Protokoll der Sitzung vom 17.12.2014

Was den Kinderschutz anbelangt: Wir waren das erste Bundesland, das Haarkontrollen durchgeführt hat. Von daher sind wir auf einem ganz guten Weg. Es muss natürlich immer wieder überprüft werden, ob wir noch Defizite haben.

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Aber erst nach 30 Jahren!)

Was wir heute noch als Antrag eingebracht haben, ist die Vergabe von Cannabis in Krankheitsfällen. Der Pflanze wird eine Wirkung zugesprochen. Es gibt verschiedene Krankheitsbilder, die auch im Antrag stehen, Multiple Sklerose, HIV, Krebs und so weiter. Da ist das ein gutes Hilfsmittel. Das gilt natürlich nicht für alle Krankheitsbilder. Aber dort, wo es hilft, sollte man diese Produkte auf legalem Weg erwerben können. Das heißt, Ärzte können die Therapie befürworten und können heutzutage eine Ausnahmeerlaubnis schreiben. Es sollte bei Krankheiten jederzeit machbar sein und vereinfacht werden.

Ein weiteres Problem ist, dass die Kassen die Zahlung ablehnen. Hier sagen wir, der Senat ist aufgefordert, auf Bundesebene aktiv zu werden, dass die Kassen diese Leistungen übernehmen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wenn heute ein Patient zum Arzt geht, erhält er ein Privatrezept. Das kostet monatlich 200 bis 600 Euro. Das ist eine hohe Belastung. Von daher sagen

wir: Wenn es dem Patienten hilft, sollte er die höchstmögliche und beste Versorgung erhalten. Das sollte zu einer Kassenleistung werden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich glaube, mit dem Antrag können alle hier im Haus einverstanden sein. Den Antrag der LINKEN werden wir in die Deputation und in den Rechtsausschuss überweisen. Dort werden wir weiter am Thema diskutieren und versuchen, eine optimale Lösung zu finden. – Danke!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Kollege Dr. Yazici.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir bei „Wünsch dir was“ wären, würde ich mir wünschen, dass niemand illegale Drogen zu sich nimmt. Aber diesen Zustand werden wir leider nicht erreichen, Herr Kuhn. Deswegen bedarf es eines abgestimmten Konzeptes aus Aufklärung, Prävention und Repression. Zum letzten Punkt möchte ich mit Blick auf den Antrag der LINKEN genauer eingehen. DIE LINKE fordert, wie Sie, Frau Vogt, eben ausgeführt haben, die geringe Menge bei Cannabisprodukten von 6 auf 15 Gramm zu erhöhen. Ich muss zunächst erst einmal sagen, das finde ich einmal ziemlich sportlich. Wieso wollen Sie eigentlich gleich von 6 auf 15 Gramm gehen? Sie fragen sich, wieso sie von 30 auf 6 Gramm kommen, aber jetzt springen Sie plötzlich auf 15 Gramm, das erscheint mir ein bisschen willkürlich.

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Nein, das ist in anderen Bundesländern so üblich!)

Allein aus diesem Grund kann ich das nicht akzeptieren. (Beifall bei der CDU)

Wenn Sie über andere Bundesländer sprechen, kann ich auch dazu vielleicht etwas zur Klarstellung beitragen: Einzig Berlin hat eine 15-Gramm-Grenze, und sie diskutieren momentan auch über eine Absenkung wegen der aktuellen Vorkommnisse im Park. Bis auf Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz haben alle anderen Bundesländer wie Bremen auch die 6-Gramm-Grenze, und ich denke, das ist eine sehr vernünftige Lösung.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt darüber hinaus aber auch starke inhaltliche Gründe, weshalb wir eine solche Toleranzgren

ze nicht erhöhen sollten, nämlich – das wurde hier auch des Öfteren schon vorgetragen – es ist nicht zu bestreiten, auch wenn es teilweise konträre Studien darüber gibt, dass der regelmäßige Konsum von Cannabis erhebliche gesundheitliche Schäden beim Menschen hervorruft. Gerade bei Kindern und Jugendlichen, bei denen die neurologische Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist, kann es zu schwerwiegenden Psychosen und auch zu einer Abhängigkeit führen, deswegen ist an diesem Punkt aber auch noch einmal von Bedeutung, das wurde auch schon erwähnt, dass das Cannabis von heute nicht mit dem Cannabis aus der Zeit der Hippies zu vergleichen ist. Heute haben wir aufgrund einer neuen Gewächshausmethode einen THC-Gehalt, der mindestens zehnfach stärker ist. Allein schon dieser Grund, Cannabis oder Marihuana als sogenannte weiche Droge zu verharmlosen, wird der Sache nicht gerecht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Vor dem Hintergrund des steigenden Wirkungsgrads dieser Pflanze sehen wir eine Heraufsetzung der Eigenbedarfsgrenze äußerst kritisch. Von einer entsprechenden Anhebung der Eigenbedarfsgrenze würde auch ein falsches Signal an die Bevölkerung ausgehen, nämlich im Sinne der Verharmlosung einer illegalen Droge, und das können wir nicht mittragen.

