Protokoll der Sitzung vom 18.12.2014

Als Nächste erhält Frau Kollegin Vogt das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mir eben noch ein paar Dinge notiert, die ich geraderücken will. Zum einen: Frau Schön, ich weiß nicht, wer vom Abrissunternehmen oder -bagger gesprochen hat. Ich habe das Wort hier heute nicht gehört. Ich habe auch nicht von einem Kürzungsplan geredet, ich habe von einem Wissenschaftsabbauplan gesprochen und damit die Terminologie der Studierenden übernommen, weil sie nämlich zutrifft. Ich möchte das an zwei oder drei Sachen deutlich machen. Sie haben gesagt, Sie hätten die Mittel für die Universität und die Hochschulen von 301 Millionen auf 318 Millionen Euro erhöht. Das ergibt ein Plus von 17 Millionen. Simpel gerechnet stimmt es, aber wie bei allem kommt es auf den Dreisatz an. Der heißt nämlich, nicht nur die Inflationsrate mit einzuberechnen, sondern man muss da auch einbeziehen, dass die Universität Bremen seit Jahren jährlich ein Defizit von 8 Millionen bis 10 Millionen Euro vor sich herschiebt, die mit der Reduzierung der Wissenschaftsfinanzierung aus dem Jahr 2007 verbunden ist, und dass die Hochschule Bremen seit Jahren circa fast 1 000 Studienplätze nicht richtig ausfinanziert hat und

das übrigens einer der Gründe ist, weshalb die Betreuungsrelation an der Hochschule Bremen vom Wissenschaftsrat zu Recht moniert worden ist.

Wenn man insofern sagen würde: Wir finanzieren Hochschule und Universität vernünftig aus, dann reichen diese 17 Millionen natürlich bei Weitem nicht aus. Es ist natürlich schön, dass da wenigstens ein Inflationsausgleich erfolgt ist, aber – wie gesagt – das strukturelle Defizit ist nicht ausgeglichen worden und die Hochschulsituation wurde auch nicht verbessert.

Weiterhin, wenn ich mir den Wissenschaftsplan 2020 vornehme, finde ich da folgende Worte: Die Tarifsteigerungen bis 2020 sind in die Zuwendungen und Zuschüsse nicht mit einberechnet. Dann heißt es: Die Einhaltung der bis 2020 beschlossenen Personalvolumina – sprich: den Personenschlüssel und die Stellen, die da vorgegeben worden sind – setzt einen Ausgleich der Tarifsteigerungen in den jeweiligen Haushaltsberatungen voraus.

Liebe Kolleginnen, sehr geehrte Damen und Herren, in der letzten Legislaturperiode habe ich hier zwei Haushaltsberatungen mitbekommen, und ich weiß auch, was gerade in der Frage von Tarifsteigerungen hier immer los war. Ich weiß auch, dass in der ersten Haushaltsberatung, an der ich teilgenommen habe, zum Beispiel die Tarifsteigerungen an Universität und Hochschulen eben nur teilweise und nicht vollständig wiedergegeben worden sind, deshalb können sich Universität und Hochschulen mit Sicherheit nicht gewiss sein, dass sie die Tarifsteigerungen tatsächlich auch in die Haushalte eingestellt bekommen.

Ich komme aber noch einmal darauf zurück, weil Sie, Frau Senatorin Dr. Quante-Brandt, eben gesagt haben, dass die Geisteswissenschaften ja gestärkt werden würden. Nein, das werden sie eben nicht, und das war doch tatsächlich zumindest für die Universität ein ganz klarer Auftrag des Wissenschaftsrats! Ich habe es eben gesagt, die Universität Bremen hat gestern versucht zu beschließen, Kürzungen über 550 000 Euro in den Fachbereichen 05, 08 und 09 durchzusetzen. Wie gesagt entspricht das 100 Vollzeitstellen, und die Fachbereichen 08 und 09 sind die Studiengänge Sozialwissenschaften – übrigens Teil der Exzellenzinitiative – und Kulturwissenschaften. Das ist genau der Bereich der geisteswissenschaftlichen Studiengänge, den der Wissenschaftsrat gestärkt sehen wollte, genau dort wird nun gekürzt, die Institute sind hier mehrfach genannt worden.

Bei der Hochschule Bremen sieht es im Übrigen ähnlich aus. Wenn man sich die Prüfaufträge anschaut – VWL, Journalistik, Freizeitwissenschaften und Tourismus –, sind es die gesellschaftswissenschaftlichen Bereiche, und folgerichtig hat die Hochschule schon beschlossen, den Internationalen Studiengang Volkswirtschaftslehre zu schließen, über den Studiengang Journalistik möchte sie dann im Januar beschließen. Das heißt natürlich, dass die Hochschule dort Studiengänge schließt, bei denen sie nicht damit rechnen

kann, durch die Wirtschaft Drittmittel zu generieren. Das ist ja genau das Problem, weshalb wir inzwischen in ganz Deutschland eine Hochschullandschaft haben, in der geisteswissenschaftliche und gesellschaftspolitische Studiengänge abgebaut wurden.

Wer das einmal in der Praxis erlebt hat – ich habe es nun am eigenen Leib erfahren müssen, mein Sohn möchte gern Soziale Arbeit studieren –: Die Studiengänge sind überall abgebaut worden, vor allen Dingen in Norddeutschland. Es gibt Wartezeiten von bis zu 19 Semestern – zugegeben nur in Leipzig, aber selbst an der Hochschule Emden liegt die Wartezeit bei 12 Semestern –, und die Hochschulen haben einen durchschnittlichen Numerus clausus von 1,1 bis 1,5, weil sie so überlaufen sind und so viele Studienplätze abgebaut wurden. Das ist doch genau das Problem, und da wollte auch mit Sicherheit der Wissenschaftsrat nicht, dass da weiter die Axt angelegt wird.

