Protokoll der Sitzung vom 17.07.2014

Schweinehälften kosten künftig 1,99 Euro pro Ki logramm: Aktionspreis, Dauertiefpreis, die kleinen Preise oder die Angebote der Woche, egal ob in der Zeitung, im Radio, im TV oder im Internet, vor Werbung ist heute kaum jemand mehr sicher, ge krönt von zentnerschweren Werbeprospekten am Wochenende in der Zeitung.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü nen]: Das nennt man Marktwirtschaft!)

Mit der Werbung wird uns vermittelt, dass es noch günstiger geht und wir nicht so teuer einkaufen sollen, Geiz ist geil. Ich stelle fest, dass Geiz bei Le bensmitteln Folgen hat und überhaupt nicht geil ist!

(Beifall bei der CDU)

Der Preiskampf besteht seit Jahren, und dieser

Preiskampf der Discounter wird vollends im Lebens mittelbereich ausgetragen. Mit diesen Angeboten, besonders bei Fleisch- und Milchprodukten, sollen die Menschen in die Geschäfte gelockt werden, damit diese dann mit den Non-Food-Artikeln ihr Geld verdienen. So weit, so gut, könnte man sagen, und viele Verbraucher freut es. Dumpingpreise sind gut für das Portemonnaie, zumindest auf den ersten Blick, denn der Preiskampf hat Folgen, nämlich in der Produktion.

Folge eins: Der immense Preisdruck beeinflusst

die verarbeitende Lebensmittelindustrie und die mit telständischen Lebensmittelbetriebe. Wer am Markt bleiben will, muss immer größere Einheiten zu immer kleineren Preisen liefern, immer geringere Qualität und Ersatzstoffe sind die Folge. Nicht umsonst gab es in den letzten Jahren immer wieder Skandale in diesem Bereich.

Folge zwei: Die verarbeitende Lebensmittelindus

trie gibt den Preisdruck an den Erzeuger weiter also an die Landwirte, doch Landwirte arbeiten mit Tie ren. Bei Tieren kann man eben nicht nur durch neue Techniken Effizienzgewinne erzielen, nein, Effizienz ist in der Tierproduktion in den letzten Jahrzehnten durch größere Einheiten, also eine größere Anzahl von Tieren, entstanden. Mit diesem Wissen wird die ganze Diskrepanz dieses Problems deutlich, denn für viele Verbraucher sind niedrige Lebensmittel preise zwar gut, aber große Tiereinheiten und deren Konsequenzen sind für sie nicht akzeptabel. Das hat der Bundesgesetzgeber erkannt und Regelungen im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen aufge nommen, nach diesem Gesetz ist der Verkauf von Lebensmitteln unter Einstandspreis, also unter dem Einkaufspreis, verboten.

In unserer Kleinen Anfrage haben wir den Senat

gefragt, wie viele Kontrollen es denn aufgrund die ses Gesetzes gegeben habe. Die Antwort war nicht befriedigend, denn dort hieß es, dass es in Bremen keine und bundesweit nur ganz vereinzelte Kontrollen gegeben habe. Das liegt daran, dass keine allgemei nen, anlassunabhängigen Kontrollen vorgesehen sind. Das hat der Bremer Senat also dieses Mal nicht zu verantworten, denn es ist einfach nicht vorgesehen, und das ist falsch, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Weil das falsch ist, hat die Bremer CDU-Fraktion

diesen Antrag gestellt, regelmäßig allgemeine und anlassunabhängige Kontrollen bezüglich des Ein standspreises bei Lebensmitteln durchzuführen. Das ist nämlich nicht nur für die Landwirte oder die Verbraucher gut, sondern auch für den Lebensmitte leinzelhandel. Außerdem ist dieses wichtige Gesetz leider auch bis zum 31. Dezember 2017 befristet, und wir bitten den Senat, sich dafür einzusetzen, diese Befristung aufzuheben. Ich denke, das ist eine gute Sache.

Lassen Sie mich noch einmal eines zu der Pro

duktion sagen: Viele Menschen wissen doch gar nicht, wie viel Mühe und Arbeit es bedeutet, Tiere großzuziehen, und es kann doch nicht sein, dass im Jahr 1970 zum Beispiel ein Ei 20 Pfennig gekostet hat, und heute kann man ein Ei für 9,99 Euro kaufen.

(Zurufe: Ein Ei?)

99 Cent, entschuldigen Sie! 9,99 Cent, also nicht ganz 10 Cent! Da ist doch etwas nicht richtig; und wenn ein Liter Milch 69 Cent kostet – sind es 69 Cent? – und eine Dose Red Bull 1,50 Euro, dann ist etwas nicht in Ordnung hier in Deutschland!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die Werte für die Grundbedürfnisse haben sich

in Deutschland gewaltig verschoben. Hier muss es ein Umdenken geben, das dem Verbraucher und dem Erzeuger gerecht wird, so wie bisher darf es aus meiner Sicht nicht weitergehen.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und

Kollegen, natürlich haben der Konsum und unsere Produktion von Lebensmitteln viele Facetten, und wir sprechen mit unserem Antrag hier heute nur ein Themenfeld an, doch die Bremer CDU-Fraktion ist der Überzeugung, dass gute Lebensmittel auch einen vernünftigen Preis haben müssen, genauso wie gute Arbeit auch gut bezahlt wird. Wir sind der Überzeugung, dass wir auch zukünftig eine nachhaltige Landwirtschaft, qualitativ hochwertige Lebensmittel und einen vielschichtigen Lebensmit telhandel brauchen, nur in diesem Sinne können

wir den Antrag hier heute für die Verbraucher und Verbraucherinnen verabschieden. Ich hoffe, dass wir hier Ihre Zustimmung bekommen. – Danke schön!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das

Wort der Abgeordnete Saxe.

