Protokoll der Sitzung vom 14.03.2013

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte es schon gesagt, wir sind sehr froh, dass wir mit der Großen Anfrage und diesem Antrag diese Debatte ins Rollen gebracht haben. Wir sind mit den meisten Punkten, die im Antrag der Koalition stehen, einverstanden, und wir werden diesem Antrag letztendlich auch zustimmen. Wir halten nach wie vor an unserer Auffassung fest, dass diese Form der Abschaltung auch im Sommer zu Härten führt, die wir nicht wollen, und möglicherweise zu Wohnungsverlust, der dann bis in den Winter hineinreicht. Es ist also nicht wirklich logisch zu sagen, im Winter, wenn es besonders kalt ist, schalten wir den Strom nicht ab, und im Sommer ist es vertretbar. Aber egal! Um deutlich zu machen, dass wir die Ansätze aufnehmen, die hier zum Teil auch sehr konkret sind, werden wir diesem Antrag zustimmen.

Ich will noch ein paar Kleinigkeiten hinzufügen! Frau Dr. Schierenbeck, ich mache darauf aufmerksam, dass die Verwaltung von Mängeln selten ein Ausdruck von Autonomie und Freiheit ist. Ich bin sehr dafür, dass Menschen eigenverantwortlich über ihr Schicksal bestimmen, aber wenn man ihnen einen Rahmen auferlegt – und die Höhe der ALG-II-Bezüge ist ein solcher Rahmen –, der so eng ist, dass man sich immer entscheiden muss, ob man lieber mit zu kurzer Hose oder einem zu kurzem Hemd herumläuft, und viele Menschen in eine Situation kommen, in der sie vor der Frage stehen, ob sie in diesem Monat ihre ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Stromrechnung bezahlen oder ihre Kinder mit zu einem Ausflug dürfen, solche Fragen stellen sich diesen Menschen, angesichts dieser Situation, in der sich viele Menschen befinden, dann finde ich es ein bisschen schwierig, in solchen Zusammenhängen von Freiheit zu reden.

Ich weiß, und ich nehme Ihren Hinweis gern auf, dass wir dabei nicht nur über ALG-II-Empfängerinnen und -Empfänger reden. Wir reden auch über Menschen, die richtig arbeiten und so wenig Geld verdienen, dass sie damit unterhalb oder an der Grenze des Mindestlohns liegen, und auch für sie ist es schwierig, ihre Rechnungen zu bezahlen. Diese Menschen werden es nicht als Freiheit empfinden, dass sie ihr Leben in einem solchen engen Korsett gestalten müssen, und es führt zu solchen Situationen, die Sie beschrieben haben, dass die Menschen eben nicht immer Stück für Stück gesellschaftlich und finanziell in eine Situation kommen, aus der sie nicht mehr herauskommen. So viel zum Thema Freiheit und Autonomie, wenn man wenig Geld hat!

Die Buchstaben B und C Ihres zweiten Antragspunktes, die sich auf die Bundesebene beziehen, nämlich die Stromgrundversorgungsverordnung zu ändern und eine Mindestmenge von Strom zu einem sehr günstigem Preis anzubieten, das kann man auch mit örtlichen Energieversorgern verhandeln, da muss man nicht warten, bis die Bundesregierung handelt.

Ich will darauf hinweisen, dass es in Bremen nicht nur die swb AG gibt, es gibt ja auch eine ganze Reihe anderer Anbieter, die grünen Strom anbieten, die also Strom anbieten, der ohne Atom erzeugt wird, zum Beispiel LichtBlick oder andere. Vielleicht ist es ja eine Idee, dass solche Anbieter nicht nur grünen Strom, sondern auch sozialen Strom anbieten, und vielleicht kann man diese eher davon überzeugen, dass sie von sich aus sagen, wir bieten zum Beispiel eine kleine Menge Strom an, und wir schalten nicht ab.

(Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Dr. Schierenbeck?

Ja, bitte!

Bitte, Frau Abgeordnete!

Ist Ihnen bekannt, Herr Rupp, dass die alternativen Stromanbieter nicht für die Grundversorgung zuständig sind? Ist Ihnen bekannt, wenn jemand zum Beispiel bei LichtBlick nicht zahlt und ihm dann gekündigt wird, dass er dann automatisch wieder vom Grundversorger versorgt wird?

Das ist mir nicht bekannt. Dann nehme ich meinen Vorschlag zurück, dass sie mit einbezogen werden, weil es offensichtlich nicht

geht. Aber man lernt ja in diesem Parlament durch die Debatte,

(Beifall)

und ich kann mich darauf verlassen, wenn wir Ideen entwickeln, die uns zunächst plausibel erscheinen, und diese aus technischen Gründen nicht möglich sind, dann ist es so, und ich werde mich bei Gelegenheit diesbezüglich revanchieren.

