Wir sehen durchaus Gründe, die dafür sprechen, schon vor der Einreise nach Deutschland so viel Deutsch zu lernen, dass man sich hier auf einfache Weise mit anderen verständigen kann. Diese Ansicht teilen wir mit dem Bundesverwaltungs- und dem Bundesverfassungsgericht, die beide die geltenden Regelungen für verfassungs- und europarechtskonform erklärt haben. Sicher ist das Deutschlernen mit Anstrengungen und mit Kosten verbunden. Derjenige, der einen Menschen, der in einem anderen Land lebt oder sogar auch aus einer anderen Kultur kommt, heiratet, der lässt sich auf herausfordernde Veränderungen ein. Diese sind nicht immer leicht zu bewältigen.
Wir sind der Überzeugung, dass das Beschreiten eines solchen Weges wesentlich einfacher ist, wenn der Spracherwerb schon vor der Ankunft in Deutschland beginnt.
(Beifall bei der CDU) ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft. Das Zurechtfinden in einem neuen Umfeld wird durch Sprachkenntnisse erheblich erleichtert. Das gilt auch, wenn der Ehepartner, zu dem man nach Deutschland einreisen möchte, ursprünglich aus dem gleichen Herkunftsland stammt, wobei einfache und ausreichende Deutschkenntnisse schon vorliegen, wenn man sich über vertraute alltägliche Situationen auf recht einfache Art und Weise verständigen kann. In der Argumentation derer, die das Deutschlernen vor der Einreise ablehnen, werden immer wieder berührende Schicksale angeführt. Ja, es gibt Fälle, in denen auch mir die Betroffenen wirklich leid tun. So bin ich froh darüber, dass das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, dass der Ehegattennachzug zu einem Deutschen nicht verwehrt werden darf, wenn die Bemühungen im Herkunftsland aus nachvollziehbaren Gründen nicht innerhalb eines Jahres zum Erfolg führen. Dann ist es erlaubt, dem ausländischen Ehegatten ein Einreisevisum zu erteilen, um aber eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten, muss das Erlernen der deutschen Sprache nach der Ankunft in Deutschland nachgewiesen werden. Für Ehegatten, die beide ohne deutsche Staatsangehörigkeit sind, gibt es eigene Regelungen. Sie können ja grundsätzlich ihre Ehe, wenn sie nicht gerade Flüchtlinge sind, für die es eigene Regelungen gibt, auch im Herkunftsland führen. Wenn sie sich aber für ein Leben in Deutschland entscheiden, dann ist im Normalfall das hier geltende Recht anzuwenden. Dennoch kann man sich, so wie Sie es machen, dafür einsetzen, dass gesetzliche Regelungen so verändert werden, dass die Umsetzung des persönlichen Wunsches, den gemeinsamen Lebensmittelpunkt nach Deutschland zu verlegen, für die Betroffenen einfacher wird. Ich kann aber nicht verstehen, warum dann immer gleich die komplette Abschaffung gefordert wird, wenn festgestellt wird, dass gesetzliche Regelungen nicht alle Aspekte zufriedenstellend berücksichtigen. Es ist doch eine Illusion zu glauben, dass es dann für alle gut wird. Für einige wird es sicher zutreffen, aber andere werden wiederum in ihren individuellen Bedürfnissen unberücksichtigt bleiben oder gar Nachteile dadurch haben. (Beifall bei der CDU)
Das Gesetz zum Spracherwerb vor dem Ehegattennachzug wurde auch erlassen, um Männer und Frauen vor Zwangsehen zu schützen. Das ist vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil insbesondere nochmals als berechtigter Grund erwähnt worden, auch wenn Sie dies anders sehen.
Frau Grönert, sehen Sie es als fair an, wenn die Regelung, Deutschkenntnisse schon im Ausland zu erwerben, nur von bestimmten Ländern verlangt, aber nicht von allen?
