Protokoll der Sitzung vom 10.12.2015

Zu Frage 2: Die Verteilkriterien und -verfahren sind bundesgesetzlich geregelt. Die konkrete Verteilung erfolgt nach dem Königsteiner Schlüssel auf die einzelnen Bundesländer und die von diesen benannten Kommunen. Probleme bei der Umverteilung sind bisher nicht aufgetreten.

Zu Frage 3: Von einer schleppenden Umverteilung kann keine Rede sein. Die administrativen Voraussetzungen für die Durchführung der Verteilverfahren sind rechtzeitig geschaffen worden. Nach den Regelungen des SGB VIII müssen die Jugendlichen dem aufnehmenden Jugendamt innerhalb eines Monats nach Beginn der vorläufigen Inobhutnahme übergeben werden. In einer Übergangsphase kann diese Frist um einen Monat verlängert werden. Die gesetzlichen Fristen werden durchweg eingehalten. – Soweit die Antwort des Senats!

Frau Kollegin Grönert, haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Frau Senatorin, gehen Sie bei einer Differenz von 77 zu etwas mehr als 300 davon aus, dass viele von den angemeldeten Flüchtlingen noch weitergegeben werden können, und wenn ja, von wie vielen gehen Sie aus?

Bitte, Frau Senatorin!

Wir haben geantwortet, dass wir zum Stichtag 2. Dezember 77 Jugendliche umverteilt haben. Ich habe hier noch eine aktuellere Zahl: Bis zum 6. Dezember waren es schon 100 unbegleitete

minderjährige Ausländer und Ausländerinnen. Die Jugendlichen werden nach dem Königsteiner Schlüssel auf die einzelnen Bundesländer verteilt. Wir achten auch darauf, dass die Ausschlusskriterien beachtet werden. Wir legen sie auch eng aus. Wir haben drei Jugendliche, bei denen Kindeswohlgründe gegen eine Umverteilung gesprochen haben, weil sie unter einer Altersgrenze gewesen sind. Drei Jugendliche hatten gesundheitliche Probleme. Wir werden diese Jugendlichen hierbehalten. Bei 24 Jugendlichen ist uns bereits die Familienzusammenführung gelungen. Das ist auch unser Ziel,

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

zu schauen, ob wir die Familien in Deutschland und anderswo in Europa finden und zusammenführen können. Bisher haben wir bei den Jugendlichen keinen Fristablauf und keine Verfristung gehabt.

Wir haben auf Bundesebene eine Regelung getroffen, die es uns möglich macht, dass wir entsprechend dem Königsteiner Schlüssel rund zehn Prozent der Jugendlichen hierbehalten. 90 Prozent der Jugendlichen werden umverteilt. Das ist die Regelung, die wir einvernehmlich getroffen haben. Ich freue mich, dass sich bisher nur 13 Jugendliche dieses Verfahrens entzogen haben. Wir stellen also auch fest, dass die jungen Leute nicht einverstanden sind und sich dann verweigern, aber wie gesagt, die anderen Landesjugendämter haben gute „Landeplätze“ für die Jugendlichen geschaffen. Ich bin froh, dass wir nicht weitere riesige Einrichtungen planen müssen. Es ist für die Jugendlichen besser, in kleineren Einrichtungen zu wohnen, eine angemessene Anzahl an Fachkräften zu haben, und es ist sehr gut, dass Niedersachsen uns dabei so gut unterstützt.

Frau Kollegin, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Wie viele Jugendliche werden nach Ihren Schätzungen in 2016 trotzdem bei uns bleiben?

Bitte, Frau Senatorin!

Dazu können wir noch keine Schätzung abgeben. Wir wissen nicht, wie viele Jugendliche kommen. Dazu bräuchte ich die seherischen Fähigkeiten, die ich mir in meinem Leben schon oft gewünscht habe, aber ich weiß nicht, ob das Fluch oder Segen wäre. Wir sind für die Jugendlichen zuständig, die zu uns kommen. Wir haben jetzt bundesweit ein Verfahren gefunden, das wir gemeinsam umsetzen. Das Kindeswohl steht auch bei diesen Regelungen an oberster Stelle.

Die Quoten sind gerade veröffentlicht worden. Bremen hat im bundesweiten Vergleich die Quote bei der Aufnahme von Unbegleiteten wirklich zu über

400 Prozent übererfüllt. Wir zerschellen an den Anforderungen, man kann es so drastisch sagen. Es ist gut, wenn wir für die Jugendlichen die Plätze finden, aber auch die anderen Länder und deren Kommunen mitmachen. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Frau Kollegin Grönert, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Sie haben soeben gesagt, Sie hätten keine hellseherischen Fähigkeiten. In der Vorlage für die Sozialdeputation steht aber, dass Sie davon ausgehen, dass im nächsten Jahr etwas mehr als 700 Minderjährige bei uns untergebracht werden müssen.