Zu Ihrem zweiten Punkt! Sie fordern im Rahmen eines Modellprojekts die Einrichtung einer staatlich kontrollierten Abgabestelle, um wirksamen Jugendund Verbraucherschutz zu gewährleisten. Verehrte Frau Vogt, Sie möchten also Jugend- und Verbraucherschutz gewährleisten, indem Sie über eine staatlich kontrollierte Abgabestelle illegale Drogen verteilen. Wir haben große Schwierigkeiten, einem solchen Verständnis zu folgen. Für uns bedeutet Jugendverbraucherschutz eine vernünftige Aufklärung über die Gefahren dieser illegalen Droge und nicht das Verteilen der Droge über staatliche Abgabestellen.

(Beifall bei der CDU)

Freilich, eine Pönale allein ist kein Allheilmittel, darüber, denke ich, besteht hier Einigkeit. Wir haben angesprochen, dass wir eine vernünftige Aufklärungs- und Präventionsarbeit brauchen, aber es muss auch darum gehen, Cannabis gesamtgesellschaftlich zu ächten, das ist unsere Überzeugung, denn daran fehlt es meines Erachtens allein schon. Etwa seit den Neunzigerjahren können wir gerade über die Massenmedien eine Verharmlosung dieser Droge verzeichnen, und wir sind der Auffassung, dass das zum Teil auch mit einem falschen Verständnis des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1994 zusammenhängt, der Kollege hat darauf hingewiesen. Im ersten Leitsatz des Gerichtsurteils steht, dass es in Deutschland kein Recht auf Rausch gibt.

(Präsident W e b e r übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ja! Weil viele Legalisierungsbefürworter sich immer wieder auf dieses Urteil stützen!

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Möglich ist das aber!)

Der Gleichheitsgrundsatz, so die Verfassungsrichter, verpflichtet den Staat auch nicht, potenziell gleiche Drogen auch gleich zu behandeln; potenziell deshalb, weil bestimmte Seiten immer wieder argumentieren, dass Alkohol genauso so gefährlich oder noch gefährlicher sei. Jedenfalls verstößt es nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz, Alkohol zuzulassen und Cannabis und Marihuana zu verbieten. Das ist eine verfassungskonforme Praxis, an der wir als CDU festhalten werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU – Abg. Frau A h - r e n s [CDU]: Mit dem Gleichheitsgrund- satz haben sie das nicht so!)

Letztlich möchte ich auf Ihren dritten Punkt eingehen, die staatliche Kontrolle illegaler Drogen, das sogenannte Drug-Checking. Hier bin ich ganz bei Frau Dr. Kappert-Gonther: Wer wohl wissend illegale Drogen zu sich nimmt, trägt auch die Verantwortung für die gesundheitlichen Schäden, die daraus resultieren! Die Verpflichtung des Staates erschöpft sich darin, Menschen darüber aufzuklären, wie gefährlich diese illegalen Drogen sind. Eine darüber hinausgehende Aufgabe des Staates, eine Qualitätskontrolle für illegale Drogen zu organisieren, sehen wir nicht.

(Zuruf des Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/ Die Grünen])

Deswegen, meine Damen und Herren, lehnen wir Ihren Antrag in Gänze ab. – Danke schön!

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege, möchten Sie noch eine Frage der Kollegin Frau Dr. Kappert-Gonther beantworten?

Bitte, Frau Kollegin!

Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass ich mich ausdrücklich für das Drug-Checking ausgesprochen habe?

Ich meinte in Bezug auf die Selbstverantwortung von volljährigen Menschen.

(Abg. Frau D r. K a p p e r t - G o n t h e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja, genau! Dafür brauchen sie aber entsprechende Informa- tionen, so ging zumindest meine Argumen- tation, das wollte ich hier nur noch einmal klarstellen!)

