Inzwischen gibt es ja das neue Aortenklappenersatzverfahren, das sogenannte TAVIVerfahren. Wie wird das in Bremen eingesetzt, und wie erfolgreich ist es? Gibt es hierzu Leitlinien, und werden diese in Bremen auch umgesetzt?
Dieses Verfahren wird in Bremen am Klinikum Links der Weser schon seit dem Jahr 2007 eingesetzt. Mittlerweile hat es mehr als 400 entsprechende Eingriffe gegeben, die natürlich leitlinienkonform durchgeführt werden. Die technische Entwicklung geht in diesem Sektor weiter. Da der Ausgangspunkt der Frage aber war, ob das ein Beitrag zur Herzinfarktversorgung ist: Diese Methode wird in der Regel nicht bei Herzinfarktpatienten eingesetzt, sondern bei Aortenverengungen älterer Patienten, denen keine invasiven Eingriffe mehr zugemutet werden können.
Herr Staatsrat, wie beurteilen Sie denn die hohe Herzkatheterlabordichte, die wir im Land Bremen zur Vorbeugung von Herzinfarkten haben?
Ich glaube, das ist ein wesentlicher Beitrag dazu, dass wir im Ländervergleich mit diesen guten Zahlen abschneiden können. Ja, ich glaube, das ist die wesentliche Antwort auf diese Frage.
Höre ich da heraus, dass Sie nicht die Einschätzung teilen, die meine wäre und lautet, wir sind überversorgt, was Herzkatheterlabore angeht?
Aus Versorgungssicht insgesamt und der Sicht der Kassen kann ich einer solchen Einschätzung durchaus etwas abgewinnen. Für die Versorgung der Patienten ist es natürlich sehr gut,
rechtzeitig, möglicherweise auch in einem Stadium, in dem es noch nicht zwingend medizinisch erforderlich ist, solche Untersuchungsmöglichkeiten zu haben.
Ausschuss zur Bekämpfung und Prävention von Armut und sozialer Spaltung Antrag der Fraktionen der CDU, Bündnis 90/ Die Grünen, der SPD und DIE LINKE vom 26. März 2014 (Neufassung der Drucksache 18/1298 vom 11. März 2014) (Drucksache 18/1337)
Wahl von zwölf Mitgliedern und zwölf stellvertretenden Mitgliedern des Ausschusses zur Bekämpfung und Prävention von Armut und sozialer Spaltung
Als erster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Röwekamp, Fraktion der CDU. – Bitte, Herr Kollege!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Im dritten Anlauf gelingt es uns nun, und zwar voraussichtlich einstimmig, hier im Parlament ein gemeinsames Gremium, einen Ausschuss unseres Hauses, einzurichten, das sich mit dem Thema der Armutsbekämpfung in den beiden Städten unseres Landes beschäftigen soll. Wir als CDU-Fraktion haben im November letzten Jahres den ersten Anlauf unternommen, als wir beantragt haben, eine Enquetekommission zu neuen Strategien in der Armutsbekämpfung einzusetzen. Damals haben wir die Unterstützung der LINKEN gehabt, wir sind aber noch am Widerstand der Regierungskoalition gescheitert.
aufgefordert hat, das Thema der Armutsbekämpfung auch in den Mittelpunkt der politischen Beratungen in Bremen zu stellen, haben wir in der Aktuellen Stunde im Januar erneut angeregt, ob wir als Parlament nicht fernab der bestehenden Gremien die beklagenswerte Situation der Menschen, die verfestigt in Bremen und Bremerhaven in Armut leben, und insbesondere junger Menschen, die absehbare Armutskarrieren vor sich haben, zum Gegenstand eines ressortübergreifenden Parlamentsausschusses machen wollen.
Wir hatten damals angeboten, das gemeinsam zu tun. Ich bin sehr froh, dass die Koalitionsfraktionen, wenn auch nach etwas längeren Beratungen, dem Anliegen der CDU-Fraktion beitreten können. Ich glaube, es ist ein gutes Signal, dass wir als Parlament insgesamt das Thema der Armutsbekämpfung in den beiden Städten unseres Landes zum Kernanliegen unserer künftigen parlamentarischen Beratung machen, meine Damen und Herren.
Den Stellenwert dieses noch gemeinsam einzurichtenden Ausschusses konnte ich heute Morgen auch den Wahlvorschlägen der Fraktionen entnehmen. Ich glaube, auch aus den Wahlvorschlägen wird ersichtlich, dass das kein Ausschuss ist, der nebenher arbeiten soll, sondern ein Ausschuss, dem alle Fraktionen dieses Hauses eine besondere Bedeutung auch in der personellen Zusammensetzung beimessen werden. Ich finde, das ist ein gutes Startsignal für die gemeinsame Arbeit in diesem Ausschuss.
