Auch der Hinweis der LINKEN in der Großen Anfrage, dass auf internationaler Ebene in den vergangenen Jahren ein Umdenken in der Drogenpolitik festzustellen ist, und dass hier unter anderem das Beispiel USA genannt wird, ist für uns keine stichhaltige Begründung für eine kontrollierte Abgabe von Cannabisprodukten, zudem man in den USA derzeit sehr schön sehen kann, was die Drogenliberalisierung anrichtet. Zum Beispiel in Colorado – in diesem Bundesstaat ist eine Cannabisfreigabe seit Januar dieses Jahres durchgeführt worden – kann man ganz genau feststellen, dass immer mehr Kinder nach dem Konsum von frei verkäuflichen Cannabisbonbons mit Vergiftungserscheinungen in die Krankenhäuser eingeliefert werden, und dass die Anzahl der durch Cannabisprodukte berauschten Fahrer, die von der Polizei aus dem Straßenverkehr gezogen werden, steigt.
Tatsache ist auch, dass die meisten US-Bundesstaaten Cannabis nicht legalisiert haben und das auch nicht vorhaben, zumal die Freigabe von Drogen gegen internationale, von den USA mitunterzeichnete Vereinbarungen und damit auch gegen das Völkerrecht verstößt. Darauf hat übrigens auch der Internationale Suchtstoffkontrollrat ausdrücklich hingewiesen.
Die LINKEN argumentieren in ihrem Antrag außerdem, dass die Polizei durch die Verfolgung des Drogenkonsums zu stark belastet wird. Natürlich ist die Bearbeitung dieses Delikts auch Teil der Polizeiarbeit, aber auch andere Kleindelikte wie zum Beispiel der Ladendiebstahl belasten die Polizeiarbeit, und das sogar in viel stärkerem Maße, denn etwa acht Prozent aller im Land Bremen registrierten Straftaten sind nun einmal Ladendiebstähle. Wollen Sie, Frau Vogt, dieses Delikt jetzt auch entkriminalisieren, weil es die Polizei belastet? Mich jedenfalls würde das nicht wundern.
Deutlich an der Realität vorbei ist auch der Hinweis der LINKEN in dem Antrag, dass ein wirksamer Jugend- und Verbraucherschutz durch die aktuelle Drogenpolitik in Bremen und Deutschland verhindert werde. Eine von den LINKEN geforderte kontrollierte Abgabe, meine Damen und Herren, von Cannabis wäre sicherlich keine Stärkung des Jugendschutzes, sondern ganz im Gegenteil: Kinder und Jugendliche müssten dann nämlich davon ausgenommen bleiben und – wie bei harten Drogen – würden sich bei Bedarf die Droge also weiterhin auf dem Schwarzmarkt beschaffen. Es wäre sogar zu befürchten, dass sich die illegalen Händler dann auf diese Kunden beziehen würden, fokussieren würden, weil
sich die Erwachsenen ihre Droge legal kaufen können. Die Trennungen nach Altersgruppen würden aber in der Praxis gar nicht funktionieren, das zeigt auch das Beispiel Alkohol. Erwachsene, die Cannabis legal in irgendwelchen Abgabestellen erhielten, könnten die Drogen dann an Minderjährige weitergeben. Das wollen wir BÜRGER IN WUT nicht, und deshalb werden wir den Antrag ablehnen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es erfreulich, dass zumindest die Grünen hier ganz klar einen Reformbedarf sehen. Wir als LINKE und Grüne haben ja auch im Bundestag zusammen den Antrag eingereicht, eine Evaluation des Betäubungsmittelgesetzes anzustreben beziehungsweise dies zu fordern. Ich denke, man kann allerdings auch in Bremen einiges tun.
Ich möchte aber vorweg noch einmal ein paar Mythen aus dem Weg räumen: Bezüglich der Zunahme von Cannabiskonsumenten, die unter 18 Jahre alt sind, hatte ich eine längere Diskussion unter anderem mit Herrn Schmidt vom Gesundheitsamt. Er sagt schlicht und ergreifend, das habe damit zu tun, wie sehr es bei Jugendlichen gerade in Mode sei, Nikotin zu rauchen. Dies ginge überhaupt nicht einher mit irgendeiner restriktiven Nichtraucherpolitik, sondern das habe einfach Modewellen, seien Erscheinungen des Zeitgeistes, und es sei überhaupt nicht ersichtlich, dass das irgendetwas damit zu tun habe, dass die Nichtraucherschutzgesetze jetzt gerade stärker – –.
