Protokoll der Sitzung vom 21.05.2014

Der Studiengang Psychologie, und daran kann man gut erklären, wie die Universität insgesamt aufgestellt ist, wurde in den vergangenen Jahren extrem zusammengespart, Stellen sind unbesetzt geblieben, Neueinstellungen wurden über Jahre nicht vorgenommen. Jetzt kommt der Senat zu der Erkenntnis, dass die wissenschaftlichen Leistungen des zusammengeschrumpften Studiengangs nicht mehr gut genug seien. Manche meinen, das sei eine selbstbestätigende oder sich selbsterfüllende Prophezeiung, zumindest waren es schon früh hochschulpolitische Weichenstellungen zu Ungunsten des Studiengangs Psychologie, die aktuell als Begründung für die Schließungspläne herhalten.

Betroffen von den Prüfaufträgen und Sparplänen sind ebenfalls die Bereiche Gesundheits- und Pflegewissenschaften an der Universität, die noch im alten Wissenschaftsplan aus dem Jahr 2007 als Zukunftsprojekte gelobt und als Schwerpunkte festgesetzt wurden.

An der Hochschule Bremen sind unter dem Strich sogar mehrere Hundert Studienplätze bedroht. Mit dem Kürzungsdiktat „Step 2020“ droht eine Reduzierung der Studienplätze um ein Drittel. Betroffen sind unter anderem die Studiengänge Journalistik, Volkswirtschaftslehre, Politikmanagement, Freizeitwissenschaften und Tourismus. Wenn die Hochschule Bremen in dieser Größenordnung Fächer und Studienplätze streicht, wird das Studium in Bremen wieder sozial selektiver, und der Übergang von Beruf zum akademischen Abschluss wird verbaut. Auch an dieser Stelle muss man sagen, es war im Jahr 2005 eine politische Entscheidung des damaligen Senats, dass die Hochschule Bremen zusätzliche Studienplätze einrichten sollte, was sich auch bewährt hat, wenn man sich anschaut, wie sich die Neustadt und die Hochschule entwickelt haben.

Die Vorgaben des vorgelegten Entwurfs sind wissenschaftspolitisch der völlig falsche Weg. Auch der hochschulpolitische Arbeitskreis des DGB kritisiert den Wissenschaftsplan an dieser Stelle.

Schauen wir aber einmal weiter in dem Entwurf! Der Senat will bei der Genehmigung von Studien

gängen in die Selbstverwaltung der Hochschulen und Universität eingreifen. Ein neues Kriterium wird hierfür im Wissenschaftsplan aufgemacht, es heißt: die Nachfrage der Wirtschaft. Will die Wissenschaftssenatorin in Zukunft bei der Handelskammer anrufen, um sich die Bestätigung für die Einrichtung und Genehmigung neuer Studiengänge einzuholen? Das finden wir aus unserer Sicht sehr bedenklich.

(Beifall bei der LINKEN – Abg. Frau G a r - l i n g [SPD]: Das ist doch Quatsch!)

Das kann und darf eigentlich auch nicht wahr sein. Hochschulen sollen seit einem gewissen Herrn Humboldt, der vor über 150 Jahren verstarb, mehr sein als Rekrutierungszentren der Unternehmen; denn Bildung bedeutet mehr als Ausbildung im Interesse bestimmter Unternehmen, wissenschaftliches Lernen bedeutet mehr als die bloße Berufsqualifizierung orientiert an der Personalplanung der regionalen oder überregionalen Wirtschaft.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Wissenschaftsplan 2020 zementiert, und das ist das eigentliche Problem, die Unterfinanzierung der öffentlichen Hochschulen im Land Bremen. Ein paar Beispiele! Erstens fehlt jede Aussage dazu, wie die Universität und die Hochschulen die bereits heute angefallenen Defizite abbauen sollen. Es gibt keine Idee, diese Löcher zu schließen, dabei wäre es einfach, und das habe ich auch schon einmal hier und auch im Wissenschaftsausschuss vorgeschlagen, das Land könnte die Schulden übernehmen und prolongieren – das ist der Fachbegriff, den die Haushaltspolitiker dafür haben –, wie es zum Beispiel bei den Kliniken geschieht. Dazu finden wir keinen Ansatz in der Planung.