(Abg. Frau D r. S c h a e f e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Ein Kanadier braucht nicht Deutsch zu lernen!)
Ich glaube, dass die vorhandenen Regelungen fair durchdacht wurden. Ja, davon gehe ich erst einmal aus!
Nein! Ich möchte meine Rede jetzt erst einmal beenden, danke! Das Gesetz zum Spracherwerb vor dem Ehegattennachzug wurde auch erlassen, um Frauen zu schützen. Ich habe es schon gesagt, dass Sie es anders sehen. Was glauben Sie, wie sich die Betroffenen fühlen, wenn das Gesetz wieder komplett abgeschafft wird, in Bezug also auf das, was ich vorher zur Zwangsheirat gesagt habe?
(Abg. Frau D r. M o h a m m a d z a d e h [Bündnis 90/Die Grünen]: Es gibt keinen Zu- sammenhang mit der Zwangsheirat!)
Ich glaube, dass es Gruppen gibt, auch die, die sich gegen die Zwangsheirat einsetzen, die doch der Überzeugung sind, dass es dazwischen einen Zusammenhang gibt. Man kann es nicht einfach wegwischen, in dem man sagt, dass einige es anders sehen. Es gibt unbestritten schwierige Situationen für Menschen, die als Ehepaare gemeinsam in Deutschland leben möchten. Wenn dann noch Kinder da sind, dann wird es nicht einfacher. Kinder haben ein Recht darauf, mit ihren Eltern zusammen zu sein. Die persönliche Situation sollte hier auf jeden Fall noch mehr als bisher berücksichtigt werden. Aber manchmal sind vielleicht weniger die Gesetze schuld als die, die überlastet an irgendwelchen Stellen in den Behörden arbeiten und die Betroffenen infolgedessen schlecht beraten oder die Anträge zu lange unbearbeitet liegen lassen müssen. Ihrer mit diesem Antrag verbundenen zweiten Forderung zur Lebensunterhaltssicherung können wir ebenfalls nicht zustimmen. Den Ehegattennachzug zu deutschen Staatsangehörigen auch dann uneingeschränkt zuzulassen, wenn der Lebensunterhalt nicht gesichert ist, halten wir für falsch. Derjenige,
der den Zuzug in solchen Fällen gestattet, der wird im Zweifel auch versorgungstechnisch, das heißt finanziell, in die Pflicht genommen, wenn sich die prekäre Lebenssituation zuspitzt. Es ist sinnvoll, wenn das im Vorfeld von denen bedacht wird, die dann die Versorgung übernehmen müssen. Es ist verständlich, wenn Sie sich dagegen entscheiden.
Einen Verstoß gegen das Grundgesetz, den Sie hier vermuten, können wir ebenfalls nicht erkennen. Die gesetzlichen Regelungen gelten in gleicher Weise für alle hier lebenden Menschen, egal welcher Nationalität, Herkunft oder Abstammung. Somit wird niemand, wie Sie vermuten, wegen seiner Herkunft oder Abstammung benachteiligt. Wir lehnen Ihren Antrag aus den genannten Gründen ab.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte hier etwas klarstellen. Frau Aytas hat ja vorhin die Frage gestellt, warum dies nur für bestimmte Menschen aus bestimmten Ländern gilt. Sie sind uns in Ihrer Rede die Antwort schuldig geblieben, warum für bestimmte Länder der Ehegattennachzug anders gehandhabt wird als für bestimmte Länder, bei denen Deutschkenntnisse Voraussetzung sind.
(Abg. Frau A h r e n s [CDU]: Die Bundes- regierung ist für alle da! Sie ist demokratisch gewählt worden!)
ja, von der CDU und FDP! – Evaluationen durchgeführt, in denen tatsächlich festgestellt wird, dass es zwischen dem Gesetz und der Verhinderung von Zwangsverheiratungen überhaupt keinen Zusammenhang gegeben hat.
