bestritten, dass wir ein Einwanderungsland sind, aber es wird auch nicht mehr bestritten, dass diese Erkenntnis viel zu zögerlich und spät kam. Es wird auch nicht bestritten, dass in Frankreich die Integrati on nordafrikanischer Staatsbürgerinnen und -bürger nur unzureichend gelaufen ist und man sich dort auch nur unzureichend mit dem schweren kolonialen Erbe in diesen Ländern auseinandergesetzt hat. Es ist bekannt, dass es schwierig ist, jahrzehntelange falsche Weichenstellungen wieder zu korrigieren, und dennoch ist es eine der dringendsten Aufgaben, wenn wir nicht auf eine Polarisierung zulaufen wol len, die wir nicht mehr aushalten können. Pegida, Rechtspopulismus, antimuslimischer Rassismus auf der einen Seite und religiöser und gewalttätiger Fanatismus auf der anderen Seite, beide Seiten eint eines: eine Ablehnung liberaler Errungenschaften der Nachkriegszeit.
Damen und Herren, dies können wir so nicht stehen lassen, weil sich sonst die Lebensbedingungen für uns alle grundsätzlich ändern werden. – Ich danke Ihnen!
Damen und Herren! Über die Sicherheit in Deutsch land, über den Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Gewalt, über die Wachsamkeit der demokratischen Gesellschaft, über die Verteidigung von Freiheits- und Menschenrechten muss die Politik in Deutschland immer reden, auch über solche Stichworte, die wir heute gehört haben. Ich bitte aber darum, dass wir jedenfalls heute diese Debatte nicht davon übertönen lassen und aus dem Fokus verlieren, worum es uns vor allem gehen muss, nämlich um die Grundlagen unseres Zusammenlebens in Mitmenschlichkeit, in Respekt voreinander und in Toleranz. Das ist das Entscheidende, was dieser Entschließungsantrag ausdrückt, der heute vorliegt, und dazu will ich für den Senat erklären, dass wir selbstverständlich und in völliger Übereinstimmung diesen Entschließungs antrag unterstützen.
die Gegenwart lehren uns, dass Religionen für die Rechtfertigung von Gewalt missbraucht werden. Die Attentäter in Frankreich haben sich auf den Is lam berufen, und deswegen will ich auch an dieser Stelle sagen, dass die weit überwiegende Mehrheit der Muslime in Europa, in Deutschland und gerade auch in Bremen mit uns gemeinsam in Abscheu über
diese Verbrechen verbunden ist. Dafür möchte ich den Mitbürgerinnen und Mitbürgern muslimischen Glaubens in Bremen an dieser Stelle ganz herzlich danken, und ich weiß, dass sie das zum Ausdruck bringen wollen, gerade auch am nächsten Montag.
schen in Frankreich. Wir haben das vielfältig zum Ausdruck gebracht, auch in Schreiben und in Worten gegenüber den Vertretern Frankreichs in Bremen. Ich weiß, dass das sehr aufmerksam zur Kenntnis genommen worden ist, und ich übermittele Ihnen auch den Dank zum Beispiel der Honorarkonsulin von Frankreich in Bremen oder des Leiters des Insti tut Français in Bremen, die eine Veranstaltung auch gerade heute dazu durchführen.
deutlich, worum es in unserem Zusammenleben im Kern geht, nämlich um Respekt untereinander, um Toleranz, um Mitmenschlichkeit und eben auch, dass man Vielfalt und Vielfältigkeit aushalten muss. Wir müssen den Satz, die Freiheit des einen stößt sich im Raum mit der Freiheit des anderen, zu einem gewaltlosen und gutem Ausgleich bringen, das ist die ständige Aufgabe eines demokratischen Rechts staats und bedeutet eine ganz konkrete Auseinan dersetzung. Meinungen anderer mögen uns nicht gefallen, wir mögen sie für falsch halten, aber das Recht, diese Meinung zu sagen, ist ein Freiheits- und Menschenrecht, für das die Menschheit lange gekämpft hat. Das ist eine Errungenschaft, und diese Werte verteidigen wir, zu diesen Werten stehen wir, zu diesen Werten bekennen wir uns, und gerade auch in Bremen.
