Protokoll der Sitzung vom 20.06.2013

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Professor Stauch.

Bei dem Gesetzesantrag der Fraktion der CDU, Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Deputationen, vom 29. November 2011, Drucksache 18/ 140, ist von der Bürgerschaft (Landtag) in ihrer 13.

Sitzung am 26. Januar 2012 die erste Lesung unterbrochen und der Gesetzesantrag zur Beratung und Berichterstattung an den Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss überwiesen worden.

Der Antrag der Fraktion der CDU, Verlagerung der Deputationsassistenz von den Ressorts zur Bürgerschaftskanzlei, vom 6. Dezember 2011, Drucksache 18/151, ist ebenfalls von der Bürgerschaft (Landtag) in ihrer 13. Sitzung am 26. Januar 2012 zur Beratung und Berichterstattung an den Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss überwiesen worden.

Dieser Ausschuss legt mit der Drucksachen-Nummer 18/928 seinen Bericht und Antrag dazu vor.

Wir setzen die erste Lesung des Gesetzesantrages der Fraktion der CDU fort und kommen zur ersten Lesung der Gesetzesanträge des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Röwekamp.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir rufen heute erneut zwei Gesetzesänderungsanträge der Fraktion der CDU auf. Diese sollen, so viel kann man, glaube ich, vorhersagen, nach der Abstimmung im Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss heute beerdigt werden. Ich will an dieser Stelle trotzdem noch einmal ausführlich begründen, weshalb wir als CDU-Fraktion diese Änderungsanträge eingebracht haben und, wenn ich das einmal so sagen darf, mit der Unterstützung für diese Anträge auch nicht allein gewesen sind.

(Vizepräsident R a v e n s übernimmt den Vorsitz.)

Mit den beiden Änderungsanträgen haben wir das Ziel verfolgt, das Parlament in seiner Kontrollfunktion gegenüber dem Senat zu stärken. Wir als CDUBürgerschaftsfraktion sind der Auffassung, es hat sich bewährt, dass wir in den Parlamentsausschüssen Ausschussvorsitzende haben, die aus der Mitte des Parlaments kommen, und diese Ausschussvorsitzenden auch professionell durch wissenschaftliche Assistenz und Unterstützung seitens der Bürgerschaftskanzlei begleitet werden. Wir glauben, die Erfüllung der Aufgabe der Kontrolle der Regierung ist am ehesten dadurch möglich, dass wir diese in Ausschüssen und Deputationen durch Abgeordnete federführend wahrnehmen lassen.

Die bisherige Kompetenzverteilung ist so, dass in den Deputationen der zuständige Senator den Vorsitz führt. Er stellt die Tagesordnung auf, führt den Gang der Beratungen und entscheidet über Abstimmungen und Geschäftsordnungsanträge. Das heißt, die Frage, ob, inwieweit und auf welche Weise wir als Parlament den Senat und den betreffenden Se

nator kontrollieren können, obliegt in erster Linie ihm selbst. Uns Abgeordneten steht darüber hinaus für unsere Deputationsarbeit keine wissenschaftliche Assistenz zur Verfügung. Die Abgeordneten, die Sprecher der Deputationen oder Sprecher ihrer Fraktionen in der Deputation sind in der Vorbereitung, der Bewertung und der Abwicklung der Tagesordnung ausschließlich auf sich allein gestellt.

Wir glauben, dass dies dem Grundsatz der Trennung von Regierung und Parlament, insbesondere aber der Notwendigkeit der unabhängigen parlamentarischen Kontrolle nicht genügt. Deswegen, um unsere eigenen Kontrollrechte, unsere Rechte als Abgeordnete und unsere Kontrollfunktion gegenüber dem Senat zu stärken, haben wir diese Anträge eingebracht und sind davon unverändert überzeugt.

