Protokoll der Sitzung vom 11.05.2017

Man kann also eine Investition in eine Firma nicht mit einem beherrschenden Anteil an einer Firma vergleichen, denn dann hat man unterschiedliche Wege, eine Lösung für ein Problem zu finden. Grundsätzlich finden wir das in Ordnung, wenn wir schon darüber reden, öffentliches Geld anzulegen, dann sind das die Mindestkriterien, die man anlegen muss.

Ich gebe zwei bis drei Dinge zu bedenken: Das sollte nicht die erste Geschäftsstrategie sein. Einmal ganz abgesehen davon, dass die Einnahmen Bremens immer noch nicht reichen, um die Ausgaben zu bestreiten und davon, wenn wir das halbwegs hinbekommen, dass es immer noch einen Sanierungsstau gibt und so weiter: Wären die Einnahmen Bremens so hoch, dass wir hier keine sinnvolle Ausgabemöglichkeit mehr hätten, erst dann würde man ja, sagen wir einmal, in nötigen Größenordnungen investieren, und dann müsste man in der Tat einer Forderung der FDP nachgeben und dann die Steuer senken, aber erst dann.

Es ist nicht der erste Geschäftszweck von Kommunen und Ländern, in irgendeiner Weise Geld mit Investitionen zu verdienen. Der erste Geschäftszweck ist es, die Zukunft und die öffentliche Daseinsvorsorge zu sichern und die Steuern der Bürgerinnen und Bürger so sinnvoll wie möglich einzusetzen. Wenn wir dann an einen Punkt kommen, an dem wir das Geld der Bürgerinnen und Bürger investieren müssen, dann eben wenigstens nach diesen Kriterien. Deswegen stimmen wir dem Antrag zu. - Vielen Dank!

(Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grü- nen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Gottschalk.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Professor Dr. Hilz, das Thema Divestment setzt nicht an einem biologischen Problem an. Es setzt an dem Problem des Klimawandels an.

(Zuruf Abg. Professor Dr. Hilz [FDP])

Es ist der Versuch, einen Beitrag zu leisten, diesem Klimawandel mit allen seinen Folgen entgegenzuwirken. Dieser Ansatz ist nicht einfach nur symbolisch, sondern er setzt bei den Finanzierungskosten an. Wenn nämlich Gelder aus dem Bereich der fossilen Branchen abgezogen werden, dann verteuert es dort die Finanzierung von Investitionen. Über die Verteuerung von Investitionen wirkt es auch tendenziell auf steigende Preise, und über steigende Preise drückt es die Nachfrage. Das ist die eine Seite. Das

Landtag 3336 44. Sitzung/11.05.17

müsste Ihnen als jemand, der den Markt ansonsten lobt, durchaus näherkommen.

(Zuruf Abg. Professor Dr. Hilz [FDP])

Jetzt halten Sie bitte auch einmal den Mund, denn ich habe Ihnen auch zugehört!

(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Ein bisschen freundlicher geht es auch!)

Entschuldigung, da haben Sie recht! Ich bitte Sie, mir zuzuhören!

Es gibt aber auch die zweite Seite, dass man nämlich diese Gelder gezielt umschichtet, um sie in klimafreundlicheren Produkten anzulegen und dass sie in diesem Bereich helfen, Investitionen zu finanzieren und den technologischen Fortschritt zu fördern. Das heißt, hier werden Gelder dazu benutzt, um einen Branchenwandel, um einen technologischen Wandel zu fördern. Ich denke, das ist eine gute Strategie. Das ist ein guter Ansatz, den man unterstützen sollte.

Frau Dr. Schaefer hat gesagt, wie viele das mittlerweile machen, insbesondere Stiftungen und große Anleger dieses Bereichs, aber auch Privatanleger. Die Verbraucherzentrale Bremen hat im Jahre 2011 einen Antrag auf die Förderung eines Projektes beim Bundesumweltamt für eine nachhaltige und klimafreundliche Geldanlage gestellt. Das Projekt wird auch heute noch gefördert. Wir beobachten hier ein wachsendes Interesse, dass jemand mit seinen Geldentscheidungen überlegt handelt und einen Beitrag leisten will.

