Protokoll der Sitzung vom 16.05.2013

In jedem Fall ist aber der Vorwurf nicht berechtigt, dass die bremischen Beamten von der Einkommensentwicklung im Bund und in andern Ländern abgekoppelt werden. Selbst ein letzter Platz im Ranking wäre verfassungsrechtlich, so hat ja DIE LINKE argumentiert, kein Problem, wenn der Anschluss an die anderen Ländern nicht vollkommen verloren geht. Dafür wird der Senat weiter sorgen.

(Abg. R u p p [DIE LINKE]: Ab wann ist denn Abkopplung?)

Dass wir keine Bewerberinnen und Bewerber mehr für eine Tätigkeit beim Staat haben, ist nicht zutreffend. Es werden sehr viel Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den nächsten Jahren ausscheiden, sodass wir die Chance erhalten, zu einem weiteren Umbau in der Verwaltung zu kommen. Wir haben nach wie vor in so gut wie allen Bereichen Bewerberinnen und Bewerber, die gern beim Staat arbeiten wollen, die verstanden haben, dass wir gute, sichere und familienfreundliche Arbeitsplätze bieten.

Wir haben Menschen, die motiviert sind und in völliger Kenntnis der Rechtslage – nur darauf habe ich

hingewiesen, auch bei der Demonstration der Richterinnen und Richter, die ist nämlich so, dass dem Senat auferlegt ist, eine Entscheidung zur Beamtenbesoldung zu treffen, aber nicht nach einem Automatismus zu verfahren – Lust haben, Beamte in Bremen zu werden, um hier für das Gemeinwesen in diesem ganz besonderen Rechtsverhältnis und mit diesem besonderen Status zu arbeiten.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Die soziale Staffelung ist hier besonders angegriffen worden. Ich habe, als der Senat überlegt hat, was wir jetzt mit den Tarifergebnissen machen, niemals damit gerechnet, in welchem Maß es denjenigen, die über viele Jahre hinweg ja in höheren Besoldungsgruppen sind, doch gelingen kann – 70 Prozent der Polizistinnen und Polizisten erhalten die vollständige Übertragung um ein halbes Jahr verzögert –, die Unterschiede zu verwischen. Das finde ich wirklich interessant.

Bisher war es so, dass Menschen, gerade auch aus der Ecke der LINKEN, aber auch in grüner Tradition, viele Tarifergebnisse deshalb kritisiert haben, weil ständig einfach nur prozentuale Erhöhungen dabei herauskommen. Ich habe mich auch bei diesen Tarifverhandlungen um Sockelbeträge und Einmalzahlungen bemüht. Ich habe auch gedacht, dass das sozusagen der tarifpolitische Konsens einer sich als links verstehenden Regierung ist. Wenn man jetzt sagt, dass das, was der Senat macht, in besonderer Art und Weise spaltet, dann frage ich einmal zurück: Ist es nicht so – ich habe das immer gedacht –, dass es eine besondere Spaltung ist, wenn es immer nur zu weiteren prozentualen Erhöhungen kommt, die zu einer immer größer werdenden Differenz zwischen den einzelnen Besoldungsgruppen führt?

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. R u p p [DIE LINKE) ]: Aber wenn es ausgehandelt wird, gilt es für alle!)

Nein, es gilt nicht für alle, Herr Rupp! Ich habe Ihnen das jetzt schon zum fünften Mal erklärt, dass es sich um unterschiedliche Rechtsbereiche handelt. Im Übrigen werden wir ja sehen, wie die Regierung, an der DIE LINKE beteiligt ist – –.

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Ich habe aus Ihrem eigenen Besoldungsanpassungs- gesetz zitiert!)

Ja, natürlich, das habe ich doch gesagt, das tun wir auch nicht! Das heißt aber nicht, das Bremen sich als Haushaltsnotlageland nicht im unteren Drittel befinden kann, das heißt es nicht! Noch einmal: Die Ver

fassungslage besagt, dass die wirtschaftliche und finanzielle Situation bei der Bemessung der Beamtenbesoldung berücksichtigt werden muss, und das tun wir.

Die CDU hat zum wiederholten Male kritisiert, dass wir die Haushaltsprojektion bis zum Jahr 2020, also im Rahmen des Sanierungswegs, bei der Steigerung der Beschäftigtengehälter nur mit 0,9 Prozent kalkulieren. Das tun andere Sanierungsländer auch, auch andere Länder, in denen die CDU mitregiert. Man nimmt nämlich niedrigere Werte an, und es gibt in der Tat unterschiedliche Möglichkeiten, diese 0,9 Prozent auch zu halten.

Dieser Senat hat sich dieses Mal dazu entschieden, dass die Differenz zwischen den zur Verfügung stehenden Mitteln und dem Tarifabschluss, wenn er vollständig übertragen würde, nicht durch weitere Personaleinsparungen erbracht werden soll. Wir haben die Situation in den Kindergärten und Schulen so stark verbessert, dass wir das zerstören würden, wenn wir jetzt zu großen Personaleinsparungen kommen würden.

