„Das ist nicht nur politisch problematisch, sondern klaut uns faktisch die Zeit, die für die Bewältigung der echten Herausforderung dann fehlt.“
Ganz ehrlich, natürlich kann die Senatorin, die eben auch Politikerin ist, die persönliche Einschätzung haben, dass der politische Gegner - ich persönlich würde eher von „Mitbewerber“ sprechen - genau solche Fehler am Ende nutzt. Damit hat sie niemanden unbotmäßig unter Druck gesetzt, sondern sie hat lediglich darauf hingewiesen, dass es ihr lieber wäre, die Probleme zu lösen, als sich mit Anwürfen, wie Sie sie heute versuchen, zu beschäftigen.
Übrigens, wenn es in Bremen um Probleme in einzelnen Stadtteilen geht - nehmen wir einmal die Beiräte -, dann spielen parteipolitische Fragen deutlich seltener eine Rolle. Dann sind zum Beispiel auch einmal die Grünen gegenüber einem grünen Senator in diesem Sinne politische Gegner. Das gilt auch für die SPD. Der politische Gegner muss also nicht immer auf der anderen Seite oder außerhalb der eigenen Partei gesucht werden. Wenn es darum geht, um das Richtige zu streiten, dann ist der Begriff des Gegners nicht so zu deuten, wie Sie es hier tun, liebe CDU-Fraktion.
Sie fordern die Senatorin auf, mit Mängeln offen umzugehen. Wenn inzwischen ein Politikfeld in diesem Land transparent aufgestellt ist, dann ist es sicherlich der Bildungsbereich.
Schauen Sie sich die Unterrichtsstatistik an! Wir haben dort eine Vollerhebung. Diese werden Sie in anderen Bundesländern nicht vorfinden. Schauen Sie sich die Stundenzuweisungen an! Wir können an jeder Schule bis auf die letzte Stunde nachvollziehen, wie viele Stunden sie zur Verfügung hat. Danach können Sie in anderen Bundesländern lange suchen.
Ich kann beim besten Willen nichts wirklich Ehrenrühriges an dieser durchgesteckten Mail, die Sie heute besprochen haben wollten, finden und erkenne auch keine Intransparenz. Selbstverständlich darf die Senatorin den Anspruch haben, dass ihr Probleme des eigenen Ressorts benannt werden, bevor sie davon aus der Zeitung erfährt. Selbstverständlich darf sie den Anspruch haben, dass Probleme lösungsorientiert angegangen werden, bevor Eltern, wie im Fall Fischerhuder Straße, mit vielen Fragen alleingelassen werden und ihnen schlicht die Einstellung des Ganztagsbetriebs verkündet wird. Selbstverständlich darf eine Senatorin ihre Mitarbeiter auch darauf hinweisen, was sie von ihnen erwartet, nämlich Unterstützung der Schulen vor Ort. Wenn die Senatorin in dieser Mail
die Schulaufsicht auffordert, die Unterrichts- und Ganztagsversorgung nicht nur auf dem Papier, sondern auch in echt, mit ausreichend Personal an den Schulen, sicherzustellen, dann kann ich das, ehrlich gesagt, nur unterstützen.
Ich verstehe das Problem, dass Sie, liebe CDUFraktion, damit haben, nur noch weniger. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was ist entscheidend für die Verbesserung der Situation an unseren Schulen im Land Bremen? Diese Frage, die eigentlich im Zentrum der Bildungspolitik stehen sollte, kann man beantworten. Entscheidend ist, dass wir auf allen Ebenen die Personalgewinnung verstärken und verbessern, dass wir für den Lehrerberuf werben, Studienplätze schaffen, die Zahl der Referendariatsplätze erhöhen, Quereinsteiger qualifizieren sowie Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen in den sozialen Brennpunkten stärker unterstützen.
