Protokoll der Sitzung vom 10.12.2015

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen – Zuruf Abg. Frau Bernhard)

Als nächster Redner hat der Abgeordnete Crueger das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass na

türlich jede der Fraktionen, die hier einen Antrag eingebracht haben, ihren für den besten hält. Man merkt es ja auch, wir haben graduell unterschiedliche Positionen. Im Kern unserer Forderungen sind wir uns einig. Wir wollen den Milchbauern helfen, so gut wir das eben können.

Jan Saffe, ich bin nicht ganz bei der Position, dass wir hier so ein kleines Land mit so wenig Landwirtschaft seien, dass wir gar keine Rolle spielen könnten. Wir sind umgeben vom zweitgrößten Milchproduzenten der Bundesrepublik, Niedersachsen, nach Bayern als größtem Milchproduzenten. Insofern nimmt sich das im Vergleich etwas schmal aus, aber ich glaube trotzdem, dass wir versuchen, so gut es geht mit dieser Krise umzugehen und daraus politische Schlussfolgerungen zu ziehen, das sind wir als Landtag unseren Menschen und insbesondere den Bäuerinnen und Bauern hier schuldig. Deshalb würde ich davor warnen, dass wir uns hier zu klein machen.

Von der Kollegin Frau Bernhard kam der kritische Einwurf, unser Antrag sei der letzte gewesen. Wir hatten es natürlich auch ein bisschen schwerer, wir mussten es zwischen zwei Fraktionen einen, und wie es dann immer so ist, pendelt man sozusagen hin und her und arbeitet an inhaltlichen Positionen. Wenn diese Plenarsitzung nicht um zwei Wochen vorverlegt worden wäre,

(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Dann wären Sie Weih- nachten gekommen!)

hätten wir am Ende vielleicht sogar einen interfraktionellen Antrag hinbekommen.

Es braucht einfach bei einer solch komplexen Materie ein bisschen Zeit, und am Ende muss man sich dann eben verständigen und abwägen, wie viele Bauchschmerzen man vertragen kann, die eine oder andere Forderung fallen zu lassen, aber ich glaube sogar, dass wir das geschafft hätten. Für die Koalition stelle ich fest: Wir halten unseren Antrag für den besten.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Ich glaube, wenn man weiter denkt, wie man diese Probleme lösen kann, sind wir alle frei, unseren eigenen Kollegen auf Bundesebene Impulse zu geben. Ich finde, wie der Maismarkt reguliert ist – wie ich es verstanden habe, gibt es zwei verschiedene Marktsäulen, eine gewisse Grundmenge wird in der einen Säule verhandelt und ist dann relativ stabil, und es gibt eine zweite Säule für Überproduktionen, und auf die Weise ist die Kalkulation besser möglich –, vielleicht muss man auch tatsächlich ein bisschen einfallsreich sein. Das, was die Agrarministerkonferenz in Fulda beschlossen hat, ist schon ein Bündel von Maßnahmen. Ein Stück weit ist es insgesamt eine Suche nach dem besten Weg. Das ist aber, glaube ich, immer so, wenn ein kompletter Markt, ein Marktsys

tem, wie in dem Fall der Milchmarkt, in einem Transformationsprozess ist.

Für die bremische Perspektive zwei Punkte, die uns besonders wichtig sind: Wir als Sozialdemokratie stehen natürlich zur BioStadt. Das war, während die Landwirtschaft in unserem sozialdemokratisch geführten Wirtschaftsressort angesiedelt war, eines unserer wichtigen Projekte, und das ist es auch weiterhin.

(Unruhe CDU)

BioStadt bedeutet, wie ich schon sagte, dass wir in Bremen schon eine unheimlich gute bäuerliche Struktur haben. Wenn das Ziel eine ökologisch nachhaltige Wende ist, dann sind wir in Bremen schon richtig stark und können dann schauen, wie wir es noch besser sozusagen im Stadtkontext einbinden können. Das hat etwas mit Marketing zu tun und betrifft am Ende auch die Frage, welche Produkte – –.

(Unruhe CDU)

Ein bisschen Ruhe, bitte!

(Abg. Röwekamp [CDU]: Als das noch ein SPD-Res- sort war, warst du noch ein Grüner! Das hörte sich jetzt irgendwie anders an! – Heiterkeit CDU)

Ich glaube, damals gab es die BioStadt noch nicht.

(Heiterkeit CDU)

Zur Sache: Ich glaube, dass wir in Bremen eine wirklich gute Struktur haben, dass wir am Ende dann aber auch die Gretchenfrage werden stellen müssen. Marketing kann man gut und gern machen, aber wenn es am Ende um Kaufentscheidungen der öffentlichen Hand für Mensen, Kantinen und so weiter geht, dann ist das natürlich etwas, was auch Geld kostet. Es steht im Koalitionsvertrag, aber wir wissen alle, wie die Haushaltssituation ist, also warne ich davor, Schnellschüsse zu betreiben. Gleichwohl ist die BioStadt, wie ich finde, eine schöne Marke, die nicht nur die öffentliche Hand, sondern auch die privaten Akteure ins Boot zu holen versucht. Wir arbeiten also weiter daran.

