Protokoll der Sitzung vom 27.02.2014

nen und wie wir Strafbarkeitslücken schließen, dann geht dieser Antrag in die richtige Richtung.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der CDU)

Leider ist es so, dass wir das hier heute nicht gemeinsam beschließen können, denn wir sind nicht zuständig. Richtig ist, dass es Aufgabe der Bundesregierung und des Bundesgesetzgebers ist, einen Entwurf vorzulegen, der diese Lücken schließt. In den letzten Tagen ist angekündigt worden, dass bis zu den Osterferien ein Gesetzentwurf vorgelegt werden soll und dass dieser Gesetzentwurf die in diesem Antrag angesprochenen Punkte, wie ich glaube, im Wesentlichen aufnimmt. Insofern bin ich froh, dass wir gucken können, was dabei herauskommt. Deswegen halte ich es hier und heute für richtig, diesen Antrag an den Rechtssauschuss zu überweisen, damit wir dort in unserem fachlich zuständigen Gremium genau beraten können, ob das, was wir als Probleme ansehen, in dem Gesetzentwurf Platz gefunden hat, oder ob wir noch fordern müssen, dass darüber hinausgegangen werden muss. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort Frau Kollegin Dogan, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren! Bei sexuellem Missbrauch oder sexueller Ausbeutung von Kindern sprechen wir von schrecklichen Verbrechen an Kindern, deren Folgen für diese tiefe Verletzungen der Seele und des Körpers bedeuten. Beim Kampf gegen sexuellen Missbrauch und gegen Kinderpornografie haben Sie uns an Ihrer Seite. Ich glaube, das gilt für alle Fraktionen hier in diesem Saal, meine Damen und Herren.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich möchte deutlich betonen, dass wir alle Anstrengungen unterstützen, die helfen, Kinder umfassend und wirksam vor sexueller Ausbeutung und Missbrauch zu schützen. Meine Kolleginnen haben ausführlich auf die Debatte, die derzeit in Deutschland geführt wird, Bezug genommen. Ich finde, dass der Antrag in die richtige Richtung zielt. Die EU-Richtlinie – darauf haben Sie, Frau Piontkowski, richtigerweise Bezug genommen, – hätte bis Ende letzten Jahres umgesetzt werden müssen. Die CDU war in der letzten Regierung. Unter dieser Regierung ist es leider bisher nicht umgesetzt worden. Ich finde es trotzdem gut, dass Sie es aufgenommen haben. Auch Punkt 2, dass der Schriftenbegriff erweitert werden muss, teile ich.

Allerdings möchte ich sagen, dass wir Ihren Antrag aus den Gründen, die Frau Grotheer hier eben erwähnt hat, nicht nur überweisen müssen, sondern ihn eigentlich sogar ablehnen müssten, weil Sie in Punkt 1 zum Beispiel fordern, dass geeignete Regelungen geschaffen werden sollen, aber selber keine eigenen Vorschläge machen. Wie die Ausnahmen geregelt werden sollen – das sagen Sie selber, und das haben Sie auch gegenüber der Presse gesagt –, können Sie nicht sagen, dafür sei es zu früh.

Deswegen finde ich es ganz gut, Frau Piontkowski, dass Sie selber gesagt haben, Sie können damit leben, wenn wir das im Rechtsausschuss ausführlich und intensiv diskutieren. Das geht nicht im Hauruckverfahren. Sie haben selber gesagt, dass es eine Grauzone gibt. Das muss man ganz genau betrachten. Lassen Sie uns ausführlich darüber im Rechtsausschuss diskutieren, natürlich auch mit Blick auf die bundesweite Diskussion. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um Zustimmung für die Überweisung.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächste hat das Wort Frau Kollegin Vogt, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorweg: Der Überweisung in den Rechtsausschuss werden wir zustimmen, auch weil wir der Meinung sind, dass das Thema viel zu vielschichtig und auch viel zu wichtig ist, um es hier mal eben im Schnellverfahren zu diskutieren und zu beraten und dann zu beschließen. Kinderpornografie ist letztendlich nichts anderes als die Darstellung von sexuellem Missbrauch von Kindern. Sexuellen Missbrauch von Kindern finde ich fast mit das schlimmste Verbrechen an jungen Menschen und Kindern, was es gibt, weil es lebenslang Folgen hat, gegen die sich die Menschen, die erwachsenen Menschen, dann nicht mehr schützen und wehren können und die sie ihr Leben lang beeinträchtigen.