Was ist noch entscheidend? Noch entscheidend ist, dass für alle diese Maßnahmen die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, das heißt, beim Bildungshaushalt darf nicht gespart, sondern der Bildungshaushalt muss aufgestockt werden. Verstärkungsmittel sind bereitzustellen, gerade für Schulen mit besonderen sozialen Problemlagen. Die Inklusion ist zu verbessern, zum Beispiel durch Stärkung der ReBUZ und der ZuPs. Die Zahl der Referendariatsplätze ist drastisch zu erhöhen und das LIS zu stärken. All das haben wir nicht nur in Angriff genommen, sondern wir haben bereits entsprechende Beschlüsse gefasst. In sehr vielen Fällen haben die zuständigen Gremien einstimmige Beschlüsse gefasst, das heißt, Sie haben zugestimmt. Offensichtlich sind auch Sie der Meinung, dass dies die zentralen Vorhaben sind, die wir im Interesse unserer Bildungslandschaft voranbringen müssen. Um diese Vorhaben geht es im Kern in der Bildungspolitik.
Was ist in der Bildungspolitik noch entscheidend? Die Qualitätsentwicklung im Bildungswesen in Bremen ist voranzubringen. Der konkrete Arbeitsauftrag für das Institut ist gemeinsam mit Ihnen, das heißt einstimmig, beschlossen worden.
Ein „Bildungsplan 0 bis 10 Jahre“ ist aufzustellen. Der Sprachunterricht für die Geflüchteten und die Migranten ist zu verbessern. Der Mathematikunterricht an den Grundschulen ist zu stärken. Oberschulentwicklung und Inklusion sind zu evaluieren, gegebenenfalls ist nachzujustieren. Pädagogische und didaktische Reformen sind dort, wo sie nötig sind, in Angriff zu nehmen.
Was ist viertens zentral, um die Bildungssituation in unserem Land zu verbessern? Das Bauen! Wir müssen neu bauen, umbauen, anbauen, sanieren, und zwar vom Umfang her verstärkt. Dafür müssen wir alles, was uns möglich ist, mobilisieren. Auch dafür sind Haushaltsmittel nötig. Das werden im Wesentlichen bremische Mittel sein. Auch die zusätzlichen Mittel des Bundes, von denen in denen letzten Tagen immer wieder die Rede war, sind zielgerichtet und sachgerecht einzusetzen. Gegebenenfalls müssen wir Interimslösungen mit Mobilbauten finden, weil ein großes Schulgebäude nicht in einem halben Jahr entsteht, sondern länger braucht. Auch wenn wir das Länger-Brauchen zunächst einmal anerkennen, müssen wir alle Anstrengungen dafür unternehmen, dass sich die Dauer von der Planung bis zur Eröffnung einer neuen Schule oder eines Anbaus deutlich verkürzt. Das steht ebenfalls im Zentrum einer sachgerechten Bildungspolitik, wie wir sie uns vorstellen.
Was ist vergleichsweise unwichtig für die Verbesserung der Schulsituation? Hier zusammenzukommen und über E-Mails einer Senatorin mit ihrer eigenen Verwaltung zu diskutieren!
Warum ist es besonders unnötig, diesen Konflikt an dieser Stelle hochzuziehen? Ich habe es soeben erwähnt: In der Sache haben Sie unseren Haushaltsvorschlägen nicht widersprochen. Sie haben zwar zu einzelnen Punkten vorgeschlagen, noch mehr Geld bereitzustellen. Wir haben jedoch nicht gesehen, woher wir es nehmen sollten. Unseren Vorschlägen zur Mobilisierung von Mitteln in dreistelliger Millionenhöhe - pro Jahr! - für den Bildungshaushalt haben Sie jedenfalls aus vollem Herzen
zugestimmt. Sie haben weder der Qualitätsentwicklung, die jetzt auf den Weg gebracht wird, noch anderen zentralen Entscheidungen, die in den zuständigen Gremien getroffen wurden, widersprochen. Sie haben vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass Sie mit uns an einem Strang ziehen, wenn es darum geht, die Bildungssituation in Bremen zu verbessern.
Ich kenne den E-Mail-Verkehr, über den der „Weser-Kurier“ berichtet hat, bis heute nicht. Ich habe aber in der Zeitung ein Zitat aus dieser E-Mail gefunden, dem ich aus vollem Herzen zustimmen kann: „Es ist die Aufgabe des Referats“, so lautet das Zitat, wie es die Zeitung wiedergibt, „nicht nur die Probleme vor Ort anzuhören, sondern diese aufzugreifen und ins Haus zu transportieren. Immer mit dem Ziel, Abhilfe zu schaffen.“ Gäbe es irgendwann einmal eine Bildungssenatorin oder einen Bildungssenator von den LINKEN, der FDP oder der CDU, so würde es mich extrem erstaunen, wenn Sie diese Auffassung über die Arbeit in einem Ressort nicht teilten. Meine Damen und Herren, das sehen Sie mit Sicherheit ganz genauso.
