Natürlich haben wir hier oft genug darüber diskutiert, dass wir ein Problem mit einem gefestigten Rassismus bei 30 Prozent der deutschen Bevölkerung haben. Sie haben ja zu Recht darauf hingewiesen, welche Wähler von welchen Parteien diesem Gedankengut anhängen. Natürlich ist das ein sehr großes Problem, das wir auch immer thematisieren, und ich muss einmal ehrlich sagen, die SPD-Fraktion hat ja sogar auch gehandelt, und zwar sehr unverzüglich, das muss ich an dieser Stelle auch einmal hier hervorheben. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Zu diesem ständigen ziellosen Hin- und Herlavieren und dieser unterschiedlichen Betrachtungsweise, wo wir von dem einen von einem grundsätzlichen gesellschaftlichen Problem ausgehen: Ich habe hier schon einmal gesagt, wir reden nicht darüber, dass irgendwelche Personen wie Marsmenschen durch die Gegend laufen und irgendwelches wirres Zeug erzählen, sondern davon, dass sie sehr großen Rückhalt in dieser Bevölkerung haben, und das stellen Herr Heitmeyer und die Friedrich-Ebert-Stiftung ja schon seit Jahren immer wieder fest.
Es ist auch kein Problem, wie es hier immer einmal gern zitiert wird – manchmal auch von Ihrer Seite! –, dass Rassismus ein Problem von sogenannten unteren Schichten oder sozial schwächeren Schichten ist, nein, überhaupt nicht! Gefestigten Rassismus findet man eben auch in der Mitte der Gesellschaft und gerade bei denjenigen, die eigentlich sogar noch gewissermaßen gefestigt sind, sozial gesehen oder in ihrer wirtschaftlichen Existenz, und das ist doch genau die Gefahr, bei der auch bestimmte Dinge immer wieder zusammengreifen.
Die Kollegin Frau Neddermann hat es eben gesagt, da wird nicht über Ängste geredet, sondern da wird Stimmung geschürt, wenn Flüchtlinge aufgenommen werden sollen – im Übrigen, ich sage es gern noch einmal, war im Beirat Vegesack auch die CDU mit diesem Flugblatt daran beteiligt –, und dann greifen das natürlich rechtsextreme und rechtspopulistische Organisationen auf, das ist doch völlig logisch! Sie fühlen sich doch darin bestärkt und haben ihren Rückhalt darin, und dann gibt es einen Kreislauf. Den erleben wir in europäischen Ländern, aber wir erleben ihn auch hier, wir haben ihn doch in Bremerhaven in den Neunzigerjahren erlebt.
Diesen ganzen gefestigten Rassismus in der Mitte der Gesellschaft greifen rechtsextreme Organisationen und Parteien auf, werden dann auch noch wieder in die Parlamente gewählt und haben dort sogar wieder durch das Parteienprivileg eine öffentliche Bühne. Das finde ich unerträglich, das muss ich ganz ehrlich sagen.
Deshalb ist es absolut sinnvoll, diesen Bericht über Rechtsextremismus immer wieder vorzulegen, weil die Gefahr, dass hier durch gefestigten Rassismus unter Zuhilfenahme von rechten Parteien und Organisationen Dinge aus dem Ruder laufen, auch für Deutschland überhaupt nicht gebannt ist. Wir haben es in den letzten 20 Jahren immer wieder erlebt, dass die Menschen einen Hang dazu haben, nicht nur rechts zu denken, sondern dann auch rechts zu wählen, wenn sie in eine prekäre Lage kamen. Wir haben in einigen europäischen Ländern erlebt, wohin das geführt hat. Das schlimmste Beispiel, das wir gerade erleben, ist Ungarn, wo wirklich massiv ausgegrenzt wird, wo ganze Gesellschaftsschichten aus
gegrenzt werden, wo Übergriffe stattfinden und die Verfassung geändert wird, und Ungarn ist immerhin ein Mitglied der Europäischen Union.
Ich finde, wir müssen da extrem aufmerksam sein, genau hinschauen und auch geeignete Maßnahmen ergreifen, und dazu gehört natürlich, Herr Hinners, auch die Auseinandersetzung mit den eigenen Wählern und Wählerinnen – das ist völlig klar –, und die führen wir hier ja auch. – Danke!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Timke, ich möchte gern noch einmal etwas zu Ihnen sagen, ich werde jetzt auch nicht auf das Detail eingehen, was Rechtspopulismus ist und wie er sich wissenschaftlich herleiten lässt. Sie haben in der Tat recht, das ist in der Politikwissenschaft kein feststehender Begriff, es ist in der Debatte, allerdings sind wir hier auch nicht in einem politikwissenschaftlichen Grundsatzseminar, sondern wir sind hier in der Bremischen Bürgerschaft, und da geht es in der Tat – –.
