Herr Dr. vom Bruch, reden Sie ruhig weiter! Sie können auch gern nach vorn kommen, wenn Sie reden möchten.
Beim Lesen dieses Antrags habe ich mir überlegt, wie ich mich fühlen würde, wenn es mein Unternehmen wäre, das der Senat dezidiert bei der Produktion und Lieferung seiner Produkte seitens der Regierung unterstützen soll. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich würde mich schämen und mir eine solche Öffentlichkeit verbitten.
Herr Kastendiek, im Übrigen ist es natürlich durchsichtig, was Sie damit bezwecken. Es ist überflüssig, und Sie gießen damit sogar noch Öl ins Feuer. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab!
Frau Vogt, was wir in der Tat brauchen, ist eine ehrliche öffentliche Debatte über das Thema Rüstungsexporte und verstärkte Anstrengungen in Richtung Konversionen. Selbstverständlich müssen Exporte in sogenannte Drittländer, also solche Länder, die weder der EU noch der NATO angehören, noch den NATO-Staaten gleichgestellt sind, sehr restriktiv gehandhabt werden, das ist doch überhaupt keine Frage.
Darüber hinaus muss dieses Thema meines Erachtens insgesamt transparenter gemacht werden. Ich bin außerdem der Meinung, wie Sie es angedeutet haben, dass der Bundestag beteiligt werden muss. Heute läuft es ja völlig am Bundestag vorbei, denn sie bekommen nur einmal im Jahr einen Rüstungsexportbericht. Das ist zu wenig, man könnte dem Bundestag auch unterjährig, also häufiger informieren und gegebenenfalls auch in die Beratung mit einbeziehen. Ich bin der Meinung, dass hier einiges getan werden muss. Allerdings hat das nichts mit den beiden Anträgen zu tun, wie ich sie heute hier vorliegen habe. Deswegen lehnen wir auch beide Anträge ab.
Wir haben im September eine Bundestagswahl, und ich kann mir vorstellen, dass die ab September regierende Bundesregierung hier eine Optimierung des Systems vornehmen wird. – In diesem Sinne vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Nachdem ich im ersten Beitrag vor allem über Saudi-Arabien und darüber gesprochen habe, dass wir Grünen Waffenexporte nach Saudi-Arabien ablehnen, finde ich, muss man natürlich noch einmal zu der innenpolitischen Seite kommen und auch über das Unternehmen und das Argument der Arbeitsplätze hier in Bremen sprechen.
Es ist nach den vollkommen richtigen, und es wurde ja gesagt, von Rot-Grün installierten Kriterien grundsätzlich nicht zulässig, ein Waffenexportgeschäft anhand der gesicherten oder verlorenen Arbeitsplätze zu beurteilen. Gleichwohl ist es meines Erachtens ein Fehler, wenn in der Debatte dann sozusagen gleich das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wird und – wenn man sich, wie ich es getan habe, eindeutig gegen diese Waffenexporte in Länder wie Saudi-Arabien ausspricht – gleichzeitig Unternehmen, deren Vorstände, die Arbeitnehmer quasi diffamiert oder in eine Ecke ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Ich finde, dass wir hier ganz klar trennen müssen, dass wir selbstverständlich sowohl der Unternehmerfamilie als auch den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern den ihnen gebührenden Respekt entgegenbringen müssen. Eine Verteufelung, eine persönliche Diffamierung ist in dieser zutiefst politischen und nicht emotionalen Debatte, ob wir dieses Unternehmen oder die Menschen, die dort arbeiten, nun gut oder schlecht finden, fehl am Platz.
Ich teile die Meinung von Herrn Kottisch, dass Sie in dieser Frage vor allen Dingen mit den Punkten 1 bis 3 in Ihrem Antrag, in dem Sie die Wertschätzung für das Unternehmen Lürssen aufgeschrieben haben, in der Tat einen Bärendienst erwiesen haben. Ich habe etwas Vergleichbares in diesem Haus noch nicht gelesen, und es würde mich interessieren, ob im Bundestag oder in den anderen Landtagen etwas Vergleichbares vorliegt. In welches Licht Sie hier das Unternehmen stellen!
