wozu zum Beispiel die wichtige Information zählt – jetzt können Sie mir einmal gut zuhören, das bekommt man nämlich aus der Anfrage nicht mit! –, dass die erfolgreiche Ausgestaltung der Werkschule keinesfalls an die Frage der Ressourcen gebunden ist, sondern vielmehr an die Einstellung und an das Engagement der Schule und des Kollegiums, also ob die Stundenpläne plausibel und vernünftig sensibel gestaltet werden, ob es eigene Klassenräume für die Werkschule gibt oder beispielsweise, wie groß und engagiert der Einsatz der Lehrer ist. Diese Tatsachen finde ich doch so wichtig, dass man sie durchaus in der Mitteilung des Senats hätte erwähnen können. Auch die zuständige Referentin hat mir gegenüber eingestanden, dass das doch von Interesse ist.
Deshalb muss ich sagen, man bekommt – wie so oft – den unangenehmen Eindruck, dass die Schulen und Lehrer wieder einmal komplett auf sich allein gestellt sind, unter extrem schwerer Belastung, dass meiner Meinung nach die rot-grüne Koalition das Projekt ohne Reflexion und Feedback durch die Betroffenen hier mit verzerrten Zahlen feiert und Herausforderungen und Probleme vor dem Hintergrund der zunächst positiv erscheinenden Zahlen kleingeredet werden. (Glocke)
Ich komme jetzt zum Schluss zu meinem Appell an die Senatorin und den Staatsrat, die aufgezeigten Probleme mit Engagement anzugehen, die noch ausstehenden Fragen zur Werkschule und insbesondere zur Situation in Bremerhaven umgehend zu beantworten und mit der neuen Besetzung im Bildungsressort endlich dafür zu sorgen, dass diese arrogante Beantwortung von Anfragen wie aus dem Elfenbeinturm aufhört und wir als Abgeordnete – egal, aus welcher Fraktion – und vor allem auch die Öffentlichkeit angemessen über die erfragten Themen informiert werden! – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Häsler, ich bedauere es, dass Sie so unglücklich und unzufrieden sind,
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Das bringt es auf den Punkt!)
Die Arbeitsgruppe „Schule – Abschluss und Anschluss für jeden jungen Menschen“ der Kultusministerkonferenz hat als Ergebnis der Bund-LänderAbstimmung am 28. April 2008 unter anderem festgehalten, dass Bund und Länder als bildungspolitische Schwerpunktsetzungen der nächsten Jahre unter anderem alle Begabungen zur Entfaltung bringen wollen, gleiche Bildungschancen für alle, unabhängig von der sozialen Herkunft, gewähren wollen, jedem die Möglichkeit zum Aufstieg durch Bildung geben wollen und insbesondere das Ziel verfolgen, die Zahl der jungen Menschen, die die allgemeinbildenden Schulen ohne Abschluss verlassen, deutlich zu reduzieren und wenn möglich zu halbieren.
Diese Schwerpunktsetzungen finden auch im bremischen Schulentwicklungsplan besondere Berücksichtigung. Die Einrichtung eines Bildungsgangs Werkschule an berufsbildenden Schulen ist ein Segment, um diese eben genannten Ziele zu erreichen. Hierzu ein Zitat: „Ziel der Werkschule ist es, Jugendlichen in einem dreijährigen Bildungsgang den Erwerb der erweiterten Berufsbildungsreife zu ermöglichen. Es geht um den Erwerb, die Festigung und die Verbesserung der Grundfertigkeiten, die Sicherung der Berufswahlkompetenz, den Erwerb sozialer Kompetenzen und psychosozialer Stabilität sowie um die Erlangung der Ausbildungsfähigkeit.“ So beginnt die Verordnung über unsere Werkschule.
