Protokoll der Sitzung vom 17.10.2012

(Beifall bei der CDU)

Deswegen lautet unser Antrag: nicht nach Berlin schauen, um etwas zu verbessern, sondern ganz konkret hier vor Ort die bekannten Missstände offen und ehrlich zu benennen. Das heißt, das Krankenhauskonzept muss offen und schonungslos evaluiert werden, Fehler müssen auch eingestanden werden, und dann muss nachjustiert werden. Das bedeutet, wir fordern den Senat auf – jetzt schon, in der Kürze der Zeit, denn die Bedarfe sind doch klar, sie sind doch teilweise auch angemeldet –, bis zum 1. Dezember ein neues Konzept zur Stärkung der wirtschaftlichen Basis der GeNo vorzulegen, das die momentane Situation, die mittelfristige Planung, aber auch die langfristigen Investitionsbedarfe in den einzelnen Kliniken der GeNo berücksichtigt. Deswegen fordere ich Sie auf, diesem Antrag zuzustimmen. Damit werden wir wirklich die Zukunftssicherheit unserer eigenen Krankenhäuser auf Dauer sichern. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU und bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Hoch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In den letzten Debatten, die wir hier über die kommunalen Kliniken geführt haben – das war erst beim letzten Mal –, wurde auch thematisiert, dass es auch auf Bundesebene Ursachen für die finanzielle Situation gibt, und das ist heute das Thema. Trotzdem möchte ich zu Ihren Anträgen noch ein paar Sätze sagen und auch zu der Frage von Herrn Erlanson, warum das jetzt schon Thema im Bundesrat gewesen ist.

Dieser Antrag ist bereits ein bisschen älter, er liegt schon seit Monaten vor. Der Senat ist schon tätig gewesen und hat uns in der Deputation darüber auch berichtet, das fand ich vernünftig und gut.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wir haben hier immer deutlich gemacht, wie wichtig uns auch die kommunalen Kliniken sind. Wir wissen, in welcher Situation sie sich befinden. Sie wissen, dass wir intensiv daran arbeiten, ein neues stabiles Konzept für sie zu erarbeiten, und das wird Ihnen dann auch vorgelegt. Ob dann das Eigenkapital erhöht werden muss oder nicht, will ich hier heute nicht entscheiden, das müssen wir dann entscheiden.

Wir werden den Antrag ablehnen, aber ich bitte Sie, ihn so lange auf Eis zu legen, und dann können wir über alle diese Dinge sprechen. Ich möchte hier nicht ein Schwarzer-Peter-Spiel spielen und auf Berlin zeigen, das möchte ich nicht! Ich möchte, dass wir die Rahmenbedingungen korrigieren, die für die Krankenhäuser auf Bundesebene existieren – und ich rede hier für alle Krankenhäuser in allen Bundesländern, nicht nur für die im Land Bremen – und die für die Krankenhäuser nicht richtig sind. Deshalb haben wir diesen Antrag gestellt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wir brauchen für die Krankenhäuser eine langfristige und sichere Perspektive. Wir möchten, dass die Finanzierungen notwendiger Investitionen im ganzen Bundesgebiet einheitlich gestaltet werden. Die Diskussion gibt es ja schon länger, ob man eine Pauschale in die DRGs mit hineinlegen soll. Diese Investitionspauschalen müssen jedenfalls anders gestaltet werden, das diskutieren andere Länder ja auch. Notfallprogramme helfen nicht mehr – in den letzten Jahren hat es immer wieder Notprogramme für die Häuser gegeben –, wir möchten, dass es eine langfristige Lösung gibt.

Wie stellt sich die Situation der Krankenhäuser dar? In der letzten Debatte wurden als positive Beispiele Köln und Hannover genannt, die CDU hat es so auch in ihrem Antrag stehen, jetzt steht Rostock darin. Es ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

ist richtig, es gibt diese Krankenhäuser, aber mehrheitlich sieht es anders aus. Nach einem insgesamt positiven Befund für 2010 hat sich die wirtschaftliche Situation der rund 2 000 Kliniken in Deutschland verschlechtert, so steht es im aktuellen Bericht, dem sogenannten Krankenhaus-Report. Die wirtschaftliche Situation der Kliniken hat sich – unabhängig von der Rechtsform und auch von der Trägerstruktur – schlecht entwickelt, so steht es in einem offenen Brief der Interessenvertretung der kommunalen Krankenhäuser an alle Abgeordneten des Bundestages, und auch die Tatsache, dass circa elf Prozent nur durch Sanierungstarifverträge gesichert werden, zeigt die Problematik der Häuser.

