Protokoll der Sitzung vom 06.12.2017

Ein weiteres touristisches Highlight in Bremerhaven ist der Fischereihafen. Zahlreiche Hotelneubauten in der Stadt zeugen davon. Ein für Gäste wichtiger Rundlauf ist jedoch nur durch eine Fußgängerbrücke über das Hafenbecken möglich. Nachdem die Finanzsenatorin das Projekt, das größtenteils aus EFRE-Mitteln hätte finanziert werden können, Ende 2012 abrupt gestoppt hat, braucht es hier meines Erachtens einen neuen Anlauf.

Ein anderes Standbein des Strukturwandels war lange Zeit das Cluster Windenergie mit der Konzentration von Industriebetrieben, Forschungsinstituten, Projektierern und Dienstleistern. Hier hat sich über die letzten Jahre Ernüchterung breitgemacht, denn die Produktion als wichtiges Standbein ist zum Teil weggebrochen. Ohne Produktion ist ein Cluster eben kein Cluster mehr.

Diese Entwicklung hat viele Ursachen. Eine entscheidende Ursache sind die Fehler des Senats beim OTB. Die endlosen Verzögerungen und die Unsicherheit, ob der OTB überhaupt gebaut werden kann, haben letztlich für Siemens den Ausschlag gegeben, in Cuxhaven statt in Bremerhaven zu investieren. Leider fehlt dem Senat eine Strategie, den Strukturwandel in Bremerhaven mit dem Einbruch bei der Offshore-Windenergie weiter zu flankieren und aktiv mitzugestalten. Dabei gäbe es durchaus Möglichkeiten beispielsweise über eine Stärkung von Wissenschaft, Forschung und Wissenstransfer und besonders durch eine Stärkung der Hochschule Bremerhaven. Die Haushaltsentwürfe des Senats enthalten hierzu jedoch keinerlei Ideen und Ansätze. Deswegen sind sie aus Bremerhavener Sicht trotz einzelner positiver Aspekte auch nicht zustimmungsfähig. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Janßen.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man sich das von der SPD Gesagte durch den Kopf gehen lässt, könnte man meinen, dass meiste sei gut. Sie haben am Schluss ein paar Punkte genannt, bei denen noch Handlungsbedarf für den Bremerhavener Haushalt besteht. Ich glaube aber, dass wir insgesamt festhalten müssen, dass dieser Haushalt nicht geeignet ist, die Probleme, die derzeit in Bremerhaven auch in der Öffentlichkeit breit

diskutiert werden, abzufangen und bei den Fehlentwicklungen der letzten Jahre, bei dem Bildungsnotstand und auch bei der Situation im Hinblick auf die Immobilien gegenzusteuern. Wir haben erhebliche Kritik daran, dass das Land keine Verantwortung für die Zustände in Bremerhaven übernimmt. So viel will ich vorweg generell sagen.

(Beifall DIE LINKE - Abg. Röwekamp [CDU] bricht seinen Beifall ab)

Das wurde nicht ganz geteilt.

(Abg. Röwekamp [CDU] Es war aber auch nicht ganz falsch!)

Bremerhaven ist nicht nur eine der Kommunen mit der höchsten Armutsquote, mit der höchsten Kinderarmutsquote, mit der höchsten Quote an privater Verschuldung, sondern auch eine Kommune mit sehr großen eigenen finanziellen Problemen. Das wurde jetzt schon mehrfach benannt. Für die nächsten zwei Jahre sind globale Minderausgaben von knapp 40 Millionen Euro in den Haushalten eingestellt. Diese müssen im Haushaltsvollzug noch erwirtschaftet werden. Damit müssen die Haushalte, die schon jetzt keine auskömmliche Finanzierung der öffentlichen Aufgaben mehr gewährleisten können, weiter überspart werden. Das ist eine Notlage, die im Bildungsbereich derzeit auch durch ein Bündnis immer wieder öffentlich thematisiert wird. Wir sind in einer Situation, in der das Bildungssystem nicht mehr mit den steigenden Anforderungen umgehen und nicht dafür sorgen kann, dass die soziale Spaltung der Gesellschaft verringert wird. Wir sind in einer Situation, in der Bremerhaven auf die Unterstützung des Landes angewiesen ist.