Zweitens werden die realen Finanzbedarfe der Hochschulen unseriös herunter gerechnet. Der Wissenschaftsplan 2020 geht beispielsweise davon aus, dass es in den kommenden fünf Jahren für circa 3 000 Beschäftigte keine Tarifsteigerungen gibt. Da es diese Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst natürlich trotzdem gibt, müssen die Hochschulen, wie wir das auch schon kennen, diese Mehrkosten an anderer Stelle einsparen. Das heißt also, Personal muss abgebaut und Stellen müssen gestrichen werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, aktuell gibt es eine neue Entwicklung an der Universität. Mehrere Projekte aus dem Bereich der Gender-Gerechtigkeit, Frauenförderung und Diversity zur Förderung von Menschen mit Migrationshintergrund stehen vor dem Aus.

Projekte, die dringend gebraucht werden; denn die Wissenschaft ist insbesondere auf der Ebene der Professoren und der MINT-Fächer noch eine Männerdomäne. Das alles ist bekannt, und das alles hat sich insbesondere die Universität auf die Fahnen geschrieben, auch unterstützt von der Politik.

An dieser Stelle erwarte ich von meinen Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen gleich konkrete Aussagen. Wollen Sie die wichtigen und sehr sinnvollen Projekte retten? Bekommen die Frauen, die auf diesen Stellen arbeiten, neue Verträge? Oder sehen Sie die Geschlechtergerechtigkeit tatsächlich als Projekt, das man ruhig befristet auslaufen lassen kann, wie es von der GEW gestern in der „taz“ zu Recht kritisiert worden ist?

Wir sagen an dieser Stelle ganz deutlich, der Wissenschaftsplan 2020 muss in der Form, in der er vorgelegt worden ist, vom Tisch.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Psychologie wird gebraucht, das belegen alle Studien über psychische Erkrankungen in dieser Gesellschaft. Die Studienplätze müssen erhalten bleiben, und das Studium muss so zugänglich wie möglich bleiben. Die Unterfinanzierung muss endlich beendet werden. Es braucht eine realistische Planung der Zuschüsse, orientiert an den tatsächlichen Bedarfen der Universität und der Hochschulen im Land Bremen. Die Situation der teilweise prekär Beschäftigten, auch das haben wir hier vor zwei Jahren diskutiert, die sachgrundlos befristeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, das alles muss endlich verbessert werden. (Beifall bei der LINKEN)

Ich will das hier einmal ganz deutlich sagen, wer an den Hochschulen und an der Universität streicht und kürzt und wissenschaftliche Karrierepläne und Karrierewege nach wie vor so unsicher gestaltet, wie es derzeit der Fall ist, der spielt auch mit der Zukunft des Bundeslandes Bremen! Wir sind auf den wissenschaftlichen Nachwuchs angewiesen, wir haben einen Fachkräftemangel.

(Abg. Frau B ö s c h e n [SPD]: Deshalb haben wir die Hochschulen so ausgebaut!)

Die Entscheidung der Universitäten und der Hochschulen und auch der Politik vor fünf Jahren zu sagen, wir brauchen qualifiziertere und besser ausgerichtete Studiengänge, war genau richtig. Das, was Sie jetzt vorlegen, ist genau das Gegenteil dessen, was die Universität und die Hochschulen, die Studenten und die Beschäftigten brauchen, und ich hoffe sehr, dass an diesem Entwurf noch etwas geändert wird. – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der LINKEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt begrüße ich recht herzlich eine Gruppe des Allgemeinen Studentenausschusses unserer Universität Bremen. – Seien Sie ganz herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich wünsche Ihnen eine sehr informative Aktuelle Stunde hier im Haus der Bremischen Bürgerschaft. Ich sage aber schon einmal vorweg, ich bitte Sie, Beifallskundgebungen und Missfallenskundgebungen zu unterlassen, dann erleben wir einen schönen konsensualen Vormittag. – Ich danke Ihnen!