Als ob das Unternehmen, die Familie, also die Unternehmer persönlich, es nötig hätten, dass Sie die Bremische Bürgerschaft auffordern, nun – und man muss es wirklich mehrfach lesen, ich habe es getan – die unverzichtbare Bedeutung des Unternehmens Lürssen für Bremen herauszustellen, den wichtigen Beitrag zur technologischen Entwicklung in einem so umkämpften Markt und auch noch das gemeinwohlorientierte Engagement der Unternehmerfamilien in den Feldern Kultur und Wissenschaft, wo es doch eigentlich zu einer guten hanseatischen Tradition gehört, es zwar zu tun, aber doch nicht selbst und nicht durch Sie!
Ich hoffe, Sie haben nachgefragt, ob sie es wirklich möchten, dass Sie es in Form eines Antrags machen, es so nach vorn und hier zur Abstimmung in einem Parlament zu stellen.
Das kann für hanseatische Kaufleute, die sich im Mäzenatentum betätigen, nicht von Interesse sein. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir diesen Mäzenen in Bremen sehr viel zu verdanken haben, aber es keinerlei Antrag hier in der Bremischen Bürgerschaft bedarf, dieses Mäzenatentum auch noch öffentlich in dieser Form herauszustellen.
Ich kann hier für die grüne Fraktion die klare Forderung erheben, dass wir keine Waffenexporte nach Saudi-Arabien zulassen sollten.
Herr Kastendiek, ja, ich bin der Meinung, dass unter Rot-Grün der Außenminister Herr Fischer in dieser Frage eine andere Haltung hatte, als ich sie schon damals hatte und auch heute habe.
Ich bin der Meinung, dass es überhaupt kein Problem ist, darüber zu reden. Ich bin außerdem der Meinung, dass Herr Trittin in der bundesweiten Debatte um die Frage, über die wir gerade sprechen, eindeutige, klare und völlig unmissverständliche Worte zu seiner Haltung gefunden hat, die mich vollständig zufriedengestellt haben. Er hat nämlich ebenfalls, wie wir es hier in Bremen als Grüne tun, dieses Waffenexportgeschäft abgelehnt und daran auch keinen Zweifel gelassen.
Lassen Sie mich zu einer zweiten politischen Forderung kommen! Ich glaube, es ist trotz aller Geheimhaltungen und Schwierigkeiten, die wir im Bereich der Verfassungsschutzbehörden haben, dringend notwendig, ein parlamentarisches Gremium einzurichten, ähnlich wie die Parlamentarische Kontrollkommission – im Bundestag heißt es Parlamentarisches Kontrollgremium –, das laufend vollständig und transparent über die Fragen, die im Bundessicherheitsrat diskutiert werden, die Gründe der Entscheidungen und die Hintergründe informiert wird, um eine parlamentarische Beteiligung an diesen Fragen zu bekommen.
Das Parlament in einer parlamentarischen Demokratie, und nicht zuletzt der Deutsche Bundestag, muss in wichtigen außen- und sicherheitspolitischen Grundfragen, die dort gestellt werden, mitreden können. Wir brauchen – das sollte ein Projekt einer neuen Regierung nach der Wahl im September 2013 sein – hier Mitsprache, Information und fortlaufende Beteiligung des parlamentarischen Gremiums des Deutschen Bundestags. Das ist eine klare Forderung, denn das würde wesentlich mehr Transparenz in diese heikle Frage der Rüstungsexportgeschäfte bringen.