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir hatten 2008 ein Gesetzgebungsverfahren, in dem Kinderpornografie und die Strafbarkeit und Strafbewehrtheit von Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie noch einmal neu diskutiert worden sind. Damals sind sehr viele Fragen aufgeworfen worden, wie nach der Abgrenzung zum Besitz privater Fotos. Was ist mit der Kunstfreiheit und so weiter? Wenn sich jetzt durch die aktuelle Debatte, die sich im Bund ergibt, herausstellen sollte, dass es Lücken gibt, dann bin natürlich auch ich dafür, dass wir diese schließen müssen.

Bislang ist es so, dass die Verbreitung und der Besitz solchen Materials unter Strafe stehen. Die bisherigen

Regelungen sehen bis zu fünf Jahre Gefängnis für die Täter und Täterinnen vor, meistens sind es ja Täter.

Ich weise an dieser Stelle auch noch einmal darauf hin, dass die Diskussion, die jetzt im Bund läuft, in Fragen des Strafrechts die eine Seite ist. Aber ich möchte an dieser Stelle auch einen Aspekt betonen, der mich ebenfalls ein wenig umtreibt und der mich in der Auseinandersetzung, die wir seit Wochen bundesweit führen, ein wenig wütend macht. Eine Verschärfung des Strafrechts ist, wenn sie denn sinnvoll Lücken schließt, sinnvoll. Aber eine Verschärfung des Strafrechts allein hilft den Opfern von Kindesmissbrauch und sexualisierter Gewalt überhaupt nicht. Das muss man auch einmal sagen.

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Leider ist auch nicht gesagt – ich betone an dieser Stelle „leider“ –, dass sich Pädophile stärker abschrecken lassen. Es ist ja auch eine Erfahrung, die wir machen, dass sich Pädophile und vor allen Dingen organisierte Pädophile durch nichts abschrecken lassen, auch nicht von der bisherigen Strafbewehrtheit ihres Verhaltens und des Verbrechens, das sie an Kindern begehen.

Die Bekämpfung von Kindesmissbrauchs und Kinderpornografie dürfen wir deswegen in dieser bundesweiten Debatte, die gerade geführt wird, nicht auf eine strafrechtliche Fragestellung reduzieren. Wir dürfen sie auch nicht ausschließlich darüber führen. Denn den Kern des Problems, dass Kinder zu Opfern von Missbrauch werden und dass sich andere diesen Missbrauch ansehen oder sich andere daran bereichern, lösen wir allein über die strafrechtliche Verschärfung nicht. Ich glaube, wir werden auch dem Thema damit so nicht gerecht.

Ich finde, die Politik – damit wären auch wir hier gefragt – muss Projekte unterstützen, ausbauen, die präventiv arbeiten. Kinderschutz bedeutet auch, Eltern mit in die Ausrichtung dieser Angebote einzubeziehen. Wir müssen Initiativen wie „Kein Täter werden“ stärken, um zu verhindern, dass Kinder und Jugendliche überhaupt zu Opfern sexualisierter Gewalt und von Missbrauch werden.

(Beifall bei der LINKEN und bei der SPD)

An dieser Stelle – das muss ich auch einmal ganz deutlich sagen – muss die Bundesregierung noch einmal nachlegen. Hier ist sie gefragt, was es eine verlässliche Finanzierung dieser bundesweiten Initiativen angeht. Aber – das sage ich an dieser Stelle auch; wir haben hier oft diskutiert, und wir haben entsprechende Haushaltsanträge gestellt – auch die Bremer Beratungsstellen leisten einen ganz wichtigen Beitrag dazu, sowohl Kinder und Jugendliche zu stärken, damit sie nicht Opfer von sexuellen Straftaten oder von sexuellem Missbrauch werden, als auch Ange

bote für Erwachsene zu unterbreiten. Wir haben auch Angebote für Männer.

Ich möchte an dieser Stelle einmal sagen, was mich persönlich sehr bewegt hat. Sie wissen, dass wir vor den Haushaltsberatungen Anhörungen machen. Da war eine Frau einer Einrichtung, die auch Männer berät. Die Männer sagen: Wir sind gefährdet, weil wir von Kindern erregt sind. Ich möchte das aber gar nicht. Ich möchte gar nicht in die Situation kommen, dass ich irgendwann einmal Täter werde. – Diese Frau hat fast unter Tränen gesagt, sie hätten im Moment Wartezeiten von einem Jahr. Gerade bei der Täterberatung ist das dramatisch. Denn dieses eine Jahr kann ein Jahr zu viel sein. Ich glaube, wir müssen diesen Bereich auch hier in Bremen viel, viel stärker schützen. Die Initiativen, die wir haben, sind wirklich wichtig. Sie sind auch nicht ausreichend. Vor allen Dingen haben sie einen erhöhten Beratungsbedarf, sowohl im Sinne des Opferschutzes als auch der Tätervermeidung.