Er hat mir da andere Zahlen genannt. Aber irgendwie – ja, gut. Das war seine Begründung, weshalb zum Beispiel der Cannabiskonsum unter Jugendlichen in den letzten 15 Jahren einmal stark gesunken und einmal wieder stark angestiegen sei. Genauso ist die Zahl der Konsumenten von harten Drogen, also von Opiaten, rückläufig, und dafür gibt es nach Ansicht des Gesundheitsamtes, aber auch nach Ansicht der Drogenhilfeträger einen ganz klaren Grund. Wenn man sich die Zahlen ansieht, werden harte Drogenkonsumenten im Schnitt immer älter – dies betrifft insbesondere Männer – und das liegt daran, dass sie länger leben als früher, unter anderem weil es doch sehr viel wirksamere Medikamente gegen HIV und Hepatitis gibt. Neueinstiege gibt es kaum, denn eine Drogenszene wie in den Siebziger- und Achtziger
jahren, die eine Attraktivität für jüngere Leute aufwies, gibt es einfach nicht mehr. Also das ist kein Bereich mehr, für den junge Leute sich interessieren würden.
Ich möchte darauf zurückkommen, was wir eigentlich fordern. Ganz grundsätzlich denke ich, muss man die Effekte und die Nebenwirkungen des Betäubungsmittelrechts wissenschaftlich überprüfen, da sind wir uns mit den Grünen einig, dass wir diese Enquetekommission brauchen, die aus Expertinnen und Experten besteht und darüber berät, welche Ziele und welche Maßnahmen im Umgang mit illegalisierten Substanzen sinnvoll sind.
Ehrlich gesagt, finde ich es auch schon deswegen überfällig, weil das Betäubungsmittelgesetz in den wesentlichen Punkten aus dem Jahr 1930 stammt. Auch wenn die USA übrigens diejenigen gewesen sind, die in den Siebzigerjahren den War on Drugs ausgerufen haben, was andere Gründe hatte als nur gesundheitspräventive, um das hier einmal klar und deutlich zu sagen; wenn man hier mit einem Gesetz aus dem Jahr 1930 arbeitet, dann kann man sich schon angesichts der Entwicklungen in den letzten 60 Jahren im Bereich des Betäubungsmittel- oder des Drogenkonsums einmal die Frage stellen, ob die Gesetzeslage nicht sinnvollerweise angepasst werden sollte.
Es gibt auch einen Grund, warum die Strafrechtsprofessoren sich zunächst einmal auf Cannabis konzentriert haben, und das ist natürlich der, dass man gewisse Debatten, einen gewissen Bereich, gesellschaftlich reifen lassen muss, und es ist natürlich sehr wahrscheinlich einfacher, eine Debatte zu gewinnen, die vor allen Dingen deswegen wirkungsvoll ist, weil Cannabis das am meisten konsumierte Produkt im Bereich der Drogen ist. Daher setzt man genau an dem Punkt an, aber darauf komme ich gleich auch noch einmal zurück.
Außerhalb der Bundesebene kann man nämlich auch in Bremen etwas tun, und ich möchte hier noch einmal ein bisschen auf die Anfrage eingehen. Bremen könnte die definierte Menge, nach der ein Besitz von Drogen für den Eigenbedarf strafrechtlich verfolgt wird, also nach der bestimmt wird, ob die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt – oder erheben muss – oder nicht als Land selbst bestimmen. In Bremen lag diese definierte Menge des Eigenbedarfs einmal bei 30 Gramm, inzwischen liegt sie aktuell bei sechs Gramm. Das ist ungefähr die Menge, die auch in Bayern zur Strafverfolgung führt, und ich habe nicht herausgefunden in den letzten Monaten, wie es überhaupt zu dieser Verschiebung von 30 auf sechs Gramm kam, und wer das angeordnet hat, denn das sind ja Verwaltungsanordnungen, die am Parlament vorbeigehen.