Lassen Sie mich zum Abschluss noch einmal zu einem Interview in der Bremer Ausgabe einer bundesweiten Zeitung kommen! Ich war sehr dankbar, dass es dieses Interview gegeben hat. Ich habe mich über dieses Interview sehr gefreut, weil es mir geholfen hat festzustellen, was der Präsident dieses Hau
ses in diesem Interview in der Bremer Ausgabe der „Bild“-Zeitung aus seiner Meinung zu der Frage Geschäft ist Geschäft gesagt hat. Das Gegenteil davon sind meine persönliche Überzeugung und die Überzeugung der grünen Bürgerschaftsfraktion. – Vielen Dank!
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Da bin ich ja einmal gespannt, wie der Prä- sident abstimmt! – Abg. H i n n e r s [CDU]: Der ist entschuldigt!)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kottisch, wir verwechseln hier gar nicht die Herstellung von Rüstungsgütern mit dem Export, aber wir müssen sie hier natürlich einmal ansprechen. Wir müssen die Unternehmen benennen, die Rüstungsgüter produzieren, und dann reden wir darüber, was sie exportieren. Darüber sprechen wir auch heute. Wir versuchen hier ja nichts zu unternehmen, das eine SPD-Fraktion nicht mittragen kann.
Wir sagen, der Bremer Senat soll sich auf Bundesebene dafür einsetzen, dass die Exporte in Länder, die Menschrechtsverletzungen begehen,
möglichst unterbleiben – das ist namentlich im Nahen Osten, in Saudi-Arabien oft der Fall – und dass man sich daran orientiert, die eigenen Kriterien, die man einmal aufgestellt hat, auch wirklich ernst zu nehmen.
Natürlich ist es wichtig, Herr Kottisch, einmal zu benennen, was in Bremen produziert wird, denn dann bekommt man auch heraus, was exportiert wird. Herr Pastor Warnecke, Friedensbeauftragter der Bremischen Evangelischen Kirche, schrieb vor Kurzem: „Wir brauchen solche Empörung auch in Bremen, um dem Geschäft“ – um dem Geschäft, Herr Kottisch! – „mit dem Tod irgendwann ein Ende zu setzen.“ Er schrieb dies, weil Bremen eine Hochburg der Waffenindustrie ist und Waffen exportiert. Über nichts anderes reden wir hier.
Die Rheinmetall AG beliefert nach eigenen Angaben von hier aus 30 Länder, und die Lürssen Werft beliefert die komplette Arabische Halbinsel und Angola. Die Bremer Waffenindustrie ist klar und eindeu––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
tig auf den Export ausgerichtet, und das bedeutet auch, dass die Waffen, die aus Bremen geliefert werden, in kriegerischen Auseinandersetzungen zur Anwendung kommen, denn Waffen werden nun einmal nicht gekauft, damit sie im Stahlschrank liegen. Sie kommen zur Anwendung. Über Rheinmetall und die Bedeutung der Elektronik und Sensorik, die sie für die Leopard-2-Panzer oder Panzerhaubitzen herstellen – übrigens ein geächtetes Waffensystem –, haben wir hier schon des Öfteren diskutiert.
Ich möchte jetzt noch auf einen weiteren Punkt in unserem Antrag kommen! Wir haben gesagt, der Senat soll bitte die Unternehmen nicht subventionieren, die Waffen nach zweifelhaften Kriterien exportieren. In der Vergangenheit ist aber genau das geschehen. Wir haben hier schon über die Subventionen an Rheinmetall geredet. Sie haben uns vorgestern gesagt, wir haben keine eineinhalb Millionen Euro für die Jugendfreizeitheime, aber damals hatten Sie sogar noch mehr Geld für die florierenden Geschäfte mit der Rüstung. An dieser Stelle muss ich einmal sagen, Rheinmetall hat diese Subventionen wirklich nicht nötig. Vor drei Tagen hat der Konzern seine vorläufigen Bilanzen für das Jahr 2012 vorgelegt. Dort steht, das Geschäft mit der Rüstung ist binnen eines Jahres – das Geschäft mit der Rüstung, Herr Kottisch! – um 30 Prozent auf drei Milliarden Euro gestiegen. Das ist Fakt.