Zwischen der Tatsache, dass Sie es ganz genauso sehen, und der Aussage: „Daran sieht man wieder einmal, dass Sie sich den Staat zur Beute gemacht haben“, ist ein so großer Unterschied, dass ich ihn selbst mit meinen langen Armen hier vorn nicht darstellen kann. Das ist schlichtweg das Gegenteil! Im Grunde vertreten Sie die gleiche Auffassung, was diesen zentralen Satz angeht, dass nämlich die Verwaltung dafür da ist, der Ressortleitung zu berichten, wo es brennt, dann Vorschläge zu unterbreiten und sich auf die Lösung zu konzentrieren, das heißt, der Schule zu helfen, diese schwierige Situation zu überstehen.
Daran habe ich keinen Zweifel. Ich habe auch keinen Zweifel daran, dass die Senatorin es genauso sieht und dass sie genauso denkt, wie sie es in dieser Mail zum Ausdruck gebracht hat. Ich gehe davon aus, wir alle teilen die Auffassung, dass Verwaltung so funktionieren sollte. Es ist allerdings, sagen wir es einmal vorsichtig, ein schwieriger Umstand, dass offensichtlich aus der Verwaltung heraus - der Adressatenkreis war begrenzt - der Weg über den „Weser-Kurier“ gesucht wurde, um sich mit der eigenen Senatorin auseinanderzusetzen. Das ist, finde ich, der problematische Punkt an dieser Stelle.
Am Ende des Tages bitte ich Sie darum, dass wir die Debatte, die wir heute führen - Sie haben das Recht, sie zu führen - an dieser Stelle beenden. Wir sollten zu den Punkten, die ich vorhin aufgezählt habe, zurückkehren und uns darauf sowie auf die vielen guten Ideen, die Sie sicherlich in Zukunft beisteuern werden, um unsere Bildung besser zu machen, konzentrieren. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen, sehr geehrte Besucher! Die E-Mail-Affäre von Frau Senatorin Dr. Bogedan, über die wir heute im Rahmen der Aktuellen Stunde diskutieren, wirft ein Schlaglicht auf das Bildungsdebakel, das 70 Jahre SPD-Regentschaft im Land Bremen angerichtet haben, und auf das Amtsverständnis einer sozialdemokratischen Politikerin.
Die desaströsen Folgen der dezidiert linken Bildungspolitik in Bremen, die auch vom amtierenden rot-grünen Senat vorangetrieben wird, sind in diesem Hause ja schon des Öfteren Thema gewesen. Zu Recht! Bremer Schülerinnen und Schüler belegen in nationalen Leistungsvergleichen regelmäßig den letzten Platz, und das sicherlich nicht deshalb, weil unsere Kinder weniger begabt oder weniger leistungsbereit wären als die in anderen Bundesländern.
Die Bildungspolitik von SPD und Grünen weist aber nicht nur eine schlechte Performance auf. Sie ist im Vergleich zum gegliederten, differenzierten Schulsystem auch sehr ressourcen- und vor allem personalintensiv. Genau mit diesem Problem sehen sich Bremens Schulen in der Praxis konfrontiert, sie stoßen zunehmend an ihre Kapazitätsgrenzen. Der Flüchtlingszustrom der letzten Jahre und die Integration einer großen Zahl an Zuwandererkindern in das bremische Bildungssystem erhöhen die Herausforderungen noch. Die Grundschule Fischerhuder Straße in Gröpelingen, die den Eltern ihrer Schüler in einem Rundbrief Ende Januar mitteilte, dass der Ganztagsbetrieb mangels Personal stark eingeschränkt werden müsse, ist nur ein Beispiel von vielen.