Am vergangenen Sonntag sind im Rathaus über 500 Menschen zusammengekommen. Das Rathaus war selten so gefüllt wie am vergangenen Sonntag, weil sieben Religionen gemeinsam für den Frieden gebetet haben, und zwar jeweils gewissermaßen mit dem Kern ihrer Religion. Der Kern einer jeden Religion ist der friedliche Umgang miteinander. Das ist der Kern, und deswegen haben Religionen nicht nur das Potenzial zum Missbrauch – das haben sie auch –, aber vor allem haben sie die Kraft und, ich sage ganz offen, auch die Schönheit, Menschen zusammenzuführen und zusammenzubringen. Das war ein wunderbares Beispiel, wie Menschen auch in Bremen den Dialog der Kulturen und der Religionen pflegen, und das wollen wir uns von niemand kaputt machen lassen, weder von Attentätern in Frankreich, noch von Menschen, die hier in Deutschland ihr poli tisches Süppchen kochen und Fremdenfeindlichkeit, Islamfeindlichkeit, Antisemitismus predigen und das Wort reden. Das werden wir nicht hinnehmen und gerade in Bremen nicht, meine Damen und Herren.
tig. Das eine ist Haltung zu zeigen, das ist gerade in dieser Zeit wichtig, aber das andere ist auch wichtig, die konkreten Taten, unser konkretes Handeln dort, wo wir mit Vielfalt konfrontiert sind. Vielfalt ist nicht immer leicht auszuhalten, Zuwanderung ist nichts, was einfach so möglich und gut wird, denn – das Wort Willkommenskultur ist hier schon genannt worden – es darf nicht zur Phrase werden, sondern muss gelebt werden. Deswegen heißt unser Aufruf auch, Bremen tut etwas! Wir wollen zeigen, dass wir handeln, dass wir den Parolen etwas entgegen setzen, nämlich unseren festen Willen und unsere konkreten Taten für ein gutes, für ein tolerantes Zusammenleben in Bremen. Darauf kommt es vor allem an. Lassen Sie uns das Zeichen von heute in ein konkretes Miteinander in unseren Stadtteilen in Bremen und Bremerhaven fortsetzen. – Vielen Dank!
Die Grünen)*): Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Ereignisse in Paris haben Europa erschüttert. Diese Untaten haben Wut aus gelöst, Hass, Ablehnung, aber auch millionenfache Solidarität und gemeinsame Trauer. Die große Mehr heit der Menschen hat über alle Grenzen der Kon fessionen, Nationen und Volkszugehörigkeit hinweg das Gemeinsame über das Trennende gestellt. Die Ereignisse haben aber auch in Europa Ratlosigkeit ausgelöst. Welche Bedeutung haben diese Verbre chen? Welche Konsequenzen müssen wir ziehen? Des Weiteren noch wichtiger, was können wir tun, um solche Gewalttaten in Zukunft zu verhindern?
drei Islamisten nicht isoliert zu betrachten sind. Es gibt mehr als vage Hinweise, dass sowohl die jeme nitische Al Kaida als auch der IS als Auftraggeber der Attentate beteiligt waren. In den Medien war viel von einer beispiellosen Terrorwelle die Rede, aber die Terrorwelle fand nicht nur an zwei Tagen in Frankreich statt. Die Terrorwelle ist seit Wochen und Monaten im Gang. Seit Dezember haben Islamisten in schier endloser Folge Gräueltaten begangen. 132 Schulkinder wurden in Peschawar ermordet, 150 Frauen in Al Anbar im Irak, 30 wehrlose Menschen in Nordkamerun, 2 000 Opfer in Baga in Nigeria, na hezu 100 in Gumbe in Nordnigeria, 20 davon durch einen Selbstmordangriff, zu dem ein zehnjähriges Mädchen gezwungen wurde, ganz zu schweigen von Hinrichtungen und Vergewaltigungen und mas
unsere Trauer, Trauer von 50 Regierungschefs, die öffentliche Erschütterung Europas verdient. Politiker sind immer schnell mit Erklärungen am Mikrofon. Es wird gesagt, es hat nichts mit dem Islam zu tun. Das ist natürlich Unsinn! Zu sagen, der gewalttätige Islamismus habe rein gar nichts mit dem Islam zu tun, ist, als sage man, die Kreuzzüge, die Inquisition, die Hexenverbrennungen haben nichts mit dem Christentum zu tun. Die Geschichte der Religionen lehrt uns, dass Religion, wenn man sie verabsolutiert, immer zu Gewalt führt. Was jedoch stimmt, ist, dass diese Gewalttaten und diese blutdürstige Auslegung des Islams nichts mit den Millionen friedliebenden und gläubigen Muslimen zu tun hat, die es auf die ser Welt gibt.
tischen Gräueltaten und lehnen sie auch wie jeder vernünftige Mensch auf dieser Erde ab. Europa ist auch deswegen ins Herz erschüttert, weil sich dieser Angriff gegen den Kern der demokratischen Wertordnung richtet, gegen die Meinungs- und Pressefreiheit. Ich möchte aber ausdrücklich sagen, meine Damen und Herren, dass dieser Angriff auch eine Attacke auf den Islam selbst ist. Weltweit wird der Islam pervertiert. Regime ebenso wie radikale Gruppen versuchen, die Anwesenheit Gottes auf Erden zu simulieren und scheinbar damit zu erzwin gen, indem sie rücksichtslose Gewalt über andere ausüben: Imame über Gläubige, Gläubige über Ungläubige, Männer über Frauen.