Die Werkschule ist ein Angebot für Schülerinnen und Schüler, die Gefahr laufen, am Ende der Sekundarstufe I ihren angestrebten Abschluss nicht erreichen zu können. Dieser Bildungsgang wurde in der Stadtgemeinde Bremen im Jahr 2009 als Schulversuch gestartet. Vom Jahr 2009 bis zum Jahr 2012 wurde dieser Versuch mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds, ESF, gefördert. Bei der Reform des Schulgesetzes wurde die Werkschule als eigenständiger Bildungsgang festgelegt und ab dem Schuljahr 2012/ 2013 in den Regelbetrieb der Stadtgemeinde Bremen übernommen. Werkschulen können an einer berufsbildenden Schule eingerichtet, aber in Ausnahmen auch als eigenständige Schule organisiert werden.
Auch die Stadtgemeinde Bremerhaven hat sich an dem ESF-geförderten Schulversuch beteiligt und ab dem Schuljahr 2010/2011 an der Werkstattschule einen Bildungsgang Werkschule angeboten, der aller
dings konzeptionell in wesentlichen Teilen von dem der Stadtgemeinde Bremen abwich. Auch die Stadtgemeinde Bremerhaven bietet diesen Bildungsgang für bis zu drei Schuljahre an, aber im Unterschied zur Stadtgemeinde Bremen, Frau Häsler – und das ist der Punkt, deswegen haben Sie es nicht gefunden! –, setzte sich die Bremerhavener Werkschule zusammen aus dem Projekt „nach 8“ im neunten Schuljahr und den bereits erfolgreich existierenden Berufsorientierungskursen BOK beziehungsweise LAV im zehnten Schuljahr und dem Bildungsgang „SCHiPS – Schülerinnen und Schüler in Praktikum und Schule“.
Nach Ablauf des Schulversuchs entschied Bremerhaven sich – und dazu hat Bremerhaven das Recht –, diese Werkschulen nicht mehr anzubieten, sondern stattdessen die Beschulung in der Werkstattschule als schulersetzende Maßnahme fortzusetzen. Die Werkstattschule Bremerhaven bietet derzeit unterschiedliche Beschulungsmöglichkeiten an: Der Bildungsgang „nach 8“ läuft über einen Zeitraum von zwei Jahren. Der Unterricht in diesem Bildungsgang hat insbesondere hohe praxisbezogene Anteile und macht die Schülerinnen und Schüler fit für den Übergang in die Berufsfeldorientierungskurse der Produktionsschule. In der Werkstattschule werden zum Beispiel auch Auszubildende des Magistrats Bremerhaven in dualen Systemen ausgebildet.
„Zeitraum“ ist ein weiteres Projekt. Dieses Projekt ist eine schulersetzende Maßnahme, die für die Schülerinnen und Schüler der Klassen 5 bis 8 angeboten wird und einen Zeitraum von drei Monaten für den einzelnen Schüler nicht überschreiten soll. An der Werkstattschule findet auch die Beschulung von Schülerinnen und Schülern mit wesentlichen Behinderungen statt. Zusätzlich gibt es an dieser Schule ein Projekt für junge Mütter, und dort werden ebenfalls Projekte für junge Migrantinnen und Migranten angeboten und genutzt.
Ich erinnere mich noch sehr gut und gern an die Sitzung der Deputation für Bildung – ich glaube, es war im Oktober –, in der uns ein erster Erfahrungsbericht der Werkschulen vorgelegt wurde. Wir Bildungsdeputierte – insgesamt, über alle Fraktionen hinweg – begrüßten diesen Bericht und zeigten uns hocherfreut über die Erkenntnis, dass die Werkschule kein heimliches Förderzentrum war, also eine Schule für Schüler mit Behinderungen, wie befürchtet.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es ein bisschen interessant: Frau Häsler, ich verteidige die Koalition ja ungern, aber ich war auch in dieser Sitzung des Unterausschusses für berufliche Bildung – wenn auch etwas zu spät, weil Frau Schön und ich in einer anderen Veranstaltung waren –, und ich kann mich sehr genau daran erinnern, dass die Debatte über diesen Tagesordnungspunkt zu dieser Großen Anfrage ausgesetzt worden ist, weil der zuständige Referent aus Bremerhaven nicht anwesend war.