Ein Satz noch zu Niedersachsen: Da hat man eine Steuerstundung vorgenommen. Der Finanzminister hat davon abgesehen, dass diese Selbstständigen ihre Vorabzahlungen leisten. Wir haben das in unserer Fraktion beraten und halten das für keinen sinnvollen Weg, aber es ist eben ein Zeichen dafür, dass im Moment tatsächlich in allen Bundesländern und im Bund geschaut wird, wie man in dieser Situation helfen kann. Das ist ja auch keine Situation, die man jeden Tag hat, insofern ist es auch sozusagen ein bisschen Fahren auf Sicht. Wir als Koalition haben aber, glaube ich, einen schönen Antrag und bitten um Zustimmung zu diesem Antrag! – Danke!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Imhoff.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Schöner Antrag hin, schöner Antrag her: Am Ende kommt es auf das an, was dabei herauskommt! Ich möchte jetzt unsere Position zu den einzelnen Anträgen darstellen und auf die verschiedenen Äußerungen eingehen. Ich beginne mit den Äußerungen der Vertreter der FDP und der LINKEN, wonach die Milchquote zumindest in Teilen ein tolles Instrument gewesen sei, um die Mengen zu regulieren. Ich kann Ihnen sagen: Die Milchquote hat die deutschen Landwirte und die deutschen Strukturen nur Geld gekostet!

(Beifall CDU)

Wir hatten 31 Jahre eine Milchquote. Wir wollten mit ihr einen Strukturwandel verhindern. Was ist passiert? In den 31 Jahren sind von 369 000 Landwirten noch 79 000 übrig geblieben. Die Milchquote hat den Strukturwandel in gar keiner Weise aufgehalten. Das muss man einmal feststellen!

(Beifall CDU)

Sie hat auch die Preisschwankungen nicht verhindert. Ich weiß noch genau, wie wir innerhalb der Milchquotenregelung 22 Cent bekommen haben. Preisschwankungen von bis zu 20 Cent pro Liter Milch: Wo ist da eine vernünftige Regulierung gewesen? Da war nichts vernünftig reguliert! Das war eine Mengenbegrenzung, die uns alle Geld gekostet und nicht gewirkt hat. Deswegen brauchen wir auch nicht wieder eine Mengenbegrenzung. Frau Bernhard, wenn Sie in Ihrem Antrag Mengenbegrenzungen fordern, werden wir ihm auf keinen Fall zustimmen können, weil das alte Kamellen sind, die wir nicht wieder aufwärmen müssen. Das können Sie mit uns nicht machen.

(Beifall CDU)

Bei dem Antrag der LINKEN ist uns natürlich sofort aufgefallen, dass ein ganz großer Teil der Forderungen des BDM einfach abgeschrieben worden ist, frei nach dem Motto: Man schaut sich an, was die Akteure eines NGO so denken, und schreibt es ab, wenn man meint, dass es sich ganz plausibel anhört. Selbst die Grünen haben schon erkannt, dass die BDMForderungen unrealistisch sind. Dazu werden sie noch sprechen. Das werden wir aber hier heute nicht beschließen, selbst wenn einzelne Punkte ihres Antrags vielleicht diskussionswürdig wären, wie z. B. das Unterstützungsprogramm für grünlandgebundene Milchviehhaltung oder die Reform der Andienungspflicht. Klar, man kann das diskutieren, wir halten Ihren Antrag aber insgesamt für nicht schlüssig und können

ihm deshalb in dieser Fassung überhaupt nicht zustimmen.

Nun zu dem, was Herr Saffe gesagt hat und was in dem Antrag der LINKEN steht! Ich bitte Sie: Wo sind wir eigentlich? Wir diskutieren hier in Bremen, dass die deutschen Landwirte nicht exportieren sollen. Wo sind wir denn? Deutschland ist Exportweltmeister!

(Beifall CDU)

Alle sollen exportieren, alle sollen davon profitieren, nur die Landwirte dürfen nicht exportieren. Das ist großes Kino! Nein, das ist mit uns nicht zu machen, meine Damen und Herren, und deswegen können wir solchen Forderungen überhaupt nicht zustimmen.

Ich komme jetzt zu dem Antrag der Koalition von RotGrün. Sie haben darin ganz viel von uns übernommen. Wir finden es auch ganz ehrenhaft, dass Sie ein bisschen von uns abgeschrieben haben. Das Ganze ist gemixt mit einem Bisschen aus der AMK, die zwischenzeitlich getagt und unsere Positionen teilweise übernommen hat, und mit ein bisschen BioStadt.

Herr Saffe, Sie stellen sich wieder hier hin und fordern den kompletten Systemwechsel. Ich kann Ihnen dazu nur sagen: Wenn Sie Ihre Agrarwende abgeschlossen haben, dann sind die meisten Bauern pleite, und das wollen wir nicht.

(Beifall CDU)

Das wird auch nicht funktionieren.

Ich sage Ihnen auch zur BioStadt Folgendes vorher: Wir werden dem Punkt, BioStadt weiter zu fördern und zu unterstützen, zustimmen, aber wir können doch nicht sagen, dass BioStadt die Lösung des Milchmarktproblems ist.

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Das sagt auch keiner!)

Ja, aber Sie tun so, Sie implizieren es!

Der Duktus ist doch, dass wir dann, wenn wir mehr BioStadt machen können, die regional wirtschaftenden Bauern viel besser unterstützen können. Ich sage Ihnen: So viel Milch kann Bremen doch gar nicht trinken, wie unsere Bauern produzieren.

(Beifall CDU)

Es werden auch nicht alle auf Bio umsteigen können.

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Aber das machen viele!)

Man kann doch nicht immer sagen, dass das eine nur gut und das andere nur schlecht ist. Herr Saffe fällt

dabei immer wieder in das gleiche alte Muster zurück. Das finde ich schade,

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Das eine ist gut, und das andere ist besser!)

weil die Zeiten, in denen sich Bio und konventionell gegeneinander ausgespielt haben, lange vorbei sind. Wir alle unterstützen Bio doch auch.

(Beifall CDU)