Protokoll der Sitzung vom 15.12.2016

Schulplatz. Warum? Weil der Bundesfinanzminister sagt, ihr müsst die Kosten für Flüchtlinge in den Haushalt einrechnen. Deswegen bin ich so verärgert, und aufgrund dessen habe ich gesagt, was ich gesagt habe, und ich nehme es nicht zurück.

(Beifall DIE LINKE – Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Dann hat auch wieder der Bundesfinanzminister schuld! Das ist doch hanebüchen!)

Nein, Herr Dr. vom Bruch, es ist eben nicht hane büchen.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Doch, das ist es!)

Es gibt einen Stabilitätsrat, auf den der Bundesfinanz minister Einfluss hat. Wir haben ja gerade beschrieben, dass der Bundesfinanzminister genau diese Form von Kompetenz hat zu sagen, nein, das geht im Moment in Ordnung, wenn ihr sozusagen die Kosten für die Flüchtlinge herausrechnet. Ihr habt euch bemüht – –.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Sie basteln sich ihre Welt so, wie sie sein soll! So wie Sie es wollen!)

Nein, nein! Ich habe eine Idee davon, wie sie sein soll, und ich habe beschrieben, dass sie eben momentan so nicht ist, und ich akzeptiere diese Form von Welt so nicht. Ich versuche, sie im Interesse der Menschen zu verändern, und ich akzeptiere solche Dogmen nicht.

(Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Jetzt schnell zu tilgen, macht das handlungsfähig? Ich glaube nicht. Ich habe versucht nachzurechnen und es in Form von Zahlen auszudrücken. Wenn wir 400 Millionen Euro ab dem Jahr 2020 in die Tilgung geben, machen wir uns nicht handlungsfähig, son dern handlungsunfähig. Das ist genau das Gegenteil, deswegen ist es falsch.

(Beifall DIE LINKE, Bündnis 90/Die Grünen)

Ich will auch noch einmal Folgendes sagen: Es ist natürlich wahr, dass, wenn man 21 Milliarden Euro Schulden hat und nur 80 Millionen Euro jährlich tilgt, dann dauert es Generationen. Das kann nicht der Weg sein, sich dieser Schulden zu entledigen. Der andere Weg jedoch, die 400 Millionen Euro schneller zu tilgen, bewirkt doch genau das Gegenteil, denn dann schichten wir um. Für jeden Euro der Tilgung schaffen wir im Moment einen oder zwei Euro sozi ale Probleme, und das müssen wir anerkennen. Wir müssen andere Wege finden, diese Altschulden zu beseitigen.

Wir haben diese Wege aufgezeigt. Es geht darum, Vermögende heranzuziehen, es so zu machen. Das ist eine andere Debatte. Es geht aber nicht mit dieser

Form von Schuldentilgung, denn damit zerstören wir entweder die Haushalte oder tilgen nicht. Das ist die Wahl, und ich möchte nicht einen derartigen Haushalt, sondern den sozialen Zusammenhalt in Bremen. Ich will diesen sozialen Zusammenhalt nicht zerstören, ich will ihn wieder zukunftsfest machen. – Vielen Dank für Aufmerksamkeit!

(Beifall DIE LINKE)

Als Nächster hat das Wort der Ab geordnete Liess.

Herr Präsident, meine sehr ge ehrten Damen und Herren! Ich möchte versuchen, zu der einen Frage von Herrn Röwekamp noch eine Antwort zu geben. Die Idee, eine Zusammenarbeit der bremischen Akteure zu organisieren und ein ge meinsames Ziel zu finden, halte ich auch angesichts der guten Erfahrungen, die wir damit gemacht haben, für einen richtigen und gangbaren Weg.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU)

Ich bin mir auf der anderen Seite nur sicher, dass gerade wir da noch sehr viel diskutieren müssen über die Frage des Weges und des Ziels. Wir sind uns vielleicht in generellen Überschriften durchaus einig, aber was das im Detail dann bedeutet, und welche Verpflichtungsgrade wir damit eingehen, wäre etwas, das wir im Einzelnen klären müssen.

Ich will zur Frage der Tilgung noch etwas sagen, um vielleicht ein bisschen Klarheit für unsere Seite noch dort hinein zu bringen. Es ist völlig klar, über den Sockelbetrag von 50 Millionen Euro ab dem Jahr 2020 ist nicht zu diskutieren. Die Summe ist zu erbringen. Es ist auch völlig klar, dass weitere 150 Millionen Euro in fünf Jahren zu erbringen sind. Es spricht vieles dafür, die Berechnung von Frau Dr. Schaefer zu übernehmen, 80 Millionen Euro im Jahr im Sinne auch eines festen Planes zu haben.