Ich finde, wenn man darüber reden möchte, warum in Bremerhaven ein anderes Modell installiert worden ist als in Bremen, dann sollte man auch mit den Bremerhavenern reden und nicht über die Bremerhavener.
(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Frau H ä s l e r [CDU]: Man kann es auch ein- fach in die Antwort einbauen! Das wäre auch eine Möglichkeit gewesen!)
Nein, Frau Häsler, man kann das nicht alles einfach einbauen, und ich erkläre Ihnen dazu einmal ein paar Dinge!
Nein! Ich gebe Ihnen ja durchaus recht, Frau Häsler, dass viele Anfragen der Opposition, egal von welchem Ressort, nahezu lieblos beantwortet werden und man oft nachfragen muss, das ist wohl wahr –
ich kann Ihnen doch nicht immer einen Gefallen tun! –, aber das ist jetzt hier gar nicht der springende Punkt!
Ich will einmal zurückkommen auf den Schulversuch Werkschule! Es gab Bedenken, die Frau Schmidtke eben auch erwähnt hat, dass das ein heimliches Förderzentrum wird. Diese Bedenken hatten viele. Ich war damals noch im Beirat mit dem Schulversuch befasst – da war ich noch nicht Abgeordnete –, und die Bedenken haben wir dort auch geäußert. Wir haben aber ziemlich schnell gemerkt, dass das Modell in Bremen – in Bremerhaven kann ich es nicht beurteilen, weil ich das natürlich nicht mitbekommen habe – doch relativ gut zu laufen scheint, und ich habe es auch in meiner Nachbarschaft mitbekommen. Dort gab es einen Jungen, der aufgrund pubertärer Probleme die allgemeinen Bildungsgänge nicht geschafft hat und es dann in der Werkschule erreicht hat. Es scheint also zu funktionieren, und die Zahlen geben einem ja auch erst einmal, vorsichtig betrachtet, recht. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Wir haben eine hohe Anzahl von Schülerinnen und Schülern, die den Bildungsgang Werkschule nicht ohne Schulabschluss verlassen, sondern einen Schulabschluss erreichen, und es gibt sogar eine hohe Anzahl von jungen Menschen, die eine erweiterte Berufsbildungsreife erreichen. Dennoch gibt es an den Werkschulen Probleme, wir haben darüber im Unterausschuss durchaus ja schon einmal geredet, und zwar auch unabhängig von dieser Anfrage, und deswegen sage ich Ihnen, ich erkläre das noch einmal.
Wir wissen, dass das Konzept an unterschiedlichen Schulen unterschiedlich umgesetzt wird, Sie haben es ja eben selbst angedeutet, dass es unterschiedliche Voraussetzungen gibt. Wir haben auch ein Problem – und das gehört dann als Thema eher in die Bürgerschaft als bestimmte Dinge, die man in der Deputation beziehungsweise im Ausschuss regeln kann – mit der Ausstattung, weil an Werkschulen auch Inklusion stattfindet, die dort schwierig ist, weil sie die zugehörigen Lehrer teilweise nicht in diesem Bildungsgang haben. Wir müssen durchaus einmal darüber reden, wie wir das Problem lösen, und das ist auch eine Debatte, die wir in der Bürgerschaft führen müssen.
Ich finde aber, die Diskussion über das konkrete Problem, wie man die Werkschulen untereinander angleichen kann, muss man im Ausschuss führen und nicht hier, weil man dafür vielleicht auch einmal mit den unterschiedlichen Schulleitern reden, sie zur Diskussion bitten oder einfach einmal dort hingehen muss. Ich denke, das gehört hier jetzt nicht unbedingt hin.
Allerdings hätte in die Beantwortung der Anfrage die durchaus berechtigte Frage hineingehört, warum der Bildungsgang um Klassenverbände reduziert worden ist, weil er ja durchaus Erfolge vorweist. Diese Frage hätte ich auch gern von Herrn Staatsrat Kück beantwortet.