(Beifall bei der CDU)

Mit dieser Überzeugung sind wir nicht allein, sondern sowohl im Vorfeld als auch aus den Beratungen im Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss wissen wir, dass die Sozialdemokraten unser Anliegen unterstützen. Wir wissen, dass unser Anliegen auch von der Fraktion DIE LINKE unterstützt wird. Man braucht kein großes mathematisches Talent, um zu sagen, ja, dann müsste es eigentlich für eine Mehrheit reichen, ja, DIE LINKE, die SPD und die CDU haben in diesem Parlament die absolute Mehrheit,

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Sogar zwei Drit- tel!)

aber es scheitert daran, dass die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen – –.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Wahrscheinlich Herr Dr. Güldner per- sönlich!)

Auch Herr Dr. Güldner persönlich, aber auch die ganze Fraktion!

Ich kann ja nur über sein Abstimmungsverhalten im Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss reden, aber ich vermute einmal, dass wir heute im Parlament keine andere Mehrheit sehen werden, als die, die wir im Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss gehabt haben. Die Umsetzung dieser aus unserer Sicht weitreichenden Reform und die Stärkung der Abgeordnetenrechte werden auch heute im Parlament am Widerstand vom Bündnis 90/Die Grünen scheitern.

Ich finde es schade, weil ich gerade von Ihnen, Herr Dr. Güldner, und Ihrer Fraktion natürlich erwartet habe, dass Sie eine Stärkung demokratischer Kontrollrechte auch im Spiel zwischen Senat und Parlament unterstützen. Ich finde es sehr bedauerlich, dass es an dieser Stelle nicht zu einem solchen Konsens

kommt. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, aber für diese Legislaturperiode scheint das Thema am Widerstand der Grünen gescheitert zu sein. Da es aber eine große Meinungsübereinstimmung mit Ausnahme einer Fraktion in diesem Haus gibt, bin ich zuversichtlich, dass es uns gelingen wird, dieses Ziel perspektivisch auch noch im Deputationsgesetz zu verankern.

Die CDU-Fraktion wird an ihren Anträgen festhalten, wir werden unsere Anträge auch heute wieder zur Abstimmung stellen. Wir werden dem weiteren Antrag zustimmen, der in den Ausschussberatungen dadurch entstanden ist, dass eine Senatorin der Auffassung war, bezüglich der Frage der Feststellung der notwendigen Mehrheit für die Einberufung einer Sondersitzung zähle auch noch ihre eigene Stimme mit. Dies finde ich besonders bemerkenswert und macht eigentlich noch einmal ganz deutlich, wie – aus meiner Sicht – unterrepräsentiert die Rechte von Abgeordneten aus der Sicht einzelner Senatoren sind.

Wir stellen klar, dass für die Feststellung der Mehrheit oder einer qualifizierten Minderheit in den Deputationen in Zukunft nur die Zahl der vom Parlament gewählten Mitglieder in den Deputationen entscheidend ist. Ich finde, auch das ist notwendig. Wenn der Senator für Justiz der Auffassung ist, dass diese Klarstellung hilfreich ist, dann wollen wir sie gern vornehmen, aber das ist sozusagen nur eine Kleinigkeit, die parlamentarischen Rechte werden damit nicht in dem Umfang gestärkt, wie wir es uns als CDU-Fraktion gewünscht hätten. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tschöpe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Seit dem Jahr 1848, der ersten geschriebenen bremischen Verfassung, ist das Deputationswesen in Bremen integraler Bestandteil des Parlamentarismus. Immer und vor allem in den letzten 20 Jahren musste sich das Deputationswesen aber hinterfragen lassen, ob die Zusammenwirkung von sachkundigen Bürgern, Abgeordneten und Verwaltung eigentlich ein taugliches und tunliches Mittel ist, um Regierungen zu kontrollieren. Darüber gibt es sogar Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes, die sagen, ja, es ist.

