Wir haben ein sehr striktes Schuldenregiment, eine Konsolidierungsvereinbarung mit dem Bund. Diese Konsolidierungsvereinbarung mit dem Bund sieht vor, in einem Zeitraum von zehn Jahren das Defizit zwischen Einnahmen und Ausgaben jedes Jahr um ungefähr 100 Millionen Euro zu reduzieren. Erstaunlicherweise, Herr Röwekamp, haben wir das in den letzten vier Jahren jedes Jahr – Jahr für Jahr, egal welches Theater die CDU hier aufgeführt hat – geschafft, und der Bund hat 300 Millionen Euro als Bonus dafür überwiesen.
Dann kann man sagen, ihr spart nicht genug, oder hier müsstet ihr an dieser Stelle noch mehr sparen. Ich fühle mich immer – ich habe das, glaube ich, schon einmal in einer Debatte gesagt – in solch einer Debatte wie im Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“: DIE LINKE sieht die verelendenden Massen durch Bremen marodieren, die CDU sieht auf der anderen Seite den Staatsbankrott nahen, und was ist passiert? Wir haben ein funktionierendes Gemeinwesen, über das man politisch diskutieren und dabei sagen kann, was man anders machen würde, aber, Herr Röwekamp, was mich wirklich langsam nervt, ist das Aufführen desselben Stücks! Sie sagen, ihr spart nicht genug, und jeder Ihrer Anträge und jeder der Redebeiträge der von mir sehr geschätzten Kollegen der CDU lautet: Gebt dort mehr Geld für Lehrer aus, gebt dort mehr Geld für die Polizei aus, baut dort mehr, spart hier weniger!
Das kann man als Opposition machen, wenn man sich im Wahlkampf befindet, aber irgendwann ist die Grenze der Lächerlichkeit einer solchen Positionsentwicklung erreicht! Für mich war sie vor zwei Tagen erreicht, als die CDU öffentlich verkündet hat, die Sanierung Bremens werde dadurch gelingen, dass die Große Koalition aus Rot und Grün auf den autofreien Sonntag verzichtet. Das ist absurd, was Sie hier zum Teil darbieten!
Deswegen, Herr Röwekamp, noch einmal der Dank. Ich fand es gut, mit Ihnen im Ausschuss zusammengearbeitet zu haben, ich finde diese Lösung, die wir hier gemeinsam gefunden haben richtig, sie wird auch tragen. Ich bitte Sie aber, werden Sie endlich oppositionsfähig, und machen Sie hier nicht solch ein Gehampel!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sache mit dem Stachel hat mich etwas amüsiert. Wir als Oppositionspartei fühlen keinen Stachel. Ich glaube, wir versuchen einer zu sein, und wir sind es an der richtigen Stelle!
Schuldenbremse! Ich finde, allein der Begriff ist irreführend. Er erzeugt eine Begrifflichkeit, dass man
sagt, man will langsam die Neuverschuldung beseitigen. Eigentlich ist es ein Neuverschuldungsverbot, keine Bremse,
(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Für den Bund ist er eine Bremse! – Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Zehn Jahre, also eine Bremse!)
Punkt zwei, Herr Dr. Kuhn, ich schätze Sie in vielen Debatten sehr, aber Sie müssen einfach einmal zur Kenntnis nehmen, dass eine Opposition, die gegen die Schuldenbremse ist, nicht befürwortet ohne Ende, grundlos und für alle Zeiten immer mehr Schulden anzuhäufen! Das wiederholen Sie hier regelmäßig,
und ich muss es hier regelmäßig widerlegen, weil es einfach so nicht wahr ist. Wenn wir sagen, wir finden diese Schuldenbremse nicht in Ordnung, wir finden sie falsch, dann heißt das nicht automatisch, dass man Schulden ohne Ende macht.
(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Schauen Sie sich doch einmal Ihre An- träge an! – Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Das ist so!)
Wir sind immer für eine sinnvolle und notwendige Form der Schuldenaufnahme, damit wir hier in Bremen Dinge finanzieren können, die wir dringend finanzieren müssen.