Ich sehe diese Entwicklung mit großer Sorge, weil die Hochschulen, wenn sie zu Kürzungen und Schließungen gezwungen sind, genau die Studiengänge schließen werden, bei denen sie nicht Geld von wirtschaftsnahen Unternehmen oder von Forschungseinrichtungen wie der DFG bekommen, und das sind nun einmal geisteswissenschaftliche oder gesellschaftspolitische Studiengänge. Somit verarmen wir insgesamt in der Bundesrepublik in Bezug auf die Wissenschaft. – Danke!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Dr. Güldner.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Kollegin Vogt, es gibt ja viele Momente in dem Haus, wo Sie sich aufregen, ganz oft geht es mir auch so, dass ich denke, zu Recht, und wo ich es auch gut finde, dass Sie das tun.

Jetzt ging es mir so, dass es mich aufregt, was Sie die ganze Zeit in der Debatte versuchen. Sie sind wahrscheinlich politisch damit groß geworden, dass es politisch nur Kahlschlag und Rotstift gibt. Wenn es 20 Millionen Euro mehr sind, dann ist es für Sie immer noch Kahlschlag und Rotstift, wenn es die Exzellenzinitiative ist, ist es für Sie immer noch Kahlschlag und Rotstift, wenn es der Hochschulpakt ist, dann ist es Kahlschlag und Rotstift, und wenn BAföG-Mittel hinzukommen, ist es Kahlschlag und Rotstift,

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Konzen- trieren Sie sich doch einmal darauf, was ich sage!)

und wenn diese Koalition die Tarifsteigerungen übernimmt, dann ist es auch Kahlschlag und Rotstift.

(Unruhe – Glocke)

Das ist ehrlich gesagt so armselig,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

das ist eine so armselige Politik, dass man es überhaupt nicht verstehen kann!

Sie ignorieren einfach, dass es in dieser Rechnung ein Minus und ein Plus gibt, und Sie zählen das Minus auch noch falsch auf, das es teilweise gar nicht gibt, und das Plus ignorieren Sie einfach!

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Polemik bis zum geht nicht mehr!)

Daraus bilden Sie dann ein Saldo, und dann sagen Sie Kahlschlag und Rotstift!

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Natürlich!)

Ehrlich gesagt, die Studierenden haben wirklich auch einen Grund zu protestieren und zu diskutieren, und sie machen es, und das auch auf eine akzeptable Weise, aber was Sie hier als Abklatsch des Studierendenprotests geliefert haben, war wirklich ziemlich erbärmlich!

(Abg. Frau V o g t [DIE LINKE]: Nein!)

Es tut mir leid, ich musste mich auch einmal aufregen, Entschuldigung! – Danke!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Zu einer Kurzintervention erhält das Wort die Abgeordnete Frau Vogt.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Dr. Güldner, dass Sie mir hier Worte in den Mund legen, die ich in der ganzen Debatte nicht gebraucht habe, ist Ihr gutes Recht, Sie bringen immer diese Polemik! Allerdings muss ich Sie einfach einmal darauf hinweisen, dass Sie sich bitte einmal die Controllingberichte und die Jahresabschlüsse der Hochschuleinrichtungen anschauen sollten, dann wüssten Sie, dass ich recht habe und dass die Universität, seit ich im Parlament bin jedes Jahr ein Defizit von acht bis zehn Millionen Euro ausweist!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Die Rechnung, die Sie aufmachen, ist einfach gelogen!)

Wenn Sie das ignorieren wollen, können Sie das machen, das ist aber fahrlässig!

(Beifall bei der LINKEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Mitteilung des Senats, Drucksache 18/1516, Kenntnis.

Auswirkungen der Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TiSA auf das Land Bremen

Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE vom 9. September 2014 (Drucksache 18/1542)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 11. November 2014

(Drucksache 18/1618)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Dr. Heseler.

Ich gehe davon aus, Herr Staatsrat Dr. Heseler, dass Sie die Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE nicht mündlich wiederholen möchten.

Ich frage, ob in eine Aussprache eingetreten werden soll. – Das ist der Fall.

Die Aussprache ist eröffnet.

Als Erster hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Mai 2014 hat dieses Haus einen Antrag verabschiedet, in dem sich die Bremische Bürgerschaft ausgesprochen kritisch mit den zu erwartenden und gerade verhandelten sogenannten Freihandelsabkommen auseinandergesetzt hat.

Schon bei den ganzen Abkürzungen wird einem irgendwie ein bisschen schwindelig, sie heißen CETA, TTIP, TiSA. Das ist bei solchen Verhandlungen offensichtlich gang und gäbe, und manchmal habe ich Schwierigkeiten, die Dinge auseinanderzuhalten. TTIP ist ein Freihandelsabkommen, das Europa mit den USA verhandelt, CETA ist ein Freihandelsabkommen, das die EU mit Kanada nun zu Ende verhandelt hat, und es steht jetzt zur Ratifizierung an, und TiSA ist ein transatlantisches Abkommen, bei dem über 20 Staaten darüber reden, wie man eigentlich öffentliche Dienstleistungen in irgendeiner Weise liberalisieren kann.

Die Kritik an diesen Abkommen ist in vielen Fällen ähnlich, genauso, wie die Intention dieser Abkommen in vielen Fällen ähnlich ist. Deswegen fanden wir es richtig, einmal nachzufragen, ob wir in Bremen eigentlich wissen, wie sich diese Abkommen – insbesondere CETA-Abkommen, weil es schon zu

Ende verhandelt ist – hier konkret in der Region und in Bremen eigentlich auswirken. Ich muss sagen, das, was wir darüber wissen, ist, gelinde gesagt, dürftig.