(Heiterkeit)

Ich wollte noch einmal darauf aufmerksam machen, und das beschäftigt mich wirklich sehr: Ich weiß, dass die Energieversorger Gewinne in Milliardenhöhe machen, und ich weiß, dass die Summe des Stroms und die Summe, die man aufwenden müsste, um diese Menschen über Wasser zu halten, gering ist. Wenn man das machen würde, dann würde kein Energieversorgungsunternehmen insolvent gehen, sondern der Gewinn würde sich nur unwesentlich reduzieren. Das ist die eigentliche Krux an der Geschichte: dass wir hier über Probleme diskutieren, die man mit einer Verringerung des Gewinns der Energieunternehmen aus ihrer eigenen sozialen Verantwortung heraus lösen könnte, sie es aber nicht machen, weil sie dieses Geld verdienen wollen, selbst wenn sie wissen, dass es auf Kosten der Menschen geht, die ihre Wohnung verlieren und möglicherweise auch bei dem Versuch sterben, anderweitig zu heizen.

Das entbindet uns nicht von der Pflicht zu handeln, es entbindet uns nicht von der Pflicht, solche Vorschläge zu machen, aber es zeigt noch einmal deutlich, dass in diesem Land in der Tat nicht nur dort, sondern auch an anderen Stellen Profit vor Menschlichkeit geht. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Wendland.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Nicht bezahlte Stromrechnungen und die daraus folgenden Abschaltungen des Stroms sind für die betroffenen Bremerinnen und Bremer ein großes Problem. Das Leben in der Wohnung ist sehr eingeschränkt, mit Licht, Kochen und vielem mehr ist es dann vorbei und, deutlich gesprochen, die Wohnung wird dann kaum noch bewohnbar, und eine Notlage tritt ein. Wir müssen dafür sorgen, dass im Vorfeld verhindert wird, dass es so weit kommt. Schon jetzt gibt es dazu eine bewährte Praxis. Mit einem gelben Zettel, der sogenannten gelben Karte, wird die Abschaltung angedroht. Es besteht dann noch die Möglichkeit zu reagieren. Auch die Jobcenter wis––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

sen, was eine solche gelbe Karte bedeutet, und können helfen, die Liefersperren zu vermeiden. Wenn es dann zu spät ist, gibt es die rote Karte, und das bedeutet, der Strom wird abgeschaltet.

Es ist aber nicht richtig, Frau Grönert, dass sich Bremen aus den finanziellen Folgen, die daraus entstehen, zurückzieht und wir uns hier aus der Verantwortung stehlen, im Gegenteil, wenn es zu Stromabschaltungen kommt und sich erhebliche Kosten für die Betroffenen anhäufen, dann springt der Staat ein, weil diese Notlage eintritt, und die Jobcenter übernehmen die aufgelaufenen Stromkosten und gewähren den Betroffenen ein Darlehen, das dann über einen bestimmten Zeitraum zurückgezahlt werden muss. Das ist sozialpolitisch richtig und ist auch so in den entsprechenden Gesetzen geregelt.

(Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Grönert?

Ja, bitte!

Bitte, Frau Abgeordnete!

Ja, ich kann das nur bestätigen, was Sie sagen, und frage Sie: Was haben Sie verstanden, was ich sagen wollte?

Ich habe es so verstanden, dass Sie sagen, dass wir uns mit den präventiven Maßnahmen, die wir in unserem Antrag fordern, zum Beispiel intelligente Zähler, aus diesen Folgekosten für Bremen herausnehmen wollen.

(Abg. Frau G r ö n e r t [CDU]: Nein!)

In Ordnung, dann habe ich Sie vielleicht missverstanden, weil wir das auf keinen Fall wollen, sondern dadurch, dass wir Darlehen übernehmen, also hier das Jobcenter und die Sozialzentren in Vorleistung gehen, steigert das ganz klar letztendlich auch die Sozialleistungen, weil manchmal Rückstände einfach offenbleiben.

Des Weiteren haben wir auch den Stromsparcheck mit frühzeitiger Beratung, und auch die Schuldenberatungsstellen – das ist ja ein ausgeklügeltes dezentrales System – sorgen dafür, wenn die Menschen frühzeitig da hingehen, dass es gar nicht erst zu Stromschulden kommt.

Wie meine Kollegin Frau Dr. Schierenbeck bereits ausgeführt hat, ist es aber keine Lösung, die Stromabschaltung einfach zu verbieten. Schließlich wollen wir, dass alle sparsam und verantwortlich mit dem Strom umgehen. Uns geht es darum, dass jedem und jeder

der normale Stromverbrauch ermöglicht wird. Überhöhte Stromrechnungen aber, die auf Stromverschwendung zurückzuführen sind, müssen eine Reduktion des Stromverbrauchs und keine grenzenlose Freistellung von den Kosten zur Folge haben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ein grundsätzliches Problem, und das haben wir vielfach angesprochen, bleibt ungelöst. Der Regelsatz nach Hartz IV deckt das soziale Existenzminimum nicht vollständig ab, und bei der dynamischen Entwicklung der Strompreise entsteht daraus ein besonderes Problem. Der Bundesgesetzgeber ist hier gefragt, bedarfsgerechte Regelsätze vorzusehen.

