Protokoll der Sitzung vom 14.06.2017

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte unsere Mittagspause nicht noch lange verzögern, möchte aber noch ein paar Worte zu dem Wortbeitrag von Frau Leonidakis sagen.

Sie haben eben noch einmal das Thema der GeNo mit den Prämien angesprochen. Die Haftpflichtprämien der Hebammen sind gestiegen, und die GeNo war nicht bereit, diese weiterhin mit zu übernehmen. Ich bin in meinem Redebeitrag eben darauf eingegangen, dass auch schon manche Krankenhäuser Probleme mit ihrer Haftpflicht haben. Ich kenne solche Haftpflichtverträge nicht und weiß nicht, ob es Unterschiede zwischen einer Haftpflicht für ärztliches Personal und einer solchen von Beleghebammen gibt. Das kann ich, wie gesagt, nicht sagen. Das mag bei anderen Krankenhäusern anders sein. Diese mögen aber auch bei einem anderen Versicherer untergekommen sein. Diese Frage ist es durchaus wert, noch einmal erörtert zu werden. Vielleicht könnten wir dazu in der Gesundheitsdeputation einen kleinen Bericht bekommen, den Sie auch einsehen können, damit wir diese Frage abschließend klären. Ich glaube, wir alle miteinander hier im Hause sind nicht fundiert genug informiert, um die Frage an dieser Stelle beantworten zu können.

Bei dem Thema „hebammengeleitete Kreißsäle“ ist mir eben aufgefallen, dass wir in Bremen-Nord, einem GeNo-Klinikum, ein gutes Konzept haben. Das heißt nicht „hebammengeleiteter Kreißsaal“, aber Hebammen sind dort in einer ganz zentralen Rolle und einer zentralen Funktion. Soweit ich weiß, funktioniert es dort auch sehr gut. Es nennt sich nur ein bisschen anders.

Im Klinikum Links der Weser, auch einem GeNo-Klinikum, gibt es im Übrigen eine sehr gute Geburtshilfe, was insbesondere Steißgeburten angeht. Das war früher oft eine Indikation für einen Kaiserschnitt. Da haben sich Ärztinnen, Ärzte und Hebammen gemeinsam fit gemacht, um ein Kind mit den Füßen

(Zurufe SPD)

oder mit dem Po zuerst gut auf die Welt zu bringen. - Genau, die Beine kommen nach dem Po. Das war ein guter Hinweis.

Auch dort haben wir eine gute Qualität und etwas, was wir vielen Bremerinnen und Bremern sowie vielen niedersächsischen Gebärenden bieten können.

Ein letzter Punkt: das Thema „Migrationshintergrund“. Ihn hatten Sie eben auch angesprochen, Frau Leonidakis. Ich habe kürzlich noch einmal mit Frau Schiffling telefoniert und die Frage gestellt, wie das mit dem Migrationshintergrund ist. Sie hat berichtet, dass es mittlerweile viele Hebammen mit Migrationshintergrund gibt, die Gebärende mit sprachlichen Qualifikationen unterstützen können. Es ist aber schon so, dass man insgesamt eine Durchmischung hat. Wenn die Hebamme einen Migrationshintergrund hat, hat nicht immer auch die Gebärende einen Migrationshintergrund. Insoweit kann es immer noch einmal Fragen geben, und es kann erforderlich sein, im Krankenhaus zu dolmetschen. Dieses Thema ist noch nicht von der Agenda.

Gerade was die hebammengeleiteten Kreißsäle und ähnliche Konzepte angeht, sind wir im Land Bremen ganz gut aufgestellt, auch wenn man immer noch ein bisschen mehr machen kann. - Danke schön!

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Die Aktuelle Stunde ist damit geschlossen.

Wir treten jetzt in die Mittagspause ein und treffen uns alle um 14.35 Uhr zur nächsten Runde wieder.

(Unterbrechung der Sitzung 13.03 Uhr)

Vizepräsidentin Dogan eröffnet die Sitzung wieder um 14.35 Uhr.

Die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet.

Bevor wir die Tagesordnung fortsetzen, möchte ich Ihnen noch mitteilen, dass nachträglich interfraktionell vereinbart wurde, den Tagesordnungspunkt 38, Kita-Qualität aufrechterhalten, pauschale Gruppenvergrößerung stoppen!, Antrag der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 19/1079, für die Juni-Sitzungen auszusetzen.

Landtag 3394 45. Sitzung/14.06.17

Wir setzen die Tagesordnung fort.

Konsensliste Mitteilung des Präsidenten der Bremischen Bürgerschaft vom 12. Juni 2017

Die Beratung ist eröffnet. - Wortmeldungen liegen nicht vor. - Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung.

Wer der Konsensliste seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt der Konsensliste zu.

(Einstimmig)

Keine Privatisierung der Meinungsfreiheit - Netzwerkdurchsetzungsgesetz stoppen! Antrag der Fraktion der FDP vom 13. Juni 2017 (Drucksache 19/1104)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Schulz.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Steiner.

Liebe Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich anerkennen, dass es richtig und wichtig ist, sich hier mit den Hass-Kommentaren im Internet auseinanderzusetzen. Das Netz ist seit seiner Entstehung schon fast zu einer Art Paralleluniversum geworden. Es ermöglicht uns Chancen und Erleichterungen im Alltag, die für uns vor 20 Jahren eigentlich kaum denkbar gewesen sind und aussahen wie Science-Fiction.

