Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Senator Mäurer, ich hätte mir für heute gewünscht, dass wir hier ein Gesetz über das Halten von Hunden mit einem Text vorliegen hätten, der tierschutzorientierter gewesen wäre.
Bereits im August des Jahres 2013 haben wir von der CDU-Fraktion mit einem Antrag zur Novellierung des Bremer Gesetzes deutlich gemacht, dass dieses Gesetz so nicht mehr zeitgemäß ist. Sie werden sich daran erinnern, dass wir bereits damals die Einführung einer Kennzeichnung und Registrierungspflicht durch implantierte Chips sowie eine verpflichtende Haftpflichtversicherung für alle Hunde gefordert haben. Ich habe mir die Debatte von damals noch einmal im Internet angeschaut. Beide Fachpolitikerinnen, von Rot-Grün, die heute leider nicht zu diesem Thema sprechen, was ich sehr bedauere –
in der Deputationssitzung in der letzten Woche haben sie den Raum verlassen, heute sind sie krank, das ist schade – hatten sich damals klar für diese zwei Punkte ausgesprochen, trotzdem lehnten Sie den Antrag im Jahr 2013 ab. Als Begründung wurde zum Beispiel von der Schwierigkeit gesprochen, ein dementsprechendes Register für die Registrierung einzurichten und dass es Geld kosten würde. Auch der Senator sprach sich für die beiden Maßnahmen aus und sagte, dass man es angehen müsse.
Leider, Herr Senator, ist, obwohl Sie über ein Jahr Zeit hatten, dahingehend nichts geschehen. Herr Tschöpe, auch diese beiden Punkte hätten der Gefahrenabwehr gedient, und sie hätten zu einer Kosteneinsparung für das Tierheim geführt und somit für das Land Bremen.
Das, was Sie uns jetzt kurz vor Ablauf des Gesetzes in einer Hauruckaktion vorlegen, letzte Woche in der Innendeputation und heute in der Bürgerschaft, ist eher ein Rückschritt.
So, Herr Tschöpe, sieht es im Übrigen auch der Tierschutzverein, der in dieser von Ihnen vorgelegten Fassung das Gesetz komplett ablehnt. Ihre sogenannte Rasseliste hält der Tierschutzverein nicht für zielführend, da es nach wie vor keine statistischen und wissenschaftlichen Studien gibt, die pauschale Sonderhaltung dieser Hunde zu begründen. Auch die Unterstrafestellung von Tierärzten ist laut Tierschutzverein nicht umzusetzen, da bei manchen Hunden, besonders bei Mischlingen, eine tatsächliche Rassezugehörigkeit nachzuweisen, wenn überhaupt, nur mit einer Genanalyse möglich ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das heute hier vorgelegte Gesetz mit Ihren Änderungen ist ein Schnellschuss!
Wir von der CDU haben zu Ihrem Gesetzesvorschlag einen Dringlichkeitsantrag eingebracht, in dem wir heute noch einmal die Aufnahme der verpflichtenden Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht sowie eine Haftpflichtversicherung fordern, damit es heute wenigstens einen kleinen Schritt in die richtige Richtung geht. Für verantwortungsvolle Hundehalter ist dies zum Wohle ihres Tieres heute schon selbstverständlich, das reicht aber leider nicht aus. Die Kollegin von den Grünen hat in der letzten Debatte im vergangenen Jahr gesagt, dann müssen wir dafür sorgen, dass wir den Leuten deutlich machen, dass es schön wäre, wenn sie es tun würden. Ich bin der Meinung, dass das nicht ausreicht.
Ich will heute nicht alles wiederholen, was ich bereits im letzten Jahr gesagt habe, aber uns allen sollte doch klar sein, dass die Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht dazu führt, dass entlaufene Hunde schneller zu ihrem Besitzer zurückgebracht werden können und nicht unnötig lange im Tierheim bleiben müssen. Außerdem würden im Tierheim durch eine schnelle Ermittlung des Halters geringere Kosten anfallen, auch erschwert es das Aussetzen und den illegalen Handel mit Hunden.
Eine Haftpflichtversicherung führt dazu, dass im Schadensfall Geschädigte schneller zu ihrem Recht kommen, aber auch, dass Hundehalter im Schadensfall finanziell nicht überfordert werden. Der Tierschutzverein begrüßt diese beiden Regelungen.
