Lassen Sie uns alle heute ein deutliches und ein gemeinsames Zeichen dieses Hauses für Vielfalt und gegen Homophobie setzen! – Vielen Dank!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Angekündigt wurde der hier vorliegende Aktionsplan gegen Homophobie seitens der SPD bereits im Sommer 2013, als es in der Stadt Gerüchte um die Schließung des RAT&TATZentrums gab. Grundsätzlich – dabei unterstütze ich meine beiden Vorredner sowohl inhaltlich als auch in der Ausrichtung – ist alles, was die Bekämpfung von Homophobie zum Ziel hat, zu begrüßen. Deswegen stimmen wir diesem Antrag – das vorweg! – selbstverständlich zu.
Aktuell wird der Inhalt des Antrags allerdings überlagert – darauf hat der Kollege Fecker schon hingewiesen – von der aktuell hochgekochten Diskussion über das Outing von Thomas Hitzlsperger und die Petition, die in Baden-Württemberg online gestellt worden ist, welche sich gegen einen Bildungsplan des Landes Baden-Württemberg richtet, die Themen Homosexualität, Bisexualität und andere Lebensformen im Unterricht zu behandeln.
Man sollte sich durch diese Debatte nicht völlig ablenken lassen, weil das dem Inhalt des vorliegenden Antrags nicht gerecht wird. Aber man kann es an dieser Stelle auch nicht komplett ignorieren.
Ich gehe nun auf die Initiative und die Petition gegen die Initiative der Landesregierung Baden-Württembergs ein! Worum geht es darin?
Die Akzeptanz sexueller Vielfalt soll ab 2015 in Baden-Württemberg in den Bildungsplan aufgenommen werden. Kritiker – auch die, die eher gemäßigt herangehen – sagen, die Pläne zielten auf eine pädagogische, moralische und ideologische Umerziehung an den allgemeinbildenden Schulen ab, und der Aktionsplan schieße über die Verhinderung von Diskriminierung hinaus. Ehrlich gesagt, liebe Kolleginnen und Kollegen: Genau das ist auch richtig so. Es geht nicht nur um die Verhinderung von Diskriminierung, sondern es geht darum, Akzeptanz aktiv aufzubauen und für Akzeptanz zu werben.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat in einer Studie zur Bildungseinrichtung der Schulen ein System struktureller Heteronormativität ausgemacht. Das heißt übersetzt: Alles ist auf Mainstream ausgerichtet, und wer davon abweicht, hat es schwer. Und das geht schon auf dem Schulhof los.
Als ich Schulelternsprecherin war, konnte ich erleben, wie auf dem Schulhof Sechs- oder Siebenjährige die Worte „Du bist schwul“ oder „Du Schwuchtel“ als gängige Schimpfworte benutzten und niemand dagegen richtig vorgegangen ist und niemand – auch die Pädagogen nicht – so richtig wusste, wie man damit eigentlich umgehen soll. Es war völlig klar, dass ein sechsjähriger Schüler nicht unbedingt weiß, was dahinter steht. Aber es war auch völlig klar, dass damit eine Normativität oder ein Wertebild durch Gesellschaft, durch alles das, was ein sechsjähriger Schüler bis dahin erlebt hat, vermittelt worden ist, bei dem schwul zu sein implizit mit schlecht zu sein verbunden worden ist und das ein abwertender Begriff war. Deswegen ist es umso wichtiger, bereits ganz früh anzusetzen.
Laut einer Studie der Humboldt-Uni in Berlin verwenden nämlich fast zwei Drittel der zwölf Jahre alten Schüler in Berlin das Wort „schwul“ oder „Schwuchtel“ als Schimpfwort und als Synonym für schlecht.
Wichtig ist meines Erachtens daher besonders der Ansatz, die Akzeptanz verschiedener Lebensentwürfe bereits in der Schule zu thematisieren. Der hier vorliegende Antrag der Koalition sieht neben einem Aktionsplan Homophobie auch die Forderung an den Senat vor, eine für alle verbindliche Handreichung für den Sexualkundeunterricht zu erstellen, deren Ziel es auch sein muss, die gesellschaftlich noch vorhandenen Stereotype gegen Homosexuelle abzubauen und die Lebenswirklichkeit von Schwulen und Lesben aufzugreifen.
Wie sind wir bislang im Land Bremen mit unseren Bildungsplänen aufgestellt? Wir hatten bislang eine Handreichung für das Lehrpersonal. Das ist ein zweiseitiges Schreiben, in dem die Schulen aufgefordert werden, eine diskriminierungsfreie Sexualerziehung zu leisten. Aber die Umsetzung – und deswegen komme ich noch einmal auf meine Erfahrung in der Grundschule zurück – mussten sich die Lehrer dann selber überlegen. Es gibt zwar den Hinweis darauf, dass die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in naher Zukunft gutes Material anbieten wird. Aber das reichte bislang nicht. Unter Paragraf 11 ist bisher im Bremer Schulgesetz das Thema Sexualerziehung nicht ausreichend bestimmt.