Wir haben bewusst auf einen Notlagentarifvertrag verzichtet, das wurde uns beim letzten Mal hier in der Debatte vorgeworfen. Wir wollen das nicht!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Es ist doch irrsinnig, auf der einen Seite Personen anzuwerben, die diesen Beruf ergreifen, und den Fachkräftemangel anzuprangern, und auf der anderen Seite zu sagen, kommt zu uns, ihr könnt gleich im Notlagentarifvertrag einsteigen. Das ist ja wirklich nicht normal.

(Präsident W e b e r übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wir brauchen nicht nur Krankenhäuser für die Daseinsvorsorge. Wir wollen, dass sich die Menschen in den Häusern gut aufgehoben fühlen und qualitativ gut versorgt werden. Dazu gehört auch Personal, das ordentlich bezahlt wird und das ordentliche Arbeitsbedingungen hat, die nicht krank machen. Die Arbeitsverdichtung ist inzwischen so hoch, das höre ich immer wieder von ehemaligen Kollegen, die darauf warten, in Rente gehen zu können. Ich finde es ganz erschreckend, dass es inzwischen so weit ist.

Was sind denn die Gründe dafür, dass es den Häusern so geht? Wir wissen, dass der hohe Anteil an Personalkosten sie dazu gezwungen hat, in dem Bereich natürlich besonders das Personal abzusenken. Die verbindlichen Personalstandards, die wir in unserem Antrag fordern und die auch richtig sind, können nur dann installiert werden, wenn wir die Finanzierung der Häuser auf sichere Füße stellen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Andere Gründe für die finanzielle Schieflage sind die Tarifsteigerungen, die steigenden Energiekosten, die niedrige Grundlohnsumme. Diese war vor Kurzem im Krankenhausbereich der Wert, der den maximalen Zuwachs des landesweiten Basisfallwerts bestimmt hat und ist jetzt ersetzt worden durch einen Orientierungswert. Der jetzige Wert ist aber auch

sehr rückwärtsgewandt und hilft den Häusern auch nicht. Um es also noch einmal den Menschen, die das so nicht sehen, klar zu machen: Wir haben in den letzten Jahren im Krankhausausschuss immer wieder darüber gesprochen, wie sich die finanzielle Lage der Krankenhäuser darstellt, und eben nicht nur die der GeNo, sondern bundesweit. In Bremerhaven musste ein Krankenhaus jetzt den Versorgungsauftrag zurückgeben. Ich fand es sehr bedauerlich, dass es so weit gekommen ist, aber ich denke, es macht deutlich – und das habe ich und das haben wir hier auch immer wieder an der Stelle deutlich gesagt –, dass wir für alle Krankenhäuser Sorge tragen, die es hier im Land Bremen gibt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Krankenhäuser haben natürlich auch immer auf diese Kürzungen reagiert – natürlich, sie sind auch Wirtschaftsunternehmen –, aber oft nicht mit Maßnahmen, die richtig waren, die Personalkürzungen habe ich schon genannt. Es hat Mengenausweitungen gegeben, was manchmal auch zu Operationen geführt hat, die, ich sage es einmal so, eventuell nicht so nötig waren, sie haben unwirtschaftliche Abteilungen geschlossen. Ich weiß von einer Abteilung in Eckernförde, wo die Geburtshilfe geschlossen worden ist, weil sie als unwirtschaftlich galt, die wohnortnahe Versorgung war dort nicht mehr gewährleistet. Das sind also Dinge, die sich im ganzen Bundesgebiet abspielen. Wir Grüne wollen eine wohnortnahe und qualitativ gute Versorgung für die Bevölkerung hier im Land Bremen und auch ein gutes Angebot für das Umland machen. Die Finanzierung muss also auf andere Füße gestellt werden, das höre ich auch von Kollegen aus anderen Bundesländern, und deshalb hatte ich gehofft, dass sie uns dabei unterstützen und unserem Antrag zustimmen. Das DRG-System, die Fallpauschalen, sollten ein lernendes System sein, wir wissen, dass wir dort Korrekturen vornehmen müssen. Gerade auch die Frage von Herrn Bensch heute Morgen, die Patienten mit Demenz in den Häusern –

