Protokoll der Sitzung vom 07.12.2017

(Beifall CDU, FDP)

Er hat betont, dass deutsche Sonderwege in der Geschichte regelmäßig ins Desaster geführt haben. Er hat eindringlich betont, dass dies nur eingebunden im Rahmen eines Bündnisses verhindert werden kann und dass Bündnis auch heißt, Lasten verlässlich und dauerhaft gemeinsam zu tragen. Er hat betont, dass Sicherheit die Voraussetzung dafür ist, auch im Bereich der Abrüstung, langfristig gemeinsam und schrittweise weiterzukommen, und er hat recht behalten.

Wir haben unsere Freiheit, Demokratie und Rechtstaatlichkeit behauptet, und wir sind in punkto Abrüstung weitergekommen. Wir haben den kalten Krieg überwunden, und wir haben schließlich sogar unsere staatliche Einheit wiedergewonnen. Diese Einsichten und Erfahrungen zeigen, Einseitigkeit und das Setzen auf vordergründigen Effekte helfen in diesem Politikbereich eben nicht weiter, denn diese Grundsätze haben an Wahrheit und Aktualität in Wahrheit nichts verloren, meine Damen und Herren!

(Beifall CDU, FDP)

Um nicht missverstanden zu werden: Natürlich bleibt es eine Vision, ohne Atomwaffen leben zu können, aber der Weg zu dieser Vision führt nicht über einseitige Maßnahmen, sondern über einen gegebenenfalls steinigen Weg der gewachsenen Gemeinsamkeit, des Miteinanders und des Bearbeitens von Konfliktursachen. Den kann es geben, wie das Beispiel Iran zeigt.

Dieser Weg muss auch gegenüber anderen eingeschlagen werden, die sich Atomwaffen anschaffen, wie wir es gerade in Nordkorea beobachten. Aber gerade, weil wir, zumindest derzeit, noch in einer Welt leben, in der nach wie vor Diktatoren und potenziell auch Terroristen nach Nuklearwaffen streben, dürfen sie am Ende nicht die Einzigen sein, die über solche Waffen verfügen. Dabei geht es gar nicht darum, dass sie diese Waffen unbedingt einsetzen. Es geht einerseits um die Vermeidung von Erpressbarkeit und die Verteidigung der eigenen Werte und Lebensart. Es geht auf der anderen Seite um die Wahrung der Augenhöhe mit allen potenziellen Aggressoren, gleich, welche Waffen sie sich besorgen.

Diese Botschaften sind vielleicht nicht so sexy, wie den schnellen Verzicht auf Atomwaffen zu propagieren, aber sie sind zumindest auf absehbare Zeit die Realistischeren und Nachhaltigeren, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU, FDP)

Dies hat eine Kehrseite. Es setzt voraus, dass gegenseitige Abrüstungsmaßnahmen ein wirkliches Ziel sind und verlässliches politisches Handeln Leitidee ist. Dies sehe ich - und das muss man kritisch anmerken - bei der derzeitigen Trump-Administration zurzeit nicht. Aber gerade deshalb müssen wir ein starker, aktiver und verantwortungsvoller Partner im Bündnis bleiben, dessen Glaubwürdigkeit und Einfluss gerade dann groß ist, wenn Einseitigkeit und bündnispolitische Rosinenpickerei vermieden werden. Nur als aktiver Partner können wir uns wirksam auch für Abrüstung einsetzen. Das zu verbinden, ist, zugegeben, schwieriger zu vermitteln, aber so können wir am Ende wirklich Positives bewirken, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU, FDP)

Zum Schluss! Die UN-Blauhelmtruppen haben auch schon einmal den Friedensnobelpreis verliehen bekommen. Es ist nicht überliefert, dass Sie dies hier wortreich und dringlich begrüßt hätten. Damit sind wir an einem Punkt, der uns immer wieder unterscheidet, nämlich die Einheitlichkeit, Vereinfachung und die populistische Nuance Ihrer Botschaften. Ja, unsere differenzierte Herangehensweise des einen und des anderen ist vielleicht ein begründungsbedürftiges Produkt, aber diese Politik hat und wird erfolgreich im Sinne einer friedlichen Entwicklung in Freiheit sein. Deshalb werden wir differenziert über Ihren Antrag abstimmen. - Herzlichen Dank!

(Beifall CDU, FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Zenner.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir unterhalten uns über ein ernstes Thema, das Menschen persönlich betrifft und internationale Verantwortung erfordert.