Die rot-grüne Koalition in Bremen setzt sich dafür ein, dass in Zukunft Stromabschaltungen weitestgehend verhindert werden. Wir bitten Sie daher, unserem Antrag zuzustimmen, und finden es gut, wenn uns DIE LINKE auch folgt. – Danke!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort Senator Dr. Lohse.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Versorgung mit elektrischer Energie ist ein wesentlicher Baustein für die Lebensqualität in Deutschland. Es gilt deshalb, eine ausreichende Teilhabe für alle, und damit gerade auch für sozial schwache Haushalte, sicherzustellen. Deshalb ist dem Grundtenor der Anträge und der Debatte, die wir hier eben geführt haben, auch aus Sicht des Senats beizupflichten.

Es ist aber nicht die Energiewende, die hier als vermeintlicher Kostenfaktor, wie das der Antrag der LINKEN nahelegt, die Hauptursache für Stromabschaltungen ist. Wir haben ja gehört, die Zahl der Stromabschaltungen hier in Bremen ist aufgrund des erfolgreichen Zusammenwirkens der verschiedenen Akteure, also der Jobcenter und der swb AG, gerade in diesem Zeitraum rückläufig gewesen, in dem die EEG-Umlage gestiegen ist und die Debatte auch immer hitziger geführt wurde. Hier wird also ein falscher Zusammenhang hergestellt.

Man muss langfristig im Blick behalten, dass mit dem Ausbau der dezentralen und erneuerbaren Energieerzeugung im erheblichen Umfang Arbeitsplätze in Deutschland und insbesondere auch in Bremen und Bremerhaven geschaffen und gesichert werden. Deutschland muss weniger auf dem Weltmarkt teure Energieträger importieren, sondern die Wertschöpfung im Inland steigt, das Wachstum und die Beschäftigung werden positiv beeinflusst, und langfristig sinken die Strompreise. Das sehen wir schon heute an den Börsenpreisen. Es besteht dort folgende Unge

rechtigkeit: Von den niedrigen Börsenpreisen profitieren allein die energieintensiven Unternehmen, und die Kosten der Energiewende werden auf die Schultern der Verbraucher und der Kleinunternehmen verteilt. Das ist ungerecht, und das müssen wir ändern.

Wenn wir diese Kostenverteilung korrigiert haben, dann werden im Ergebnis auch die Belastungen für sozial schwache private Haushalte entsprechend sinken. Die Belastung kann man für Haushalte, auch für sozial schwache, senken, indem man die Einsparpotenziale – und das haben wir hier in diesem Haus schon mehrfach debattiert – in den Haushalten noch wirksamer realisiert. Es ist wichtig, die Bürgerinnen und Bürger in die Lage zu versetzen, die Einsparpotenziale zu erkennen und umzusetzen. Das ist ein wichtiger Ansatzpunkt für eine soziale Gestaltung der Energiewende.

Das Bundesumweltministerium fördert hier einen Stromsparcheck, der einkommensschwachen Haushalten hilft, ihre Stromkosten zu senken. Hier in Bremen bietet die Verbraucherzentrale kostenlose Energieberatungen für Empfängerinnen und Empfänger von Transferleistungen an, und in Bremen gibt es auch weitere Energieeinsparangebote, zum Beispiel vonseiten der swb AG und der GEWOBA. Das heißt, wir haben hier vielfältige Angebote, die trotzdem noch wirksamer genutzt werden können.

Die Gründe für die Stromsperren – und auch das ist schon von den Vorrednerinnen und Vorrednern angesprochen worden – sind vielfältig. Ich denke, wir alle sind froh, dass die Anzahl der Stromsperren im Land Bremen trotz gestiegener Preise bereits um ein Drittel gesenkt werden konnte. Ich teile aber auch die Auffassung, wir wollen hier noch weiter vorankommen, wir wollen, dass die Zahl dieser Stromsperren deutlich niedriger wird und am besten auf Null sinkt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir sehen aber, dass die vom Senat, vom Magistrat der Stadt Bremerhaven und von der swb AG ergriffenen Maßnahmen erfolgreich sind und Wirkung zeigen.

Meine Damen und Herren, wir haben es vorhin auch schon einmal diskutiert, die Stromkosten machen für einen durchschnittlichen Haushalt nur etwa ein Drittel der gesamten Ausgaben für die Energieversorgung der Wohnung aus, zwei Drittel entfallen auf die Versorgung mit Raumwärme und Warmwasser. Wir alle wissen, dass hier die Preissteigerungen in den letzten Jahren deutlich stärker waren als beim Strom, das haben wir hier auch schon mehrfach diskutiert. Deshalb ist es richtig, den gesamten Energieverbrauch der Bürgerinnen und Bürger durch eine Einsparstrategie zu reduzieren.