Es ist so, die Wahlbeteiligung und Anzahl der ungültigen Stimmen haben etwas damit zu tun, dass viele Menschen in Bremerhaven nicht das Gefühl haben, dass die Bürgerschaft hier für sie in irgendeiner Weise tätig ist und für sie etwas Positives bewirkt. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass in der Tat hier keine positiven Ergebnisse für Bremen gebracht werden. Unsere Bildungspolitik und un
sere Finanzpolitik haben die schlechtesten Ergebnisse in der ganzen Bundesrepublik. Man kann das eigentlich über alle Bereiche ziehen. Wo immer wir Vergleiche anstellen, sagen wir, hier läuft es am schlechtesten im Bundesvergleich. Wozu machen wir uns überhaupt die Mühe?
Wenn man jetzt darüber redet, die Wahlbeteiligung zu erhöhen, die Leute wieder für diese Bürgerschaft einzunehmen, dann kann ich doch nicht ein Zeichen setzen indem ich sage, jetzt gehen wir einen Schritt zurück und stärken die Listen der Parteien, weil, die Vorbehalte gegen die Parteien sind vorhanden. Es mögen Vorurteile und Eindrücke sein, das mag auch mit der Realität nur eingeschränkt zu tun haben, aber diese Vorurteile sind da.
Die Kollegen aus der SPD müssten das eigentlich begriffen haben, nachdem sie jetzt in den Umfragen bundesweit auf 15,5 Prozent abgestürzt sind. Woran liegt denn das? Das liegt doch nicht daran, dass die Menschen mit Ihrer Politik nichts mehr zu tun haben wollen, sondern es liegt daran, dass Ihrem Bundesvorstand vorgeworfen wird, als Closedjob-Verantwortung der Partei Dinge vorzugeben. Ob das stimmt oder nicht, ist dabei gar nicht so von Belang, sondern es ist der Eindruck, den sie erweckt haben.
Was ist eigentlich das Problem der CDU? Das Problem der CDU, ist, auch sie haben sinkende Umfragewerte, und in der Umfrage ist es eben bundesweit so, dass der Eindruck herrscht, es ist ein Merkel-Wahlverein geworden, sie können die Kritik an der Bundeskanzlerin in der eigenen Partei noch gerade einmal unterdrücken. In den sozialen Netzwerken gibt es die Kritik von Ihren Parteikollegen. Das alles fördert Demokratieverdrossenheit.
Man kann es natürlich kompliziert reden mit den Personenstimmen und mit den Listenstimmen, aber es in der Tat so, damals, als wir gewählt worden sind, hatten wir 25 Prozent Personenstimmen und 75 Prozent Listenstimmen. Natürlich habe ich als Spitzenkandidat auch die meisten Personenstimmen bekommen. Wenn wir das neue Wahlrecht gehabt hätten, wäre unsere Liste zu 100 Prozent gewählt worden. Mit dem damaligen Wahlrecht hatten wir eben noch die Möglichkeit, individuell einen Kandidaten hineingewählt zu bekommen, den die Partei nicht vorgesehen hat.
Das halten wir für richtig, und deswegen verwahre ich mich vor der Diffamierung der Kollegin Wendland als Populistin. Einmal ganz ehrlich, Populismus ist unser aller Geschäft. Das habe ich in diesem dreijährigen Praktikum gelernt, wir alle sind Populisten, durch die Bank, weil wir in ganz vielen Diskussionen nicht die Fakten würdigen und uns nicht ernsthaft mit den Dingen auseinandersetzen, sondern mit plakativen Äußerungen kommen und versuchen, die Dinge so zu vereinfachen, als nähmen wir die Wähler nicht ernst.
(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist das, was die Rechtspopulisten machen! - Abg. Röwekamp [CDU]: In wie vielen Parteien wa- ren Sie eigentlich schon?)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist richtig, wir haben überhaupt keine Veranlassung, ohne Selbstkritik hier aufzutreten und zu agieren. Ich denke auch nicht, dass wir es uns leisten können, das nicht wahrzunehmen, es zu analysieren und für uns letztendlich auch anzunehmen.
Was ich allerdings überhaupt nicht verstehe, ist die Wendung von das ist demokratischer, und das ist weniger demokratisch. Wenn ich sage, ich mache hier freies Schießen, ich überspitze ein wenig, ihr könnt alle über Personenstimmen wählen, und dann schauen wir einmal, wie dieses Parlament aussieht; wenn ich das zu Ende denke, dann stellen wir demokratische Strukturen infrage und wagen eigentlich ein Agieren, das ohne jegliche Konsequenz bezüglich des Ergebnisses auskommt. Wir müssen das innerhalb unserer Strukturen ändern, der Meinung bin ich tatsächlich immer noch, das ist richtig. Ich glaube nicht, dass es eine richtige Variante und eine Strategie sind zu sagen, okay, wir öffnen das.