(Glocke)

ich komme gleich zum Schluss! –, das alles sind Aufgaben, von denen wir wissen, dass sie so nicht gewährleistet werden können, wenn diese Finanzierung weiter so bleibt, wie sie ist. Die Krankenhäuser müssen für neue Aufgaben auch finanziell besser ausgestattet werden, dann haben wir die Leute, denke ich, auch wieder dazu motiviert, wenn Personalstandards geleistet werden können. Ich bitte Sie, das noch einmal zu überdenken und unserem Antrag zuzustimmen. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Erlanson.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Hoch, ich schätze Ihr Engagement in der Gesundheitspolitik, aber ich möchte doch einmal darauf hinweisen: Lassen Sie uns einmal realistisch sein! Wenn Sie jetzt sagen, wenn Sie an der Regierung wären, dann würden Sie dementsprechend die Finanzierung der Krankenhäuser ändern, dann würde ich einmal sagen – da wir ja wissen, die Bundestagswahlen sind im September 2013 –, wenn Sie eine Mehrheit bekommen, dann brauchen Sie noch drei weitere Monate, um sich zusammenzuraufen.

(Abg. Frau H o c h [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Wir arbeiten uns über die Bundeslän- der vorwärts! – Abg. Frau G a r l i n g [SPD]: Genau, das geht nach dem Alphabet! – Abg. Frau A h r e n s [CDU]: Dann sind wir ja ausnahmsweise vorn!)

Das wird nicht klappen, das wissen Sie doch!

Deshalb werden Sie, sage ich einmal, Anfang des Jahres 2014 möglicherweise in der Lage sein, die Krankenhausfinanzierung zu ändern, und ich sage einfach, dann ist es zu spät. Für die kommunalen Bremer Kliniken ist es dann, Anfang 2014, zu spät, denn bis dahin werden sie nicht mehr existieren, weil sie nicht durchhalten werden.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist ja auch nicht das Einzige, was wir tun!)

Nein, deshalb sage ich ja, es ist wunderbar, und deshalb auch noch einmal: Wir werden Ihrem Antrag zustimmen, weil wir die Forderung durchaus richtig finden, aber wir sagen, das reicht nicht aus, wenn man selbst kommunale Kliniken hat, die kurz vor dem Exitus stehen. Das ist das eine.

Das andere ist: Ich hatte auch angekündigt, ich glaube, es geht bei der Auseinandersetzung auch gesundheitspolitisch um ein viel grundlegenderes Problem. Ich finde, das sieht man auch sehr gut an Ihrem Antrag, und zwar insofern, als Sie im Grunde genommen sagen, dass die duale Finanzierung nicht funktioniert. Das stimmt, das ist das, was wir in den meisten Ländern und Kommunen erleben: Die Krankenkassen bezahlen den operativen Teil, die Investitionen sollen von den Ländern und Kommunen kommen, und die Länder und Kommunen sagen, wir haben kein Geld mehr, also investieren sie nicht. Das funktioniert so sicherlich nicht!

Jetzt sagen Sie in den Forderungen, Sie würden dann vorschlagen, dass man wiederum zu irgend––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

einer Form der Monistik zurückkehrt und sagt, wir machen Investitionszuschläge, die in die Fallpauschalen mit einberechnet werden. Das ist natürlich ein Weg, den man anstreben kann, aber ich will es einmal so sagen: Ich glaube, auch dann wird es immer um die Frage gehen, ob wir als bundesrepublikanische Gesellschaft die Gesundheit wie eine Ware behandeln oder sagen werden, Gesundheit ist sozusagen ein Menschenrecht auf eine Versorgung und eine Daseinsfürsorge, ist Gesundheit eine Daseinsfürsorge oder ist sie möglicherweise eine Ware. Das ist letztendlich die Auseinandersetzung, und diese steht ganz genau so in Ihrem Antrag.

Wenn Sie die erste Zeile anschauen, dann sagen Sie dort: Krankenhäuser sind ein zentrales Element der Daseinsfürsorge – prima! –, und sie sind auch eine zentrale Säule der wachsenden Gesundheitswirtschaft, auch prima! Dann kritisieren Sie in Ihrem Antrag: „Deshalb bestimmen nicht Versorgungsziele, sondern das Ökonomisierungsdenken vorrangig die Politik der jetzigen Bundesregierung.“ Klar, Sie werfen der Bundesregierung also vor – und das finde ich völlig richtig, und das ist eine gute Kritik –, dies sei ein Ökonomisierungsdenken und es gehe hier nicht um die qualitativ hohen Versorgungsziele mit wohnortnaher Versorgung und anderen Punkten, Frau Hoch hat das eben auch noch einmal benannt. Das geht in die Richtung, dass Gesundheit in der Tat ein Teil der Daseinsvorsorge ist.