Okay, aber ich habe mich mit dem gleichen Argument gegen Drug-Checking ausgesprochen!

(Beifall bei der LINKEN – Abg. Frau D r. K a p p e r t - G o n t h e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Richtig, aber Sie haben mich da mit einbezogen, deshalb wollte ich nur noch einmal deutlich sagen, dass wir da unter- schiedliche Meinungen haben!)

Entschuldigung, alles klar!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Vogt.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will eigentlich nur auf zwei, drei Aspekte eingehen. Zum einen bin ich Ihnen natürlich noch unser Abstimmungsverhalten schuldig, was den gestern eingereichten Antrag betrifft. Die Freigabe von Cannabis zu medizinischen Zwecken werden wir selbstverständlich mittragen. Wir unterstützen auch auf Bundesebene gerade eine entsprechende Petition. Ich hoffe auch, dass sich darüber vielleicht noch am schnellsten etwas bewegt, weil es immer etwas mühselig ist, über den Bund zu gehen.

Ich möchte aber trotzdem noch einmal zwei, drei Punkte ansprechen, weil der Beitrag hier vielleicht doch ein bisschen wirr war, vor allem von Ihrer Seite. Ich habe die CDU ehrlich gesagt nicht ganz verstanden. Erst dachte ich, sie will nicht nur Cannabis in die Debatte mit einbeziehen, weil es eine Modedroge ist, das finde ich völlig in Ordnung – ich möchte auch gern über alle Drogen und die Folgen reden, wie man möglichst viel verhindern kann und ob die Kriminalisierung und das Betäubungsmittelstrafrecht an dem Punkt richtig sind –, aber dann haben Sie etwas ganz anderes gesagt. Ich hatte dann den Eindruck, Sie würden auch gern die legalen Drogen mit einbeziehen und diese auch noch kriminalisieren, aber darüber können Sie mich vielleicht noch einmal aufklären.

(Abg. D r. Y a z i c i [CDU]: Das habe ich nicht verstanden!)

Ich fand es jedenfalls nicht so ganz stringent, und Sie haben sich in Ihrem Redebeitrag auch zum Teil widersprochen.

Ich möchte noch einmal auf den Jugendschutz eingehen. Es werden immer ein paar Sachen durcheinandergeworfen. Natürlich ist es nicht mein Fernziel – und so habe ich auch Frau Dr. Kappert-Gonther verstanden –, dass diese Drogen dann nach wie vor illegal bleiben, sondern es geht natürlich darum, dass sie irgendwann legal sind. Man hat dann zweierlei Möglichkeiten, das auf den Weg zu bringen, und ich glaube, mit Modellversuchen, wie sie übrigens gerade in anderen Städten auch laufen – in Berlin, Frankfurt und, ich glaube, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, in Köln wird das gerade geprüft –, hätten wir schon eine gute Grundlage.

Ich möchte Ihnen auch einmal verdeutlichen, was das Problem bei dem Jugendschutz ist. Natürlich wäre auch bei einer Freigabe von Drogen – und lassen wir es jetzt einmal bei Cannabis bewenden, reden wir einmal nicht über die anderen –, also bei einer Entkriminalisierung und einer Legalisierung, so ähnlich wie bei Alkohol oder Nikotin, ganz klar, dass der Jugendschutz gewahrt bleiben muss, unter 18 Jahren wird nichts verkauft. Natürlich kann man das umgehen. Mir ist auch erkennbar, dass man Nikotin und Alkohol erwerben kann, wenn man nicht 18 Jahre alt ist. Es geht mir aber um die Prävention, und ich möchte einmal ganz deutlich machen, worum es eigentlich geht.

Ein Jugendlicher, der illegale Drogen probiert, ist ja nicht sofort ein richtiger Konsument, sondern er probiert es einmal. Diese Jugendlichen werden im Zweifelsfall zu Hause nicht darüber reden, zumal dann nicht, wenn ihr Elternhaus sich sehr eng an Gesetzesvorgaben orientiert. Elternhäuser sind ja unterschiedlich, manchmal trauen sich ja Kinder auch nicht, darüber zu reden, wenn sie Alkohol getrunken haben, aber überwiegend tun sie das schon. Zumindest nach meiner Erfahrung mit allen Menschen – Freunden, Bekannten und Verwandten, die ich habe und die Kinder in unterschiedlichen Altersstufen haben – waren alle irgendwann einmal jugendlich.

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Ist das so?)