Sie sind in Ihrer Forderung zur Ausweitung des Wahlrechts genauso inkonsequent und unabgeschlossen, wie Sie es der Ausgestaltung des Volksbegriffs derzeit vorwerfen. Dies geht im Übrigen sogar aus dem Rechtsgutachten von Professor Dr. Schwarz hervor. Den Mut und die Courage, ein generelles Wahlrecht für alle ohne nationale Kopplung einzuführen, haben Sie auch nicht. Von daher ist es für mich inkonsequent.
Noch bezeichnender finde ich es jedoch, dass Sie als Regierungskoalition zur Durchsetzung Ihres Vorhabens den gerichtlichen Weg gewählt haben und nicht den politischen Weg über den Bundesrat, der selbstverständlich auch offenstehen würde und den beispielsweise auch Ihr hochgelobter Professor Dr. Preuß Ihnen als primäre Wahl empfohlen hat. Es ist hier noch nicht zur Sprache gekommen, dass Sie diesen Weg scheuen. Anscheinend zweifeln Sie doch so sehr an Ihrem eigenen Gesetz, dass Sie fürchten, keine Mehrheit bei anderen rot-grünen Regierungen dafür zu erlangen, obwohl Sie jetzt bedauerlicherweise ja sogar eine Mehrheit im Bundesrat haben.
und jetzt haben Sie ja sogar seit 1998 das erste Mal leider wieder eine Mehrheit im Bundesrat. Dann würde dort der Weg natürlich offenstehen.
Herr Tschöpe, Ihr Parteichef Sigmar Gabriel hat in der „Süddeutschen Zeitung“ gerade vor ein paar Tagen gesagt, dass man ja nun durch die neu errungene Mehrheit im Bundesrat glaubhaft Anliegen weiter verfolgen und für eine Verfassungsänderung im Bundesrat werben könne, zum Beispiel auch in Hinsicht auf die doppelte Staatsbürgerschaft. Das passt doch ideal zum Wahlrecht, aber Sie machen es trotzdem nicht, weil Sie Angst haben, zu scheitern und dort keine Mehrheit zu erlangen. Sie haben ja auch gesagt, dass dieser Weg einfach höchst riskant ist, weil das eben durch eine Verfassungsänderung vielleicht auch nicht durchgesetzt werden kann. Von daher muss ich Ihnen sagen, dass ich es mutlos finde.
Insgesamt können wir dem Antrag nicht zustimmen. Sowohl bei der Ziffer 1 als auch bei der Ziffer 2 des Antrags werden wir uns enthalten, da wir zwar nicht an den Erfolg des Gesetzesvorhabens glauben, das ist hier jetzt auch deutlich geworden, wir aber als Fraktion dem Vorlageverfahren beim Staatsgerichtshof vor der zweiten Lesung auch nicht destruktiv im Wege stehen möchten und einer Klärung der verfassungsrechtlichen Frage mit Interesse entgegensehen; das ist klar. Dennoch wecken Sie bei Betroffenen Hoffnungen und gehen das Risiko ein, diese Hoffnungen, die sich nun über Monate aufbauen können, komplett enttäuschen zu müssen.
Politische Vorhaben über den Weg der Rechtsprechung durchsetzen zu wollen, ist höchst risikoreich und gefährlich. Dies müssen Sie den Menschen, denen Sie mehr Teilhaberechte ermöglichen wollen, auch ehrlich, klar und deutlich vermitteln. Alles andere wäre nur unfair, erst recht wenn es eben nicht klappt. Dann möchte ich das auch gern einmal sehen.
Lieber Herr Senkal, wir wollen als CDU-Fraktion nicht so mit den Hoffnungen und dem Vertrauen von Menschen mit anderer Staatsangehörigkeit spielen.
Wir sagen deshalb ehrlich, dass wir dem Optimismus des Ausschusses und der Hoffnung auf eine Änderung der Rechtsprechung nicht guten Gewissens beitreten können.
Wir halten Ihre Wahlrechtsänderung für Verfassungsbruch. Sie ist momentan auch faktisch Verfassungsbruch. Deswegen stimmen wir letztendlich gegen die Ziffer 3 des Antrags. Wir bitten daher um getrennte Abstimmung. – Vielen Dank!