Sehr geehrte Damen von der Koalition, stimmen Sie zum Wohle des Tieres unserem Antrag zu! Da es bei dem Nachweis der Rasse durch Tierärzte aus unserer Sicht auch noch Bedarf gibt – und die Gruppe BÜRGER IN WUT hatte dazu einen Änderungsantrag eingereicht –, werden wir uns bei diesem Antrag enthalten. Wir sehen Handlungsbedarf, aber es muss noch genauer untersucht werden. Bei dem Hunderassegesetz werden wir von Ihrer Entscheidung unsere Entscheidung abhängig machen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Landesgesetz über das Halten von Hunden tritt zum Jahresende außer Kraft, sofern es nicht vorher verlängert wird, deshalb beraten wir heute in erster und zweiter Lesung dieses Gesetz. Die Gruppe BÜRGER IN WUT hat Ihnen heute außerdem einen Änderungsantrag vorgelegt, mit dem wir zwei wesentliche Punkte in dem Gesetz über das Halten von Hunden korrigiert wissen wollen.
Zum einen lehnen wir BÜRGER IN WUT mit unserem Änderungsantrag die Forderung des rot-grünen Senats ab, Tierärzte zukünftig bei Falschbegutachtung eines Hundes strafrechtlich zu belangen. Damit stellt man einen ganzen Berufsstand unter Generalverdacht, und es wäre angebracht gewesen, wenn sich der Senat im Vorfeld dieser Initiative zum Beispiel mit der Tierärztekammer in Verbindung gesetzt hätte und die negativen Auswirkungen, die sich bei dieser Gesetzesverschärfung für die Tierärzte und Halter gleichermaßen einstellen, diskutiert hätte. Denn es dürfte klar sein, dass Tierärzte natürlich ohne Probleme einen Dobermann von einem Rottweiler oder einen Hovawart von einem Golden Retriever unterscheiden können, aber von den Tierärzten künftig zu verlangen – und das auch noch unter Strafandrohung zu stellen –, dass sie eine zweifelsfreie Rassebegutachtung abgeben, die teilweise bis in die dritte oder vierte Generation des Hundes zurückreicht, ist gerade bei Rassekreuzungen oftmals gar nicht möglich. Auch die Bluttests, die hier immer wieder als Argument für die Bestimmung der Hunderassen angeführt werden, entsprechen eben nicht der Genauigkeit, um spezielle Rassenkreuzungen einwandfrei zu identifizieren.
Sollte der Vorschlag von Rot-Grün heute so beschlossen werden, dann besteht doch die Gefahr, dass Tierärzte zukünftig Bescheinigungen und Gutachten bei bestimmten Hunden entweder gar nicht mehr ausstellen werden oder zumindest bei nicht einwandfreier Identifizierung von Rassekreuzungen per se davon ausgehen werden, dass sich ein sogenannter Listenhund in dieser Kreuzung befindet. Denn welcher Tierarzt möchte sich schon selbst in die Gefahr begeben, eine strafbare Handlung zu begehen? Dieses Prozedere würde letztlich zu erheblichen Kosten führen, die dann auf die Hundehalter abzuwälzen wären, und das lehnen wir BÜRGER IN WUT ab.
Im Übrigen hat der Senator für Gesundheit in einer Stellungnahme zur Senatsvorlage die, glaube ich, nicht mitgeschickt wurde, aber zumindest in der Innendeputation zur Kenntnis genommen wurde, mitgeteilt, dass er keine Notwendigkeit sieht, die Erstellung eines unrichtigen tierärztlichen Zeugnisses unter Strafandrohung zu stellen. Ich denke, das Parlament sollte heute diese vernünftige Auffassung teilen und unserem Änderungsantrag deshalb so zustimmen.
Unser zweiter Änderungsantrag richtet sich gegen die Regelung, dass sich Besuchshunde, die als sogenannte Listenhunde im Bremer Landesgesetz aufgeführt sind, lediglich maximal 24 Stunden im Land Bremen aufhalten dürfen. Solch eine Regelung gibt es meines Wissens nur in Bremen, in allen anderen Bundesländern dürfen sich Besucher selbstverständlich länger als 24 Stunden mit ihren Listenhunden aufhalten.
Wir BÜRGER IN WUT halten die Bremer Regelung nicht nur für überzogen und unkontrollierbar, sondern auch für verfassungsrechtlich höchst bedenk
lich, denn sie greift nicht nur in das Eigentumsrecht, sondern auch in das Freizügigkeitsrecht ein. Das Grundrecht auf Freizügigkeit beinhaltet nach herrschender Rechtsauffassung auch das Recht, Eigentum und Vermögen, also die persönliche Habe wie zum Beispiel einen Hund, bei Inanspruchnahme der Freizügigkeit mitnehmen zu dürfen. Deshalb fordern wir mit unserem Änderungsantrag die Streichung dieser 24-Stunden-Regelung.
