Weil die Bürgerschaft (Landtag) gemäß Artikel 125 Absatz 2 der Landesverfassung Anträge auf Verfassungsänderung nach der ersten Lesung an einen nicht ständigen Ausschuss zu überweisen hat, lasse ich jetzt über die Überweisung abstimmen.
Wer der Überweisung des Gesetzes zur Änderung der Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen, Drucksache 18/963, an den soeben eingesetzten Ausschuss nach Artikel 125 Absatz 2 der Landesverfassung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) überweist den Gesetzesantrag zur Beratung und Berichterstattung an den nicht ständigen Ausschuss gemäß Artikel 125 Absatz 2 der Landesverfassung – Abgeordnetenentschädigung, Akteneinsichtsrecht für Deputierte –. (Einstimmig)
Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort, Drucksache 18/907, auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.
Ich gehe davon aus, Herr Staatsrat Kück, dass Sie die Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nicht mündlich wiederholen möchten, sodass wir gleich in die Aussprache eintreten können.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren! Wir diskutieren heute unsere Große Anfrage „Werkschulen – Stand und weitere Planungen“. Wir haben uns sehr darüber gefreut, dass 85 Prozent der Schülerinnen und Schüler, die bis zum Ende des ersten Bildungsgangs an der Werkschule in Bremen teilgenommen haben, die erweiterte Berufsbildungsreife erreicht haben. Die Mehrheit der restlichen Schülerinnen und Schüler hat die einfache Berufsbildungsreife erreicht. Dies kann vor dem Hintergrund, dass bei allen diesen Schülerinnen und Schülern in der achten Klasse befürchtet wurde, keinen allgemeinbildenden Abschluss zu erreichen, als ein großer Erfolg gewertet werden.
Dieser Erfolg zeigt deutlich, dass mit dem Konzept der Werkschulen das Ziel erreicht werden konnte, leistungsschwächere Jugendliche mit einem Neuanfang an anderer Stelle und einem Unterrichtskonzept, das die Trennung von Theorie und Praxis so weit wie möglich aufhebt, wieder an die Schule heranzuführen. In den letzten Wochen haben wir einige Werkschulen besucht und mit den Schulleitern, mit den Lehrerinnen und Lehrern, aber auch mit den Schülerinnen und Schülern gesprochen. Es wurde deutlich, die Werkschulen leisten einen ganz wichtigen Beitrag dazu bei, dass Schülerinnen und Schüler, die häufig für sich mit der Schule abgeschlossen hatten und längere Zeit nicht in die Schule gekommen sind, wieder zur Schule gehen und sogar einen Schulabschluss machen, mit dem sie dann wiederum einen Ausbildungsplatz finden und eine Ausbildung machen können. Es gibt Schülerinnen und Schüler, die einen wesentlich größeren Praxisanteil in der Schule brauchen, damit sie die Schule auch erfolgreich abschließen können. Dann erreichen sie auch gute Noten und sind motiviert, dem Unterricht zu folgen und einen Abschluss zu erlangen. Uns ist wichtig, dass möglichst viele Schülerinnen und Schüler ihre Schullaufbahn erfolgreich mit einem Schulabschluss abschließen. Wir sind froh darüber, dass es in den letzten Jahren gelungen ist, die Anzahl der Schülerinnen und Schüler, die einen Schulabschluss haben, zu erhöhen, und die Anzahl derjenigen, die keinen Schulabschluss bekommen haben, zu reduzieren. Ich finde, dies ist ein Erfolg für das Land Bremen.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft. Dabei sind natürlich verschiedene Wege wichtig, denn die Schülerinnen und Schüler sind auch verschieden. Eine wissenschaftliche Evaluation des ersten Bildungsgangs hat ebenfalls stattgefunden mit dem Ergebnis, dass das präventive Konzept der Werkschule und das Engagement der Beteiligten als vorbildlich beurteilt worden ist. Das hat uns alle, glaube ich, sehr gefreut. Daneben wurde auch auf die Gefahr hingewiesen, dass die positiven Effekte der Werkschule im nachfolgenden System untergehen könnten, weil die Schülerinnen und Schüler nach der Werkschule auf wenig reformierte Ausbildungsstrukturen treffen, die dem Prinzip Exklusion folgen. So gut und erfolgreich die Werkschulen erfreulicherweise arbeiten, so wichtig ist es im nächsten Schritt für uns Grüne aber natürlich auch, dass die Schülerinnen und Schüler, die es nun geschafft haben, ihre Schullaufbahn erfolgreich mit einem Schulabschluss zu beenden, Perspektiven haben und Ausbildungsstrukturen vorfinden, in denen sie sich wieder qualifizieren und ihre Berufsausbildung ebenfalls erfolgreich meistern können. (Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)
Ich hätte gern von Ihnen, Herr Staatsrat Kück, gleich eine Einschätzung dazu, ob diese Gefahr, die auch in dieser Evaluation formuliert worden ist, tatsächlich besteht und wie Ihrer Auffassung nach die Erfolge der Werkschule weiterhin im nachfolgenden System abgesichert werden können.