Es sind von vielen Personen immer wieder die Fragen gestellt worden, ob sich die Bremer Verfassungstradition nicht eigentlich dem bundesrepublikanischen Standard anpassen sollte, ob wir auf die sachkundigen Bürger verzichten sollten, ob wir von dem Stadtstaatenmodell abweichen sollten, mit dem das Deputationswesen sehr eng verknüpft ist, ob wir wieder zu Parlamentsausschüssen – –. Ich mache aus meiner persönlichen Haltung überhaupt keinen Hehl: Ich ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

halte Deputationen für ein belebendes und ein demokratisches Element!

(Beifall bei der CDU)

Man muss aber ehrlich sagen, diese persönliche Meinung des Abgeordneten Tschöpe, von der CDU beklatscht,

(Abg. H i n n e r s [CDU]: So weit ist es ge- kommen!)

ist nicht das, was maßgeblich für die Entwicklung des Bremer Parlamentarismus in den letzten 20 Jahren gewesen ist, sondern in den letzten 20 Jahren hat sich ein gewisser Dualismus entwickelt. Wir kennen Parlamentsausschüsse, geleitet von Parlamentariern, und wir kennen Deputationen, geleitet von Senatoren. Wenn man diese Gremien zusammenzählt, kommt man erstaunlicherweise zu dem Ergebnis, dass es die gleiche Anzahl von Ausschüssen und Deputationen gibt. Wenn man diesen Befund zur Kenntnis nimmt, muss man vielleicht sagen, dass Bremen auch dort wieder einen Sonderweg gewählt hat: Es gibt Deputationen und Ausschüsse völlig gleichberechtigt nebeneinander, und sie sind insofern gleichmäßig strukturiert, ein Senator leitet eine Deputation, und ein Abgeordneter leitet einen Ausschuss.

Den Antrag der Fraktion der CDU fand ich persönlich charmant und habe mich gefragt, warum eine Deputation eigentlich von einem Senator geleitet werden soll; das kann man auch anders machen. Eine Notwendigkeit – und das hat mich am Ende des Tages, nachdem unser grüner Koalitionspartner eine ganz andere Haltung dazu hatte, auch überzeugt –, den Vorsitz unbedingt zu verändern, gibt es nicht, weil es die Befugnisse der Deputationen in keiner Weise verbessern würde.

Dies haben wir übrigens sehr einvernehmlich zu Beginn dieser Legislaturperiode gemacht, als wir im Deputationsgesetz klargestellt haben, dass Deputationen die Funktion von Ausschüssen wahrnehmen. Das ist die entscheidende Änderung gewesen, und obwohl ich in dieser Hinsicht eine andere Haltung habe, war es mit dem Argument, was es denn eigentlich ändere, auch relativ einfach, uns koalitionär zu einigen.

An dieser Stelle möchte ich einen Strich darunter ziehen. Ich glaube, die Auseinandersetzung über Deputationen und Ausschüsse wird uns in jeder neuen Legislaturperiode wieder einholen, und es wird wieder die Auseinandersetzung sein, was man als Ausschuss und was man als Deputation macht. Ich kann für mich persönlich sagen: Wenn es irgendwann auf mich ankommt, werde ich mich immer dafür einsetzen, dass es Deputationen gibt, weil ich glaube, dass sie demokratischer sind als Ausschüsse.

Kommen wir aber zu dem, was eigentlich ein viel wesentlicherer Bestandteil der Beratungen im Ver

fassungs- und Geschäftsordnungsausschuss war! Die Auseinandersetzung über Deputationen und Ausschüsse war ja nur eine Petitesse. Sie haben sie zwar umfangreich dargestellt, aber viel entscheidender waren doch die Dinge, über die wir uns bei der Änderung der Geschäftsordnung unterhalten haben.