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Grobien, Fraktion der CDU.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nun ist der Wissenschaftsplan 2020 des Landes Bremen also endlich da. Ich muss gestehen, dass ich nicht so recht daran glauben wollte, als Staatsrat Kück noch vor einigen Wochen verkündete, dass der Entwurf binnen eines Monats veröffentlicht werden kann, aber es geschehen noch Zeichen und Wunder. Sie werden sicher verzeihen, dass sich mein Dank in Grenzen hält, denn schließlich, und das hat Frau Vogt schon gesagt, warten wir schon seit vier Jahren auf diesen Wissenschaftsplan! Trotzdem war die Spannung groß, erste Details konnte man schon vor einigen Tagen der Presse entnehmen, und ich nehme an, dass es Ihnen seitdem so geht wie mir, dass Sie bereits schon die eine oder andere kritische Zuschrift erhalten haben.

Insbesondere die mögliche Schließung des Studiengangs Psychologie an der Universität erhitzt die Gemüter, und das ist auch nicht völlig unverständlich. Das ist aber natürlich nur ein Teil und ehrlicherweise auch ein relativ kleiner Teil der anstehenden Debatte. Ob eine Aktuelle Stunde wirklich für eine sachliche und inhaltlich fundierte Debatte geeignet ist, wage ich einmal zu bezweifeln;

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Darum geht es ja auch nicht!)

denn eine detaillierte Auseinandersetzung im Wissenschaftsausschuss oder auch die offiziellen Stellungnahmen der Hochschulen, geschweige denn die Zusammenführung all dieser Stellungnahmen und Argumente hat es bislang noch gar nicht gegeben. In der Tat, binnen einer Woche seit Vorliegen dieses Papiers ist das wohl auch kaum möglich, aber sei es wie es ist.

Die Ausgangslage ist hinlänglich bekannt. Exzellente Hochschulen auf der einen Seite, die sich in den letzten Jahren beständig weiterentwickelt haben, und auf der anderen Seite chronische Unterfinanzierung und zu wenig Geld! Das ist sicherlich etwas banal ausgedrückt, aber falsch wird es dadurch trotzdem nicht.

Ende letzten Jahres wurde die maßgebliche Grundlage der nun vorliegenden Wissenschaftsplanung, ein Gutachten des Wissenschaftsrats, des höchsten Beratergremiums der Bundesregierung in Wissenschafts

angelegenheiten zur Zukunft der bremischen Hochschullandschaft vorgelegt. Darin wurden unsere Hochschulen ausdrücklich gelobt, gleichzeitig wurde aber auch sehr deutlich gesagt und kenntlich gemacht, dass es ein „weiter so“ nicht einfach geben kann. Ich verweise auf verschiedene Interviews der Rektoren der Universität und der Hochschulen in Bremen, die schon mehrfach darauf hingewiesen haben, dass das derzeitige Niveau der Hochschulen mit gleichbleibenden Mitteln nicht mehr lange zu halten sein wird. Da eine Steigerung der Ausgaben in Bremen eher unrealistisch ist, auch wenn es im Haushalt kleine Anpassungen gab, forderte schon der Wissenschaftsrat, die Strukturen an die finanziellen Möglichkeiten anzupassen, was notfalls eben auch Schließungen bedeuten kann.

Wir als CDU haben diesbezüglich im Dezember letzten Jahres ein Positionspapier veröffentlicht, wo wir eine ähnliche Grundlinie vertreten. Deswegen will ich mit Ihnen heute auch gar nicht darüber streiten, ob man theoretisch zu der Auffassung kommen kann, dass der eine oder andere Studiengang geschlossen werden sollte. Da gibt es immer Pro und Kontra, aber das kann nur als Ergebnis am Ende der Debatte stehen. Es wird eine schwierige Auseinandersetzung, und die sollten wir wirklich sachlich und vor allem mit allen Beteiligten zusammen führen.