heit, vor der sich ein friedlicher und zukunftsträchtiger Islam schützen muss. Er muss es von innen heraus tun und nicht von außen erzwungen, weder durch den Druck der Straße noch durch staatliche Übergriffe oder Ausgrenzungen. Das bedeutet, dass hier auch die Muslime in besonderer Verantwortung stehen, weil auch in deren Namen diese Gewalt, diese Gräu eltaten verübt werden. Es ist eine innerislamische Auseinandersetzung notwendig, eine Auseinander setzung, die Muslime in der Lehre suchen müssen.
Islam sei ein Teil von Deutschland. Es ist die Religion einer auch in Zukunft noch wachsenden Zahl von Menschen in diesem Land, in unserem Land. Daran ist nichts zu ändern. Wer versucht, die Integrationspolitik mit der Islamdebatte unter Druck zu setzen, spielt ein gefährliches Spiel. Deutschland ist die Heimat für weit über vier Millionen Muslime. Die Heimat der Menschen darf man nicht in Konflikt mit ihrem eigenen Glauben bringen, sonst sät man Unfrieden, Abwendung vom Staat und letztlich die Gewalt, die wir alle verhindern wollen.
auf uns Frauen. In dem Islam, den Taliban, IS und Al Kaida wollen, dürfen Frauen nicht singen, nicht tanzen, sie dürfen nicht allein außer Haus gehen, nicht Auto fahren, nicht reisen, nicht selbstständig für sich entscheiden, keinen Beruf ausüben, erst recht keine Politik und, was das Schlimmste ist, nicht lernen. Wenn ich mir die Männer mit ihrem erhobenen Finger auf Videos oder im Fernseher an schaue, dann sehe ich, sie wollen eine Gesellschaft, in der die Männer herrschen und die Frauen ihre Sklavinnen sind. Jedes Messer, jeder Schuss aus der Kalaschnikow, jede Bombe, egal wen sie auch trifft, sie treffen uns als Frauen.
schaft junge Menschen zu gewalttätigem Islamismus hingezogen fühlen. Solange wir jungen deutschen Muslimen kein aufrichtiges Integrationsangebot machen, werden es Menschenfänger immer wieder schaffen, einige von ihnen auf ihre Seite zu ziehen und zu radikalisieren. Solange wir die muslimischen Gemeinden und Communities nicht als echte Partner annehmen, werden wir diese Radikalisierung nicht nachhaltig bekämpfen können.
la Pegida nachgeben. Wir müssen vorleben, dass das Symbol dieser freien demokratischen Gesellschaft der Bleistift ist und nicht das Gewehr. Wir müssen an dem Traum einer friedlichen Einheit festhalten, für den in diesen Tagen die Solidarität steht. I have a dream, es ist kein utopischer Traum! Er ist machbar, aber wir alle, gleich welcher Religion, müssen gemeinsam an seiner Verwirklichung arbeiten. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!
ehrter Herr Präsident, liebe Gäste, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte über ein Zitat sprechen, das mich in der letzten Woche sehr verwundert und auch sehr beeindruckt hat: „Jetzt beginnt Mut wieder etwas zu kosten, im schlimmsten Fall das Leben.“ Das hat Matthias Döpfner, der Vorstandsvorsitzende von Axel Springer gesagt. Ich habe den Satz in der persönlichen Betroffenheit natürlich sofort verstan den und dann gedacht, der Satz ist so aktuell und so pauschal Unsinn, auch weil er Angst macht und weil er eine Selbstverständlichkeit dramatisiert, denn in den Jahresbilanzen von Reportern ohne Grenzen stehen jedes Jahr etwa 100 getötete Journalisten und Tausende bedrohte oder drangsalierte Journalisten. In Saudi Arabien wird gerade ein Blogger dafür mit Peitschenhieben malträtiert, dass er bloggt, was er
denkt. Sprüche wie „Lügenpresse auf die Fresse“ gibt es auch in Deutschland nicht erst seit dem 7. Januar 2015. Lokalzeitungsbüros in Ostdeutschland werden schon seit Jahren mit Naziparolen beschmiert, terrorisiert und bedroht. Im vergangenen Herbst hat in Berlin ein Innensenator die Zuschüsse für das Maxim Gorki Theater kürzen oder streichen wollen, weil ihm da eine künstlerische Aktion politisch nicht gefallen hat.