Ich will gleichwohl nicht verklären, dass die Auffassungen, was und welchen Schwerpunkt wir zukünftig zum Inhalt der Ausschussberatungen machen, nach den interfraktionellen Gesprächen zwar jetzt in einer Textfassung zusammengeführt worden ist, aber wenn man ehrlich ist, noch an der einen oder anderen Stelle auch auseinander sind. Ich will für die CDUFraktion erklären, dass unser Kernanliegen darin liegt, fernab der bestehenden Angebote, Förderungen und sozialen Transferleistungen, die wir zurzeit in Bremen und Bremerhaven mit hohen Kraftanstrengungen – übrigens auch für die öffentlichen Haushalte – erbringen, neue Ansätze zu finden, die über Ressortgrenzen hinaus wirken und das Thema, wie wir wirksam Armut bekämpfen können, auch neu denken.
Ja, es stimmt, wir haben auch in den letzten sieben Jahren in diesem Parlament an vielen Stellen über den richtigen Weg zur Armutsbekämpfung gestritten. Wir haben uns über bundespolitische Rahmenbedingungen wie den Mindestlohn, die Höhe der Hartz-IV-Regelsätze, die Leistungen an Menschen, die mit Migrationshintergrund zu uns kommen und als Flüchtlinge unter uns leben, gestritten. Wir haben uns über viele sozialpolitische Maßnahmen des Senats auch in Bremen gestritten, über die Ganztags
schulen, über die U3-Betreung, über die Frage des Bedarfs an erweiterten Öffnungszeiten in Kindertagesbetreuungseinrichtungen bis hin zu dem Stadtticket und dem kostenlosen Mittagessen. Es hat also eine Menge sozialpolitischer Debatten auch ohne diesen Ausschuss gegeben.
Wir als CDU-Fraktion glauben, dass in Anbetracht der Berichte, die uns in den letzten Wochen und Monaten zugegangen sind, all diese Debatten und all das, was beschlossen worden ist, vielleicht dazu geführt haben, dass die Folgen der Armut für die Menschen, die davon betroffen sind, gelindert wurden, dass aber der Kampf gegen die Verfestigung der Armut leider bisher wirkungslos geblieben ist.
Es gibt dazu statistische Zahlen, zuletzt die des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands, der festgestellt hat, dass der Anteil der von Armut bedrohten Menschen in Bremen in den Jahren 2007 bis 2012 von 19,1 auf 23,1 Prozent gestiegen ist und die Schere zwischen Wohlstand und Armut in Bremen und Bremerhaven so weit auseinandergeht wie nie zuvor. Deswegen, glaube ich, ist es richtig, dass wir ohne die Zuweisung der Verantwortung für politische Fehlentscheidungen in der Vergangenheit einfach versuchen, einen gemeinsamen Weg zu finden, wie wir die Verstetigung und die Verfestigung der Armutskarrieren in Bremen und Bremerhaven in Zukunft vermeiden können.
Ich will für die CDU-Fraktion sagen, dass wir dabei insbesondere vier Schwerpunkte sehen. Der erste Schwerpunkt ist aus unserer Sicht der wichtigste, nämlich wie wir es verhindern können, dass Kinder bereits mit Beginn der Schulkarriere einen Lebensweg vorgezeichnet bekommen, der für sie lebenslange Armut bedeutet. Wir als CDU-Fraktion sind der Auffassung, dass das Instrumentarium, das wir bisher dazu in der Hand hatten, sehr wahrscheinlich nicht ausreicht.
Ja, wir führen seit einiger Zeit in Bremen und Bremerhaven Sprachstandserhebungen durch, und ja, es ist richtig, Grundvoraussetzung dafür, dem Unterricht folgen zu können, ist, dass Kinder aus unterschiedlichen Familien zu Beginn ihrer schulischen Karriere zumindest eine gemeinsame Sprache haben müssen. Die Wahrheit ist aber auch bei der Evaluation der Sprachstandserhebungen, dass wir aus den Erfahrungen vieler Schulen und Lehrerinnen und Lehrern berichten können, nach denen die gleichen und gerechten Bildungschancen eben nicht nur an der Sprache scheitern, sondern eben auch an vielen anderen erforderlichen Voraussetzungen, um dem Unterricht vom ersten Tag an folgen zu können.
Wir als CDU-Fraktion können uns daher vorstellen, dass wir über die Frage, wie wir schulische Karrieren beginnen, doch noch einmal auch vor dem Hintergrund der Erfahrungen in anderen Ländern neu nachdenken. Vielleicht ist es doch sinnvoll, dass wir die Einführung eines vorschulischen Angebots noch
einmal zum Gegenstand der politischen Debatte machen. Kinder werden in sozial prekären Verhältnissen nicht dümmer geboren als Kinder in bildungsaffinen Verhältnissen, aber sie haben eben aufgrund ihrer elterlichen Prägung häufig schlechtere Bildungschancen, und wir als CDU-Fraktion könnten uns sehr gut vorstellen, dass wir den Kindern, bei denen vorschulischer Förderungsbedarf festgestellt wird, auch ein Angebot zur vorschulischen Förderung machen, das über die Sprachförderung weit hinausgeht. Die Kinder müssen schulreif in unseren staatlichen Schulen ankommen.