Meines Erachtens gibt es drei Mythen, auf denen diese ganze Argumentation aufbaut. Der erste Mythos ist, dass die Schulden deswegen entstanden sind, weil wir in der Vergangenheit eher unnütze Ausgaben verteilt haben, und jetzt könnte man diese unnützen oder eher überflüssigen Ausgaben einfach reduzieren, also ein Neuverschuldungsverbot aussprechen, es gibt genug Spielraum bei den Ausgaben, und schon ist das Problem gelöst!
Das ist natürlich Quatsch! Die Schulden der Vergangenheit sind überwiegend deswegen gemacht worden, weil wir hier ein Einnahmeproblem haben, das bis in die Jahre 2000 bis 2002 zurückreicht, und teilweise noch früher, bis zum Jahr 1992. Dieses Gemeinwesen ist chronisch unterfinanziert, um die notwendigen und sinnvollen Aufgaben zu erledigen. Das ist ein wesentlicher Grund dafür, dass es jetzt diese Schulden gibt.
Der zweite Mythos ist, dass man mit dieser Form der Schuldenbremse gesellschaftliche, wirtschaftspolitische und finanzielle Stabilität erreicht. Was man
erreichen kann, ist ein auf dem Papier ausgeglichener Haushalt – das kann gut sein, es ist offen, ob es bis zum Jahr 2020 funktioniert –, aber man kann damit keine gesellschaftspolitische Stabilität erreichen.
Wir haben hier gestern über den Armuts- und Reichtumsbericht diskutiert und festgestellt, dass sich bei vielen bedenkenswerten Indikatoren die soziale Lage vieler Bremerinnen und Bremer verschlechtert hat. Wir deklamieren nicht, Herr Tschöpe, marodierende Arme in Bremen, sondern wir stellen fest, dass der Armuts- und Reichtumsbericht dieser Regierung ausweist, dass die Armutsgefährdung größer wird, die Anzahl der Menschen, die arm sind, aussteigt und dass es an sehr vielen Ecken in Bremen einfach an Geld fehlt, um diese Probleme zu lösen – das möchten Sie bitte zur Kenntnis nehmen! –, und das ist keine gesellschaftliche Stabilität, und überhaupt keine Generationengerechtigkeit, das wissen Sie auch!
Langsam wächst die Erkenntnis in diesem Hause über das, was wir schon vor Jahren schon gesagt haben: Wenn wir nicht genug investieren, haben wir einen Investitionsstau, und dann müssen wir das auf andere Weise beheben. Wir müssen eben auch das Gemeinwesen an Straßen, Brücken und öffentlichen Gebäuden in Ordnung halten, und wir müssen genug Geld für Bildung ausgeben, damit die Menschen hier in Bremen auch gut ausgebildet sind, das sind ansonsten auch Schulden. Das sind dann andere Schulden, also keine finanziellen Schulden, Sie stehen nicht unmittelbar im Haushalt, aber Sie schaffen auf diese Weise weder Generationengerechtigkeit noch eine gesellschaftliche Stabilität.
Bei der Schuldenbremse ist es ungefähr so, als wenn Sie festgestellt haben, es ist unglücklicherweise ein Kind in den Brunnen gefallen und ertrunken, und als Konsequenz verbieten Sie jetzt das Trinken von Wasser
(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Nein, wir decken den Brunnen zu! Wir sichern den Brunnen!)
als eine Lösung für alle Zeit und dann schreiben Sie sie auch noch in die Verfassung. Wir wissen heute, wir haben zu wenig Geld für Schulen und Universitäten, wir haben zu wenig Geld für Lehrerinnen und Lehrer, und für die Instandhaltung von öffentlichen Gebäuden. Alles das erzeugen Sie weiter, Sie verschärfen diese Situation, wenn Sie den Menschen erklären, das Verbieten von Neuverschuldung löse Haushaltsprobleme und alle anderen Probleme ebenfalls. Vor allen Dingen schaffen Sie eines: Sie weichen von der Erkenntnis ab, dass man dieses Problem eigentlich nur durch gerechte Steuern lösen kann.