(Beifall DIE LINKE)

Der Senat hat durchaus erkannt, dass gerade der Bereich Kita und der Bereich Bildung verstärkt werden müssen, und entsprechend Verstärkungsmittel eingestellt. Wir haben im Haushalts- und Finanzausschuss noch einmal konkret nachgefragt, was davon in den Kommunen ankommt, was davon in Bremerhaven ankommt. Daraufhin wurde uns geantwortet, dass von den 90 Millionen Euro insgesamt 1 Million Euro ganz konkret für Bremerhaven zur Verfügung stehen.

(Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Aber doch nicht von den kommunalen Mitteln!)

Das ist eine Quote, mit der nicht nur die Bremerhavenerinnen und Bremerhavener unzufrieden sein müssen, sondern auch wir als Landesparlament. Deshalb haben wir beantragt, Bremerhaven mit 20 Prozent, also mit dem sonst üblichen Schlüssel, an diesen Verstärkungsmitteln zu beteiligen.

(Beifall DIE LINKE)

Als Erläuterung für den zweiten Punkt unseres Antrags möchte ich nur ein paar Anmerkungen machen, da dies in der Debatte bereits angesprochen wurde. Wir beantragen, dass der Kommunalausgleich, den das Land gewährleisten soll, neu verhandelt wird. Er hätte bereits Ende letzten Jahres abgeschlossen sein sollen. Herr Eckhoff, Sie haben es bereits in Ihrer Eingangsrede gesagt. Wir erwarten, dass das zeitnah nachgeholt, dass das der Bürgerschaft entsprechend vorgelegt und dass der Kommunalausgleich im Interesse der Bremerhavenerinnen und Bremerhavener neu aufgestellt wird, um zu gewährleisten, dass die soziale Spaltung kleiner und nicht größer wird. Das ist mit dem vorgelegten Haushalt nicht möglich. - Danke schön!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Professor Dr. Hilz.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vieles ist über Bremerhaven schon gesagt worden. Ich möchte kurz auf unsere konkreten Vorschläge eingehen, die wir Ihnen im Rahmen der Änderungsanträge hier vorgelegt haben.

Zum einen sind wir der Auffassung, dass Bremerhaven genauso wie Bremen mehr Polizisten braucht. Bei der letzten Personalaufstockung in Bremen von 2 540 auf 2 600 Polizisten ist in Bremerhaven die Zielzahl gleich geblieben. Das ist aus unserer Sicht ein falsches Signal. Wir wollen eine Erhöhung auf zunächst 486 Polizistinnen und Polizisten bei uns in Bremerhaven.

(Beifall FDP)

In einem zweiten Punkt haben wir - das hat Frau Böschen schon angesprochen - die Übernahme des nicht unterrichtenden Personals durch das Land beantragt. Wir haben für beide Stadtgemeinden beantragt, das nicht unterrichtende Personal durch das Land übernehmen zu lassen. Das soll aus unserer Sicht erst einmal eine Teilentlastung sein. 80

Prozent der Kosten müssen dadurch gegenfinanziert werden, dass die Zuweisung an die beiden Stadtgemeinden um 80 Prozent der Kosten reduziert wird, solange noch keine Lösung im innerbremischen Finanzausgleich vorliegt.

Ich schließe mich meinen Vorrednern an, dass es natürlich dringend einer Lösung im innerbremischen Finanzausgleich bedarf. Diesbezüglich ist einerseits der Senat in der Pflicht, aber - auch das möchte ich von dieser Stelle sagen - auch der Magistrat ist hier in der Pflicht. Wir brauchen eine gemeinsame, eine nachhaltige Lösung zwischen Senat und Magistrat.

(Beifall FDP)

In unserem nächsten Punkt geht es um den OTB. Nach realistischer Einschätzung, Wahrscheinlichkeitsrechnung und Erfahrung aus verschiedenen juristischen Auseinandersetzungen wird es in den Jahren 2018 und 2019 keinen weiteren Bau des OTB geben, weil einfach die rechtliche Lage noch nicht geklärt sein wird. Wir halten es für unsinnig, die Investitionsmittel für den OTB schon im Haushalt 2018/2019 einzuplanen. Deswegen beinhaltet einer unserer Anträge die Streichung dieser Mittel.

