Meine Damen und Herren, das berühmte Fenster des günstigen Augenblicks ist gegenwärtig weit geöffnet, es wurde auch Zeit, deswegen sollten wir dieses Fenster für weitreichende Reformen nutzen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen heute nicht nur über Steuerhinterziehung und Steuerbetrug, sondern auch über Steuerflucht und aggressive Steuervermeidungsstrategien. Rein rechtlich macht das einen großen Unterschied aus: Das Erste ist kriminell, und das Zweite ist legal. Die Auswirkungen für Staat und Gesellschaft, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind aber die gleichen.
Gier und zum anderen die tiefe Überzeugung, dass der Staat sich einen viel zu großen Teil vom Kuchen abschneidet, den der Steuerpflichtige mit eigener Leistung gebacken hat, mit eigenem Risiko, eigenen Anstrengungen, eigener Intelligenz und eigener Genialität. Steuerhinterziehung und Steuerflucht sind aus dieser Sichtweise eigentlich ein Akt der Selbstverteidigung, Notwehr gegen einen gierigen und ungerechten Steuerstaat und dessen Zumutungen. Eine solche Sichtweise stellt die wahren Verhältnisse völlig auf den Kopf.
In der Wirtschaftswissenschaft werden manche Aspekte gern an dem Beispiel von Robinson Crusoe, Freitag und seiner einsamen Insel gezeigt. Das ist zwar problematisch, in diesem Fall aber ganz erhellend. Stellen Sie sich einmal vor, Sie sind ein erfolgreicher Arzt, Rechtsanwalt oder Unternehmer, landen auf der einsamen Insel und versuchen, dort wieder reich zu werden! Sie können sich anstrengen, wie Sie wollen, Sie können schlau sein, Sie können Ideen haben, wie Sie wollen, es wird Ihnen nicht gelingen.
Einen Schatz können Sie finden, aber wenn Sie kein Schiff finden, nützt Ihnen auch der Schatz nichts!
Wohlhabend und reich, liebe Kolleginnen und Kollegen, können Sie nur in einer hoch entwickelten Gesellschaft werden. Auch dort werden Sie es nie allein aus eigener Kraft und eigener Genialität schaffen. Stellen Sie sich vor, um einmal ein aktuelles Beispiel zu nehmen, Sie sind ein bayerischer oder ein bremischer Wurstfabrikant, und Sie verdienen Millionen Euro! Das wäre wohl kaum möglich ohne ein paar entscheidende Zutaten und Rahmenbedingungen: ein funktionierendes Ausbildungssystem für Ihre Arbeitnehmer, ein hoch entwickeltes Infrastruktursystem für Ihre Lkw, ein Informations- und Kommunikationssystem, ein Forschungs- und Entwicklungssystem, das dafür sorgt, dass Sie moderne Maschinen und Methoden anwenden können, eine funktionierende Verwaltung, ein effizientes Rechtssystem, damit Sie Verträge abschließen können, die auch eingehalten werden, eine Polizei, die Sie und Ihr Vermögen schützt, und eine politische Stabilität, ohne die Sie kaum langfristig investieren würden. Das alles und noch einiges mehr brauchen Sie, um ein erfolgreicher Wurstfabrikant zu sein oder um sonst irgendwie reich zu werden.
Es kommt noch Folgendes hinzu, Herr Dr. Kuhn hat es schon angedeutet: Je reicher Sie werden, desto mehr profitieren Sie von alledem und umso geringer wird Ihr persönlicher Anteil, den Sie beitragen, denn auch der Arbeitstag von Frau Piontkowski hat we
Wenn Sie dann aus dieser Perspektive die Steuern betrachten, dann stellt es sich offenbar ganz anders dar. Sie werden nicht von einem gierigen Staat um einen Teil Ihrer Früchte gebracht, sondern Sie zahlen dem Staat und der Gesellschaft einen Teil der Leistungen zurück, die Sie erhalten haben. Wenn Sie richtig reich sind und mehr als die Hälfte des Ihnen zufließenden, gesellschaftlich produzierten Wohlstandes für sich behalten dürfen, dann ist das ein sehr gutes Geschäft für Sie.
Das ist der Grund dafür, dass nicht nur die Steuerhinterziehung im großen Stil, sondern auch die Flucht in die Steuerparadiese parasitär ist!
Sie ist genauso asozial! Deshalb plädieren wir dafür, dass die Steuerpflicht künftig an die Staatsbürgerschaft geknüpft wird, so oder so ähnlich, wie es die USA bereits praktizieren. Dort erlischt im Übrigen die Steuerpflicht auch nicht dadurch, dass ein US-Bürger seinen Pass abgibt und sich dem entzieht, nein, wer eine permanente Aufenthaltsgenehmigung für die USA besitzt, der bleibt danach noch zehn Jahre mit seinem weltweiten Einkommen und Vermögen in den USA voll steuerpflichtig. Ich denke, davon kann unsere Steuergesetzgebung einiges lernen. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Schwere Steuerhinterziehung, aggressive Steuergestaltung und Steuersparmodelle sind ernst zu nehmende Probleme. Wenn nicht alle gleichermaßen an der Finanzierung des Gemeinwesens ihren Anteil tragen, kann das den Zusammenhalt der Gesellschaft bedrohen. Die große Mehrzahl der Bürger – und da widerspreche ich Ihnen, Herr Dr. Kuhn – zahlt aber ihre Steuern ehrlich und treu. interjection: (Beifall bei der CDU)
Gerade deshalb ist es auch wichtig, dass gegen schwarze Schafe vorgegangen wird, damit nicht am Ende der Ehrliche der Dumme ist.