Ich frage deshalb so konkret nach, weil ein Schüler, der einen Ausbildungsplatz gefunden hat, mir von seinen Ängsten vor dem nachfolgenden System berichtet hat. Der junge Mann war in seiner Regelschule bereits durch alle Raster gefallen und hatte die Schule ein halbes Jahr geschwänzt, weil er immer wieder die Erfahrung gemacht hat, dass er zu schlecht ist. Schließlich hat er sich um einen Platz in der Werkschule beworben, die er in diesem Jahr erfolgreich mit der Note Zwei abgeschlossen hat; eine Erfahrung, die für ihn vollkommen neu war. Er teilte uns stolz mit, sich zu freuen, dass er die Erfahrung gemacht habe, doch sehr viel zu können und nun gern seine Ausbildung beginnen möchte. Er habe auch einen Ausbildungsplatz, auf den er sich sehr freue, aber er habe auch sehr viel Angst, dass er den Anforderungen in der Berufsschule nicht gerecht werden könne und erneut aus dem System fallen würde. Dieses Beispiel zeigt, dass es häufig vielfältiger und individualisierter Modelle bedarf, damit junge Menschen bei all ihrer Unterschiedlichkeit einen geeigneten Weg finden, eine Ausbildung erfolgreich abzuschließen und schließlich in einem Unternehmen arbeiten zu können.
Die Ergebnisse dieser Evaluation zeigen eindeutig, dass dieses präventive Konzept der Werkschule vorbildlich ist, weil es damit gelingt, vielen Schülerinnen und Schülern eine zweite Chance auf einen
Schulabschluss zu ermöglichen. Ich bin froh darüber, gemeinsam im Jahr 2009 beschlossen zu haben, dass es hier im Land Bremen Werkschulen geben wird, und die Ergebnisse zeigen ja, dass sie auch bei den Schülern ankommen und ihnen auf jeden Fall Lebenschancen eröffnet werden. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir können heute auf zehn Werkschulstandorte und ganze 33 Klassenverbände in der Stadt Bremen sowie eine Werkstattschule in Bremerhaven stolz sein. Ohne Zweifel können wir bei dem Projekt Werkschule, das seit dem Schuljahr 2012/2013 den Regelbetrieb in Bremen aufgenommen hat, und bei der Werkstattschule in Bremerhaven von einer Erfolgsgeschichte sprechen. interjection: (Beifall bei der CDU)
Dabei ist es mit der Änderung des Schulgesetzes ein wichtiger Schritt gewesen, die Werkschule als einen eigenen Bildungsgang festzuschreiben und somit, wie wir heute auch an den vorgelegten Zahlen sehen, eine weitere erfolgreiche und institutionalisierte Möglichkeit für junge Menschen geschaffen zu haben, um die Ausbildungsfähigkeit beziehungsweise im besten Fall die erweiterte Berufsausbildungsreife zu erreichen. Immerhin erreichten von 90 gestarteten Schülern im Jahr 2009 im ersten Durchgang 67 einen Schulabschluss, also insgesamt 75 Prozent, wobei es sich bei den beschulten Jugendlichen um junge Menschen handelt, die so massive Schwierigkeiten hatten, dass man eigentlich erwarten musste, dass sie die Schule nach der Klasse 8 ohne einen Schulabschluss verlassen. Auch wenn Sie in der Großen Anfrage und auch in deren Beantwortung hier mit einer verzerrten Prozentzahl von 85 Prozent so agieren, dass man dort etwas auf den Holzweg gerät, weil es nämlich nur 57 von 67 Schülern sind, die die erweiterte Ausbildungsreife erworben haben, muss selbst auch mit dieser leicht vorgeschobenen Zahl – weil es eigentlich 75 Prozent sind, die einen Schulabschluss geschafft haben – dennoch feststehen, dass wir künftig 100 Prozent der Schüler zu einem Schulabschluss führen möchten. Darüber hinaus sollte dringend weiter daran gearbeitet werden – das hat auch meine Kollegin Frau Dogan gesagt –, dass die Schüler während beziehungsweise nach Beendigung der Werkschule direkt in eine Ausbildung vermittelt werden. Gerade in diesem Punkt ergibt sich für mich auch noch großer Handlungsbedarf. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Nun möchte ich aber gern auch etwas zur Beantwortung der Großen Anfrage der Grünen sagen, mit der man durchaus unzufrieden sein kann. Man könnte hinsichtlich der spärlichen Beantwortung fast meinen, dass wir als Opposition diese Anfrage gestellt hätten, aber interessanterweise wird von der sozialdemokratisch geführten Bildungsbehörde auch einer Großen Anfrage der Grünen nach meiner Ansicht nicht in angemessener Weise Rechnung getragen.