(Beifall FDP)

Ich möchte nun noch etwas zu dem kürzlich von der Koalition zu den sogenannten Klushuizen vorgelegten Antrag sagen. Beantragt werden 200 000 Euro pro Jahr, um Schrottimmobilien zu ertüchtigen et cetera. Das halten wir für eine gute Initiative. Deswegen werden wir diese mittragen. Unsere Punkte für Bremerhaven sind aber im Wesentlichen: Übernahme des nicht unterrichtenden Personals durch das Land, Teilentlastung der Stadt, dadurch mehr Polizisten für Bremerhaven und: Mittel für den OTB für andere Haushaltsstellen freigeben. - Vielen Dank!

(Beifall FDP)

Als nächster Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Dogan.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren! Die Grünen-Fraktion hält die vorliegenden Haushaltsentwürfe für die Bereiche Bremerhaven und Häfen für eine unter den bekannten Haushaltsbedingungen gelungene und gute Grundlage für die Arbeit in den nächsten zwei Jahren.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Der vorliegende Haushalt ermöglicht es Bremerhaven, weiter zu wachsen, die positive Wirtschaftsentwicklung fortzusetzen sowie Arbeitsplätze zu schaffen. Die Häfen spielen dabei eine Schlüsselrolle und werden entsprechend auch berücksichtigt. Wir wissen alle, dass jeder fünfte Arbeitsplatz hier im Land Bremen direkt oder indirekt von den bremischen Häfen abhängt. Deswegen werden wir mit Millioneninvestitionen unsere Häfen künftig auch weiterhin konkurrenzfähig aufstellen.

Jetzt komme ich zu Bremerhaven. Sie wissen alle, dass der Stadtgemeinde die Personalkosten der Lehrkräfte zur Verfügung gestellt werden. Im Rahmen der Bildungsdebatte vorhin ist noch einmal deutlich geworden, dass Bremerhaven zusätzlich zu den anderen Mitteln auch Verstärkungsmittel im Rahmen des Handlungskonzepts „Frühkindliche Bildung und Schule“ in Höhe von 20 Prozent für die nächsten zwei Jahre für Entlastungsstunden an den Schulen, für Förderdiagnostik, unterstützende Pädagogik und für Begabungsförderung erhält. Herr Janßen, Sie sind eben auf den Bericht im Haushalts- und Finanzausschuss eingegangen, dem zufolge Bremerhaven 20 Prozent dieser Verstärkungsmittel bekommt. Die restlichen Mittel sind kommunale Mittel, die die Stadtgemeinde Bremen zur Verfügung gestellt hat.

Auch die Ausrüstung der Polizistinnen und Polizisten wird verbessert. Bremerhaven erhält pro Jahr 150 000 Euro für die Anschaffung von Schutzwesten und Schutzhelmen. Die Ortspolizeibehörde wird aufgrund der veränderten Sicherheits- und Gefahrenlage weiterhin mit Stellen verstärkt.

Eine gute Arbeitsmarktpolitik ist in einer Stadt wie Bremerhaven mit einer so hohen Arbeitslosenquote ein außerordentlich wichtiges Thema. Deswegen wird es auch weiterhin Mittel für die Jugendberufsagentur in Bremerhaven geben. Auch die hohe Quote von Langzeitarbeitslosen wollen wir senken, um diesen Menschen und damit auch ihren Kindern neue Lebensperspektiven zu ermöglichen. In den nächsten zwei Jahren werden im Rahmen des LAZLO-Programms weiterhin Mittel für Bremerhaven zur Verfügung gestellt.

Wir investieren auch in das deutsche Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven.