Die sozialen Netzwerke wie Facebook, Twitter, Instagram, Snapchat und so weiter ermöglichen es uns, mit der Familie, mit Freunden und Bekannten aus aller Welt in Kontakt zu treten, und sie bieten auch die den Plattformen, inhaltlich zu diskutieren und zu streiten. In vielen Ländern ist Facebook sogar verboten, weil die dortigen Regierungen Angst vor Systemkritik haben und diese auch nicht dulden. Die Autokraten haben die öffentlichen Medien einigermaßen im Griff;

das Social Web schafft hingegen eine zweite Öffentlichkeit.

Doch jede Medaille hat nun einmal zwei Seiten, und Hass-Kommentare nehmen im Internet leider zu. Cybermobbing kann sogar so weit gehen, dass im öffentlichen Netz Morddrohungen fallen. Mir selbst ist es auch schon mehrfach widerfahren. Ich möchte ein Beispiel nennen. Im Wahlkampf vor zweieinhalb Jahren war ich mit allen anderen Spitzenkandidaten in der Moschee der Ahmadiyya Gemeinde zu Gast gewesen. Wir gingen der Reihe nach an das vorhandene Pult und haben uns einfach vorgestellt. Jemand schoss ein Foto und stellte es ins Netz. Er hat sich wahrscheinlich gar nichts dabei gedacht.

Jetzt muss man dazu sagen, unten vor dem Pult stand: „Niemand ist anbetungswürdig außer Allah“. Dieses Foto ging durch das Netz an Hunderttausende. Die Hass-Kommentare waren unglaublich. Ich wurde beschimpft, ich wolle das Christentum abschaffen, ich sei verdeckt für den IS unterwegs, ich gehöre verbrannt. Man drohte mir öffentlich mit Mord.

(Heiterkeit)

Sie lachen jetzt. Ich konnte das ganz gut vertragen. Andere fänden das weniger lustig. In dem Moment ging es wirklich nicht schlimmer. Ich gehöre zu den Menschen, die wirklich viel aushalten können. Ich habe auch keine Angst vor dieser viralen Masse. Trotzdem schaue ich mir gern an, wer die Köpfe dahinter sind, die so etwas verbreiten. Oft sind Profile leider komplett anonym, und Sie wissen eben nicht, wer dahinter steht.

Als Nächstes habe ich den Post gemeldet. Es erfolgte sofort eine Löschung. Warum erzähle ich das? Ich erzähle das, weil genau das ein Beispiel dafür ist, das Facebook und all die anderen Anbieter nur eine Infrastruktur für Kommunikation und Austausch im Netz anbieten. Facebook ist aber nicht für all den Hass und Schwachsinn verantwortlich, der hier verbreitet wird.

Meine Geschichte zeigt eben auch, dass sich Menschen sofort dagegen gewehrt haben. Das finde ich toll und beispielhaft. Die schlechten Kommentare wurden sofort mit anderen Kommentaren und Gegenargumenten überflutet. So bildeten sich sofort zwei Gruppierungen. Das kann nur eine lebendige Community leisten. So kann sich auch eine eigene Meinung im Netz bilden.

(Beifall FDP)

Landtag 3395 45. Sitzung/14.06.17

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz von Minister Maas ist sicherlich gut gemeint, hilft in diesem Fall aber nicht weiter.

(Beifall FDP)

Für mich ist dieses Gesetz wirklich ein Angriff auf die Meinungsfreiheit. Ich möchte auf ein paar inhaltliche Kritikpunkte eingehen.

Erstens: Laut dem Gesetz gilt nämlich der Grundsatz: „Im Zweifel löschen“. Warum? Die Bußgelder, die den Unternehmen drohen, sind so hoch, dass sie wahrscheinlich über die Maßen löschen werden. Dieses Overblocking reduziert unser freiheitliches Gedankengut.

(Beifall FDP, BIW)

Zweitens: Es geht um das Thema „Kompetenzüberschreitung“. Das ganze Medienthema ist eigentlich Ländersache. Minister Maas greift hier den Ländern vor und nutzt einfach Kompetenzen, die er in dem Fall überhaupt nicht hat.

(Beifall FDP, BIW)

Drittens: Im Gesetz heißt es, offenkundig rechtswidrige Inhalte sollten gelöscht werden. Das klingt natürlich toll. Was ist aber eigentlich die Definition von „offenkundig rechtswidrig“? Wer will denn genau feststellen, ob ein Kommentar Satire und damit vielleicht geschmacklos, aber im Rahmen ist, oder ob er die Grenzen der Strafbarkeit überschreitet?

Damit komme ich zum vierten Punkt. Der Entwurf sieht vor, dass das Urteil darüber, was Beleidigung, Verleumdung oder gar Volksverhetzung ist, von privaten Unternehmen, nämlich den sozialen Netzwerken selbst, gefällt wird. Sie wissen, ich bin ein Freund privater Unternehmen. Aber das geht entschieden zu weit. Facebook und Co. dürfen morgen nicht zu Ermittler, Richter und Staatsanwalt in einer Person werden.