Deswegen fordern wir in einem ersten Schritt eine Heraufsetzung auf 15 Gramm als Menge des Eigenbedarfs. Diese Maßnahme wäre eine große Erleichterung nicht nur für Staatsanwaltschaften und Gerichte, sondern vor allem auch für die gelegentlichen
Konsumentinnen und Konsumenten, also diejenigen, die keinen missbräuchlichen Drogenkonsum aufweisen. Ich möchte das hier auch ganz klar verdeutlichen, wenn man sich die Anfrage und die Zahlen genau anschaut, sind die meisten Strafverfolgungsdelikte, die meisten Ermittlungsverfahren und die meisten Verurteilungen nicht im Zusammenhang mit Handel, Anbau oder Schmuggel von Cannabis erfolgt, sondern mit Besitz dieser Droge. Wenn man die Menge, die unter Eigenbedarf fällt, derart stark senkt, erklärt das natürlich, weshalb dann die Verurteilungen zunehmen. Für mich ergibt das überhaupt keinen Sinn. Wenn es zum einen um Menschen geht, die Cannabis so konsumieren, wie andere Leute Alkohol, ohne ein Suchtproblem zu haben, muss man sie nicht mit Strafverfolgung stigmatisieren. Zum anderen: Diejenigen, die ein Suchtproblem haben, haben damit aber umso größere Schwierigkeiten, tatsächlich aus ihrer Sucht herauszukommen, wie es bei allen illegalisierten Substanzen der Fall ist.
Deswegen beantragen wir hier konkret, dass Bremen die Menge des Eigenbedarfs wieder höhersetzt, und zwar zumindest auf 15 Gramm. Das ist im Schnitt so das, was auch andere Bundesländer haben.
Außerdem fordern wir einen Modellversuch zur kontrollierten Abgabe von Cannabisprodukten. Auch das ist hier mehrfach erwähnt worden. Das bedeutet für uns erstens, dass der Jugendschutz gewährleistet sein muss. An Kinder und Jugendliche unter 18 darf selbstverständlich nichts abgegeben werden. Zweitens muss der Verbraucherschutz gewährleistet werden. Das heißt, es gibt beim Kauf gleichzeitig eine Beratung, es gibt Qualitätskontrolle, deshalb keine Verunreinigung, und – was uns ganz wichtig ist – es muss Hinweise darauf geben, wie stark die Ware ist. Frau Kappert-Gonther und auch Herr Brumma haben es zu Recht angesprochen: Wir haben einen erhöhten THC-Gehalt unter anderem durch gentechnisch manipulierten Anbau von Hanf- oder Graspflanzen. Der führt ganz klar zu Suchtproblemen – Herr Brumma, da gebe ich Ihnen völlig recht – insbesondere, wenn Jugendliche nicht wissen, was sie da einnehmen. Von daher sagen wir: Das ist wichtig.
Ich komme, was diesen Teil des Antrags angeht, auf zwei Sachen zurück, dann höre ich in dieser Runde auf. Der Modellversuch – das ist ganz wichtig – darf nicht gewinnorientiert sein. Die Regelung mit kommerziellen Coffeeshops, wie sie in Holland besteht, halten wir für einen ungeeigneten Weg, der Modellversuch soll wissenschaftlich begleitet und ausgewertet werden, und auf die verkauften Substanzen sollen selbstverständlich Steuern erhoben werden. Das
Wir erhoffen uns damit natürlich, dass der Schwarzmarkt zurückgedrängt wird. Die Erfahrungen in anderen Ländern haben gezeigt, dass die allermeisten Probleme vom Drogenkonsum nicht auf den konsumierten Substanzen beruhen, sondern auf den Umständen, unter denen sie erworben und konsumiert werden. Da kommen wir zurück auf den überhöhten beziehungsweise gefährlichen THC-Gehalt.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte angekündigt, dass ich für meine Fraktion noch näher auf den Antrag der LINKEN eingehen möchte. Wir finden Ihren Antrag in der Analyse und auch im Beschlussteil in den wesentlichen Punkten richtig. Deshalb haben wir uns sehr dafür ausgesprochen, ihn in die Deputation für Gesundheit zu überweisen – anders als Sie, Frau Vogt, auf Facebook mitgeteilt haben. Da steht, wir lehnten ihn ab. Das ist nicht richtig.
Wir sind uns in der Analyse einig, dass die bisherige Drogenpolitik gescheitert ist und die Menschen, insbesondere Jugendliche, nicht vor den Folgen von Cannabiskonsum schützt. Das muss man sich klar machen. Die Daten wurden hier schon angedeutet. Ich will sie noch einmal nennen. Wenn eine illegale Substanz von etwa 7 Prozent der Jugendlichen unter 18 Jahren konsumiert wird und Drogenauswirkungen zu den häufigsten Gründen für eine stationäre kinder- und jugendpsychiatrische Behandlung gehören, dann funktioniert der derzeitige Weg nicht. Es geht eben nicht darum zu sagen, hier sei etwas harmlos. Im Gegenteil, es geht darum zu sagen: Wir haben es mit einer problematischen Substanz zu tun, und wir müssen unsere Kinder und Jugendlichen besser schützen, als es bisher der Fall ist.
