Protokoll der Sitzung vom 21.05.2014

Für mich ist die Debatte heute deshalb nicht Abschluss, sondern Beginn einer Diskussion mit dem Ziel auf Kontinuität angelegter Rahmenbedingungen, mit dem Ziel einer guten und verlässlichen, an den Aufgaben orientierten Ausstattung, die Vakanzen und Fehlzeiten wirklich auffängt, Belastungen reduziert und dem tatsächlichen Unterrichtsausfall endlich wirkungsvoll entgegenwirkt, mit dem Ziel von Arbeitsbedingungen an den Schulen, die den Kollegen das Arbeiten erleichtern und sie in unterstützende soziale Netzwerke einbetten, vielleicht individualisierten Unterrichtsverpflichtungen, die den Dreißigjährigen und den Sechzigjährigen nicht pauschal und fremdbestimmt gleichbehandeln; denn die Qualifikation, Zufriedenheit, Motivation und Gesundheit unserer

Lehrerinnen und Lehrer von heute sind die Chancen unserer Kinder von morgen. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Kück.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Bruch,

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Vom!)

ich würde das Letzte, was Sie gesagt haben, sehr gern aufnehmen und sagen, jawohl, das ist der Anfang einer Debatte, und ich biete an, dass wir sie fortführen. Ich möchte aber keine Debatte darüber führen, dass man dahinter eventuell immer wieder die Forderung nach mehr Ressourcen hat. Ich nehme heute in Anspruch, dass ich über den gesundheitlichen Arbeitsschutz rede, aber nicht darüber, ob wir mehr Geld für das Bildungssystem brauchen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Unsere Lehrkräfte sind die entscheidenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unserem System, die die Leistungsfähigkeit unseres Bildungssystems sichern. Sie vermitteln Kindern und Jugendlichen die erforderlichen Kenntnisse und die Bildung, die sie benötigen. Dabei müssen sie regelmäßig – und das ist heute auch schon ein paar Mal angesprochen worden – auf vielfältige neue Problemlagen und sich verändernde Anforderungen eingehen. Dass diese Herausforderungen gleichwohl bewältigt worden sind, dafür gebührt, finde ich jedenfalls, unseren Lehrkräften in der Freien Hansestadt Bremen ein großer Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Die wichtigsten Gelingensbedingungen hierfür sind ganz wesentlich die Qualifikation und Motivation unserer Lehrkräfte. Die notwendige Grundlage bilden dafür das Wohlbefinden und die Gesundheit. Die Herausforderungen der Arbeit in den Schulen nehmen zu und führen zur Mehrbeanspruchung eines jeden Einzelnen. Bewältigungsmöglichkeiten zu verbessern und gesundheitliche Belastungen zu verringern, das ist die Aufgabe des Arbeitgebers. Ein funktionierender Arbeitsschutz und ein langfristig ausgerichtetes Gesundheitsmanagement sind hierbei integraler Bestandteil einer auf die Zukunft ausgerichteten Personalpolitik.

In unseren Schulen ist der Arbeitsschutz bereits seit Jahrzehnten fest verankert. Ich könnte jetzt die Details aufführen, die auch in der Antwort auf die Gro

ße Anfrage genannt wurden, was alles zum Arbeitsschutz gehört. Es geht nicht nur um die psychische Belastung, sondern zum Beispiel auch um Gefährdungsbeurteilung und das Chemikalienmanagement. Das alles sind Dinge, die in den bremischen Schulen natürlich bewältigt werden.

(Glocke)

Herr Staatsrat Kück, gestatten Sie eine Frage des Abgeordneten Dr. Korol?

Ja!

Bitte, Herr Abgeordneter!

Herr Staatsrat, habe ich es richtig verstanden, dass der Abgeordnete Brumma sagte – ich zitiere –, „es muss alles getan werden, um unsere Lehrerschaft gesund zu halten“, und Sie gerade gesagt haben, „Lehrkräfte sind entscheidend für den Lernerfolg“. Habe ich das richtig verstanden? Dann füge ich eine Frage hinzu. Ich halte das für einen Paradigmenwechsel in der Bildungspolitik. Sehen Sie das auch so?

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Ich glaube eher nein! – Heiterkeit)

Dann habe ich Sie besser verstanden als Sie sich selbst! Wenn Lehrkräfte entscheidend sind, dann ist eine Organisationshuberei nicht so wichtig, oder?