Bitte, Frau Senatorin!

Ja, das sind unsere Prognosen. Ich habe aber gestern schon gesagt, dass wir noch mit vielen Unbekannten arbeiten. Wir wissen nicht, wie sich die Krisenherde entwickeln. Nach wie vor kommen täglich Jugendliche hierher nach Bremen. Die Zahl 700 ist eine realistische Annahme. Im letzten Jahr haben wir im Land Bremen 495 Jugendliche aufgenommen. Das ist aber ein Wert, den wir jetzt in kürzerer Zeit erreichen. Dafür benötigen wir nicht mehr ein ganzes Jahr. Wir meinen, dass wir dann 700 Jugendliche aufnehmen.

Frau Senatorin, eine weitere Zusatzfrage stellt die Abgeordnete Frau Leonidakis. – Bitte, Frau Kollegin!

Frau Senatorin, können Sie sagen, wo die 13 Jugendlichen sind? Hat die Behörde noch Kontakt zu denen, die sich der zwangsweisen Verteilung nicht unterworfen haben?

Bitte, Frau Senatorin!

Nein, das wissen wir nicht. Zu den Jugendlichen haben wir keinen Kontakt. Diese Jugendlichen sind verschwunden. Das ist aber eine Entwicklung, die wir auch aus dem Bereich der Erwachsenen und Familien bundesweit kennen.

Frau Kollegin Leonidakis, eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Das war genau die Entwicklung, die der Bundesverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge vorhergesagt hat. Er hat vorhergesagt, dass dann mehr Jugendliche untertauchen werden. Das ist bei Erwachsenen ein Problem, aber das ist bei allein eingereisten Minderjährigen definitiv ein Problem, weil das eine potenzielle Kindeswohlgefährdung darstellt. Haben Sie im Ressort Über

legungen angestellt, wie Sie dieses Problem lösen möchten?

Bitte, Frau Senatorin!

Ich sage es einmal im Klartext: Dass sich Jugendliche vom Acker machen, das haben wir schon vorher erlebt. Man müsste jeden Einzelnen, der von hier weggegangen ist und sich nicht mehr gemeldet hat, fragen, ob das Gesetz der Grund dafür ist. Manche Jugendliche haben von vornherein das Reiseziel Dänemark, Norwegen oder auch Schweden. Diese Jugendlichen lassen sich dabei auch von dem Gesetz nicht beeindrucken. Für mich zählt, dass die Mehrzahl der Jugendlichen mitgeht und Vertrauen in unser System hat, dass wir den Jugendlichen einen guten Landeplatz anbieten. Frau Leonidakis, Sie kennen doch die Unterbringung und haben mich das eine oder andere Mal auch dafür kritisiert, dass wir zu große Einrichtungen und zu wenig Personal haben. Ich bitte Sie ganz herzlich: Jetzt gehen Sie auch mit uns den Weg, dass wir für die Jugendlichen hier gute Startchancen schaffen! Ich meine, das gehört auch dazu.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Ich meine, dass man auch in Stuhr, Cloppenburg, Detmold und Göttingen ganz prima ankommen kann. Bremen ist sicherlich für uns alle die schönste Stadt der Welt.

(Beifall)

Vielleicht hat jemand noch eine andere Lieblingsstadt.

(Zurufe: Bremerhaven!)

Bremerhaven! Entschuldigung! Das muss ich natürlich sagen,

(Heiterkeit)

jetzt sind wir hier aber im Bremer Landtag! Okay, Bremerhaven, Sie haben natürlich völlig recht mit Ihrem Einwurf!

Frau Kollegin Leonidakis, gibt es eine weitere Zusatzfrage? – Bitte!

Eine letzte Frage, ich glaube, es würde den Rahmen der Anfrage sprengen, wenn wir jetzt diskutieren würden, wie man gute Aufnahmebedingungen hinbekommt,

(Senatorin Stahmann: Das könnte ich der Bürgerschaft auch beantworten!)

ich denke, diese Debatte führen wir woanders!

Ja, das denke ich auch.

(Heiterkeit)

Ist die Verteilung der 77 oder jetzt, nach aktuellem Stand, 100 Jugendlichen in allen Fällen nach Niedersachsen erfolgt? Wie wurden die Jugendlichen begleitet?

Bitte, Frau Senatorin!

Ja, die Jugendlichen sind nach Niedersachsen gezogen und wurden durch erfahrene Mitarbeiter von Wohlfahrtsverbänden begleitet.

Es liegen keine weiteren Zusatzfragen vor.

Mit der Beantwortung dieser Frage ist die Fragestunde beendet.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, begrüße ich recht herzlich auf der Besuchertribüne Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Aufbausprachkurses Deutsch der Volkshochschule aus Bremen-Nord.

Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall)