Wir haben sehr viele Probleme. Sie haben in dem Punkt auch recht, dass ein Teil der Probleme bundesweit verursacht worden ist. Es handelt sich aber wirklich nur um einen Teil. Wir haben aber auch in Bremen ein ganz großes Problem selbst vor uns hergetragen. Es ist aber auch gar nicht so einfach.
Die Struktur des Klinikkonzerns ist in der Tat so, dass es manche Probleme auch schon aufgrund der Struktur gibt. Wir haben uns nie für einen Einheitsbetrieb entschieden. Wir haben uns aber auch nicht für eine komplett autonome Organisation in den Häusern entschieden, sondern für ein Mischsystem. In diesem Mischsystem ist, je nachdem wer es nutzt oder auch missbraucht, so wie es zum Beispiel Herr Lindner und auch Herr Tissen getan haben, auch dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Ich glaube, dass sich alle einig sind, dass diese ganzen Vorgeschichten kein Ruhmesblatt für die Freie Hansestadt Bremen waren.
Wir haben dann einen Weg eingeschlagen. Bei aller Kritik an Herrn Dr. Hansen und vor dem Hintergrund, dass die grüne Fraktion auch die Trennung von Herrn Dr. Hansen mit getragen hat, finde ich es genauso falsch, jetzt zu sagen, alle Probleme, die es gab, lagen nur an Herrn Hansen, weil er es soundso gemacht hat. Dagegen spricht erstens, dass es politische Vorgaben gab, die wir mitgetragen haben. Zweitens spricht auch der gesunde Menschenverstand dagegen, weil es gar nicht sein kann, dass derjenige, der einmal der große Retter war und Maßnahmen auf den Weg gebracht hat, dann, wenn er mit vielen Dingen gescheitert ist, plötzlich der Buhmann ist, der an allem Schuld gewesen sein soll. Die Probleme liegen sehr viel tiefer!
Wir haben zum Beispiel das Problem, dass immer zwei Ebenen vermischt worden sind: das Zentrenkonzept, das ein medizinisches Behandlungskonzept war, und die Zentralisierung der patientenfernen Bereiche. Das Thema Zentralisierung, Dezentralität und Zentralität auf unterschiedlichen Ebenen ist, wie ich finde, immer sehr in der Schwebe gehalten worden.
Vom Zentrenkonzept, Frau Senatorin hat es jetzt gerade gesagt, haben wir uns weitestgehend mit ein bis zwei Ausnahmen verabschiedet. Die Zentralisierung der patientenfernen Bereiche ist aber etwas, das
Es macht keinen Sinn, vier Apotheken, vier Logistikzentren und vier medizinische Unterstützungsbereiche zu organisieren. Wenn ein Klinikverbund existiert, muss er das auch gemeinsam machen.
Es muss natürlich eine Wirkung haben, denn ein Klinikverbund muss auch in der Lage sein, Rechnungen zu schreiben für Patienten, die er behandelt hat! Solange dieser Klinikverbund über Jahre hinweg keine Rechnungen mehr für Patienten schreibt, die er behandelt hat, haben wir natürlich ein großes Problem, das wir nach wie vor nicht gelöst haben. Dies ist ein sehr gutes Beispiel dafür, vor welchem Problem wir dort stehen.
Herr Rupp, lassen Sie mich noch etwas sagen zu dem Punkt 400 Millionen Euro, jetzt schütten Sie doch einmal etwas Geld aus, und dann geht das schon! Dieses Thema haben wir hier des Öfteren. Ich befürchte, dass wir dies morgen anlässlich zweier Anträge von der LINKEN und der CDU auch noch einmal im Bildungsbereich haben. Es macht überhaupt keinen Sinn, und unsere Fraktion diskutiert sehr lange darüber, den Schritt „wir schütten Geld aus“ zu machen vor dem Schritt „wir haben wirklich eine Sicherheit, dass wir in der Analyse der Probleme und in dem Abstellen von bestimmten Fehlern und Problemen die inhaltlichen Entscheidungen treffen“. Dann sagen wir lieber, so wie es von den beiden Senatorinnen vorgetragen worden ist, wir brauchen dafür eine bestimmte Summe Geld, als umgekehrt zu sagen, jetzt gebt uns einmal 400 Millionen Euro, und dann wird es schon funktionieren. Abgesehen davon wird uns der Stabilitätsrat zurechtweisen, wenn wir jedes Jahr auf 300 Millionen Euro Zinsersparnisse verzichten. Das wären in acht Jahren 2,4 Milliarden Euro, die uns in Bremen fehlen. Dies haben Sie einfach ausgeblendet, so wie Sie den ganz Sanierungskurs ausblenden.
Lassen Sie mich zum Schluss kommen und noch einmal Folgendes sagen: Herr Röwekamp, Sie haben angedeutet, dass betriebsbedingte Kündigungen und ein Notlagentarifvertrag für Sie auch eine Option gewesen wären. Das ist theoretisch zumindest eine Möglichkeit, gegen die wir uns immer entschieden haben. Es wäre aber auch fair, dass Sie, wenn Sie in die Krankenhäuser gehen und dort die Beschäftigten loben, wenn Sie mit den Beschäftigten, den Gewerkschaften und den Personalräten sprechen, dann dort
einmal erklären: Die CDU ist für betriebsbedingte Kündigungen, die CDU ist für Notlagentarifverträge, die CDU ist für Abstriche. Ich glaube, die Menschen würden dann einen anderen Eindruck bekommen, wie Sie sich die Sanierung dieser Häuser vorstellen. Wir haben uns bewusst dagegen entschieden und versuchen es trotzdem hinzubekommen. Das ist ein Kurs, der sich deutlich von Ihrem unterscheidet. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal daran erinnern, zu welchem Tagesordnungspunkt wir eigentlich debattieren. Die CDU hat eine Große Anfrage mit dem Thema „Auswirkungen der finanziellen Defizite der Gesundheit Nord auf die Bürgschaften des Landes und der Stadtgemeinde Bremen“ eingebracht. Diese Große Anfrage ist durch den Senat mit dem Hinweis beantwortet worden, dass die Fragen im Herbst beantwortet werden. Dass die Fragen im Herbst beantwortet werden, war kein Geheimnis, dies wussten nämlich alle, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen, auch schon vorher.
Dann fragt man sich: Warum gibt es eigentlich diese Große Anfrage? Wir haben gerätselt, aber es ist so gekommen, wie ich es auch befürchtet habe. Es ist als Thema gesetzt worden, nicht weil es darum geht, die Probleme in diesen Krankenhäusern zu diskutieren, sondern es ist als eine Plattform beziehungsweise eine Kulisse gebraucht worden, um hier erneut eine Senatorin verunglimpfen zu können. Ich sage ganz ehrlich, ich habe keine Lust mehr, mit einer solchen Opposition zu arbeiten, die in jeder Sitzung personifiziert fordert: Weg mit den Senatoren, dann sind alle Probleme der Welt geregelt!
Herr Röwekamp, mir missfällt daran am meisten, dass hier nicht der inhaltliche Diskurs geführt wird.
Herr Röwekamp, es wäre schön, wenn wir in der Tat den Diskurs darüber führen würden, was denn die zukünftige Ausrichtung dieser Kliniken ist. Ist es die Einheitsgesellschaft, oder ist es das Holding-Modell? Was will die CDU befördern, was wollen wir befördern? Diesen fachlichen Diskurs sollten wir führen, der gehört hier ins Parlament.
Wenn Sie ein derartiges Politikmodell haben, in dem sich Politik nur dadurch abspielt, dass man Personen
irgendwo hinsetzt, wartet, feststellt, es gibt Probleme in einem Bereich, und dann wechselt man die Personen aus, wenn das das Politikmodell der CDU ist, dann muss ich ganz ehrlich sagen, sind Sie außerhalb des ernsthaften demokratischen Spiels.
Seien Sie doch nicht so aufgeregt! Es ist ganz einfach, es ist das Vorrecht der Opposition in jeder Sitzung, den Rücktritt des gesamten Senats zu fordern!
Lassen Sie mich zum Schluss Folgendes sagen. Herr Röwekamp, ich würde Ihnen einfach vorschlagen, dass wir in Zukunft einen festen Tagesordnungspunkt in der Bürgerschaftssitzung haben, Aufforderung der CDU zum Rücktritt eines Senators, dann können Sie sich die Maskeraden sparen, mit denen Sie hier Debatten führen. – Ich danke Ihnen!
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. K n ä p p e r [CDU]: Das ist ganz, ganz billig!)
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Tschöpe, ich stelle fest, der Einzige, der nichts, aber auch wirklich gar nichts zum Inhalt der heutigen Debatte gesagt hat, sind Sie gewesen! Nicht einen Satz zum Inhalt der Debatte!
Es kann ja sein, dass es für Sie ein bisschen kompliziert ist heute. Wenn Sie aber die Vorlagen gelesen hätten, dann wüssten Sie, dass wir ein Problem haben, das sich eben nicht nur eleganterweise durch die Überarbeitung von Wirtschaftsplänen korrigieren lässt.
(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Das hat auch keiner behauptet! – Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das hat auch kei- ner gesagt!)
Deswegen ist es eine Lebenslüge zu sagen, wir können an den Personalkosten nichts verändern, Herr Rupp! Deswegen ist es auch scheinheilig, wenn Sie, Frau Senatorin, sagen, unsere Personalkosten sind höher als der Durchschnitt, weil wir ja auch nach TVöD bezahlen! Sie sind pro Kopf 4 000 Euro teurer als sämtliche städtischen Kliniken in Deutschland, die auch nach TVöD bezahlen. Das muss doch seine Ursache in bremischer Politik haben, dafür kann doch nicht die Bundesregierung verantwortlich sein. Die Bundeskanzlerin macht nicht die Tarife und die Perso
nalpolitik im KBM, dafür sind Sie verantwortlich, dafür tragen Sie die persönliche Verantwortung. Hören Sie auf, diese dauernd auf andere zu schieben, sondern nehmen Sie Ihre Verantwortung endlich selbst wahr!
Die sicherste Möglichkeit, Rücktrittsforderungen aus dem Weg zu gehen, ist, seine Arbeit ordentlich zu machen und seine Verantwortung wahrzunehmen. Wenn Sie das tun würden, dann würden wir Ihnen sogar applaudieren, aber Sie tun genau das Gegenteil. Sie stehlen sich bei jeder Gelegenheit, die sich Ihnen bietet, aus der Verantwortung. Gerade eben habe ich gelesen, Sie weigern sich, zu dem öffentlich bekannt gewordenen Gutachten der Staatsanwaltschaft, zu den Fehlern und den Versäumnissen der Gesundheitsbehörde im Zusammenhang mit dem Keimskandal vor dem Untersuchungsausschuss auszusagen oder sich überhaupt dazu öffentlich zu erklären. Sie wollen sich schriftlich erklären.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer dieses Gutachten liest, der weiß, dass wir ein riesiges Problem auch und gerade in Ihrer Behörde haben. Deswegen nützt es nichts, mit dem Finger immer nur auf andere zu zeigen, auf Ihre Vorgängerin, auf Vorgängerregierungen, auf Geschäftsführer oder wen auch immer. Sie sind seit einem Jahr für diesen Bereich und seit fünf Jahren im gesamten Senat verantwortlich. Diese Verantwortung haben Sie bis heute an keinem einzigen Punkt in der Sache erfolgreich wahrgenommen.
Das ist die Bilanz Ihrer Tätigkeit in einem Jahr als Gesundheitssenatorin: Sie haben nicht eine Baustelle beseitigt, Sie haben viele neue Baustellen sortiert. Dies ist ehrlicherweise das Problem, vor dem wir heute stehen. Ich bin gern bereit, mich mit Ihnen, Herr Tschöpe, und den anderen Kollegen über die Lösung auszutauschen.
Die Wahrheit ist, und das bleibt auch dabei, Sie müssen auch die politischen Rahmenbedingungen verändern. Dazu haben Sie auch nichts gesagt.
Dass man sich auf der Grundlage Ihrer bisher geltenden Beschlüsse, also erstens, wir wollen nicht an personalwirtschaftliche Maßnahmen heran, zweitens, wir wollen aber trotzdem den Personalabbau weiter vorantreiben, bewegt, wird zwangsläufig dazu führen, dass Sie in den patientennahen Bereichen weiter überproportional abbauen. Sie müssen doch darüber sprechen, mit welchen anderen personalwirtschaftlichen Maßnahmen Sie die von Ihnen selbst gesteckten Ziele erreichen.
Sie haben an keinem Punkt gesagt, wie Sie eigentlich das Defizit aus diesem Jahr und den nächsten Jahren auffangen wollen. Sie können es nicht einfach durch eine Eigenkapitalerhöhung machen, denn ehrlicherweise: Was nützt eine Eigenkapitalerhöhung? Das Klinikum hat kein Eigenkapitalproblem, es hat ein Verlustproblem. Ich kann dieses bilanziell dadurch lösen, dass ich ihm 20 Millionen Euro überweise und sage, das ist Eigenkapital, und das Klinikum sagt mir 24 Stunden später, vielen Dank für die Überweisung, wir haben es aufgebraucht, es ist weg, wir brauchen neues Eigenkapital. Dies mag vielleicht beihilferechtlich ein Umgehungstatbestand sein, aber in Wahrheit funktioniert es nicht.
Wir haben ein strukturelles Finanzierungsproblem. Ich habe nicht einen einzigen Vorschlag von Ihnen gehört, wie man dies lösen will.
Wir haben ein weiteres Problem der Investitionsfinanzierung. Ich habe nicht einen Satz von den Vertretern Ihrer Fraktion gehört, wie wir uns eigentlich in Zukunft die Balance zwischen beitragsfinanziertem Unterhalt von Kliniken und an sich in Gedanken staatlich investitionsfinanzierten Baubegleitungen vorstellen können. Nicht einen Satz habe ich dazu von Ihnen gehört! Es nützt doch nichts, das Problem immer wieder und immer weiter zu vertagen.
Wenn hier der Eindruck erweckt wird, es wäre unter den geltenden Rahmenbedingungen fast ausgeschlossen in Deutschland in städtischer Trägerschaft Kliniken zu betreiben, dann empfehle ich Ihnen, schauen Sie sich auch einmal in sozialdemokratisch regierten und dominierten Städten um! Nehmen Sie beispielsweise Hannover, dort gibt es ein reines städtisches Klinikum einer sozialdemokratischen Regierung in Hannover. Dort regiert jemand, der auch noch etwas werden will. Diese Klinik erwirtschaftet einen Überschuss trotz der schwierigen bundesweiten Rahmenbedingungen.
Die Bundesregierung hat im Übrigen Anfang Juli einem Teilausgleich der Tarifsteigerung von 630 Millionen Euro für die nächsten drei Jahre zwischenzeitlich im Bundesrat zugestimmt, was Sie bei dieser Gelegenheit verschweigen. Also, für dieses Jahr bis zum Jahr 2014 hat der Bundesgesetzgeber kommunalen Kliniken geholfen.
Nein, meine Damen und Herren, wer dauernd mit dem Finger nur auf Berlin zeigt, wird die städtischen Kliniken nicht aus dieser existenziellen Notlage befreien. Dazu gehören die Bereitschaft und auch die Fähigkeit, sich mit den Problemen dieser Kliniken in der Sache auseinanderzusetzen. Diese Bereitschaft habe ich bei Ihnen, Herr Tschöpe, und den Vertretern Ihrer Fraktion bis heute vermisst. Ihre Rede eben war auch kein Beitrag dazu zu signalisieren, wir sind bereit, das Problem zu lösen. Sie haben es das letzte Mal nur über den Wahltag gelöst, und ich bin mir ziemlich sicher, mit Ihnen wird es auch nur über den Wahltag eine Lösung geben. Das ist ein Schlag in das
Gesicht derjenigen, die jeden Tag aufopferungsvoll in diesen Kliniken für Patienten arbeiten, unter schwierigen Rahmenbedingungen arbeiten und die für sich keine Zukunft sehen, weil Sie immer nur an Wahltermine denken und nicht an die Gesundheitsfürsorge in unserem Bundesland. – Vielen Dank!