Herr Prä

sident, meine Damen und Herren! Hier vorn sind ja, ich möchte nicht Befangenheiten, aber Betroffen heiten sagen, versammelt, weil sowohl Herr Imhoff als auch ich wissen, worüber wir reden und welche Auswirkungen so ein Preiskampf in der Produktion, in der Landwirtschaft und im Einzelhandel eigentlich hat. Wir wollen auch keinen Wein in Tetrapaks für 99 Cent, ganz bestimmt nicht, aber auch das gehört irgendwie mit dazu.

Ich habe vorhin einmal gegoogelt, was man findet,

wenn man die Worte „Preiskampf im Lebensmittelbe reich“ eingibt. In den Suchergebnissen stehen dann solche Überschriften wie „Der Preiskampf verschärft sich“, „Eine neue Runde im Preiskampf“ und „Rui nöser Preiskampf“. Das findet man als Erstes, wenn man googelt, und es verdeutlicht ein bisschen, dass es dort einen unheimlichen Druck gibt.

Noch etwas zu Herrn Bensch, der gesagt hat, alle

Anträge der CDU würden von uns grundsätzlich abgelehnt: Das wird bei diesem Antrag natürlich nicht so sein, weil ich finde, er ist eine gute Initiative.

(Beifall bei der CDU – Abg. B e n s c h [CDU]: „In dem Bereich“ habe ich gesagt!)

Ach so, in dem Bereich, dann bin ich ja beruhigt, dass Sie es nicht so absolut meinen!

Es geht, glaube ich, wirklich darum – und dazu ist

der Antrag wirklich sehr geeignet –, eine Sensibilität für Herkunft, Produktionsverfahren und Inhalts stoffe von Lebensmitteln zu wecken. Ich glaube, es ist wichtig, einfach eine Wertschätzung dafür zu entwickeln, was wir zu uns nehmen und wovon unser Leben letzten Endes abhängt, daher sind Dumpingpreise etwas sehr Schwieriges, und es ist noch problematischer, wenn sie sogar unter dem Ein standspreis liegen.

Wir werden also dem Antrag im Wesentlichen

zustimmen. Ziffer 1 ist eindeutig: Es ist vollkommen klar, dass die Gültigkeit dieses Gesetzes verlängert werden muss, dort sind wir mit Ihnen einer Meinung. Dass es natürlich Kontrollen geben muss, damit die Lebensmittel nicht unter Einstandspreis verkauft werden, ist vollkommen klar. Ich weiß nicht, ob wir gleich in der Antwort erfahren werden, ob es diese Kontrollen momentan eigentlich schon gibt, das würde ich auch gern wissen. Ich glaube tatsächlich, dass man da genauer hinsehen muss.

Ziffer 3 ist uns allerdings, das haben wir ja auch

schon kommuniziert, in seiner Absolutheit ein biss chen zu schwammig, deswegen beantragen wir diesbezüglich getrennte Abstimmung. Bei Ziffer 4, schnell Informationen darüber bekommen zu wollen, sind wir ebenfalls vollkommen Ihrer Meinung.

Robert Habeck nannte es schlicht eine Schweinerei,

über Fleischwaren einen Dumpingwettbewerb zu führen. Dem möchte ich mich ausdrücklich anschlie ßen. Tierschutz und Preiskampf sind Gegensatzpaare, Verbraucherschutz und Preiskampf übrigens auch.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Die schlechten Arbeitsbedingungen sind schon er

wähnt worden. Gute Arbeit, die wir uns alle wünschen und über die wir gern reden, ist natürlich auch nicht gewährleistet, wenn es einen solchen Preiskampf in dieser Branche gibt. Gute Arbeit kann es in den produzierenden Bereichen auch nur geben, wenn dort wirklich auskömmlich produziert wird und es eine Wertschätzung für das Produkt gibt. Daher ist vollkommen klar, wenn man sich für gute Arbeit ein setzt, dann ist es wichtig, sich diesen Bereich etwas sensibler anzuschauen und auch dort zu versuchen, die Stellschrauben anzuziehen, die es dort so gibt.

Es gibt viele Dinge, bei denen es nur einen Ap

pellcharakter geben kann, aber ich würde mir auch eine erweiterte Kennzeichnungspflicht wünschen. Bei Eiern gibt es das zum Teil, zum Beispiel mit der Kennzeichnung durch Ziffern, an der man erkennen kann, wo die Eier produziert wurden. Das hört dann aber leider bei verarbeiteten Eiern schon wieder auf, dort weiß man gar nicht, woher sie kommen. Ich wünsche mir schon, dass man dort eindeutigere Definitionen bekommt. Der Verbraucher kann nur dann mit dem Portemonnaie abstimmen, wenn er auch ganz genau weiß, was er vor sich hat. Daher würde ich schon für mehr Transparenz werben, da mit der Verbraucher auch weiß, mit was für Waren er es zu tun hat.

Ich weiß, dass Herr Imhoff ein bisschen Probleme

mit dem Begriff Massentierhaltung hat, weil er sich fragt, was das eigentlich ist. Dort glaube ich tatsäch lich, bevor wir kennzeichnen können, aus welcher Haltung die Produkte stammen, dass wir erst einmal definieren müssen, wie denn die Rahmenbedingun gen dieser Haltung aussehen. Ich glaube aber, es ist sehr wichtig, dass der Verbraucher eine Information darüber bekommt, wie die Tiere eigentlich aufge wachsen sind.