Im Evaluationsbericht wurde klar festgestellt, dass Zwangsverheiratungen durch die Einführung dieses ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. Frau G r ö n e r t mel- det sich zu einer Zwischenfrage.)
Wenn man etwas unter dem Deckmantel des Verbietens von Zwangsverheiratungen einführt und dann im Nachhinein feststellt, dass dies überhaupt nicht eintrifft, dann muss man sich auch Gedanken machen, ob dieses Gesetz die Wirkung überhaupt entfaltet hat oder nicht, meine Damen und Herren! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich wollte nur kurz anmerken, dass die Regelungen für alle Länder in der EU und für alle Länder außerhalb der EU gleich sind.
(Abg. Frau D r. M o h a m m a d z a d e h [Bündnis 90/Die Grünen]: Das stimmt nicht! – Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Kanada, USA!)
Ich glaube, dass man sich dort, wo die Situation anders geregelt ist, freuen kann. Von den Ausnahmen muss man nicht ableiten, dass es dann für alle Länder gilt. (Beifall bei der CDU)
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben hier immer die gleiche Situation. Die Realität verändert sich, und es gibt hier eine Fraktion, die einfach nicht Schritt hält.
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Gut zusammengefasst!)
Wir haben das bei der Einbürgerung schon gehabt. Dabei sagte diese Fraktion immer, nein, sie müssen die erste Staatsangehörigkeit aufgeben. Inzwischen wissen wir empirisch, dass 50 Prozent aller Eingebürgerten natürlich Mehrstaatler sind.
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen) ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft. Hierbei ist die Lage eigentlich auch wie bei einem Schweizer Käse. Wir haben gerade über das Thema gesprochen, wie es bei den Hochqualifizierten aussieht. Natürlich wird von denen wie bei Selbstständigen auch, dieser Sprachnachweis nicht gefordert. Die Frage lautet: Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Bekämpfung der Zwangsverheiratung und diesen Personengruppen? Ich weiß es nicht! Das Ganze wird immer absurder, wenn man dann auch noch gewisse Staaten herausnimmt, bei denen man generell sagt, in denen kommt es überhaupt nicht darauf an, ob man ein Wort Deutsch kennt, sondern wenn man aus den USA kommt, ist das überhaupt kein Thema, kommt man aus der Türkei, ist es ein Thema. Ich warte auf den Tag, an dem der Europäische Gerichtshof dies beseitigen wird, es ist dort noch ein Verfahren anhängig. (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)
Wir erinnern uns daran, dass diese Regelung erst im Jahr 2007 eingeführt wurde. Es gab ein nationales Recht seit dem Jahr 1980, in dem ein Verschlechterungsverbot steht. Das heißt, diese Regelung wird daraufhin überprüft werden, ob sie überhaupt zulässig ist. Ich glaube, wir haben gute Chancen, dass der Europäische Gerichtshof diese Situation bereinigen wird, und dann diskutieren wir darüber weiter.
Der Senat hat zu dieser Frage eigentlich auch schon alles gesagt, ich kann auf die Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage der SPD-Fraktion aus Juni 2012 verweisen. Da hat der Senat ausgeführt, dass er die Hürde, die diese Regelung in der Praxis darstellt, die zum Teil zu jahrelangen Trennungen von Familien führt, für unverhältnismäßig hält und dass er die Gesetzesinitiativen zur Abschaffung des Sprachnachweiserfordernisses für Ehegattinnen und Ehegatten vor der Einreise, die im Bundestag eingebracht worden sind, begrüßt.
Das ist unsere Position, und wir werden auch gemeinsam mit den anderen Bundesländern im Bundesrat weiterhin dafür werben. Meine Hoffnung, das über diese Schiene regeln zu können, ist nicht sehr weit entwickelt, aber, wie gesagt, auch hier gilt das, was ich eingangs gesagt habe: Wir sehen uns da wieder, und ich denke, dass auch dies eines der ersten Dinge sein wird, die eine neue Regierung beseitigen wird. – Danke sehr!