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. T i m k e [BIW]: Das ist ein Senatsbericht!)
Genau, aber ich spreche jetzt einmal nicht vom Senatsbericht, sondern ich komme jetzt noch einmal auf die allgemeine politische Debatte, und dort geht es auch um eine politische Bewertung!
Ich habe mir, nachdem ich mir jetzt Ihre Argumente noch einmal angehört habe, angeschaut, was so auf Ihrer Internetseite steht, und da ist mir besonders der Blogeintrag vom 24. Juli 2013 aufgefallen. Dort nehmen Sie Bezug auf einen Leserbrief, den eines Ihrer Beiratsmitglieder aus dem Beirat Blumenthal geschrieben hat. Der Blogeintrag ist überschrieben mit „Flüchtlingszustrom nach Bremen“ und setzt sich mit der Flüchtlings- und Asylbewerberpolitik der Landesregierung auseinander. Da wird von Ihrer Bürgerbewegung geschrieben: „Abschiebungen passen nicht ins Multikulti-Weltbild von Rot-Grün. Deshalb soll jeder Migrant unbedingt im Land gehalten werden, koste es, was es wolle.“ Im weiteren Verlauf des Artikels steht: „Im Zweifel nimmt man lieber Einschnitte an anderer Stelle, zum Beispiel bei Polizisten und Lehrern oder durch die Kürzung von Leistungen für die einheimische Bevölkerung, in Kauf.“
staat auszunutzen“, „Die Bundesrepublik ist überfremdet“. Die Ähnlichkeit der Aussagen in Ihrem Artikel mit den von mir zitierten Aussagen ist wahrscheinlich rein zufällig. Weiterhin wird im Text pauschal Asylmissbrauch unterstellt. Wenn also jemand seinen Pass verbrennt oder sein Herkunftsland nicht angibt, weil er Angst vor der Abschiebung hat, weil ihm vermutlich in seinem Heimatland Verfolgung droht, dann wird das von Ihnen pauschal als kriminelle Tat unterstellt, der Einzelfall bleibt vollkommen unberücksichtigt. Ich muss sagen, ich werde das hier jetzt nicht wissenschaftlich einordnen, aber wie das Ganze politisch zu bewerten ist, kann jeder, glaube ich, der hier sitzt, selbst für sich bewerten.
Für mich ist die politische Bewertung rechtspopulistisch und in hohem Maße auch fremdenfeindlich. Ich rate auch den Kollegen und Kolleginnen von der CDU, den Artikel einmal durchzulesen, denn Ihnen wird darin nämlich – Herr Hinners, Sie sind auch ausdrücklich angesprochen – auch ein viel zu lascher Umgang mit Flüchtlingen unterstellt.
Meiner Meinung nach ist Ihr Blick auf Flüchtlingspolitik sehr zweifelhaft, und, wie gesagt, die politische Bewertung überlasse ich den übrigen Mitgliedern dieses Hauses. – Danke!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte auch noch einmal ganz kurz auf Herrn Timke eingehen! Die Partei BIW macht sich für den rechten Rand anschlussfähig und gibt sich dabei bürgerlich und besonders bürgernah, und auch, wenn Ihrer Meinung nach, Herr Timke, ein paar Kleinigkeiten in dem Bericht nicht ganz so richtig dargestellt sind,
so ist meiner Meinung nach die Partei Bürger in Wut eine rechtspopulistische Partei. Frau Ryglewski hatte eben schon einiges zitiert, und ich möchte jetzt daran anschließen.
Auch auf der Internetseite von Bürger in Wut findet man, sagen wir einmal, sehr interessante Aussagen gegen unkontrollierte Einwanderung, Multikulturel
les, Forderungen nach Strafen für deutschlandfeindliche Beschimpfungen oder eine antieuropäische Haltung. Ich finde ganz besonders erschreckend, was man auf Ihrer Facebook-Seite bei den Kommentaren lesen kann, ich zitiere: „In vielen Sachen hat die NPD recht, und basta!“, „Schmeißt dieses Pack endlich aus dem Land“, „Ausländer raus und Udo Pastörs als Bundeskanzler“, „Der Islam samt seinen Jüngern ist das Erbärmlichste auf dieser Welt“, „Die Grenzen Richtung Osten wieder zumachen“. Ich bekomme bei solchen Aussagen Gänsehaut. Ich habe mich fast nicht getraut, das hier auszusprechen, aber solche Aussagen findet man auf Ihrer Facebook-Seite. Ich habe davon auch Screenshots gemacht, um das zu beweisen.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN – Abg. T i m k e [BIW] meldet sich zu einer Zwischenfrage. – Glocke)
So etwas geht einfach nicht, und ich hätte mir dazu von Ihnen eine ganz klare Abgrenzung gewünscht. Diese Chance haben Sie eben aber vertan, und, ganz ehrlich, ich finde so etwas alles andere als demokratisch.