Im November hat Rot-Grün dankenswerterweise einen Dringlichkeitsantrag vorgelegt, der hier in erster Lesung am 12.12. letzten Jahres beschlossen und an die Bildungsdeputation überwiesen wurde. Damit soll der oben zitierte Paragraf 11 insofern erweitert werden, als die Sexualerziehung nach verbindlichen Standards der Senatorin für Bildung und Wissenschaft zu unterrichten ist und die Sexualerziehung dem Prinzip sexueller Selbstbestimmung aller Menschen verpflichtet sein soll und der Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung oder Identität entgegenzuwirken hat. Das begrüßen wir an dieser Stelle ausdrücklich, denn es wurde Handlungsbedarf erkannt. Diese Gesetzesänderung legt nun eine Grundlage für einen veränderten Unterricht. Nach endgültiger Beschlussfassung müssen auch die Bildungspläne entsprechend angepasst werden. Hierbei kann BadenWürttemberg für das Land Bremen durchaus ein Beispiel sein.
Ich glaube, es sollte grundsätzlich zusätzlich verpflichtende Fortbildungen für Lehrerinnen oder Erzieherinnen geben, denn bereits bei den Kleinsten werden schon Grundlagen für Akzeptanz und Offenheit gelegt. Bislang gibt es beispielsweise in der Erzieherausbildung in Bremen zwar ein Wahlmodul zu gendersensibler Pädagogik in den Kindergärten. Aber das ist meist schnell ausgebucht, liebe Kolleginnen und Kollegen. Dieses Thema sollte jedoch verbindlich für alle angehenden Erzieherinnen unterrichtet werden.
ce, hierzu weitere Maßstäbe in Bremen zu setzen und das Ganze in den entsprechenden Gremien zu diskutieren. Ich denke, wenn wir diesen Aktionsplan wirklich ernst nehmen, können wir in Bremen einen großen Schritt weiterkommen. Vielleicht haben wir in zehn, 15 Jahren eine Gesellschaft, in der die Worte „Du bist schwul“ auf Schulhöfen in der Grundschule nicht mehr gängige Schimpfworte sind. – Danke!
Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. vom Bruch, Fraktion der CDU. Bitte, Herr Kollege!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir führen seit einigen Tagen medial – nun ja auch hier – eine Debatte über den gesellschaftlichen Umgang mit unterschiedlichen sexuellen Orientierungen, eine zum Teil emotional geführte Debatte, obwohl wir alle wohl der Meinung sind, dass Unterschiedlichkeit in diesem Bereich Normalität sein sollte. Ich meine deshalb, dass auch diese Diskussion ein wenig unaufgeregter, als ich sie gelegentlich wahrnehme, stattfinden könnte, meine Damen und Herren.
Zur Versachlichung der Diskussion ist es mir schon wichtig, drei Sätze zum Ausgangspunkt der aktuellen und zum Teil ja auch personifizierten Diskussion zu sagen.
In Baden-Württemberg und darüber hinaus gibt es eine breite Diskussion um eine Petition gegen die Verankerung von fünf Leitprinzipien in neuen Bildungsplänen, in deren inhaltlicher Umsetzung Gesichtspunkte der sexuellen Orientierung gleichsam ein Querschnittsthema sein sollen, und zwar unter dem Gesichtspunkt der Akzeptanz für sexuelle Vielfalt. Ich sage hier deutlich, dass wir hierfür ungeteilt eintreten. Ohne den Grundsatz des Ob infrage stellen zu wollen, darf man aber auch zu diesem Thema Fragen haben, zum Beispiel in Bezug auf den schulischen Unterricht, eine Frage des Wie, eine Frage des altersgemäßen Wann und auch eine Frage der Beteiligung von Schülern und Eltern, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Es gibt über die Art und Weise angemessener Diskussionen über sexuelle Orientierung vielleicht unterschiedliche Auffassungen. Ohne hier überkommener Verklemmtheit das Wort reden zu wollen, bleibt die Frage der sexuellen Orientierung für mich zuerst eine zutiefst individuelle und private Frage. Wenn wir zum Beispiel über die Frage einer Behandlung dieser Thematik in der Schule sprechen – und um die geht es ja hier im engeren Sinne –, erwarten wir Sen
Lassen Sie mich auch hinzufügen: Ich habe in diesen Leitlinien nach meiner persönlichen Auffassung zu wenig von Familie, Ehe und Partnerschaft gelesen. Wenn schon von Normalität die Rede sein soll, meine Damen und Herren, dann darf man auch das anmerken.
Keine zwei Meinungen allerdings sollte es bei der Bewertung des Begründungsteils der Petition geben. Hier lesen wir völlig inakzeptable Dinge, die ich an dieser Stelle mit aller Deutlichkeit für uns zurückweise!