Mit Glück wurde immerhin ein Drittel der gestellten Fragen überhaupt beantwortet, sodass sich für mich politisch die Frage ergibt, ob man als Koalitionspartner so miteinander umgeht. Inhaltlich möchte ich hier heute gern noch fünf Fragen an den Staatsrat richten, die ich dann hoffentlich auch beantwortet bekomme.
Erstens: Was ist im ersten Durchgang mit den 25 Prozent passiert, die keinen Abschluss geschafft haben? Darüber wurde kein Wort verloren. Zweitens: Warum wird trotz der Erfolgsgeschichte der Werkschule in den nächsten Schuljahren eine Reduzierung von Klassenverbänden geplant? Drittens: Was unternimmt der Senat, um adäquate Voraussetzungen an den jeweiligen Standorten zu schaffen, um die Werkschule an allen Standorten gleichermaßen zu einer Erfolgsgeschichte werden zu lassen? Viertens: Aus welchen Gründen gibt es in Bremerhaven keine Werkschule neben der Werkstattschule, beziehungsweise warum wird es auf lange Sicht keine Werkschule beziehungsweise Werkstattschule als Erweiterung geben?
Fünftens: Inwiefern und wie aktiv agiert überhaupt die Bildungsbehörde, um alle Jugendlichen zu einem Schulabschluss zu führen und nach Beendigung der Werkschule wesentlich mehr Jugendliche in eine Ausbildung zu vermitteln?
Obwohl diese Fragen auch zum Teil schon gerade von meiner Kollegin und auch in der Großen Anfrage aufgeworfen wurden, werden sie einfach missachtet, sodass die Beantwortung auf acht knappen, unfreundlichen Seiten erfolgt, obwohl das Thema so entscheidend ist. Dies habe ich bereits im Unterausschuss „Berufliche Bildung“ angesprochen, in dem die Vorlage außer mir interessanterweise auch niemand diskutieren wollte, sondern das Thema wur
(Abg. Frau B ö s c h e n [SPD]: Weil die Bremerhavener Vertreter nicht dabei waren, Frau Häsler! War das vielleicht der Grund?)
Ich habe damit gerechnet, dass wir es aussetzen, und ich konnte von Glück reden, dass ich am Rande überhaupt noch ein paar sehr kurze Informationen erhalten konnte, (Zuruf)
wozu zum Beispiel die wichtige Information zählt – jetzt können Sie mir einmal gut zuhören, das bekommt man nämlich aus der Anfrage nicht mit! –, dass die erfolgreiche Ausgestaltung der Werkschule keinesfalls an die Frage der Ressourcen gebunden ist, sondern vielmehr an die Einstellung und an das Engagement der Schule und des Kollegiums, also ob die Stundenpläne plausibel und vernünftig sensibel gestaltet werden, ob es eigene Klassenräume für die Werkschule gibt oder beispielsweise, wie groß und engagiert der Einsatz der Lehrer ist. Diese Tatsachen finde ich doch so wichtig, dass man sie durchaus in der Mitteilung des Senats hätte erwähnen können. Auch die zuständige Referentin hat mir gegenüber eingestanden, dass das doch von Interesse ist.