Protokoll der Sitzung vom 17.12.2014

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist 12.57 Uhr, wir treten jetzt in eine Mittagspause bis 14.30 Uhr ein.

Ich unterbreche die Sitzung.

(Unterbrechung der Sitzung um 12.57 Uhr)

Vizepräsident Ravens eröffnet die Sitzung wieder um 14.30 Uhr.

Meine Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Land- tag) ist wieder eröffnet.

Auf der Besuchertribüne begrüße ich recht herzlich eine CDU-Besuchergruppe der Senioren Union

aus Bremerhaven und Studierende der Hochschule für öffentliche Verwaltung – Fachrichtung Risikomanagement.

Seien Sie herzlich willkommen in unserem Hause!

(Beifall)

Wir setzen die Tagesordnung fort.

Gesetz zur Änderung des Bremischen Gesetzes zur Sicherung von Tariftreue, Sozialstandards und Wettbewerb bei öffentlicher Auftragsvergabe (Tariftreue- und Vergabegesetz)

Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen vom 21. November 2014 (Drucksache 18/1645) 1. Lesung

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Dr. Heseler.

Die Beratung ist eröffnet.

Als Erstes rufe ich auf Herrn Kollegen Kottisch.

Herr Präsident, meine sehr geehrte Damen und Herren! Im März 2013 haben wir den Antrag „Einrichtung einer zentralen (Service-) Stelle für öffentliche Vergaben“ hier im Hause einstimmig beschlossen. Diesem Antrag war im Dezember 2012 eine Anhörung zur Vergabepraxis vorangegangen, und diese Anhörung verdeutlichte, dass die überwiegende Mehrzahl der dort Beteiligten einer Einrichtung einer solchen zentralen Servicestelle sehr positiv gegenüberstand.

Sie sehen, wir haben es uns nicht ganz einfach gemacht. Wir haben, bevor wir den Antrag eingebracht haben, die entsprechend Betroffenen befragt, haben eine Anhörung mit ihnen durchgeführt und – so glaube ich – eine gründliche Arbeit geleistet. Ich freue mich, dass Frau Sokol, die Leiterin unseres Rechnungshofs, hier ist, die sowohl in der Anhörung als auch in Gesprächen danach einbezogen war.

Seit März 2013 sind also nach einstimmiger Beschlusslage hier im Hause seitens des Senats diverse Vorarbeiten geleistet worden. Es sind einige gute Voraussetzungen geschaffen worden. Wir meinen, wir sind soweit, dass wir das zugegebenermaßen komplexe Anliegen jetzt angehen können.

Um die Erreichung dieses Ziels zu beschleunigen und da es am Ende sowieso einer Gesetzesinitiative bedarf, haben wir diesen Schritt nun vorweggenommen und schlagen Ihnen eine Änderung des Bremischen Gesetzes zur Sicherung von Tariftreue und Wettbewerb bei öffentlichen Vergaben vor. Wir kommen so auch und insbesondere dem Wunsch der Wirtschaft nach und sehen im Fokus insbesondere kleine Mittelbetriebe, die hierüber angesprochen

werden. Ich möchte erwähnen, dass wir eng zusammengearbeitet haben sowohl mit der Kreishandwerkerschaft als auch der Handwerkskammer. Nicht unerwähnt bleiben soll an dieser Stelle das Engagement der Bauverbände.

Ich halte in meiner Hand eine Einladung zu einer Veranstaltung, die geheißen hat: Einrichtung einer zentralen Vergabestelle im Lande Bremen. Diese Einladung stammt aus dem Jahre 2000. Unterschrieben haben der Bauindustrieverband Bremen, Nordniedersachsen e. V., Herr Dr. Bayer – damals schon –, der Verband Baugewerblicher Unternehmer im Lande Bremen e. V., Herr Smieja, und – last, but not least – die IG Bauen-Agrar-Umwelt, und dort unser Kollege Wolfgang Jägers, dem ich für sein jahrelanges Engagement danke.

Mit der Einführung einer zentralen Service- und Koordinierungsstelle für Vergaben wollen wir nun endlich die Verfahren für die Betriebe vereinfachen, vereinheitlichen, transparenter, verbindlicher und damit auch schneller gestalten. Die Vergabe von Dienstleistungen haben wir zunächst ausgeklammert. Das ist folgender Tatsache geschuldet: Eingangs sagte ich schon, das Thema insgesamt ist sehr komplex, allein dadurch, dass sehr viele Ressorts eingebunden sind, sehr viele Vergabestellen Berücksichtigung finden müssen. Insofern haben wir die Dienstleistungen aufgrund des noch höheren Komplexitätsgrades in diesem Bereich außen vor gelassen. Wir warten jetzt erst einmal ab, welche Erfahrungen wir bezüglich der Umsetzung dieser Gesetzesänderung machen und widmen uns dem Thema dann erneut. Das – das ist jetzt keine Drohung, sondern ein Versprechen – machen wir genauso hartnäckig, wie wir, insbesondere mein Kollege Ralph Saxe und ich, das bis zu diesem Zeitpunkt getrieben haben. Insofern bitten wir Sie hier heute um die Zustimmung zu unseren Antrag. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Kollege Saxe.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das ist ein sperriges Thema. Das weiß ich. Ich freue mich trotzdem, dass sich das hier jetzt so viele anhören und dass ab und zu Beifall erklingt. Das ist komplex. Das hat Herr Kottisch erzählt. Das ist eine sehr lange Geschichte. In meiner ersten Legislaturperiode hat mich das quasi von Anfang an, nämlich von der Diskussion über die Wertegrenzen bis jetzt zur ersten Lesung, begleitet. Ich freue mich, dass wir so hartnäckig gewesen sind.