Das machen wir jetzt auch. Wir machen es allerdings etwas anders als andere Länder. Berlin hat zum Beispiel gesagt, okay, wir werden das bei der Anlage in Aktien und dergleichen benutzen. Da sind wir ja nicht. Wir haben eine Geldanlage, Frau Dr. Schaefer hat es ja gesagt, im Bereich der Anstalt für Versorgungsvorsorge, die bislang schon sehr konservativ, sehr sicherheitsorientiert angelegt werden muss. Das sind rund 500 Millionen Euro, eine halbe Milliarde. Das ist in diesem Bereich schon einmal eine Hausnummer.

Diese sicherheitsorientierte Anlage bedeutet natürlich, dass wir nicht aus irgendwelchen Aktieninvestmentfonds oder Unternehmensbeteiligungen aussteigen, die jetzt irgendwo im fossilen Bereich oder so tätig sind. Wir machen hier in Bremen aber Folgendes: Es gibt auch im Bereich der Anleihen nachhaltige Alternativen. Es gibt nämlich sogenannte grüne Anleihen, die von der Kreditanstalt für Wiederaufbau, von der

Europäischen Investitionsbank oder von Ländern wie Frankreich aufgelegt werden, um ganz gezielt nachhaltige, klimafreundliche Projekte zu fördern. Ich glaube, wenn wir Gelder in diesem Bereich anlegen können, dann sollten wir diese Möglichkeiten prüfen, und wir sollten sie nutzen. Das machen wir jetzt.

Ich glaube, das ist eine richtige Entscheidung, und wir gehen hier einen Schritt nach vorn. Wir sind damit in Bremen vorn, und das ist auch gut so! - Ich danke Ihnen!

(Beifall SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Eckhoff.

Herr Präsident, meine sehr verehrte Damen und Herren! Manchmal fragt man sich ja doch, mit welchen Themen beschäftigen wir uns hier im Landtag?

(Beifall CDU)

Dass wir als das Land, Frau Dr. Schaefer, mit den mit Abstand höchsten Schulden jetzt über eine Investmentstrategie für die Zukunft sprechen, wird bei allen anderen Ländern nur Kopfschütteln auslösen, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall CDU)

Im Übrigen ist das, was Sie vortragen, auch inkonsequent. Wenn Sie über Divestment sprechen, müssten Sie eigentlich nicht nur über die investive Seite sprechen, sondern Sie müssten auch darüber sprechen, wie sich Bremen eigentlich refinanziert. Dürfen wir Anleihen von Banken zum Beispiel nehmen, die Dinge finanzieren, die unter eines der Kriterien fallen, die Sie in Ihrem Antrag ansprechen? Sie verdienen damit nämlich in aller Regel Geld, und deshalb stellen sie auch uns Anleihen zur Verfügung. Dazu haben Sie überhaupt kein Wort gesagt.

Das ist für uns aber das viel, viel größere Problem, wenn Sie sozusagen eine Anlagenotwendigkeit von ungefähr 500 Millionen Euro haben und eine Finanzierungsnotwendigkeit von ungefähr 20 Milliarden Euro. Sie müssen Ihre Anträge von der rot-grünen Koalition auch bis zum Ende durchdenken. Mit diesem Antrag versuchen Sie, billig und populistisch ein paar Wählerstimmen einzusammeln, Frau Dr. Schaefer und Herr Gottschalk. (Beifall CDU)

Wir können hier einmal etwas fordern.

Landtag 3337 44. Sitzung/11.05.17

(Zurufe Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen])

Ich habe Sie doch auch ausreden lassen! Wir gehen doch sonst immer so nett miteinander um, Frau Dr. Schaefer!

(Zurufe Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grü- nen] - Unruhe CDU - Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Ich habe Ihnen aber nicht billigen Populismus vorgeworfen! - Abg. Röwekamp [CDU]: Auch schon einmal! - Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Dann aber zu Recht!)

Ich streiche das Wort billig und bleibe nur bei Populismus. Herr Präsident, vielleicht beruhigt das Frau Dr. Schaefer wieder. Es ist also kein billiger Populismus.

Sie haben hier einen populistischen Antrag nach dem Motto gestellt, es trifft Bremen ja kaum, und deshalb können wir das einmal fordern. Wenn man eine Rockefeller-Stiftung hat, die Sie ja in Ihrer Rede genannt haben, oder eine Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung, dann ist es völlig legitim, über grüne Investitionen für die Zukunft nachzudenken. Die Stiftungen verfügen nämlich in aller Regel über ein Stiftungsvermögen, das in die Billionen geht, meine sehr verehrten Damen und Herren! Deshalb haben sie die Möglichkeit, diese Strategie zu verfolgen.