Wenn man das nicht will und sagt, man möchte gern in die Finanzplanung, sagen wir einmal, drei Prozent einstellen, dann interessiere ich mich dafür, wem die CDU es dann wegnehmen will: bei den Zuwendungen, bei den Investitionen, bei den Kindergärten und bei den Schulen? Auch das gehört zur Wahrheit dazu, wenn jetzt gesagt wird, dass die Beamten ein Sonderopfer erbringen, dass der Anteil des Geldes, den der Staat für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes ausgibt, derjenige ist, der über Jahrzehnte hinweg mit hohen Steigerungsraten versehen ist, während in allen anderen Bereichen gekürzt wird, oder es stagniert, und das wird dann von der CDU auch immer ordentlich kritisiert.

Noch einmal, Herr Röwekamp: Ich lege mit den Haushaltsplanungen für die Jahre 2014/2015 kein Geld beiseite – schön wäre es! –, sondern das Einzige, das wir versuchen können, ist, möglichst wenige Schulden aufzunehmen. Im Risikotopf – darüber wissen Sie genau Bescheid, das ist ja das, was Sie jetzt öffentlich unter Verstoß gegen jede Form von Wahrhaftigkeit behaupten – soll das Geld versteckt werden. Was haben Sie gesagt? Ich lege Geld beiseite! Schon allein das wäre unmöglich, das wäre im Übrigen eine Straftat. Sie müssen sich einmal überlegen, was Sie hier sagen!

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Wenn Sie es für sich beiseitelegen würden, ja! Das habe ich nicht behauptet!)

Bei diesem Risikotopf werden wir genau sagen, wofür wir die Mittel bereitstellen, und dann werden wir ja sehen, ob Sie einen anderen Vorschlag machen, wie wir damit umgehen sollen. Klar ist, dass wir Risiken im Bereich der Sozialhilfe und bei den Auslagen in Rechtssachen und so weiter haben.

Als Letztes möchte ich gern etwas zu den Äußerungen sagen, „wir waren es nicht“, „wir haben es nicht eingebrockt“, „andere waren es“, und „wir haben jetzt keine Lust dazu“.

Entschuldigung, es tut mir leid, aber ich kann es nicht anders sagen! Ich glaube, es krankt in Bremen eher daran, dass man auch den Menschen einmal etwas sagen muss, was sie nicht hören wollen. Ich sage es hier trotzdem: Was ist das für eine eigenartig unerwachsene Haltung? Es handelt sich um demokratisch gewählte Regierungen, die mit der Lage, in der sie waren, zurechtkommen mussten.

Ich habe im Übrigen die Schulden auch nicht verursacht, und trotzdem stelle ich mich doch hier nicht hin und sage, das ist mir irgendwie zu mühselig, viele Menschen sind böse auf mich, und es tut mir irgendwie leid, sondern es hilft alles nichts: In der Demokratie gehört es mit zu den Spielregeln, dass man die Folgen der Politik der letzten Jahre, woran auch immer es gelegen haben mag – und ob es einem jetzt gefällt, wir können uns hier keine Welt wünschen –, zusammen, die einen sagen ausbaden, ich würde sagen anpacken muss.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Solange die Hoffnung und die Chance bestehen – und die bestehen –, dass wir es schaffen, Bremen aus einer unausweichlichen Spirale der Verschuldung und immer größer werdenden Abhängigkeit von anderen befreien zu können, weiß ich ganz genau, dass es auch viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Bremen und auch Beamtinnen und Beamte gibt, die mitmachen werden, und es sich lohnt. Sie wissen, dass es sich lohnt, für Bremen zu kämpfen, und dass die Verhältnismäßigkeit zwischen dem, was wir anrichten, wenn wir jetzt dem Druck nachgeben, und dem, was wir bekommen, wenn wir stark bleiben, entschlossen und auch bereit sind, Unbequemes zu tun – –.

Die Verhältnismäßigkeit ist so, dass wir für Bremen eine Verantwortung haben. Wir nehmen sie nicht wahr, wenn wir allen das geben, was sie sich wünschen, und das geht in diesem Fall auch bei den Beamtinnen und Beamten nicht. – Danke!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Röwekamp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde, es ist schon bemerkenswert, Frau Bürgermeisterin, dass Sie auf die Frage, ob Sie es gerecht finden, dass jemand mit 8 000 Euro öffentlich bezahltem Einkommen eine Gehaltssteigerung bekommt und jemand mit 3 000 Euro

nicht, keine Antwort gegeben haben. Es ist schon bemerkenswert, dass Sie solchen Sachverhalten, die Sie zu vertreten haben, mit dem, was Sie hier heute vorlegen, ausweichen. Ich kann nur noch einmal betonen, ich finde das nicht gerecht, und deswegen haben wir auch einen Anspruch darauf, dass Sie dazu etwas sagen.