(Glocke)

Herr Dr. Korol, Sie haben Ihre Frage jetzt schon gestellt. – Bitte, Herr Staatsrat Kück, Sie haben hat das Wort!

Was Sie in die Ausführungen von Herrn Brumma hineininterpretieren, das mögen Sie bitte mit Herrn Brumma klären! Ich kann Ihnen nur sagen, ich habe versucht deutlich zu machen, dass eine Ausgangslage entscheidend dafür da ist, dass sich die Lehrerinnen und Lehrer in der Schule wohlfühlen und sie ihre Kenntnisse und Fähigkeiten an die Schülerinnen und Schüler vermitteln. Das ist die Botschaft, und ich glaube, das ist auch eindeutig so. Damit ist kein Paradigmenwechsel verbunden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. D r. K o r o l [BIW]: Danke schön! – Abg. D r. K u h n [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Da nicht für! – Heiter- keit)

Ich würde gern darauf eingehen, und das ist auch in der Antwort dargestellt worden, dass Bremen einer der Vorreiter war, die überhaupt eine Untersu

chung an den Schulen vorgenommen haben, als es um das Thema der psychischen Belastung ging. Das war in anderen Bundesländern überhaupt noch nicht das Thema, Bremen ist das sehr früh, Sie haben es selbst gesagt, in den Jahren 2008 und 2009 angegangen. Ich finde es nach wie vor beachtenswert. Es gibt sonst kaum weitere Bundesländer, die dazu bereit sind, eine solche Untersuchung durchzuführen und sie zu veröffentlichen. Wir können auf das, was dort gemacht worden ist, und auf das Verfahren stolz sein. Natürlich ist es erforderlich, dass wir das, was bei den Befragungen für die Schulen herausgekommen ist, dann in den Schulen konkret und wirklich eindeutig umsetzen, um zu Verbesserungen im Einzelnen zu kommen. Ich will nur noch einmal darstellen, dass bereits während der Lehreraus und -fortbildung das Projekt Gesundheit am Arbeitsplatz deutlicher Bestandteil der Ausbildungsmaßnahmen ist. Lehrkräfte werden heute in allen Phasen ihres Berufslebens durch – ich nenne Beispiele – kollegiale Unterstützungsgruppen, verbindliche Veranstaltungen zur Gesundheitsförderung, Konfliktberatung, Supervision, Coaching, Entlastungsstrategien oder Burnout-Prävention begleitet. Ich kann mir nicht erklären, wie Sie darauf kommen, dass wir nicht schon eine Vielzahl von Maßnahmen durchführen. Es gibt die Beratungsstelle Sprechstunde Arbeitsplatz, die betriebliche Suchtkrankenhilfe, das betriebliche Eingliederungsmanagement, die Arbeitnehmervertretungen, die in vielfältiger Weise auch Lehrerinnen und Lehrer beraten, die Frauenbeauftragte, die Vertrauensfrau der Schwerbehinderten, den Arbeitsmedizinischen Dienst und den Integrationsfachdienst. Das sind alles Maßnahmen und Möglichkeiten, um im Rahmen der Gesundheitsfürsorge tätig zu sein. Ich habe aber am Anfang auch gesagt, ich würde mit Ihnen die Diskussion gern weiterführen. Vor dem Hintergrund der Veranstaltung des Deutschen Gewerkschaftsbundes, sie ist schon einmal erwähnt worden, habe ich mit zwei Arbeitsmedizinern und Arbeitsschutzexperten inzwischen überlegt, ob man nicht im Rahmen eines Modellversuchs, den wir an einzelnen Schulen durchführen, versucht, das Thema der psychosozialen Problemlagen konkret anzugehen, um genau zu erkennen, an welchen Problemlagen wir zu arbeiten haben. (Glocke)

Herr Staatsrat Kück, gestatten Sie eine Frage der Abgeordneten Frau Vogt?

Ich bin fast fertig, aber bitte!

Bitte, Frau Vogt!

Es ist vielleicht auch eine Frage, die an den Schluss gehört. Können Sie mir beantworten, warum im öffentlichen Dienst, also in den anderen Dienststellen in Bremen, Langzeiter

krankungen ab sechs Wochen erfasst werden, das heißt, dass dort eine andere Bemessungsgrundlage gilt als für Lehrkräfte? Lehrkräfte werden, wenn sie länger als sechs Monate krank sind, erst als Langzeiterkrankte erfasst.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Fragen Sie einmal den Personalrat!)