Die Steuerflucht in das Ausland können Sie aber nur international bekämpfen. Dafür braucht die CDUgeführte Bundesregierung von Ihnen,
meine Damen und Herren von Rot-Grün, nun wahrlich keine Nachhilfe. Ich will Ihnen das auch belegen. Die Bundesregierung hat das Thema seit Beginn der Legislaturperiode ganz oben auf die Liste gesetzt.
Mit populistischer medialer Schelte erreichen Sie hier aber wenig, wir setzen dabei auf Diplomatie und Verhandlungen mit anderen Staaten.
Die Bundesregierung setzt sich seit Langem auf europäischer und internationaler Ebene für eine Ausweitung des automatischen Informationsaustauschs ein. Bereits im Jahr 2011 wurde die EU-AmtshilfeRichtlinie verabschiedet, die eine bessere Zusammenarbeit der Steuerverwaltungen in den EU-Mitgliedstaaten vorsieht. Es geht weiter: Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien haben mit den USA und untereinander ein Abkommen für einen verbindlichen automatischen Informationsaustausch über Zins- und Dividendeneinkünfte vereinbart. Das Abkommen für einen verbesserten Informationsaustausch zwischen Deutschland und den USA steht kurz vor der Unterzeichnung, das war gestern in Pressemitteilungen zu lesen.
In einem gemeinsamen Schreiben an die EU-Kommission haben sich die Finanzminister der G5-Staaten dafür ausgesprochen, dass das mit den USA vereinbarte FATCA-Abkommen als neuer Standard gefördert werden soll. Deutschland beteiligt sich aktiv an der Arbeit des bei der OECD angesiedelten Global Forum über Transparenz und Informationsaustausch für Steuerzwecke. Dieses Forum prüft weltweit, ob die Staaten die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen für einen effektiven Informationsaustausch geschaffen haben.
Deutschland tritt mit Nachdruck dafür ein, dass die EU-Zinsrichtlinie nicht nur geografisch, sondern auch inhaltlich auf alle Arten der Kapitaleinkünfte ausgeweitet wird, insbesondere auf Dividenden und Veräußerungserlöse.
Angesichts der aktuellen Entwicklung, Herr Dr. Kuhn hat darauf hingewiesen, gibt es jetzt auch Signale aus Luxemburg und Österreich, sodass die Er
weiterung der EU-Zinsrichtlinie wahrscheinlich möglich sein wird. Luxemburg hat bereits zugesagt, im Jahr 2015 einzuschwenken, und auch Liechtenstein signalisierte seine Bereitschaft zu Gesprächen über einen automatischen Informationsaustausch.
Anlässlich einer Aktuellen Stunde im Bundestag erklärte der Bundesfinanzminister darüber hinaus, sich dafür einzusetzen, dass die EU ein Verhandlungsmandat auch im Hinblick auf Drittstaaten bekommt. Herr Schäuble bemüht sich, das OECD-Musterabkommen zu erweitern, um auch darüber hinaus den automatischen Informationsaustausch einführen zu können.
Allein in dieser Legislaturperiode wurden 36 Doppelbesteuerungs- und Informationsaustauschabkommen nach OECD-Standard abgeschlossen. Das trägt dazu bei, Steueroasen Schritt für Schritt trockenzulegen. Wenn die SPD und Bündnis 90/Die Grünen heute hier mit ihrem Antrag Vorschläge machen, die längst praktiziert werden, dann ist das nichts anderes als Augenwischerei.
Es fragt sich auf der anderen Seite – da schaue ich einmal die SPD an! –, was denn Herr Steinbrück in seiner Zeit getan hat, als er Bundesfinanzminister war. In der Zeit hätte er doch schon alles Mögliche tun können. Fehlanzeige offenbar!
Die Bundesregierung hat darüber hinaus die Initiative ergriffen, die Steuergestaltungsmöglichkeiten einzuschränken, und zwar durch die Initiative BEPS, denn aggressive Steuergestaltungsmöglichkeiten, das sehen wir genauso, sind wettbewerbsfeindlich.
Auf europäischer Ebene unterstützt die Bundesregierung die Arbeiten an einer gemeinsamen Bemessungsgrundlage für die Körperschaftssteuer, um so auf eine größere Harmonisierung im Unternehmenssteuerrecht zu kommen. Die Erfahrung, dass das nicht so einfach ist, durfte Herr Steinbrück als Bundesfinanzminister ja auch schon machen.
Ohne das von den rot-/rot-grün-geführten Ländern im Bundesrat blockierte deutsch-schweizerische Steuerabkommen würden jetzt
Kapitalerträge in der Schweiz genauso besteuert werden wie im Inland, denn Sie müssen auch beachten, dass die Steuererhebungsansprüche auf Kapitalanlagen im Moment verjähren, sie hätten sonst konsequent durchgesetzt werden können. Anders als RotGrün wollen wir nicht nur durch den fragwürdigen
Ankauf von einzelnen Steuer-CDs einzelne schwarze Schafe herausgreifen, nein, wir wollen, dass alle erfasst werden, und das wäre mit diesem Steuerabkommen auch möglich gewesen.
Jetzt lesen Sie doch einmal die Antwort auf die Kleine Anfrage, die wir gestellt haben! Darin steht, dass die Anzahl der Selbstanzeigen bezüglich der nicht angezeigten Schweizer Kapitalerträge von 151 im Jahr 2010 auf 22 im Jahr 2012 stark rückläufig ist.
Allein das ist ein Beleg dafür, dass der Ankauf dieser Steuer-CDs kein auf Dauer angelegtes Instrument sein kann. Sie können damit vielleicht einzelne Taten aufdecken, vielleicht auch ein paar mehr Taten, aber flächendeckend können Sie das nicht erreichen. Das können Sie nur mit dem Abkommen.