Im Ausschuss wiederum müssen wir die Frage klären, warum Bremerhaven und Bremen zwei unterschiedliche Systeme haben, weil – deswegen meinte ich zu Beginn, ich will Ihnen das einmal erklären – Bremerhaven einige Sonderwege in den letzten Jahren gegangen ist, und die waren nicht immer schlecht.
Dass Bremerhaven zum Beispiel die Oberstufenzentren erhalten hat, ist ein sehr großer Vorteil, weil uns die Einführung der kleinen Oberstufen an den Oberschulen in Bremen in vielen Stadtteilen vor massive Probleme stellt, Sie wissen das, wir diskutieren dies oft in der Deputation. Es führt zu mehr Segregation und zu einer Einschränkung der Fächer, die dort angeboten werden können, und die Oberstufenzentren bieten zum Beispiel eine vertikale Durchlässigkeit neben der horizontalen, dies ist eigentlich eine richtig gute Sache. Ich bin sehr froh, dass Bremerha
ven das Modell nicht aufgegeben, sondern daran festgehalten hat. Wenn mir jetzt die Bremerhavener in dem Unterausschuss glaubhaft erklären können, dass das Modell für sie besser ist als unser Werkschulmodell, dann, finde ich, kann man das akzeptieren, aber diese Diskussion möchte ich auch zunächst im Ausschuss führen.
Dann wiederum müssen wir in der Bürgerschaft die Frage diskutieren: Sind die Werkstattschulen in Bremerhaven gleich ausgestattet? Ich habe nämlich gehört, dass sie nicht die gleiche Ausstattung haben wie die Werkschulen in Bremen, weil dies kommunal geregelt wird. Dann müssen wir diese Diskussion wiederum hier führen, um dort eine Angleichung vorzunehmen, denn es kann ja nicht sein, dass ein Modell vielleicht weniger erfolgreich ist, weil es dort eine vollkommen andere Ausstattung gibt.
Diese Diskussion aber erst einmal in dem Ausschuss zu führen, warum Bremerhaven einen Sonderweg geht, ob das schlecht oder gut ist, finde ich in dem Fall völlig berechtigt, und ich finde auch, dass der Ausschuss weise entschieden hat, diese Diskussion dann zu führen, wenn der Referent aus Bremerhaven dort ist. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Liste der Erfolge geht ein Stück weiter, Frau Häsler. Vielleicht eben eine Bemerkung an Sie: Der Name Häsler ist natürlich in der Antwort des Senats nicht enthalten, wohl aber die Informationen zu Bremerhaven, denn die habe ich nämlich alle der Antwort des Senats entnommen.
Wir erinnern uns: Die Mitglieder der Deputation für Bildung begrüßten diesen Bericht und zeigten sich hocherfreut über die Erkenntnis, dass die Werkschule kein heimliches Förderzentrum, also eine Schule für Schüler mit Behinderungen wurde, wie befürchtet.
Wir freuten uns, dass die Erfolgsquote unsere Erwartungen bei Weitem übertraf. Von 90 Schülerinnen und Schülern, die im ersten Jahrgang 2009 begonnen haben, nahmen im Jahr 2012 67 an der Abschluss
prüfung für die erweiterte Berufsbildungsreife teil. Von diesen 67 Prüflingen haben 57 den Bildungsgang erfolgreich abgeschlossen, das entspricht einer Erfolgsquote von 85 Prozent. Die anderen zehn Schülerinnen und Schüler erlangten die einfache Bildungsreife, und auch das ist ein Erfolg, denn bei all diesen Schülerinnen und Schülern war die Aussicht auf einen erfolgreichen Schulabschluss eher unwahrscheinlich.
Das alles sind junge Menschen, die ohne die Werkschule bisher keine Aussicht auf das Erreichen eines entsprechenden Schulabschlusses hatten, und das ist ein Erfolg der Werkschulen,