Mir ist dabei ganz wichtig, dass der Senat nicht mit dem Rasenmäher in die Hochschulen kommt, und dann am Ende bisherige exzellente Bereiche kaputtgespart werden. Scheinbar ist das dem Senat mittlerweile auch klargeworden, denn die Grundlinien der Schwerpunktsetzung und die Notwendigkeit einer stärkeren Kooperation und Profilierung finden Sie gefühlt auf jeder zweiten Seite des vorgelegten Wissenschaftsplans. Statt konkreter Vorschläge droht eine neue Gefahr: Statt Rasenmäher holt der Senat die Kettensäge heraus und sägt einmal hier, einmal dort an diversen Studiengängen. Das Ganze ist dann als Prüfauftrag deklariert,

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Komischerweise ist das ein Vor- schlag Ihres Fraktionsvorsitzenden aus den Haushaltsberatungen!)

was mich schon ein wenig geärgert hat, weil das in die Richtung geht, die Verantwortung unangenehmer Entscheidungen an die Hochschulen zu delegieren, nach dem Motto, die Uni hat die Schließung beschlossen, und das müssen wir so akzeptieren.

Ich bin klare Verfechterin der Hochschulautonomie, aber in Zeiten knapper Kassen, das hat der Wissenschaftsrat auch heftig kritisiert, muss es eine klare politische Steuerung geben, und das, was uns hier vorliegt, ist das eindeutige Gegenteil davon!

(Beifall bei der CDU)

Auch wenn der Entwurf sicherlich eine Diskussionsgrundlage sein kann, mehr ist er eben auch nicht, denn ein übergreifendes Konzept oder gar eine Vision vermisse ich. Die aufgelisteten Vorschläge sind vage und reine Absichtserklärungen. Zum Beispiel Fragen wie: In welchen Fachbereichen sehen Sie konkrete Möglichkeiten für Synergieeffekte? Welche Veranstaltungen können Universitäts- und Hochschulstudenten gemeinsam nutzen? Welche eigenständigen Fächer könnte man aufgeben oder in andere Bereiche integrieren?

Ein Satz noch zum Studiengang Psychologie! Ich sage nicht, dass am Ende der Debatte die Schließung völlig unmöglich ist, aber bei einem der beliebtesten Fächer bundesweit, während wir hier in Bremen den Wissenschaftsschwerpunkt Gesundheit haben, da müssen wirklich ein paar Argumente mehr kommen, als dass die Professoren bald in Rente gehen!

Für uns als CDU-Fraktion sind noch viele Fragen offen, darauf gibt der Wissenschaftsplan noch keine oder nur grobe Antworten. Wir stehen also wirklich erst am Anfang der Debatte. Ich kündige für die CDUFraktion an, dass wir uns da konstruktiv kritisch einbringen werden, sage aber auch, dass uns dieser Entwurf nicht vom Hocker reißt. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Grotheer, Fraktion der SPD.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für die SPD-Fraktion begrüße ich die Vorlage des Entwurfs für den Wissenschaftsplan 2020.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind sehr froh, dass in den nächsten Wochen ausführlich Gelegenheit bestehen wird, mit allen Beteiligten über die Fortentwicklung der bremischen Wissenschaftslandschaft zu debattieren. Frau Vogt, wenn Sie sagen, dass wir die Diskussion jetzt schon beendet hätten, obwohl sie gerade erst anfängt, dann irren Sie sich!

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Habe ich auch gar nicht!)

Wir fangen mit der Diskussion an, und jeder dieser Vorschläge ist bislang ausdrücklich ein Vorschlag, der zur Diskussion steht. Wir wollen natürlich politisch feststellen, was wir uns vorstellen können, nur wenn wir weiterhin so tun, als würden wir nicht darüber reden, kommen wir auch nicht zu Ergebnissen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Man kann doch nicht von vornherein den ersten Aufschlag verdammen und sagen, was auch immer Sie diskutieren wollen, das jedenfalls geht nicht. Zu diesem Punkt hätte ich schon einen inhaltlichen Beitrag erwartet.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)