hat ungefähr 305 Millionen Euro Kredit aufgenommen, er braucht das Geld noch gar nicht zu diesem Zeitpunkt. Einen großen Teil dieses Geldes hat er wieder verliehen, und er bekommt Zinsen für das Geld, das er verleiht, und senkt damit die Differenz der Zinsen.

(Bürgermeisterin L i n n e r t: Ja!)

Ich habe es gelesen, und ich finde es in Ordnung. Das heißt, der eigentliche Investitionsbedarf beträgt gar nicht auf einmal 300 Millionen Euro, sondern er verteilt sich über mehrere Jahre. Wäre es über drei Jahre verteilt, dann wären es jedes Jahr 100 Millionen Euro, wäre es über vier Jahre verteilt, dann hätte man 75 Millionen Euro pro Jahr. Das heißt, der Finanzierungs––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

bedarf ist gar nicht auf einmal 300 Millionen Euro, und er ist jetzt auch nicht auf einmal 400 Millionen Euro.

(Bürgermeisterin L i n n e r t: Ja, eben! Aber das haben Sie ja gesagt!)

Ich habe eine Beispielrechnung gemacht! Vielleicht ist zuhören manchmal auch eine ganz gute Idee.

Ich wollte in diesem Zusammenhang auf Folgendes hinweisen, um dieses Beispiel zu nehmen: Selbst wenn wir jetzt 400 Millionen Euro bezahlen müssten, wäre es nicht so, dass wir damit den Sanierungskurs gefährden. Meines Erachtens ist es so, dass dies eine Belastung von 25 bis 26 Millionen Euro im Jahr bedeutet, und die sind im investiven Teil des Haushaltes enthalten. Da sind bis zum Jahr 2015 jedes Jahr 450 Millionen Euro eingestellt. Stimmt das ungefähr? Ich habe hier eine Liste, in der steht, im Jahr 2012 wurden 402 Millionen Euro durch Verpflichtungsermächtigungen vergeben, und im Jahr 2013 sind es 177 Millionen Euro. Diese Summe sinkt kontinuierlich. Bis zum Jahr 2014 sind noch 110 Millionen Euro festgelegt. Das heißt, wir haben 350 Millionen Euro, die nach meinem Verständnis der politischen Entscheidung zugeführt werden können.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Es geht doch gar nicht nur um In- vestitionen!)

Natürlich sind die 26 Millionen Euro nicht nur Investitionen, es sind auch Zinsen! Man kann die Investitionen aber senken, wenn die Zinsen etwas steigen.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Es geht auch um laufende Kosten, Herr Kollege!)

Das heißt, das Gespenst, dass man mit einer Investition in die Krankenhäuser den Sanierungskurs gefährdet, ist nicht wahr, und es ist zumindest aus der Richtung möglich. Darauf wollte ich noch einmal hinweisen.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie können mir ja gleich erklären, an welcher Stelle ich mich irre und an welcher Stelle Sie Ärger mit Berlin bekommen, wenn wir die Krankenhäuser auf diese Weise unterstützen.

Eine Sache ist mir noch aufgefallen, Herr Röwekamp, die auch nicht funktioniert, und das ist eine Erkenntnis aus dem Sanierungsprozess. Sie können in den Kliniken nicht mehr in der Größenordnung, die notwendig wäre, um das strukturelle Defizit zu decken, das Personal reduzieren. Wir haben momentan das Problem, dass wir zu wenig Personal haben. Wir haben das Problem, dass wir bestimmte Leistungen nicht mehr erbringen können. Die Aussagen über

patientennahe und patientenferne Leistungen sind zum Teil ein Mythos. Wir haben auch gelernt, dass es nicht egal ist, ob man ein Büro reinigt oder einen OP-Saal. Man braucht dafür anders qualifiziertes Personal, und man braucht dafür gut qualifizierte und gut bezahlte Menschen. Diese Sanierung über Lohnverzicht oder über betriebsbedingte Kündigungen oder durch eine noch weitere Personalreduzierung voranzutreiben, halte ich für einen Irrweg, der genauso Probleme erzeugen wird wie vorher auch. – Danke!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Güldner.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich fand wie Frau Bürgermeisterin Linnert ja auch, dass Sie sowohl in der gestrigen als auch in der heutigen Debatte in der Sache einige richtige Sachen gesagt haben. Ich möchte auch gleich die dann im Folgenden bei Ihnen fehlende Nachdenklichkeit ersetzend auf einige dieser Punkte noch einmal eingehen.

Sie haben versucht – und das ist in diesem Haus leider schon sehr oft der Fall gewesen, und wir mussten es uns immer anschauen –, mit einigen wirklich sehr nachdenklichen richtigen Punkten zu starten, sind dann aber auf eine völlig verfehlte, überzogene und, wie ich finde, vollkommen ungerechtfertigte Art und Weise, in der Sie Frau Senatorin Jürgens-Pieper in diesem Punkt angegriffen haben, am Ende Ihrer Rede angekommen. Das war vollkommen daneben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das ist etwas, was wir hier immer wieder erleben.

Ich finde, die Vorwürfe, die Sie gerade der Senatorin, die sich Tag und Nacht darum bemüht, aus diesem wirklich großen Dilemma, das wir dort haben, herauszukommen, gemacht haben – das würde im Übrigen auch auf ihre Vorgängerin zutreffen – und was Sie in dieser Aufzählung, die Sie hier dreimal vorgelesen haben, alles zusammengemengt haben, spotten meines Erachtens jeder Beschreibung.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das ist hier auch komplett von den die Regierung tragenden Fraktionen zurückzuweisen.

Sie haben recht, und das geht mir, der sich auch sehr intensiv und lange um dieses Thema gekümmert hat, auch so, wir haben in der Tat ein Problem. Wir können uns nicht regierungsübergreifend hinstellen ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

und sagen, wir haben die kommunalen Krankenhäuser in den letzten 20 Jahre sehr gut gemanagt, und das Ergebnis sei voll befriedigend. Wer hier solch einen Wahnsinn erzählt – das hat ja schon beim Klinikskandal mit Herrn Galla begonnen, hat sich dann mit Herrn Lindner und Herrn Tissen fortgesetzt und ist mit der Problematik, die jetzt im Keimskandal mit Herrn Dr. Hansen und mit vielen anderen Problemen einmündet, weitergegangen – und sagt, wir hatten da keine Probleme, wir haben das alles gut gemacht, in Bremen sind die kommunalen Kliniken perfekt gemanagt worden, und wir haben ein sehr gutes Ergebnis, der würde natürlich komplett an der Wahrheit vorbeireden.

Wir haben sehr viele Probleme. Sie haben in dem Punkt auch recht, dass ein Teil der Probleme bundesweit verursacht worden ist. Es handelt sich aber wirklich nur um einen Teil. Wir haben aber auch in Bremen ein ganz großes Problem selbst vor uns hergetragen. Es ist aber auch gar nicht so einfach.