Wir wollen eine Konsensliste einführen für die Angelegenheiten, die wir hier als Parlament sowieso einmütig verabschieden, sofern nicht jemand eine abweichende Meinung dazu hat, beispielsweise die Berichte des Petitionsausschusses oder gewisse Gesetze in erster und zweiter Lesung. Für all diese Abstimmungen, für die wir hier vor Beginn der Mittagspause oder des Feierabends gemeinsame Armgymnastik machen, wollen wir in Zukunft ein effizienteres Verfahren einführen, indem wir nur einmal über die Punkte abstimmen, die in diesem Parlament Konsens sind. Das ist, finde ich, eine wesentliche Verbesserung, die auch die Arbeit dieses Parlaments effektiver macht.

Wir haben ebenfalls darüber geredet – und das fand ich viel spannender –, wie sich eigentlich in der Stadtbürgerschaft die Beiräte präsentieren können. Dort hatten wir zweimal die Situation, dass Beiräte sehr umfangreich vortragen durften, die Fraktionen Stellung genommen haben und es dann den Beiräten verwehrt wurde, darauf noch einmal zu reagieren. Dies wird sehr einvernehmlich durch eine Änderung der Geschäftsordnung geändert, die wir Ihnen vorschlagen, danach dürfen nämlich die Beiräte noch einmal abschließend fünf Minuten Stellung nehmen.

Dann kam noch einmal die Frage auf, und das ist auch ein ständiger Streitpunkt, deshalb fand ich die Sitzung des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses im Dezember eigentlich sehr schön, weil wir uns über alle Fraktionen hinweg darauf geeinigt haben, ob nur Abgeordnete Akteneinsicht nehmen dürfen oder auch Deputierte. Wir haben uns ganz klar so geäußert – und das haben auch alle mitgetragen –, dass Nur-Deputierte natürlich keine Mitglieder einer Deputation zweiter Klasse sind, sondern das gleiche Akteneinsichtsrecht haben wie alle anderen Abgeordneten auch. Ich habe mich immer gewundert, dass es senatorische Dienststellen gibt, die so etwas bestreiten, aber leider hat es sie gegeben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Herr Röwekamp, Sie haben eben schon die Frage angesprochen, wer eigentlich mit Minderheitenrecht eine Deputationssitzung einberufen kann. Ich finde, den Streit, den es damals um die Einberufung der Bildungsdeputation gegeben hat – jenseits der rechtlichen Regelungen –, einfach ziemlich verrückt. Wenn eine Fraktion in diesem Haus den Wunsch nach einer Sondersitzung der Deputation hegt, dann sollte man sie einberufen. Das würde ich zumindest allen Senatoren raten, denn im Zweifel sind Minderheiten

rechte in einem Parlament etwas sehr Konstitutives. Da aber augenscheinlich diese Weisheit im Senat an dieser Stelle noch nicht so ausgeprägt war, gehen selbstverständlich auch die Regierungsfraktionen den Weg mit, dies so zu kodifizieren, sodass auch die CDU in Zukunft jederzeit eine Deputationssitzung verlangen kann. – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Vogt.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine beiden Vorredner haben ja schon einiges inhaltlich dazu gesagt, was hier heute in diesem Paket geregelt werden soll. Ich komme einmal zu dem letzten Punkt, da Herr Tschöpe eben so charmant damit geendet hat, dass auch die CDU jetzt ein Recht habe, eine Sondersitzung der Deputation einzuberufen. Es ging mir genauso. Ich fand den Streit damals, ich sage einmal, in der rechtlichen Würdigung akademisch,

(Abg. H i n n e r s [CDU]: Wäre er es man gewesen!)

aber in der Sache eher unschön.

Dass dies nun klargestellt wird, finde ich natürlich gut, aber ich möchte an dieser Stelle noch einmal an eine Goodwill-Regelung aus Zeiten der Großen Koalition erinnern, denn die CDU erreicht ja nun das nötige Quorum von vier Stimmen, aber die kleinste Oppositionsfraktion erreicht es nicht. Ich weiß durchaus – das ist hier jetzt natürlich ein Appell an die Moral –, dass es in Zeiten der Großen Koalition üblich war, wenn Sie als kleinste – –.