In Ihrem Text schreiben Sie dann aber weiter, ich zitiere: „Krankenhäuser sind Wirtschaftsunternehmen, die deshalb auch als solche geführt werden müssen.“ Später heißt es: „Krankenhäuser sollen als Unternehmen in der Lage sein, auch über ihre Investitionstätigkeit unabhängig von behördlichen Eingriffen der Länder zu entscheiden.“ Ich sage einmal, da ist genau dieses Unentschiedene. Ich glaube, man muss sich in diesem Land endlich einmal entscheiden: Will man in der Tat, dass Gesundheit und Krankenhäuser ein Teil der Daseinsvorsorge sind, die öffentlich und bedarfsorientiert laufen müssen, oder sagt man, es sind im Grunde genommen Wirtschaftsunternehmen, die wirtschaftlich arbeiten müssen, die im Grunde genommen ihren eigenen Bestand erwirtschaften müssen?

Genau diese Philosophie, dass Krankenhäuser Wirtschaftsunternehmen sind und ihre eigene Existenz selbst finanzieren müssen, ist der Grund dafür, der die Krankenhäuser hier in Bremen in die Krise geführt hat. Sie haben nämlich gesagt, wir bezahlen nicht die Investitionen für die Krankenhäuser, sondern wir nehmen Bürgschaften auf, und die Krankenhäuser müssen die Investitionen, die sie brauchen, selbst erwirtschaften. Sie haben es durch Personalabbau getan, und dann hatten wir das Ergebnis, das wir jetzt auch mit dem Keimbefall als einer Spitze des Eisbergs haben.

Das ist die grundlegende Entscheidung, die, sage ich einmal, die Grünen und die Sozialdemokraten

auch im Hinblick auf die nächste Bundestagswahl treffen müssen: Welche Art von Gesundheitspolitik wollen Sie tatsächlich haben? Auf die Antwort bin ich sehr gespannt, und dann werden wir sehen, was nach der Bundestagswahl passiert. – Danke!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Jürgens-Pieper.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wer diesen rot-grünen Antrag zur Krankenhausfinanzierung als Showantrag bezeichnet, hat, glaube ich, das Krankenhausfinanzierungssystem nicht verstanden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Diese Entscheidungen liegen nun einmal nicht auf der Landesebene, sondern auf der Bundesebene. Das heißt ja nicht, dass nicht auch wir, Herr Erlanson, als Land bestimmte Hausaufgaben zu machen haben. Die sind in Arbeit, das kann ich Ihnen noch einmal versichern, und die werden Ihnen dann auch zeitlich, so, wie es der Senat beschlossen hat, denke ich, entsprechend vorliegen.

Ich wundere mich, Herr Bensch, dass Sie dies so abqualifizieren, weil ich mich daran erinnere, dass wir bei zwei Zeugenvernehmungen im parlamentarischen Untersuchungsausschuss einen sehr großen Teil der Zeit über Personalstandards geredet haben. Jetzt haben wir hier einen Antrag, der genau an der richtigen Stelle fordert, Personalstandards sollen dann auch bitte in den Fallpauschalen festgelegt werden, weil ich Ihnen ja im Untersuchungsausschuss erklären musste, dass es nicht allein über eine Landesregelung geht. Dann würden wir unseren Krankenhäusern etwas zumuten, das andere ihren nicht zumuten, und das geht natürlich schon gar nicht! Wir haben also zwei Ebenen, einmal die Bundesebene, und da kann ich Ihnen sagen, das, was die schwarz-gelbe Regierung macht, ist zum Schaden der Krankenhäuser, und das lässt sich auch nachweisen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Sie werden nicht bestreiten können, dass es im Augenblick eine derartige Kostenerlösschere gibt, dass Krankenhäuser in der Bundesrepublik zugrunde gehen. Natürlich gibt es auch einige gute Beispiele, und auf die wollen wir auch schauen, aber wir müssen doch sagen, wenn von 2 000 Krankenhäusern – das ist ja, glaube ich, vorhin schon genannt worden – nach dem RWI-Gutachten 200 bis 300 Krankenhäuser insolvenzgefährdet sind, dann hat das natürlich

etwas mit der Krankenhauspolitik der schwarz-gelben Bundesregierung zu tun.