Ich finde das äußerst merkwürdig und hätte gern einmal den Grund dafür gewusst, denn Langzeiterkrankungen sind ja auch ein Indiz, wie man die Situation bewerten muss und warum Lehrkräfte, die – –.

(Glocke – Abg. Frau B ö s c h e n [SPD]: Frage!)

Bitte keinen Redebeitrag, Frau Vogt! interjection: (Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Nein, ich habe ja gefragt, wie das zustande kommt! – Zuruf des Abg. T s c h ö p e [SPD])

Wir haben noch einen Tagesordnungspunkt!

Frau Vogt, ich hatte ja angeboten, dass wir es auch weiterhin diskutieren. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, natürlich werden auch, genau wie in allen anderen Einrichtungen, ab sechs Wochen die sogenannten BEM-Gespräche zu führen sein. Das ist auch die Aufgabe der Schulleitungen, es wird nur nicht elektronisch erfasst. Bei anderen Behörden ist es einfacher, weil über das sogenannte Stempelgerät die Statistik geführt werden kann, übrigens nicht in den jeweiligen Behörden, sondern beim Finanzressort. Ich biete Ihnen gern an, die nächsten Schritte in der Deputation zu beraten. Wir werden dann auch darstellen, wie wir insbesondere mit dem Problem der Langzeiterkrankten, damit meine ich jetzt diejenigen, die über sechs Monate erkrankt sind, zukünftig umgehen. – Vielen Dank!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 18/1350, auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE Kenntnis.

Versorgungssituation von seelisch verletzten und psychisch kranken Menschen mit geistiger Behinderung verbessern! Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen vom 20. März 2014 (Drucksache 18/1318)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Stahmann.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Schmidtke, Fraktion der SPD.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen sind sanft, sie sind zornig, sie sind sozial, sie sind egoistisch, sie sind sympathisch, und sie sind ätzend. Sie sind fröhlich und lustig, sie sind traurig, sie sind mutig, sie sind ängstlich. Menschen mit geistigen Behinderungen sind Menschen wie Sie und ich,

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der CDU)

aber sie unterscheiden sich in ihrer Tiefbegabung von uns höher bis hochbegabten Menschen, und dieser Unterschied macht sie zu besonderen Menschen, die besonderer Fürsorge, Rücksicht, Sensibilität und Aufmerksamkeit durch die Gesellschaft und damit auch durch uns bedürfen. Sie haben ein Recht darauf, ernst genommen und respektvoll behandelt zu werden, und wenn wir alle sagen, ja, klar, das ist doch normal, dann müssen wir auch so handeln, und dafür steht unser heutiger koalitionärer Antrag!

Menschen mit geistiger Behinderung haben zu alltäglichen und besonders zu außergewöhnlichen Vorkommnissen und Ereignissen ihre speziellen Zugänge. Diese Zugänge können nicht gemessen werden mit den oft zu rationalen Zugängen nicht beeinträchtigter Menschen, sondern sie unterliegen in ihren Handlungen und Reaktionen eher den von ihrer Behinderung, ihrer Entwicklung vorgegebenen Möglichkeiten, die sehr individuell und anders sein können. Dieses Anderssein zu akzeptieren, sich darauf einzustellen und es zu verstehen, ist Aufgabe einer inklusiven Gesellschaft, also, es ist normal, anders zu sein,

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

und das gilt auch und besonders für Menschen, deren Anderssein in unserer Gesellschaft zu einem Handicap wird.

Das wissend, ist nachvollziehbar, dass Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen eine adäquate, auf ihre Bedürfnisse abgestimmte Beratung und Unterstützung, auch im Bereich der Versorgung bei seelischen und psychischen Erkrankungen, benötigen. Die Erfahrung jedoch zeigt, dass es gerade in der psychiatrischen Behandlung Lücken im Wissen um diese Patienten gibt. Zu oft stehen Fachleute vor diesen Patienten und erkennen nicht, Herr Röwekamp, dass deren auffälliges Verhalten nicht Ausdruck ihrer geistigen Behinderung ist, sondern zum Beispiel eine Depression oder ein traumatisches Ereignis Ursache sein kann. (Unruhe bei der CDU)

So finde ich Sie richtig gut!

(Heiterkeit)