Als Zweites muss sich der Ausschuss schwerpunktmäßig damit befassen, dass es mit dem Beginn der Schule nicht getan ist. Wir glauben, dass wir bei allen Schulstrukturdebatten in den letzten Jahren durch den Schulkonsens den richtigen gemeinsamen Weg gegangen sind, miteinander über die Qualität der Schule zu reden. Ich bleibe aber auch dabei, wir haben mit der Schulpflicht als Staat die Verantwortung dafür übernommen, dass wir jedem Kind am Ende seiner schulischen Laufbahn einen Schulabschluss mitgeben können, und deswegen müssen alle Anstrengungen unternommen werden, um die Schulabbrecherquote nachdrücklich zu senken. Derjenige, der keinen Schulabschluss hat, kann in der hoch verdichteten Arbeitswelt von heute den Zugang zum ersten Arbeitsmarkt nur finden, wenn er mit sehr viel Aufwand Schulabschlüsse und Qualifikationen nachgeholt hat. Wir wollen als CDU-Fraktion, dass kein Kind beim Schulabschluss verloren geht.
Deswegen möchten wir in diesem Ausschuss auch über bildungspolitische Themen reden. Wie schaffen wir es beispielsweise, in den Oberschulen einen stärkeren Schwerpunkt auch im Hinblick auf die Berufsorientierung zu setzen? Wie können wir den Menschen, die unsere Schulen verlassen, nicht nur einen Abschluss mit an die Hand geben, sondern auch einen besseren Zugang zum Ausbildungsmarkt ermöglichen?
Ich halte es für einen Irrglauben, dass der Auftrag unserer Bildungspolitik sein muss, jedes Kind zum Abitur zu führen. Wir brauchen Menschen, die dem Ausbildungsmarkt auch mit einem qualifizierten Haupt- oder Realschulabschluss zur Verfügung stehen, die die Möglichkeit bekommen, unmittelbar im Anschluss an ihren Schulabschluss auch eine berufliche duale Ausbildung zu genießen – wir haben ein Erfolgsmodell in Deutschland, und das ist die duale Ausbildung –, und wir müssen unseren Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit geben, die bestmögliche Qualifikation mitzubringen, damit sie in Bremen auch mit ihrem bremischen Schulabschluss den Zu
Wir möchten als Drittes darüber reden, ob die Instrumente, die wir in der Arbeitsmarktförderung haben, eigentlich passgenau sind. Ich bin sehr froh, dass es uns gelungen ist, gemeinsam im Antrag eine Formulierung zu finden, die die Wirksamkeit unserer bisherigen beschäftigungspolitischen Förderprogramme noch einmal auf den Prüfstand stellt und noch einmal schwerpunktmäßig die Ausrichtung an den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes zum Thema hat.
Ich finde – und ich sage das auch selbstkritisch in die Richtung meiner eigenen Partei –, ja, wir müssen darüber reden, ob wir in Bremen in Anbetracht des hohen Anteils von Langzeitarbeitslosen an unserer überproportional hohen Arbeitslosenquote und der geringen Qualifikation dieser Langzeitarbeitslosen nicht auch darüber nachdenken sollten, ob wir in Bremen so etwas wie einen sozialen Arbeitsmarkt integrieren. Es kann nicht sein, dass wir Menschen von einem befristeten Ein-Euro-Job in den nächsten befristeten Ein-Euro-Job schicken, obwohl wir genau wissen, dass sie nie den Zugang zum ersten Arbeitsmarkt finden werden, und schon gar nicht mit den arbeitsmarktpolitischen Instrumenten, die wir ihnen anbieten. Wir sind bereit, im Rahmen des Beschäftigungspolitischen Aktionsprogramms die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass es in Bremen und Bremerhaven auch so etwas wie einen sozialen Arbeitsmarkt als zweiten Arbeitsmarkt gibt.
Als vierten Punkt müssen wir, ich glaube aber, gemeinsam mit Ihnen, in dem Ausschuss – das entnehme ich auch dem gemeinsam geeinten Antrag – über den Zugang zum Arbeitsmarkt von Menschen mit Migrationshintergrund reden, insbesondere mit Flüchtlingen. Ja, ich gebe auch zu, dass wir als CDU-Fraktion in der Vergangenheit nicht gerade viele Beiträge dazu geleistet haben, diesen Menschen für den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt eine Perspektive zu eröffnen. Wenn wir uns aber jetzt in einem Ausschuss auf ein gemeinsames Maßnahmenpaket verständigen wollen, dann finden wir, dass wir auch Menschen, die aus anderen Ländern hier unter uns leben – aus welchen Gründen auch immer, ob als Asylbewerber, als Bürgerkriegsflüchtlinge oder eben aufgrund eines verfestigten Aufenthaltsstatus durch Dauerduldung –, in Zukunft nicht vom Arbeitsmarkt ausschließen, sondern in den Arbeitsmarkt integrieren sollten.