Ich danke ausdrücklich den Koalitionsfraktionen, die immer hinter uns gestanden haben. Teilweise stand auch die CDU hinter uns. Ich glaube, dass es

sich gelohnt hat, dass wir sehr hartnäckig gewesen sind.

Mit der vorliegenden Gesetzesänderung zur Einrichtung einer zentralen Service- und Koordinierungsstelle für Bauleistungen im geltenden Tariftreue- und Vergabegesetz wollen wir zwei Ziele erreichen. Einerseits sollen die einheitlichen Formulare und Abläufe bei Ausschreibungen und Vergaben von Bauleistungen allen Handwerkern und Baufirmen vor allen Dingen aus dem Mittelstand bessere Ausgangsbedingungen geben, sich am Wettbewerb um öffentliche Mittel zu beteiligen. Das ist nicht nur ein bisschen, sondern schon ein ganz schöner Brocken, mit dem wir es da zu tun haben.

Eine Rigipswand ist eine Rigipswand. Weshalb soll die Ausschreibung dafür jedes Mal neu in dieser Stadt, in unseren beiden Städten, neu entwickelt und erfunden werden, wenn im Kindergarten, in der Schule, in der Verwaltung die gleiche Rigipswand aufgestellt wird?

Möglichst vergleichbare Ausschreibungspapiere für vergleichbare Produkte war das Ziel. Das wünschen wir uns. Das wünscht sich der Mittelstand in der Baubranche. Wir haben viele Gespräche darüber geführt. Es war ein langer Weg. Der Wunsch gerade bei den Handwerkern, dass eine Verbesserung passiert, ist groß. Seit über zweieinhalb Jahren drehen wir uns gemeinsam mit der Verwaltung und den Interessenvertretern von Bau und Handwerk um die Umsetzung einer Vergabevereinfachung mit Rechtssicherheit.

Ich muss auch ein bisschen Kritik hineinbringen. Frau Grotheer hat zwar gesagt, ich darf kein Wasser in den Wein gießen –

(Abg. Frau D r. S c h a e f e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Das wäre geschäftsschädi- gend!)

deshalb habe ich das jetzt auch nicht gesagt –, aber ich muss auch sagen: Das hat sehr lange gedauert. – Bitte?

(Abg. Frau D r. S c h a e f e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Das wäre geschäftsschädi- gend!)

Ja, das wäre geschäftsschädigend, gerade in dieser Zeit.

Wir haben zweieinhalb Jahre daran gearbeitet. In der Anhörung – wie Andreas Kottisch berichtet hat – gab es von allen positive Äußerungen, auch von der Verwaltung. Deshalb nimmt es schon Wunder, dass so etwas so lange dauert. Es nimmt auch Wunder, wenn wir, nachdem wir diese Beschlüsse gefasst haben, an einigen Punkten doch feststellen müssen, dass es sehr schwierig war, sich mit mehreren Ressorts zu einigen. Ich will den Antrag „Fit für die Vergabe“ nennen. Ich habe bis heute keine Rückmeldung, was da

mit eigentlich passiert. Es geht nur um Vereinfachungen. Aber manchmal antworten die Ressorts nicht. Dafür sind wir dann da. Es ist auch unsere Aufgabe als Parlamentarier, dafür zu stehen, dass wir das, was wir anstoßen, auch umgesetzt sehen wollen – oder zumindest, dass mit uns darüber gesprochen wird, warum irgendetwas nicht geht. Das ist hier stockend passiert. Es ist nicht so gewesen, dass wir nicht im Gespräch miteinander gewesen sind. Es hat diverse Runden gegeben.

Ich muss zu dem Anspruch, dass das bis zum 1. Mai umsetzen, Folgendes sagen: Wenn wir jetzt bei null anfingen, wäre das ein Wolkenkuckucksheim. Wir sind aber sehr viel weiter. Es ist viel Überzeugungsarbeit geleistet worden – auch von den Kolleginnen und Kollegen in diesem Hause mit der Verwaltung. Es sind viele überzeugt worden. Ich denke, wir sind auf einem sehr guten Weg, dass das zum 1. Mai wirklich klappen wird.

Ich wünsche mir für die Zukunft, dass der direkte Dialog mit unseren befreundeten Ressorts besser funktioniert, dass wir ständig im Gespräch bleiben, auch wenn es hakt, und dass wir, wenn man etwas nicht umsetzen will oder es Teilblockaden gibt, gemeinsam versuchen, die Steine aus dem Weg zu räumen.