Der deutsche Liberalismus, die Freie Demokratische Partei, hat international entsprechende Verantwortung seit Jahrzehnten übernommen. Denken Sie an Außenminister Stresemann mit dem Weg Deutschlands in den Völkerbund, denken Sie an die Regierung Brandt/Scheel mit der Ostaussöhnung, denken Sie an den KSZE-Prozess mit Helmut Schmidt und Hans-Dietrich Genscher, und denken Sie an die Initiative von Guido Westerwelle im Jahre 2009, Deutschland zu einer atomfreien Re

gion zu machen. Die FDP weiß also, wovon sie redet, und sie hat über Jahrzehnte entsprechende politische Verantwortung übernommen.

(Beifall FDP)

Heute debattieren wir über eine Organisation, ICAN, die sich für die internationale Abrüstung, insbesondere für ein Atomwaffenverbot, stark macht. Wir begrüßen dieses gesellschaftliche Engagement. Wir unterstützen es. Wir nehmen mit Respekt zur Kenntnis, dass durch diese Initiativen das Bewusstsein von der Auswirkung von Atomwaffen in der Welt noch mehr hervorgerufen wird. Deswegen begrüßen wir es auch, dass dieser Organisation ein Preis verliehen wird, der Friedensnobelpreis, denn das ist sicherlich eine großartige Auszeichnung. Wir beglückwünschen die Organisation zu dieser Auszeichnung.

(Beifall FDP)

Ich habe auch mit dem Bremer Dr. Pohlmeyer telefoniert. Wir sind in vielen Punkten völlig d’accord. Deswegen werden wir auch die Ziffer 1 des Antrags unterstützen. Ich will jetzt nicht kleinkrämerisch das eine oder andere Wort in Abrede stellen, es geht uns einfach darum, nach außen hin zu bekunden, dass diese Initiative es wert ist, auch von uns aufmerksam unterstützt zu werden.

(Beifall FDP)

Wir stimmen allerdings nicht damit überein, ein Atomwaffenverbot zu vereinbaren. Eine solche Vereinbarung ist nicht durchsetzbar. Es gibt keine Einrichtung, die dafür einsteht, dass dieses Verbot eingehalten wird, es gibt keine internationale Einrichtung, die es durchsetzen kann. Es gibt lediglich die Selbstverpflichtung der einzelnen Staaten.

Eine solche Vereinbarung kann auch nur dann Sinn machen, wenn sich die Atommächte selbst an einer solchen Vereinbarung beteiligen, und dies ist absolut nicht ersichtlich.

(Abg. Rupp [DIE LINKE]: Brauchen wir da auch nicht!)

Deswegen kommt es darauf an, Realismus walten zu lassen und mehr auf diplomatische Initiativen zu setzen, die die Rüstungskontrolle und die Abrüstung im Blickfeld haben.

(Beifall FDP)

Wir sind hier auch mit Außenminister Gabriel einer Meinung, der dieses Verbot nicht für unterzeichnungswürdig hält. Ein SPD-Außenminister, meine Damen und Herren, der nicht dahintersteht, was Sie hier beantragen. Ich könnte mir auch vorstellen, dass der vormalige Außenminister der Grünen, der Realpolitiker Joschka Fischer, diesem Antrag so nicht zugestimmt haben würde.

(Abg. Rupp [DIE LINKE]: Das kann ich mir auch vorstellen!)

Deswegen Realismus walten lassen! Wir können nur weitere Schritte auf dem Weg zur Abrüstung und der Rüstungskontrolle gehen, wenn Deutschland sich im Namen und in der Struktur der NATO bewegt. Wir bekommen es auch nur dann hin, wenn wir die im Aufbau begriffene europäische Verteidigungsgemeinschaft - wenn Sie die letzten Wochen bedenken - als Initiative sehen.

Es macht auch keinen Sinn, einseitig gegenüber Putin oder Kim Jong-un in Vorleistung zu treten. Der Kollege hat es richtig gesagt: Wir haben einmal einen NATO-Doppelbeschluss gefasst. Mit seriösen Politikern und auf Augenhöhe mit anderen Mächten zu verhandeln, das hat uns im Ergebnis etwas gebracht, aber nicht einseitige Vorleistungen zu erbringen, mit denen wir uns politisch einfach nur schwächen und in der Friedens- und Abrüstungspolitik nichts bewirken.

(Beifall FDP, CDU)

Deswegen, meine Damen und Herren, die Ziffer 1 des Antrags findet unsere Unterstützung und unsere Anerkennung. Die Aufforderung, den Vertrag zu unterschreiben, halten wir außenpolitisch und verteidigungspolitisch nicht für den richtigen Weg. Wir werden diesen Teil des Antrags ablehnen. - Danke schön!