4. Dezember 2014 in der „Welt“ gesagt, Europa steuere auf eine Deflation zu, schuld seien Deutschland und seine Sparpolitik. Was wir momentan erleben, ist die zerstörerische Kraft schlechter Ideen, und diese zerstörerische Kraft schlechter Ideen schreiben Sie heute in die Verfassung. Das machen wir nicht mit! – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Debatte mit der LINKEN kommt mir ein bisschen vor wie in früheren Zeiten nach dem Motto, es gibt gute Schulden und schlechte Schulden. Ich glaube, diese Einteilung ist zwischenzeitlich vollkommen überholt. Es ist überhaupt nicht gut, Schulden zu machen, weil Schulden eben den Nachteil haben, mit Zinsen bedient werden zu müssen und dass sie irgendjemand bezahlen muss, Herr Rupp.
Diese Antwort bleiben Sie immer wieder schuldig: Wer soll die Schulden eigentlich bezahlen, die Sie zu den bestehenden zwei Billionen Euro Schulden noch zusätzlich aufnehmen wollen? Ich möchte nicht, dass künftige Generationen dafür auch noch aufkommen müssen.
Sehr geehrter Herr Tschöpe, ich finde es ehrlicherweise richtig gut, dass Sie sich über die CDU ärgern, weil es eigentlich das Schlimmste wäre, wenn Sie mit uns zufrieden wären. Ich verstehe unseren Job so, dass wir diese Regierung und diese Mehrheit kontrollieren müssen, und zu kontrollieren bedeutet immer Ärger. Wenn Sie uns attestieren, Sie hätten sich über uns geärgert, sage ich für die CDU, dann haben wir alles richtig gemacht.
Ehrlicherweise gestehe ich auch zu, ja, man kann über die Frage streiten, ob das, was wir jetzt in die Landesverfassung hineinschreiben, nicht nur rechtlich, sondern auch politisch inhaltlich notwendig ist. Da haben Sie ein wenig unterschieden und gesagt, das würde unsere Handlungsspielräume in Zukunft einengen, und ob das politisch klug ist, weiß ich nicht.
Ich will an dieser Stelle für die CDU-Fraktion ausdrücklich sagen, ja, wir finden es auch politisch richtig, das Parlament und künftige Parlamente, den Haus
haltsgesetzgeber, und künftige Senate zu binden, das Versprechen einzulösen, künftige Generationen nicht mit neuen Schulden zu belasten.
Ich finde das auch politisch überzeugend und politisch richtig. Das ist für uns in Bremen ein anstrengender Weg, den werden wir auch nicht allein bewältigen können, aber es gibt die große Einsicht, dass auch im Bund und in den Ländern die Bereitschaft besteht, Bremen auf diesem Weg nicht alleinzulassen, sondern zu unterstützen. Das, finde ich, ist das Zeichen dafür, es ist politisch richtig, es geht nur mit der Solidarität anderer. Ich bin froh, dass es diese Solidarität anderer auch unbeschadet der Diskussionen über die Bund-Länder-Finanzbeziehungen gibt, und ich bin ganz zuversichtlich, dass das, was wir rechtlich jetzt machen, auch politisch notwendig, aber eben auch mit Anstrengungen politisch erreichbar ist, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Damit sind wir bei dem dritten Punkt, den ich kurz ansprechen möchte! Ja, es kann sein, dass Sie der CDU-Fraktion immer wieder vorwerfen, dass unsere Haushaltspolitik nicht Ihren Erwartungen entspricht, aber es ist genauso wie bei meiner Eingangsbemerkung: Es kommt doch gar nicht darauf an, was Sie von unserer Haushaltspolitik halten, sondern es kommt darauf an, was Sie mit ihrer Regierungsmehrheit und mit dem Regierungsauftrag versehene Fraktionen und der Senat eigentlich mit der Ihnen übertragenen Verantwortung machen. Da kann man natürlich sagen, in den letzten vier Jahren hätten wir die 300 Millionen Euro immer bekommen, aber Sie haben zum Beispiel zu den Einwendungen des Stabilitätsrats nicht eine einzige Bemerkung gemacht.