Ganz sicher wird hier einer weit umfassenderen Prävention und Gesundheitsaufklärung ein hoher Stellenwert zukommen müssen. Ich bin ausdrücklich mit dem Kollegen der CDU einverstanden, der gesagt hat, diese Gesundheitsaufklärung, diese Prävention darf sich nicht auf eine einzelne Substanz richten, sondern es muss darum gehen, Kinder und Ju
gendliche stark zu machen, ihnen zu zeigen, was sie mit ihrem Leben anfangen können, und entsprechend zu informieren.
Wenn diese Menschen dann erwachsen sind – da haben wir möglicherweise eine andere Auffassung –, dann geht es darum, dass man sagen kann: Dieses Risiko muss jeder für sich selber tragen, wenn er oder sie entscheidet, eine Substanz zu konsumieren. Aber Jugendliche müssen über einen effektiven Jugendschutz entsprechend geschützt werden. Das ist völlig klar.
Wenn ich von Professor Böllinger höre, dass neunmal mehr Geld in die Strafverfolgung von Konsumenten mit geringen Cannabismengen geht – die damit erwischt werden, bei denen die Verfahren sowieso wieder eingestellt werden , also neunmal mehr Geld in diese Form der Strafverfolgung als in Prävention und Gesundheitsschutz geht, dann ist das für uns keine schlüssige Zahl. Wir finden, da muss man etwas ändern.
Was können wir in Bremen tun? Möglicherweise – Frau Vogt hat es erläutert – ist es ein erster Schritt, die Cannabismenge, deren Besitz in Bremen strafbar ist, anzuheben. Wir haben bundesweit ein uneinheitliches Bild. Einige haben 6, einige 15, ganz wenige Länder 5 Gramm. Aus der Sicht unserer Fraktion ist das nicht ganz die zentrale Sache, die viel nutzen wird. Meiner Meinung nach kann man das tun. Ich glaube, es wird nicht schaden. Aber wir glauben nicht, dass das ein substanzieller Hebel ist.
Drugchecking, das Sie in Ihrem Antrag fordern, halten wir für eine sehr sinnvolle Einrichtung. Für ein bremisches Modellprojekt zu einer kontrollierten Cannabisabgabe haben wir grundsätzlich Sympathien. Das ist eben in meinem Beitrag schon deutlich geworden. Es gibt inzwischen in anderen Bundesländern Modellprojekte. Ich denke, wir können von ihnen lernen, schauen, wie es dort funktioniert.
Unser Vorschlag ist – ich habe es eben schon angedeutet –, Ihren Antrag in die Gesundheitsdeputation und in den Rechtsausschuss – es geht auch um juristische Fragen – zur weiteren fachlichen Diskussion zu überweisen. Uns geht es dabei eindeutig darum zu schauen: Was kann man in dieser Legislaturperiode noch hinbekommen – es sind nur noch viereinhalb Monate –, und was kann man für die nächste Legislaturperiode vorbereiten? Dass es in dieser Frage Unterschiede zu unserem Koalitionspartner gibt, ist hier deutlich geworden. Auch darüber wird man
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir haben schon festgestellt: Es gibt einige Dinge, die wir in der Deputation diskutieren können. Es gibt auch Unterscheide zum Koalitionspartner. Was die Modellprojekte anbetrifft, sollten wir erst einmal abwarten, was uns die anderen Städte erzählen.
Zu den gleichen Mengen: Wir sind ganz klar für eine bundeseinheitliche Lösung. Wir hoffen, dass der Senat aktiv werden kann.
Gesetze aus den Dreißigerjahren überprüfen und so weiter: Es gehört zu unserem Tagesgeschäft, dass man alte Gesetze immer wieder überprüft.
Was die Prävention anbetrifft, sollten wir sehen, wo wir etwas stärker machen können, wo wir Sachen verstärken können.
Was den Kinderschutz anbelangt: Wir waren das erste Bundesland, das Haarkontrollen durchgeführt hat. Von daher sind wir auf einem ganz guten Weg. Es muss natürlich immer wieder überprüft werden, ob wir noch Defizite haben.