Heute machen wir den Schritt – und darüber bin ich sehr froh –, dass wir diesen großen Stein erst einmal ins Rollen bringen und es am 1. Mai losgehen kann. – Ich danke dafür!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Bernhard.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Einrichtung einer zentralen Vergabestelle ist ja, wie dargestellt, schon länger in Arbeit. Mit dem vorliegenden Gesetz ist allerdings nur ein begrenzter Ausschnitt erfasst, eigentlich wurde das ja anders diskutiert und war weiter gefasst. Jetzt haben wir die Situation, dass die Vergabe von Bauleistungen betroffen ist, aber Liefer- und Dienstleistungen ausgenommen sind, das heißt letztlich, dass Grundlage hier nicht die VOL, sondern die VOB ist.

Wir finden die Einrichtung einer Zentralen Vergabestelle selbstverständlich gut. Viele Kommunen praktizieren das inzwischen, das verbessert vor allem die Rechtssicherheit, und es wird außerdem getrennt zwischen der Organisation des Verfahrens und den eigentlichen Vergabeentscheidungen, die hier bei der jeweiligen öffentlichen Stelle bleiben. Diese entscheidet weiterhin, was es sein soll und welche Bedingungen und Anforderungen vorgegeben werden.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal einschieben, dass das Vergaberecht ein dicker Brocken ist. Wenn wir uns ein wenig mit den Verwaltungen auseinandersetzen, wundert es mich in keiner Weise, dass es sehr schwierig ist, das in den Ressorts einigermaßen abzustimmen und umzusetzen. Das Vergaberecht hat sich in den letzten Jahren sehr verkompliziert. Wenn wir uns ansehen, was sich inzwischen insbesondere auf EU-Ebene hinsichtlich der Bedeutung von Vergabe verändert hat, kann man es eigentlich gar nicht hoch genug einschätzen, dass wir dem hier auf der anderen Seite mit Rechtssicherheit und Vereinfachungen versuchen, gegenzusteuern.

Ich fand es ganz interessant, dass andere Kommunen auch zusätzliche Serviceangebote geschaffen haben wie ein einheitliches Webportal oder einen Vergabe-Newsletter, da gibt es ganz schöne Dinge. Ich finde es insbesondere für die Handwerksbetriebe durchaus nützlich, sich so etwas auf diesem Weg aneignen zu können.

Ich habe schon gesagt, dass es sehr kompliziert geworden ist. In der letzten Zeit sind vor allem aber auch die Rechte für die Bieter enorm gestärkt worden, so besteht die Möglichkeit des Einklagens, wenn die Vergabevorschriften verletzt worden sind et cetera, das ist insgesamt sehr komplex. Sehr lange gab es in Deutschland gar keine Vergabevorschriften, keine subjektiven Rechte, wenn man so möchte, das ist auch erst in den letzten Jahren entsprechend verändert worden. Das kostet viel Zeit und viel Geld.

Die öffentliche Hand muss diese Verfahren einhalten, und mir drängt sich in diesem Zusammenhang schon die interessante Frage auf, welches Personal uns mit welchen Kompetenzen dafür zur Verfügung steht, wenn wir so eine Stelle einrichten. Weil das Vergabeverfahren, wie gesagt, so komplex ist, werden auch hohe Anforderungen an die Personen gestellt, die die Aufgaben der zentralen Vergabestelle umsetzen sollen. Ich kenne das insbesondere auch im Zusammenhang des Zuwendungsrechts: Wenn innerhalb des Zuwendungsrechts Vergabevorschriften und deren Einhaltung geprüft werden müssen, zwingt dies die Zuwendungsempfänger auch immer weitgehend in die Knie, und ich finde es in dem Zusammenhang ganz spannend, weil man auch sagen muss, das müsste man als Serviceleistung, wenn wir das weiterhin beibehalten und umsetzen wollen, mit im Auge behalten.

Es ist ja so, dass in Deutschland über öffentliche Vergabestellen jährlich 350 Milliarden Euro vergeben werden, das ist eine Menge Geld, in der EU sind es sogar zwei Billionen Euro. Das ist eine enorme Marktmacht, die auch dahinter steht. Es heißt auch, dass wir hier ein großes Gestaltungspotenzial haben und dort Tarifbindung, soziale und ökologische Vorgaben mit hineinnehmen können. Wir dürfen uns auch keine Illusionen darüber machen, dass es bei solch enormen Beträgen natürlich auch eine massive Lob

byarbeit gibt, insbesondere auch auf EU-Ebene. Das alles ist dort letztendlich mit zu reflektieren.

Ich finde, wir müssen es begrüßen, dass wir hier einen ersten Schritt unternehmen. Ich fände es wichtig, auch den anderen Bereich der Dienstleistungen und Leistungen miteinzubeziehen und dies letztendlich auch darauf auszuweiten. Insofern unterstützen wir dieses Gesetz. – Herzlichen Dank!