Ich glaube, wenn wir diese Diskussion parallel zu einer strafrechtlichen Betrachtung führen, sowohl im Bund als auch hier, dann werden wir dieser Diskussion, die gerade bundesweit geführt wird, gerecht.

Wie gesagt, wir stimmen der Überweisung zu. Ich hoffe auf eine umfassende Beratung im Rechtsausschuss. Die Kollegin Grotheer hat eben schon erwähnt: Es gibt ja auch Vorschläge, die aus dem Bund kommen und in die Beratung einfließen werden. Von daher glaube ich, dass das das geeignetere Mittel ist, als hier heute abschließend zu beraten und abzustimmen.

(Beifall bei der LINKEN und bei der SPD – Präsident W e b e r übernimmt den Vor- sitz.)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Professor Stauch.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir alle wären glücklich, wenn wir dieses Phänomen sofort und endgültig aus der Welt schaffen könnten. Aber hier diskutieren wir um das Mittel des Strafrechts, das ist der entscheidende Punkt. Ich finde es richtig, dass wir das in Bremen im Rechtsausschuss eingehend beraten werden. Aber das Strafrecht hat ganz bestimmte Anforderungen, die wir erfüllen müssen, und da geht es los. Das Strafrecht muss bestimmt sein, ist geprägt durch den rechtsstaatlichen Grundsatz der Bestimmtheit. Es geht um äußere Handlungen, die bestraft werden sollen. Da muss vorher exakt bestimmt sein, an welcher Stelle das Strafrecht anknüpft.

Frau Piontkowski, Sie haben gesagt, wir sollten dieses Verhalten eindeutig unter Strafe stellen. Das ist genau der Punkt. Es geht um die Eindeutigkeit, vorherbestimmen und eindeutig bezeichnen. Kinderpornografie, wenn wir von dem Begriff ausgehen: Das

ist relativ schnell zu beschreiben, und da ist auch die Strafbarkeit relativ klar zu definieren. Aber wie ist es, wenn es um bloße Nacktaufnahmen geht? Sie haben das selbst angesprochen: Schon die Unterscheidung zwischen posing und dem bloßen Abbilden ist schwierig. Es geht auch um Alltagsphänomene. Es kann nicht dazu kommen, dass wir völlig unbestimmte Begriffe haben, die hinterher Anknüpfungspunkt für das Strafrecht sein sollen.

Es gibt auch Abgrenzungsprobleme – Frau Vogt, die haben Sie angesprochen – zum Bereich der Kunst. Es gibt sehr viele einschlägige Darstellungen im Kunstbereich. Wenn man allgemein Nacktaufnahmen pönalisiert, also unter Strafe stellt, dann wären auch solche Kunstprodukte strafbar und müssten entfernt werden.

Der entscheidende Punkt ist – darüber sollten wir die Diskussion führen –, wie wir die Tatbestände genau bezeichnen. Da geht es auch nicht nur um den Erwerb, es geht auch schlicht darum, dass solche Aufnahmen getauscht werden, dass solche Aufnahmen in den Verkehr gebracht werden. Das sind Phänomene, die ziemlich schwer zu fassen sind. Also, Rundumschläge helfen überhaupt nicht; Sie haben sogar den Bezug zur Vorratsdatenspeicherung hergestellt.

Im Ganzen würde ich sagen: Man muss das ernsthaft als eine offene strafrechtliche Diskussion betrachten. Ich bin gespannt auf die Vorschläge, die wir im Rechtsausschuss erörtern.

(Zuruf der Abg. Frau P i o n t k o w s k i [CDU])

Wir werden uns dem genau widmen, und wir werden genau die bundesrechtliche Diskussion verfolgen. Wenn Regelungslücken da sind und wir sie durch klare Begriffe schließen können, dann werden wir das auch anregen. Das ist vollkommen klar. Da haben alle das gleiche Interesse. Aber es geht nicht durch Schnellschüsse, sondern nur durch eine verantwortliche Diskussion, die genau weiß, was man mit dem Instrument des Strafrechts tut. Das ist mühsam, aber dieser Mühsamkeit sollten wir uns stellen, das werden wir dann im Rechtsausschuss tun. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Beratung geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Es ist vereinbart worden, diesen Antrag zur Beratung und Berichterstattung an den Rechtsausschuss zu überweisen. Wer dieser Überweisung des Antrags der Fraktion der CDU mit der Drucksachen-Nummer 18/1275 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Enthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft überweist einstimmig. (Einstimmig)

Duale Ausbildung im Handwerk stärken – Meisterbrief nicht entwerten!

Antrag der Fraktion der CDU vom 10. Dezember 2013 (Drucksache 18/1211)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Professor Stauch.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort Herr Dr. vom Bruch, Fraktion der CDU.