Dementsprechend mögen Sie mir nachsehen, falls ich etwas nicht Richtiges sage, aber ich glaube, das Verfahren, das wir hier wählen, muss noch einmal klargestellt werden. Dieses Parlament strebt einen Vorlagebeschluss an den Staatsgerichtshof der Freien Hansestadt Bremen an. Es ist das verfassungsmäßig abgesicherte Recht des Parlaments, rechtliche Zweifelsfragen dem Staatsgerichtshof vorzulegen. Wer daraus einen Verfassungsbruch konstruiert, liegt völlig neben der Spur, Frau Kollegin!
Ich hatte mich aber eigentlich gar nicht gemeldet, als Sie geredet haben. Herr Timke, eines habe ich in meinem Studium gelernt, Juristerei ersetzt keine Haltung!
Das, was Sie vorgetragen haben, ist das Vorlesen juristischer Positionen. Mich würde interessieren, welche Haltung Sie zu dem Thema haben. Welche Haltung haben Sie denn zu dem Thema, dass Menschen, die hier seit fünf Jahren leben und arbeiten, aus diesem Gemeinwesen ausgeschlossen werden, weil sie den Beirat nicht mitwählen dürfen?
Welche Haltung haben Sie denn dazu, dass es hier Europäer gibt, die hier Steuern zahlen, seit Jahren hier leben, von unseren Gesetzen betroffen sind, aber nicht den Landtag mitwählen? Das würde mich interessieren. Es würde mich interessieren, dass Sie hier offen bekennen – und davon gehe ich aus –, dass Sie das aus völkischen Gründen nicht wollen. Es geht gar nicht um Juristerei, sondern es geht Ihnen um die Reinerhaltung des deutschen Volkes, das hier in freien Wahlen wählen darf.
(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN – Zurufe von der CDU – Abg. D r. v o m B r u c h [CDU]: Was ist das denn für eine Unterstellung?)
(Abg. D r. v o m B r u c h [CDU]: Was wol- len Sie denn damit sagen? – Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Er redet über Herrn Timke! – Abg. D r. v o m B r u c h [CDU]: Das ist trotzdem eine Un- terstellung!)
Die 14 Leitlinien der Bürger in Wut sagen, dass sie eine sozialkonservative Partei sind, die das deutsche Volk erhalten möchte.
(Zuruf des Abg. D r. v o m B r u c h [CDU] – Abg. K n ä p p e r [CDU]: Aber die Verfas- sung müssen Sie doch beachten!)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wiederum hatte mich gemeldet, als ich den Ausführungen von Frau Häsler zugehört habe. Ich habe nicht studiert, aber das Prinzip der Gewaltenteilung ist mir geläufig. Ich muss ehrlich sagen, ich habe Ihre Ausführungen nicht so ganz nachvollziehen können. Gerade wenn Sie sich mit der Gewaltenteilung auseinandersetzen, müssten Sie doch wissen, dass sich das Bundesverfassungsgericht in der Zeit seines Bestehens und im Laufe der letzten Jahrzehnte auch verändert hat. Es hat frühere Rechtsprechungen revidiert, es hat Gesetze verändert, und auch die Zusammensetzung eines Bundesverfassungsgerichts ändert sich ständig.
Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass das Bundesverfassungsgericht auch darüber urteilt, wie sich ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
gesellschaftliche Verhältnisse verändern. Hätte es das nicht gemacht, dann dürften Sie heute immer noch nicht arbeiten, ohne Ihren Ehemann um Erlaubnis zu fragen!
Insofern finde ich – und das ist eine Meinung, die ich nicht immer vertrete –, dass dieses Parlament hier heute einen sehr klugen Weg wählt. Es gibt eine Gesetzesvorlage, die die Frage dem Staatsgerichtshof vorlegt, um genau diese verfassungsrechtliche Konformität überprüfen zu lassen.
Das ist nicht ängstlich, sondern das ist der sichere Weg. Das ist ein besserer Weg, als hier ein Gesetz in erster, zweiter Lesung und dann in dritter zu beschließen, und hinterher gibt es Probleme. Insofern machen wir auch Menschen keine Hoffnungen, die hinterher enttäuscht werden, sondern wir gehen einen Weg, der von unserem politischen Willen beeinflusst ist.