Wie reagierte Frau Senatorin Dr. Bogedan auf das Bekanntwerden des Schreibens? Sie maßregelte die zuständigen Beamten ihres Ministeriums und
warf ihnen mangelnde Unterstützung der Schulen bei der Bewältigung des Fachkräfteproblems und der Lösung schulbetrieblicher Fragen vor, anstatt die Rückmeldungen aus dem Schulalltag zum Anlass zu nehmen, die Bildungspolitik in Bremen grundsätzlich zu hinterfragen und über Korrekturen nachzudenken. So wälzt Frau Dr. Bogedan die Verantwortung für die Missstände auf ihre Untergebenen ab. Das ist einfach und bequem, aber sicherlich nicht zielführend und qualifiziert. Um die Vision der Einheitsschule als Ausgeburt des linken Gleichheitswahns mit Inklusion und Ganztagsbetreuung Wirklichkeit werden zu lassen, ist eine große Zahl von qualifizierten Lehrern, Sozialpädagogen und anderen Fachkräften erforderlich.
(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Wo haben wir denn eine Einheitsschule? - Abg. Tschöpe [SPD]: Das muss etwas Sozialistisches sein!)
Diese wachsen nun einmal nicht auf Bäumen und können von den Mitarbeitern des Bildungsressorts auch nicht aus dem Hut gezaubert werden. Fakt ist, auf dem Arbeitsmarkt fehlen Lehrer in großer Zahl, und das nicht nur in Bremen, sondern in ganz Deutschland. Nach Angaben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sind allein an Grundschulen bundesweit 2 000 Lehrerstellen unbesetzt. In einer im Januar dieses Jahres vorgelegten Studie der Bertelsmann Stiftung heißt es, dass bis 2025 knapp 105 000 neue Lehrer eingestellt werden müssten, um den Bedarf zu decken. An den Universitäten können bis dahin aber nur 70 000 Pädagogen ausgebildet werden. Damit ergibt sich eine Lücke von 35 000 Fachkräften. Die personalintensive Bildungspolitik von Rot-Grün trägt maßgeblich zu diesem Problem bei.
Wenn nicht genug Personal zur Verfügung steht, ist eine integrative Regelbeschulung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf nicht möglich, es sei denn, man nimmt erhebliche Einbußen in der Unterrichtsqualität zulasten der Schülerinnen und Schüler in Kauf. Das aber wäre unverantwortlich. Es ist deshalb absehbar, dass Einheitsschule und Inklusion bereits am Personalmangel scheitern werden. An dieser Konsequenz ändern auch Rüffel von Senatorin Dr. Bogedan an die Adresse ihrer Mitarbeiter nichts, die von Realitätsblindheit zeugen.
Bremen täte schon aus diesem Grund gut daran, den Irrweg „Einheitsschule“ zu verlassen und zum gegliederten Schulsystem zurückzukehren. Das weist bekanntermaßen nicht nur eine sehr viel höhere Effizienz in der Bildungsvermittlung auf, sondern ist auch weniger personalintensiv und preiswerter. Im Übrigen ist das integrative Schulmodell auch nicht sozial gerechter, wie viele Untersuchungen schon gezeigt haben. Solange aber die SPD im Land Bremen das Sagen hat, dürfte der Schritt zurück zur bildungspolitischen Vernunft nicht getan werden. Stattdessen wird man weiter versuchen, die Probleme unter den Teppich zu kehren und hinter dem Rücken von Presse und Öffentlichkeit behördenintern abzuarbeiten. Schließlich dürfen die wachsenden Zweifel an der Praxistauglichkeit rot-grüner Bildungspolitik in der Bevölkerung nicht überhandnehmen. Die reine ideologische Lehre darf weder infrage gestellt noch verwässert werden, so das Credo der Verantwortlichen.
Auf diese Linie hat Senatorin Dr. Bogedan in Reaktion auf den Brandbrief der Grundschule Fischerhuder Straße auch die Mitarbeiter ihres Ministeriums einschwören wollen. Man müsse künftig schon im Ansatz verhindern, dass solche Vorgänge wie die in Gröpelingen publik werden, heißt es im internen E-Mail-Verkehr. Denn sonst würden viele Anfragen - oder wieder Anfragen - in der Bürgerschaft gestellt werden, und die Behörden wären gezwungen - ich zitiere -, „diese Situation zu erklären.“ Halten wir fest: Frau Dr. Bogedan sieht die parlamentarischen Kontrollrechte der Bürgerschaft und kritische Fragen von Abgeordneten als ein Problem an, das es zu vermeiden gelte.