Den Zusammenhang zwischen Homosexualität und Drogensucht oder auch verstärkter Suizidneigung herzustellen, ist perfide. Hier liegt in der Tat Verhetzungspotenzial, das jede gebotene Toleranz vermissen lässt.
Auch unterschiedliche sexuelle Neigungen mit Gesundheit oder eben auch mit Krankheit in Verbindung zu bringen, ist schlicht absurd, meine Damen und Herren!
Eine Diskussion sexueller Orientierung – gleich, ob in der Schule oder in der allgemeinen Öffentlichkeit – wird nicht mit zunehmender Lautstärke besser. Es geht nicht um recht haben, es geht nicht darum, Alternativen gegenüberzustellen oder zu bewerten. Es geht um Vielfalt und Toleranz. Es geht ja nicht darum, irgendjemanden zu überzeugen. Es geht auch nicht darum, etwas als richtig oder falsch zu bewerten. Wir brauchen deshalb eine Kultur der Toleranz und der Sensibilität im Denken und im Handeln.
Eine kontinuierliche politische Diskussion darüber, aber unaufgeregt geführt, kann sinnvoll stilbildend sein. Außerdem brauchen wir eine Politik, die Zeichen setzt – in der Tat! Deshalb werden wir Ihrem Antrag insgesamt zustimmen, auch wenn wir von einzelnen Punkten, wie zum Beispiel von Sonderzuständigkeiten bei Ermittlungsbehörden zu sprechen, im Effekt noch nicht überzeugt sind, meine Damen und Herren. Denn der wahre Skandal liegt in der Alltäglichkeit von Diskriminierung und Herabwürdigung. Wenn in einer Berliner Studie bei mehr als der Hälfte der Schülerinnen und Schüler bis zur zehnten Klasse festgestellt wird, dass das Wort „schwul“ als Schimpfwort eingesetzt wird und eben offensichtlich ja auch verstanden wird und Gleichberechtigung
abstrakt zwar bejaht, Kontakt mit Homosexualität aber bei der Mehrheit ebenfalls skeptisch gesehen wird, dann ist eigentlich klar, was im Mittelpunkt des im Antrag geforderten Aktionsplanes stehen muss: Dialog und Wissen um die Fakten. Das ist die beste Prävention vor Voreingenommenheit und, wie ich meine, die Klammer zwischen der Botschaft der aktuellen Diskussion und dem Ziel des Antrages.
Deshalb muss früh, aber sensibel damit in den Schulen begonnen werden. Deswegen ist unsere Konsequenz eine enge Verzahnung dieses Aktionsplanes mit der Arbeit an Schulen, meine Damen und Herren.
Lassen Sie mich abschließend sagen: Es gibt zweifellos eine gewisse Bandbreite von Herangehensweisen an dieses Thema schon deshalb, weil Individualität und Emotionalität eine große Rolle spielen. Das ist auch zu akzeptieren, wenn Diskriminierung und Herabwürdigung dabei ausgeschlossen sind.
Zumindest Teile der Begründung der Petition erfüllen diese Voraussetzung eindeutig nicht. Auch wenn ich schon deshalb diese nicht unterschrieben hätte, finde ich das Anliegen der Petition in seiner Zielsetzung zumindest diskussionswürdig. Hierüber zu reden, sind wir und übrigens auch Sigrid Grönert gern bereit, denn es ist ja in der Gesellschaft allgemein ein Thema. Ich sage aber auch deutlich: Stigmatisierung, in politische Ecken drängen, Rücktrittsforderungen oder gar Sachbeschädigung bewirken genau das Gegenteil und helfen eben nicht weiter!
Offener, vorurteilsloser Dialog ist die richtige Schlussfolgerung aus der Debatte der letzten Tage. Geführt wird sie in der Gesellschaft. Es ist im Fußball, ja selbst im Zusammenhang mit Olympischen Spielen darauf hingewiesen worden. Nehmen wir dieses ernst, aber um Gräben zuzuschütten, und nicht, um welche aufzureißen, meine Damen und Herren! – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr vom Bruch, ich danke Ihnen für Ihre Rede! Für mich war im Vorfeld nicht klar, wie sich die CDU positionieren würde. Ich fand vieles gut, ich fand auch das klare Bekenntnis zur Antidiskriminierung richtig, und ich will jetzt auch gar nicht in die Geschichte abschweifen, wer wann welchen Anträgen zugestimmt hat.
Ich will nur auf eine Sache hinweisen, nämlich darauf, dass sich diese Bürgerschaft eigentlich darin einig sein müsste, dass, wenn wir von der Gesellschaft verlangen, dass sie Gleiches gleich behandelt, auch wir als Bürgerschaft Gleiches gleich behandeln müssen und dementsprechend auch in Zukunft entsprechende gesetzliche Änderungen hoffentlich mit breiter Mehrheit – das war in der Vergangenheit leider nicht so – verabschieden sollten. Ich denke, das ist ein neuer Start für die CDU. Dafür danke ich Ihnen!