Frau Neddermann, was Sie hier machen, ist ein netter Versuch, aber er wird nicht fruchten. Sie versuchen, hier durch Zitate, die Sie hier anbringen, die Sie aber verkürzt anbringen, ein falsches Bild darzustellen.
Moment! Schade, dass Sie eben nicht bereit waren, eine Frage zu akzeptieren, deswegen sage ich das in einer Kurzintervention.
Sie haben angeführt, dass auf unserer Internetseite verbreitet wird, dass wir gegen unkontrollierte Zuwanderung und gegen Multikulturelles sind, das ist richtig. Sie müssen aber auch so fair sein, den Satz zu Ende zu lesen und hier nicht nur Versatzstücke aufzuführen. Der ganze Satz heißt nämlich: Wir sind gegen unkontrollierte Einwanderung und Multikulturelles, aber für eine konsequente Integration der hier lebenden Ausländer, und das verschweigen Sie hier. Lesen Sie bitte den Satz richtig, wenn Sie es denn können! – Danke!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach dieser Debatte habe ich Probleme, den Faden wieder aufzugreifen. Ich erinnere noch einmal daran, dass es der Beschluss und der Wille der Bürgerschaft war, dass der Senat einen Bericht zum Thema Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Rechtsextremismus in Bremen vorlegt. Dies haben wir getan, und ich sage, das ist auch kein Bericht des Innensenators, sondern wir haben uns bemüht, alle Kräfte zusammenzubringen, die dieses Thema bearbeiten. Was wir hier auf 70 Seiten dokumentiert haben, ist ein gemeinsames Ergebnis.
Wir haben alle Bereiche aufgelistet, die sich dieses Themas angenommen haben, und es sind nicht nur die Kernbereiche wie Polizei, Verfassungsschutz oder Staatsanwaltschaft, sondern es geht weit darüber hinaus. Es zeigt, dass dieses Thema in der Gesellschaft in Bremen und in Bremerhaven angekommen ist, dass hier viele Aktivitäten in den Bereichen Soziales, Jugend, Frauen, Kultur, Wissenschaft und Bildung zu verzeichnen sind. Viele Schulen haben sich in diesen Bereichen organisiert und zu diesem Thema Veranstaltungen gemacht. Ich glaube, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern Dank schulden für diesen Einsatz und für diese Aktivitäten, und ich finde es schade, dass diese Debatte in eine Richtung geführt wurde, die angesichts des Themas, über das wir diskutieren, überhaupt nicht angemessen ist.
Ich sage noch einmal, der Wunsch der Bürgerschaft ist auch für mich nachvollziehbar, weil er im Zusammenhang der Ereignisse der letzten Monate und Jahre stand. Wir haben es in der Tat mit dem Problem der NSU zu tun, und wir haben gerade den Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestags bekommen. Ich hatte eigentlich gehofft, dass wir heute nicht wieder diese klassische Debatte führen, die von Herrn Hinners immer wieder begonnen wird, indem uns vorgeworfen wird, dass wir heute nichts zum Linksextremismus gesagt haben. Das war auch nicht der Auftrag der Bürgerschaft.
Ich finde, diese Debatte, die wir hier heute begonnen haben, ist damit nicht beendet. Dieser Bericht schließt zwar im Jahr 2012 ab, aber Sie haben gesehen, dass die Entwicklung weitergeht. Wir haben auch in den letzten Monaten dort reagiert, wo es notwendig war. Wir haben Veranstaltungen von rechtsradikalen Gruppierungen in Bremen unterbunden, und ich hoffe auch, dass wir auf Bundesebene jetzt weiterkommen.
regierung auch das realisieren können, was wir immer vorhatten: gemeinsam nach Karlsruhe zu gehen, um das NPD-Verbotsverfahren zum Abschluss zu bringen.
Herr Senator, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass die CDU bei der Diskussion darüber, einen Bericht zum Rechtsextremismus zu erhalten, gefordert hat, auch den Linksextremismus und den salafistisch bedingten Extremismus mit einzubeziehen, dies aber abgelehnt wurde?