Zum Schluss möchte ich auf den kommunalen Finanzausgleich zu sprechen kommen, der tatsäch

lich Ende 2016 hätte neu verhandelt werden müssen. Wir wissen alle, dass es vonseiten Bremerhavens und auch vonseiten des Senats in den letzten Monaten sehr viele Gespräche gegeben hat. Ich appelliere nicht nur an den Senat, sondern auch an den Magistrat, dass die Neuverhandlungen des kommunalen Finanzausgleichs so schnell wie möglich erfolgen. Uns ist es wichtig, dass dieses Problem endlich gelöst wird, auch weil wir mit der SPD einen Antrag zum nicht unterrichtenden Personal gestellt haben. Wir bitten darum, dass beide Seiten dies endlich neu verhandeln, denn das ist für die Bremerhavener Bürgerinnen und Bürger wichtig.

Natürlich läuft der kommunale Finanzausgleich. Wir werden auch besser ausgestattet. Für jeden einzelnen Bürger bekommt Bremerhaven viel mehr als die Stadtgemeinde Bremen. Das ist aber keine Wohltat vonseiten Bremens - das möchte ich auch noch einmal deutlich sagen -, sondern die Kommunen angemessen auszustatten, ist etwas, was unsere Verfassung vorsieht. Deswegen bitte ich darum, dass das zügig umgesetzt wird. - Vielen Dank, meine Damen und Herren!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Grobien.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte aus der Sicht der CDU-Fraktion noch ein paar Sätze zu den Häfen sagen. Über die Bedeutung der bremischen Häfen für die bremische Wirtschaft brauche ich nicht mehr viele Worte zu verlieren. Es ist schon angekommen: Jeder fünfte Arbeitsplatz - 77 000 Arbeitsplätze in Bremen und Bremerhaven - ist direkt oder indirekt mit den Häfen verbunden. Prosperierende stadtbremische Häfen und die positiven Entwicklungen des Container- und Automobilumschlags der letzten Jahre und Jahrzehnte in Bremerhaven zeigen das eindeutig.

Für einen Hafenstandort sind allerdings funktionierende Hafenanlagen von eminenter Bedeutung. Hier geht es mit der Sanierung von hinfälligen Kajen viel zu langsam voran. Erst vor einigen Wochen konnten wir zwar im Industriehafen ein Kajenprojekt eröffnen, Planung und Realisierung haben aber weit über zehn Jahre in Anspruch genommen.

Von dem notwendigen Ersatzneubau der Drehbrücke in Bremerhaven, der mit über 100 Millionen Euro veranschlagt wird, will ich gar nicht reden.

Dafür sowie auch für die Ertüchtigung der Columbuskaje sind in der Investitionsplanung des Haushalts, wenn überhaupt, nur unzureichende Planungsmittel vorgesehen. Stattdessen schröpfen Sie die Sondervermögen Hafen und Fischereihafen über zusätzliche Abführungen an den Haushalt, um den Sanierungskurs in den kommenden beiden Jahren irgendwie noch hinzubekommen. Entlarvend sind da die Aussagen der Finanzsenatorin im Haushalts- und Finanzausschuss, dass diese Mittel ab 2020 lediglich bedarfsgerecht zurückgeführt werden können. Kreative Haushaltsführung nennt man so etwas wohl.

Durch die Fehleinschätzungen und Annahmen des Senats beim OTB ist - auch das wurde schon in zwei Redebeiträgen gesagt - der Windenergieboom in den letzten Jahren an Bremerhaven vorbeigegangen. Wenn - wie von Siemens - erst einmal eine Standortentscheidung getroffen wurde, ist diese meist irreversibel, auch wenn die geplante Erschließung des Industrie- und Gewerbegebiets Luneplate für Bremerhaven noch einige Chancen im Hinblick auf andere Branchen bietet. Der Senat darf nur nicht wie das Kaninchen vor der Schlange auf ein letztinstanzliches Gerichtsurteil warten, sondern muss parallel dazu ein neues Planfeststellungsverfahren für ein allgemeines Schwerlastterminal einleiten,

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Ohne Gleisanschluss!)

also ohne Beschränkung auf den Offshore-Umschlag. Damit können wir Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau vom Standort Bremerhaven überzeugen, der diese zusätzlichen Arbeitsplätze dringend braucht.

(Beifall CDU)