Protokoll der Sitzung vom 22.02.2018

Sie sind, glaube ich, einmal angetreten, weil irgendwie die AfD Vertrauen in Sie hatte. Danach waren Sie bei Allianz für Fortschritt und Aufbruch, jetzt sind bei LKR, manche Ihrer Kollegen sind schon bei Bürger in Wut gelandet. Meinen Sie, das stärkt das Vertrauen der Wähler in die Parteien?

(Beifall CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Nein, die Parteien, insbesondere SPD, CDU, FDP, haben seit Kriegsende massiv dafür gesorgt, dass in der Bundesrepublik Deutschland - und auch übrigens bei aller Kritik, die wir haben an Politentscheidungen hier in Bremen, aber wir stehen natürlich insgesamt im europäischen, im weltweiten Vergleich hervorragend da - die Menschen sich wünschen, in unserem Land, in Deutschland zu leben, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist auch ein Verdienst von Parteiendemokratie, und das muss man an dieser Stelle auch einmal so deutlich erwähnen.

(Beifall CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP)

Dann hat sich in den 70er-Jahren, 80er-Jahren etwas geändert, da sind die Grünen dazugekommen, und sie haben es vorgemacht. Mit seriöser Arbeit kann man sich auch langfristig im Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland etablieren. Wenn man aber permanent den Namen wechselt, wenn man permanent wegläuft oder wenn man nur populistische Politik macht, dann wird das nicht gelingen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP)

Liebe Frau Wendland, ich meine, Sie hatten auch einmal das Vertrauen, glaube ich, der Grünen. Deshalb sind Sie da überhaupt nur auf die Liste gekommen, und dann wegzulaufen und sich hinzustellen und über elitäre Parteien - -. Merken Sie nicht, wie Sie sich selbst widersprechen und übrigens auch Ihre Wähler veralbern mit einem solchen Beitrag, liebe Frau Wendland?

(Beifall CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP)

Ich halte dies für höchst problematisch, und aus diesem Grund ist es gut, dass die Parteien natürlich auch Einfluss auf eine Liste haben, aber genauso gut ist es auch, dass je mehr Menschen das Personenstimmrecht nutzen, umso ausführlicher wird sich auch nach den Personen, die die Menschen haben wollen, die Bürgerschaft zusammensetzen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Es ist getrennte Abstimmung beantragt worden. Dies betrifft allein die Ziffer - -.

Herr Kollege?

Ich habe angekündigt, dass ich gern eine kurze persönliche Erklärung abgeben würde zu meinem Abstimmungsverhalten. Soweit mir bekannt ist, ist das erlaubt. Das ist offensichtlich jetzt im Zuge des Verfahrens untergegangen.

Das ist untergegangen, das stimmt.

Ich gebe das Wort an den Abgeordneten Rupp.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich fand das jetzige Verfahren immer richtig, und ich war der Meinung in Abwägung aller Probleme, die damit zu tun haben, dass man die anders lösen muss, als die Stimmvergabe umzukehren. Wir haben das in der Fraktion und in der Partei sehr intensiv diskutiert, und aus Respekt vor der Mehrheitsentscheidung meiner Partei werde ich diesem Gesetzentwurf zustimmen. - Danke!

(Beifall)

Zu einer weiteren persönlichen Erklärung gebe ich das Wort an den Abgeordneten Erlanson.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir werden heute über eine Änderung des Wahlrechts abstimmen, und ich habe mich zu einer persönlichen Erklärung gemeldet, da ich abweichend von meiner Fraktion der Änderung nicht zustimmen werde. Da man als Abgeordneter auf der einen Seite seinem Gewissen verpflichtet ist und auf der anderen Seite aber auch Mitglied einer Fraktion ist und somit auch deren Inhalte teilt, möchte ich die folgende Erklärung abgeben:

Ich denke, sehr wesentlich ist, und das hat die Diskussion vorher auch bewiesen, dass das jetzt geänderte Wahlrecht durch einen erfolgreichen Volksentscheid mit 70 000 Unterschriften eingeführt wurde. Viele Punkte sind genannt worden, ich glaube, ich muss sie hier nicht mehr aufzählen. Wir müssen aber jetzt feststellen, und die Initiative Demokratie hat es deutlich ausgedrückt, das Ziel der Änderung, die wir heute beschließen werden, wird die Bedeutung der von den Parteien aufgestellten Listen steigern. Kandidatinnen und Kandidaten, die weiter hinten auf der Liste stehen, sollen geringere Chancen haben ein Mandat zu erhalten, dadurch haben die Wählerinnen und Wähler weniger Einfluss zu bestimmen, wer sie in der Bürgerschaft vertritt.