Dem Änderungsantrag der CDU-Fraktion stimmen wir BÜRGER IN WUT zu, denn die Einführung einer Chipflicht sowie die Haftversicherung für alle Besitzer von Hunderassen sind zwei wichtige Bausteine, das Gesetz über das Halten von Hunden zumindest etwas zu verbessern und damit auch die Tierheime zu entlasten, weil die Besitzer von Hunden schneller ermittelt werden können. Sollten die Änderungsanträge der Gruppe BÜRGER IN WUT und der CDUFraktion hier allerdings keine Mehrheit finden, so werden wir das Gesetz in seiner ursprünglichen Form sowie den Änderungsantrag des Senats in erster und zweiter Lesung ablehnen.
Man muss sich nämlich grundsätzlich die Frage stellen, ob das Gesetz in der vorgelegten Form geeignet ist, um die Zahl der Beißvorfälle zu reduzieren. Schaut man in die aktuelle Bremer Statistik zu den Hundeangriffen, so wird doch eines deutlich, meine Damen und Herren: Die Zahl der Beißvorfälle durch sogenannte Listenhunde ist in den letzten Jahren bis auf null gesunken,
die Zahl der Vorfälle durch andere Hunderassen – Herr Dr. Güldner, das müssen Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen – ist seit 2009 wieder steigend.
Ganz oben in der Statistik steht im Übrigen seit einigen Jahren der Schäferhund mit 14 Beißvorfällen im vergangenen Jahr und 24 Beißvorfälle in 2012. Der Logik des Senats und der Logik des Gesetzes folgend müsste der Schäferhund in Bremen zu einem Listenhund erklärt werden. Das findet aber nicht statt. Deshalb ist das Gesetz in seiner jetzigen Form nicht geeignet, die Zahl der Beißvorfälle zu senken. Denn die im Gesetz aufgeführte Liste der als gefährlich eingestuften Vierbeiner ist statisch und willkürlich auf bestimmte Hunderassen fokussiert.
Wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen aber seit Langem, dass eine gesteigerte Gefährlichkeit im Einzelfall entschieden werden muss und nicht nur pauschal auf ganze Hunderassen anzuwenden ist. Diese Erkenntnis findet sich zum Beispiel im Niedersächsischen Gesetz über das Halten von Hunden wieder. Wir Bürger in Wut hätten uns gewünscht, dass Bremen dem guten Beispiel aus Niedersachsen folgen würde. Dem ist aber nicht so. Deshalb lehnen wir BÜRGER IN WUT den Gesetzentwurf ab, sofern unsere Änderungsanträge keine Mehrheit finden. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe heute Morgen noch einmal intensive Rücksprache mit meinem Labrador Oliver gehalten. Dieser Labrador hat mir klargemacht, dass man feststellen muss: Natürlich ist es so, das sich bestimmte Hunderassen überhaupt nicht dazu eignen, Beißmaschinen zu werden, die Menschen angreifen, andere aber möglicherweise eher dazu geeignet sind. Das gibt es.
Ein Beispiel: Solange man im Bürgerpark überall noch Pizzen und Brote finden kann und keine große Hungersnot ausgebrochen ist, werden weiterhin Kaninchen oder Igel oder sonst etwas vor meinem Labrador herumlaufen können. Das wird ihn nicht interessieren. Ihn interessieren auch keine bösen Menschen. Ihn auf böse Menschen abzurichten, ist ein Unding.
Es gibt Hunde, bei denen es anders ist. Wir sollten uns einmal an die damalige Diskussion erinnern. Das Gesetz würde gemäß den Regularien heute auslaufen. Wir haben damals sehr heftig darüber diskutiert. Wir haben es hier in Bremen eingeführt, weil die Zahl der Beißvorfälle zugenommen hatte.
Das war die eigentliche Motivation. Wir haben eine lange Diskussion darüber geführt, ob die Listung bestimmter Hunderassen zielführend ist. Ich sage einmal so: Zumindest nach einem Teil der Statistiken – das hat mein Vorredner dankenswerterweise angeführt –, die man heute vorlegen kann, kann man sagen: Okay, das Gesetz ist scheinbar erfolgreich.
Aus Sicht der LINKEN muss ich allerdings sagen: Das ist nur ein Teil. Der andere Teil stimmt nämlich auch. Das heißt, man hat die einen Hunderassen
durch die Liste verboten. Bestimmte Menschen – das ist schon der Hinweis – konnten sich bestimmte Hunderassen nicht mehr anschaffen, weil sie verboten waren. Jetzt haben wir eine Tendenz – Statistiken darüber gibt es auch an anderer Stelle –, dass, wenn man diese Hunderassen verbietet, Hunde anderer Rassen, die vorher nicht gebissen haben, auf einmal Menschen beißen. Ich glaube, das führt auf das eigentliche Problem zurück: Wenn ein Hund einen Menschen oder gar Kinder anfällt, ist das Arschloch immer auf der anderen Seite von der Halteleine.