Herr Gottschalk, wenn Sie hier sagen, das habe für schon getätigte Investitionen überhaupt keine Auswirkungen, dann wissen Sie ganz genau, dass das nicht stimmt. Es ist Sinn und Zweck dieser Bewegung, dass man auch deinvestiert, dass man also Aktien von Firmen abstößt, die zum Beispiel im Bereich Kohleenergie tätig sind.

(Abg. Gottschalk [SPD]: Wir doch nicht!)

Wir haben im Moment keine Mittel, um sie anzulegen. Deshalb trifft es uns natürlich nicht, das haben Sie gut erkannt. Wenn Sie eine Bewegung so glorifizieren, wie Sie beide das in Ihren Wortbeiträgen gemacht haben, dann müssen Sie das auch dazu sagen.

Sie wissen genau, was zum Beispiel passiert, wenn das Geld einem Unternehmen wie RWE - damit wir einmal kein Bremer Beispiel diskutieren - entzogen wird. Sie müssen im Übrigen auch sagen, was es für die vielen Angestellten bedeutet, die einmal bei RWE beschäftigt waren und die ihre Rente auf RWE-Aktien aufgebaut haben. Das müssen Sie sagen! Es geht nicht nur um eine Investition in die Zukunft, sondern Sie treffen tatsächlich die vielen kleinen Anleger, wenn Sie das Geld diesen Märkten

entziehen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch das müssen Sie bedenken!

Nun, das sage ich auch ganz selbstbewusst, wissen Sie auch, dass gerade Investitionen in erneuerbare Energien - und davon müssen Sie mich nicht überzeugen -, am Anfang natürlich mit hohen Risiken verbunden sind. Seit gestern Abend wissen wir alle, wie es um die ehemalige Vorzeigefirma SolarWorld bestellt ist, sie meldet nämlich Insolvenz an.

(Zuruf Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen])

Wir können gern darüber sprechen, um wie viele Milliarden Herr Asbeck, ein Mitglied bei den Grünen, früher für die Grünen aktiv, gerade kleine Divestmentinvestoren gebracht hat, liebe Frau Dr. Schaefer. Das können wir gern einmal am Beispiel von Herrn Asbeck diskutieren.

(Beifall CDU)

Man muss es auch sagen, dass die Risiken bei dieser Strategie überproportional höher als bei anderen sind. Das muss man im Hinterkopf haben. Bei uns ist es zumindest bisher immer so, dass es drei wichtige Kriterien für staatliche Anleihen gibt, wenn wir einmal wieder in die Situation kommen sollten, Geld zu haben, nämlich Sicherheit, Liquidität und eine angemessene Rendite. Wir alle wissen, wie schwer es im Moment ist, diese drei Kriterien unter einen Hut zu bekommen. Deshalb verlassen wir uns gerade auch bei der Öffnung dieser Kriterien für Zukunftsbranchen auf die Überlegungen, die es im Moment auch im Hause des Bundesfinanzministers gibt, dort neue Kriterien für Zukunftsbranchen einzubauen.

Wenn es vom Bund einen Vorschlag gibt, dann, finde ich, können wir uns als Bremer noch einmal mit der Thematik beschäftigen und entscheiden, ob wir diesem Vorschlag folgen oder ob wir uns zurückhalten. Das wir uns jetzt an die Spitze der Länder stellen, die Geld anzulegen haben, das halte ich, ehrlich gesagt, für Augenwischerei. - Vielen Dank!

(Beifall CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Schaefer zu einer Kurzintervention.

Vielen Dank, Herr Präsident! Herr Eckhoff hat mir billigen oder dann nur noch Populismus vorgeworfen. Vielleicht muss man einmal zur Kenntnis nehmen, dass es andere Städte gibt wie Berlin, Münster und Stuttgart, aber auch

Landtag 3338 44. Sitzung/11.05.17

München, die das derzeit schon beschlossen haben oder gerade auch genauso diskutieren. Wenn Länder wie Norwegen oder auch Irland komplett divestieren, dann glaube ich nicht, dass man allen Kommunen und allen Staaten, die das machen, Populismus vorwerfen kann, Herr Eckhoff.