Ohne Zweifel, das will ich hier auch nicht in Abrede stellen, hatte das alte System viele Schwächen. Ich glaube aber auch, wie auch die nicht abgearbeitete Liste des nichtständigen Ausschusses beweist, dass man viele der Probleme hätte heilen können. Das hat man aber nicht getan, offensichtlicher Weise war dem Ausschuss am Ende wichtiger, sich darauf zu konzentrieren, was für die meisten Ausschussmitglieder offenbar das Entscheidende war, nämlich die Änderung des Sitzverteilungsverfahrens. Die Änderung dieses Sitzverteilungsverfahrens hat ja zum Ergebnis, dass es eine gewollte Stärkung der Parteienliste zur Folge hat.

Für mich abschließend, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, gibt es in der politischen Auseinandersetzung bei diesem Wahlrecht drei generelle Einwände. Der erste ist für mich, ich glaube, gegen Rechtspopulisten und Demokratie- und Parteienmüdigkeit hilft nur mehr Demokratie und nicht weniger.

(Glocke)

Ich finde es deutlich kritikwürdig, wenn ein Parlament in eigener Sache, nämlich in seinem Wahlmodus einen Volksentscheid mit 70 000 Zustimmungen durch einen einfachen Beschluss kassiert. Wo ist hier der Dialog, wo ist hier der Dialog mit der Zivilgesellschaft? Ich finde, das ist keine Empfehlung für eine lebendige Demokratie.

Ich muss auch sagen, als politisches Individuum, jetzt einmal ganz unabhängig von Parteien, bekenne ich mich persönlich, und das ist ja auch bekannt, zu einem emanzipatorischen Sozialismus. Gerade aus der geschichtlichen Erfahrung betone ich, muss man lernen, dass dieser Sozialismus mit - -.

(Abg. Güldner [Bündnis 90/Die Grünen]: Da gab es aber keine Personenstimmen! - Abg. Frau Dr. Mül- ler [Bündnis 90/Die Grünen]: Nein! - Heiterkeit - Unruhe)

Dieser Sozialismus wird demokratisch sein, oder er wird kein Sozialismus sein. Ich persönlich, das ist eine persönliche Erklärung, als linker Aktivist in den ganz, ganz verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen, von der Schule über die Ausbildung, dem Zivildienst, dem Studium und auch der Erwerbsarbeit, ich habe überall in diesen biografischen Bereichen dafür gekämpft, dass es eine Ausweitung der demokratischen Rechte gibt. Dass es mehr demokratische Teilhabe und mehr Basisdemokratie gibt.

(Glocke)

Aus dieser Überzeugung kann ich einer Verschlechterung des Wahlrechts nicht zustimmen. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Lieber Herr Kollege, wir haben Sie jetzt nicht unterbrochen, aber nach Paragraf 42 der Geschäftsordnung kann nach Schluss der Aussprache eine persönliche Erklärung abgegeben werden zur Abwehr persönlicher Angriffe oder zur Berichtigung eigener Ausführungen. Wir haben Sie jetzt reden lassen, aber das war jetzt ein bisschen eine Überziehung unserer Geschäftsordnung.

Meine Damen und Herren, es ist getrennte Abstimmung beantragt worden.

Dies betrifft allein die Ziffer 1 des Antrags, da Ziffer 2 bereits abschließend in der Januar-Sitzung beraten worden ist.

Ich lasse deshalb nur noch über den Antrag zur Änderung des Wahlgesetzes in zweiter Lesung abstimmen.

Zunächst lasse ich über den Artikel 1 Ziffer 3 des Gesetzesantrags abstimmen.

Hier ist namentliche Abstimmung beantragt.

Wer den Artikel 1 Ziffer 3 des Gesetzes zur Änderung des Bremischen Wahlgesetzes in zweiter Lesung beschließen möchte, möge sich deutlich mit Ja, Nein oder Enthaltung zu Wort melden.

(Es folgt der Namensaufruf.)

Meine Damen und Herren, ich gebe Ihnen das Ergebnis bekannt.

Abgestimmt haben 73 Abgeordnete.

Es gibt 60 Ja-Stimmen, 13 Nein-Stimmen und keine Stimmenthaltung.

Somit steht das Ergebnis fest.

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt den Artikel 1 Ziffer 3 des Gesetzesantrags in zweiter Lesung.

Jetzt lasse ich über den Artikel 1 Ziffern 1, 2 und 4 bis 6 sowie Artikel 2 des Gesetzes in zweiter Lesung abstimmen.

Wer den Artikel 1 Ziffern 1, 2 und 4 bis 6 sowie Artikel 2 des Gesetzesantrags in zweiter Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, FDP, BIW, Abg. Schäfer [LKR], Abg. Tassis [AfD], Abg. Frau Wendland [parteilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Abg. Erlanson [DIE LINKE])

Stimmenthaltungen?