(Beifall FDP)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Schaefer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die grünen Wurzeln liegen in der Umwelt- und in der Friedenspolitik. Wir sind überzeugt, dass eine Welt ohne Waffen - und vor allen Dingen ohne Atomwaffen - eine bessere und sicherere Welt ist.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Wir haben hier auch ganz sicher eine Differenz mit der CDU, Herr vom Bruch. Den Glauben, dass Atomwaffen eine gegenseitige Abschreckungswirkung entfalten und daher zum globalen Frieden beitragen, teilen wir nicht. Wir teilen auch nicht die Annahme, dass man damit die Freiheit und Unabhängigkeit schützen kann. Es ist so, die Grünen haben damals gegen den NATO-Doppelbeschluss protestiert, und sie haben ihn kritisiert.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Und Sie haben eben nicht recht behalten!)

Herr vom Bruch, ich habe Ihnen wirklich sehr geduldig zugehört,

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Entschuldigung!)

und das ist mir zum Teil sehr schwergefallen! Ich habe Ihre Meinung erst einmal zur Kenntnis genommen. Vielleicht hören Sie mir einfach einmal zu, damit Sie meine beziehungsweise die Meinung der Grünen erfahren.

Wir haben damals dem NATO-Doppelbeschluss nicht zugestimmt. Sie sagten gerade, dass wir den Kalten Krieg überstanden hätten, ganz ehrlich, ich habe nicht das Gefühl, dass das der Fall ist. Im Gegenteil, wir leben doch in einer Zeit, in der - wie ich schon finde - unberechenbare Präsidenten in etlichen Staaten, aber auch Großmächte regieren. Ich habe eher das Gefühl, dass wir auf dem Weg sind, in eine Zeit zurückzukehren, die dem Kalten Krieg sehr ähnlich ist, gerade auch deshalb, weil Herr Trump immer wieder ankündigt, die Gelder für die Atomwaffen aufzustocken.

Der UN-Sicherheitsrat ist ja gerade in den letzten Wochen und Monaten sehr oft zusammengetreten - auch heute im Übrigen -, weil Nordkorea Atomtests und Raketenversuche durchgeführt hat. Natürlich ist eine direkte Gefahr für die unmittelbaren Nachbarn, wie Südkorea oder Japan, vorhanden, aber das Verhalten Nordkoreas birgt auch geopolitisch ein wirklich großes Risiko, zumal Präsident Trump gleich mit der totalen Vernichtung Nordkoreas kontert. Das ist ein Risiko, das es in den letzten Jahren nicht gegeben hat.

Ich finde, es ist das Risiko einer atomaren Eskalation, die deutlich gestiegen ist. Frau Grotheer ist darauf eingegangen, welche Wirkungen, welche tödlichen Wirkungen Atombomben entfalten können. Bei einem Atomtest Nordkoreas konnte man die Schwingungen im Boden bis Bayern spüren. Daran sieht man, welche Wucht dahintersteckt.

Ich finde es bedenklich, wenn zwei Wild-West-Präsidenten, einer in Nordkorea und einer in den USA, ihre machtbesessenen Drohungen dann auch wahr machen sollten, den Weltfrieden gefährden, Millionen Menschen in den Tod schicken würden und ganz sicher den Rest der überlebenden Menschheit in das Elend stürzen. Ganz ehrlich, auch das, was gestern passiert ist, nämlich Trumps Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels, macht nicht nur die Friedensverhandlungen in Nahost schwieriger, sondern bringt generell Unruhe auch in die Länder, die Atomwaffen besitzen oder in Verdacht stehen, Atomwaffen zu produzieren. Das ist gefährlich, meine Damen und Herren.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD, DIE LINKE)

Umso mehr muss man die Arbeit der Organisation ICAN dankbar honorieren, die sich seit dem Jahr 2007 für ein Verbot von Atomwaffen einsetzt. Sie verdienen zu Recht den Friedensnobelpreis, und dazu gratulieren wir.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD)

Die Vereinten Nationen haben dieses Jahr im Juli, Frau Grotheer ist schon darauf eingegangen, mit 122 Ja-Stimmen den Vertrag über das Verbot von Kernwaffen verabschiedet. Im September tagte die UN-Generalversammlung, dort unterzeichneten 53 Staaten den Vertrag. Deutschland ist bisher nicht unter den Unterzeichnern. Wir finden, es ist höchste Zeit, gerade vor dem Hintergrund der angespannten geopolitischen Lage, dass Deutschland diesen Vertrag ratifiziert.

Bremen setzt heute ein Signal, auch wenn wir ganz sicherlich heute nicht den Weltfrieden retten können, aber wir setzen heute ein Signal. Wenn jedes Land und jede Kommune ein solches Signal setzen würden, dann wären wir dem Ziel, den Weltfrieden zu erreichen, ein ganzes Stückchen näher.

Lassen Sie uns dieses Zeichen setzen, und lassen Sie uns gemeinsam ein klares Nein zu den Atomwaffen bekennen. - Herzlichen Dank!