(Beifall bei der CDU)

Ich bin aber nicht deswegen nach vorn gekommen, sondern ich bin nach vorn gekommen, weil Sie am Anfang Ihrer Rede, finde ich, in völlig unvertretbarer Weise die Loyalität der Beamten im Staatsdienst in Bremen in Abrede gestellt haben.

(Zurufe von der CDU: Ja!)

Ich glaube, Sie sind mittlerweile so abgehoben, dass Sie gar nicht mehr wissen, was die Beamtinnen und Beamten jeden Tag für eine Loyalität in ihrer Dienstverrichtung diesem Staat gegenüber erbringen, sehr geehrte Frau Linnert!

(Beifall bei der CDU und bei der LINKEN)

Genauso wenig, wie es illegal ist, 27 Millionen Euro im Haushalt zu verstecken,

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Das ist eine Lüge!)

wie Sie gesagt haben, ist es genauso falsch, dass irgendein Beschäftigter des öffentlichen Dienstes der Bürgermeisterin und ihrer politischen Überzeugung gegenüber loyal sein muss. Die Beamtinnen und Beamten haben dem Staat, der Gesellschaft gegenüber loyal zu sein und nicht irgendwelchen Bürgermeisterinnen. Das will ich an dieser Stelle auch noch einmal sagen.

(Beifall bei der CDU – Abg. W e r n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Genau das hat Frau Bürgermeisterin Linnert gerade ge- sagt!)

Vielleicht lesen Sie das auch gar nicht, oder Sie wissen es einfach nicht, deswegen möchte ich Ihnen einmal drei Beispiele von der Loyalität der Beamten nennen!

Ich nehme einmal die Sicherstellung der Funktions- und Einsatzbereitschaft der Feuerwehr in Bremerhaven. Herr Stadtrat Hoffmann von der SPD hat am Mittwoch im Magistrat in Bremerhaven dazu eine Vorlage vorlegen müssen, in der er mitteilt, dass aufgrund von unbesetzten Führungsstellen die Sicherstellung von zwei rund um die Uhr zu besetzenden Führungsdiensten in der Feuerwehr in Bremerhaven nicht mehr gewährleistet werden kann, weil sich Beamte wegen der Verschlechterung in der Besoldung

auf solche Führungsstellen nicht mehr bewerben. Dann sagt er: Als Übergangslösung wurde mit den Führungskräften eine Dienstvereinbarung geschlossen, nach der die Beamten ihren Einsatzdienst in Rufbereitschaft mit sofortiger Arbeitsaufnahme entgegen den gesetzlichen Vorschriften geringer vergütet erhalten.

In Bremerhaven leisten leitende Feuerwehrbeamte unter Ausdehnung ihrer Verpflichtung zur Loyalität dem Staat gegenüber jeden Tag Dienst, weil sie wollen, dass die Menschen auch in Bremerhaven im Notfall durch die Feuerwehr gut versorgt sind,

(Beifall bei der CDU und bei der LINKEN)

und Sie sagen diesen Menschen, sie seien nicht loyal!

Die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten sind in den letzten Jahren in Bremen bereit gewesen, ihre privaten Handydaten für die Sofortalarmierung dem Dienstherrn zur Verfügung zu stellen

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist Alarmbereitschaft! Das ist doch vollkommen normal!)

und jederzeit über ihr Privathandy in Rufbereitschaft erreichbar zu sein. Die Mordkommission schaut nicht auf Dienstpläne. Sie ist darum bemüht, jeden Mord zu jeder Zeit aufzuklären, egal wie viele Stunden schon gearbeitet worden sind, und Sie sprechen diesen Beamten fehlende Loyalität aus, Frau Linnert! In welcher Welt leben Sie eigentlich?

(Anhaltender Beifall bei der CDU und bei der LINKEN)

Der Gymnasiallehrer, der junge Lehrer in der Besoldungsgruppe A 13, weiß, dass er in Bremen so wenig verdient wie in keinem anderen Bundesland. Er geht jeden Morgen in die Schule, obwohl wir ihn mit Schulreformen ohne Ende gequält haben, obwohl er unter Unterrichtsausfall und unter mangelnder Krankenversorgung leidet, und wir erwarten, dass er den durch die PISA-Studie dokumentierten Missstand beseitigt und gleichzeitig noch die Inklusion schafft. Diesem engagierten Lehrer werfen Sie fehlende Loyalität vor, Frau Linnert!

Ich finde, den Zynismus, den Sie gegenüber den Staatsanwälten und Richtern gezeigt haben, haben Sie durch Ihr Verhalten heute noch einmal übertroffen. Sie leben nicht mehr in dieser Welt, sehr geehrte Frau Linnert.

(Beifall bei der CDU)