Ich sage Ihnen aber auch, wenn wir es ernst meinen mit der Steigerung der Wirtschafts- und Finanzkraft und wir feststellen, dass sich unsere Situation merklich verbessert, dann müssen wir auch in der Lage sein, höhere Tilgungen vorzunehmen. Das heißt, ich bin nicht dafür, ein sehr starres System einzuführen. Wir brauchen ein Grundgerüst, aber wir müssen auch die Freiheit haben, diese Schulden vielleicht insgesamt schneller zu reduzieren, wenn denn unsere Maßnah men Erfolg haben. Das vielleicht zur Klarstellung!

(Beifall SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Regie rungserklärung des Senats zum Thema „Bund-LänderFinanzbeziehungen“ Kenntnis.

Fragestunde

Für die Fragestunde der Bürgerschaft (Landtag) liegen 19 frist- und formgerecht angebrachte Anfragen vor.

Die Anfrage Nummer zwei ist vom Fragesteller zu rückgezogen worden.

Die erste Anfrage trägt die Überschrift „Inwieweit finden Wirtschaftlichkeitsprüfungen des OffshoreTerminals Bremerhaven (OTB) statt?“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Professor Dr. Hilz, Frau Steiner und Fraktion der FDP.

Bitte, Herr Professor Dr. Hilz!

Wir fragen den Senat:

Erstens: In welcher Form und in welchem Umfang wird die Wirtschaftlichkeit des OTB laufend untersucht, wie von Bürgermeister Dr. Sieling bei einem Treffen mit Vertretern der Bauindustrie am 17. Oktober 2016 behauptet?

Zweitens: Welche Schriftstücke aus den senatorischen Behörden mit welchem Erstellungsdatum sind zu der Frage der Wirtschaftlichkeit des OTB existent?

Drittens: Wer mit welcher sachbezogenen Kompetenz führt die Wirtschaftlichkeitsprüfungen des OTB durch?

Die Anfrage wird beantwortet von Herrn Staatsrat Siering.

Sehr geehrter Herr Präsident, mei ne sehr geehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage eins: Im Zuge der Erarbeitung der Plan unterlagen wurde zur Darstellung des Bedarfs und zur Begründung des OTB sowie für die letztliche Abwägungsentscheidung der Zulassungsbehörden die PROGNOS AG im Jahr 2011 mit der Erstellung einer Analyse über die regionalwirtschaftlichen und fiskalischen Effekte des Vorhabens beauftragt. Die se Analyse ist in den vergangenen Jahren immer dann aktualisiert worden, wenn sich die Rahmenbe dingungen im Projektzusammenhang veränderten. Insgesamt liegen bisher drei Überarbeitungen vor. Weitere Aktualisierungen erfolgen anlassbezogen bei Änderung der Rahmenbedingungen.

(Vizepräsident Imhoff übernimmt den Vorsitz.)

Darüber hinaus wurde 2015 eine Plausibilitätsprü fung der vorhandenen Gutachten insbesondere im Hinblick auf die Bedarfsanalyse für den OTB durch die PLANCO Consulting GmbH vorgenommen. Im Rahmen der Verhandlungen über den Betreibervertrag

wurden seitens des künftigen Betreibers des OTB vor der Vertragsunterzeichnung im Februar 2016 eigene betriebswirtschaftliche Analysen durchgeführt. Auch die EU-Kommission erklärt in ihrem Beschluss von Juli 2016 zur Genehmigung der Investitionsbeihilfen für den OTB, dass die vorgelegten Informationen über die Marktentwicklung und die Marktposition Bremerhavens angemessen seien und anerkannt werden können. Zu Frage zwei: Folgende Gutachten wurden von der Prognos AG erstellt und liegen den senatorischen Behörden vor: „Regionalwirtschaftliche Potenzial analyse für ein Offshore-Terminal Bremerhaven“, Januar 2011, „Aktualisierung Bedarfs- und Poten zialanalyse OTB“, Dezember 2012, „Gutachterliche Stellungnahme Potenzialanalyse Offshore-Terminal Bremerhaven, Erneute Aktualisierung zur Überprü fung der Rahmenbedingungen für die Entwicklung windkraftaffiner Industrie am Standort Bremerhaven“, Juni 2015, „Regionalwirtschaftliche Potenziale des Offshore-Terminals Bremerhaven, Aktualisierung der regionalwirtschaftlichen und fiskalischen Berechnun gen“, Oktober 2015. Die Gutachten wurden jeweils öffentlich zugänglich gemacht. Darüber hinaus wurde im Juni 2015 das Gutach ten „Marktpotenziale für den geplanten OffshoreTerminal Bremerhaven: Plausibilitätsprüfung/Er gänzende Analyse 2015“ von der PLANCO GmbH vorgelegt. Die nymoen strategieberatung hat im Zuge der Betreibersuche für den OTB eine Analyse mit dem Titel „Offshore-Terminals Bremerhaven: Wirtschaftlichkeitsuntersuchung“ im November 2011 erarbeitet. Dies stand nicht im Zusammenhang mit der Planfeststellung, sondern war Gegenstand der vorgeschalteten Prüfung zur Einbindung privater Investoren. Zu Frage drei: Die Prognos AG ist ein seit vielen Jahrzehnten europaweit anerkanntes Beratungs- und Forschungsunternehmen zu ökonomischen Fragestel lungen mit Hauptsitz in der Schweiz. In einzelnen Detailfragen wird die Prognos AG von der LSA GmbH, einem Spezialgutachter für Logistikzusammenhänge, aus Bremerhaven unterstützt. Die PLANCO Consulting GmbH ist ein deutscher Fachgutachter, der sich insbesondere auf die Unter suchung von wirtschaftlichen Zusammenhängen der Hafen- und Seeverkehrswirtschaft konzentriert hat. Die nymoen strategieberatung ist ein deutschlandweit agierendes Beratungsunternehmen mit Sitz in Berlin. Das Unternehmen berät in strategischen, wirtschaft lichen und organisatorischen Fragen Kommunen und Unternehmen, die sich insbesondere im Bereich der Energiewirtschaft und der Entsorgungswirtschaft engagieren. Das beihilferechtliche Genehmigungsverfahren und die in diesem Zusammenhang getroffenen Feststel lungen zum Bedarf erfolgten durch die Europäische Kommission, Generaldirektion Wettbewerb. – Soweit die Antwort des Senats!

Haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Aus Ihrer Sicht findet eine regelmäßige Überprüfung anlassbezogen statt, in der Vergangenheit war es ungefähr alle zwei Jahre. Ist in Zukunft auch eine Überprüfung geplant, oder wird erst der entsprechende Anlass abgewartet?

Anlassbezogen machen wir das regelmäßig, zurzeit läuft eine solche Überprüfung.

Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Wenn ich Sie richtig verstanden habe, war die letzte Aktualisierung durch das PrognosGutachten im Jahr 2015. Das heißt, die erheblichen Divergenzen zwischen den unrealistischen Annahmen der alten Prognos-Gutachten und den tatsächlichen Entwicklungen, die sich auch im Jahr 2016 ergeben haben und die wir auch in diesem Haus thematisiert haben – zum Beispiel Eigentümerwechsel –, sind nicht abgebildet worden in einer Revision dieser Gutachten. Ist es tatsächlich so, dass wir noch auf diesem alten Stand des Prognos-Gutachtens von 2015 mit den unrealistischen Annahmen planen, die durch die Realität überholt wurden?

Ich muss Ihnen entschieden wider sprechen! Es gab zu keinem Zeitpunkt eine unrea listische Planung, sondern es gibt eine realistische Planung eines realistischen Fachinstituts, das habe ich eben gerade vorgetragen – das bitte ich, so zur Kenntnis zu nehmen –, und im Übrigen bestätigen die Aktualisierungen genau diese Annahmen, die zu dieser Entscheidung geführt haben. Sie müssen sich bitte auch vergegenwärtigen, dass wir hier über ein Projekt reden, das allein einen Pla nungszeitraum von vielen Jahren beziehungsweise Jahrzehnten hatte, und jetzt so zu tun, als wäre inner halb von drei Monaten eine Entscheidung durch einen neuen Umstand für eine gesamte Planung nötig, die möglicherweise eine Umplanung erforderlich macht, das halte ich für schlichtweg unrealistisch.

Haben Sie eine weitere Zu satzfrage? – Bitte sehr!

Aber ist es nicht so, dass die Tatsache, dass die in den Gutachten beschriebenen Marktdurchdringungen der Firmen tatsächlich nie stattgefunden haben, nicht ausreichend berücksichtigt wurde? Wenn sie denn doch stattgefunden hätten, warum wurde dann in diesem Haus den Zahlen, die wir hier vorgelegt haben, nicht widersprochen?

Ich will darauf hinweisen dass Sie jederzeit die Möglichkeit haben, alle PrognosGutachten einzusehen. Sie sind auf der Webseite

veröffentlicht, schauen Sie sich das gern an! Dort sind die Annahmen niedergelegt, die zu der Entscheidung geführt haben, diesen Hafen zu bauen, und das sind die Voraussetzungen, mit denen wir umgehen.

Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Das haben wir ja getan, und wir haben ja in diesem Haus diese Zahlen in einer langen Debatte dezidiert einzeln aufgeführt, dazu Stellung genommen und ausgeführt, warum sie eben nicht stimmen. Ich frage mich, warum das nicht zu einer Reaktion geführt hat.