Wir haben als politische Menschen ein unglaublich schlechtes Image, ich meine als Politiker, weil wir Politik zum Teil eben hauptberuflich ausüben. Ich finde diese Pauschalierungen zum allergrößten Teil dann auch durchaus verletzend, gerade für Landesparlamente, für Menschen, die in Beiräten und
Ähnlichem unterwegs sind, die sich ehrlich einsetzen und davon überzeugt sind, dass das, was sie tun, auch für die Gesellschaft das Richtige ist. Schön!
Es gibt aber natürlich auch Parteikader, es gibt tatsächlich diesen Zugang, und es gibt die closed jobs, es gibt auch die Klüngeleien. Selbstverständlich sind wir auch alle in der Lage, uns gegenseitig mit populistischen Vorwürfen zu ärgern. Auch das stimmt. Wir können uns aber nicht hinstellen und sagen, wählt doch völlig frei, und dann haben wir letztendlich ein Ergebnis, wo mehr oder weniger wahrscheinlich 83 Individualisten und Individualistinnen hier sitzen. Das halte ich für ein riesiges Problem, wenn wir das zu Ende denken. Ich würde Demokratie jetzt wirklich empfehlen, das zu Ende zu denken. Wenn wir solche Umwälzungen in Kauf nehmen, dann müssen wir auch darüber nachdenken, was das unter dem Strich letztendlich heißt. Deshalb denke ich, dass diese Zusammenstellung, wie es hier jetzt eigentlich gedacht ist, dass wir sagen, die Personenstimmen erhalten einen Zuschnitt, wo man sehr viel mehr an Stimmen braucht, was nach wie vor geht - -. Menschen, die sehr viele Stimmen bekommen, ob jetzt Menschen mit Migrationshintergrund oder andere, wird es weiter geben, das halte ich für richtig.
Was ich anmerken muss, was ich sehr bedauerlich finde ist, dass das mit den Heilungsregelungen nicht funktioniert. Die Oppositionsparteien haben sich eigentlich darauf verständigt, dass es möglich ist, wenn es ungültige Stimmen gibt - fünf Stimmen sollen ja abgegeben werden -, wenn aber im Ergebnis der Wählerwille ablesbar ist, dann soll das auch gewertet werden, und dafür gibt es ja Möglichkeiten. Das heißt also, es wird für die Partei gewertet, aber nicht für die Aufteilung zwischen Listen- und Personensitzen. Wenn ich mir die Stadtteile ansehe mit den ungültigen Stimmen wie Gröpelingen oder Blockdiek: Dort liegen wir bei 4,7 Prozent, das ist exorbitant viel für den Anteil der ungültigen Stimmen. In Schwachhausen sind es nur 1,5 Prozent. Das ist eine Unwucht, eine extreme Unwucht.
Das müssen wir letztendlich auch einpreisen und darüber nachdenken, wie wir den Menschen diesen Wählerwillen auch einräumen können. Das ist ein Anspruch, der an uns gestellt wird, und der hat auch mit Wahlverdrossenheit zu tun. Es hat auch damit zu tun: Meine Stimme ist ja weniger wert.
Der Ausschöpfungsgrad in unseren Stadtteilen ist geringer. Das ist ein inakzeptabler Zustand. Ich fand es sehr bedauerlich, dass insbesondere die Grünen sich damit nicht anfreunden konnten, das mit einzubeziehen, aber das müssen wir dringend ändern.
Das sind Effekte, die bei diesem Wahlverfahren letztendlich nach hinten losgehen und natürlich den Eindruck stärken, es ist völlig egal, ob ich zur Wahl gehe oder nicht. Darum bin ich dafür, dass wir das noch einmal auf die Tagesordnung setzen und dass wir das auch auf jeden Fall noch einmal weiter bearbeiten. Ansonsten denke ich, wir können zum aktuellen Zeitpunkt der Vorlage zustimmen. - Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich hier noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich auf den Redebeitrag des Kollegen Schäfer kurz eingehen will, der, denke ich, einen falschen Eindruck davon vermittelt, was in Bremerhaven damals passiert ist.
Es war mitnichten so, Herr Schäfer, dass eine große Anzahl von Stimmzetteln mit einer bestimmten Bekundung der Bürger versehen war. Wir hatten damals 34 000 Stimmzettel in Bremerhaven, und ich habe ja nun mit alle gesichtet, zweimal. Ich kann Ihnen sagen, dass diese Bekundungen: ich bin Charlie Brown, oder ich will euch nicht, maximal in einem Bereich lagen, in einem Promillebereich. Das heißt, vielleicht 34, 40 Stimmzettel davon waren mit solchen Bekundungen versehen. Das will ich nur sagen, damit hier nicht der Eindruck erweckt wird, die Bremerhavener geben bei Wahlen ihrem Protest dadurch Ausdruck, indem sie nicht wählen, sondern eben die Stimmzettel beispielsweise mit solchen persönlichen Bekundungen ungültig machen.
Das Problem in Bremerhaven war ja, dass bei der Nachzählung, die wir einmal als Bürger in Wut vorgenommen haben, und die dann noch einmal seitens der Stadtverordnetenversammlung vorgenommen wurde, festgestellt wurde, dass Stimmen falsch gewertet wurden. Das ist kein Problem der Bekundung, sondern das ist ein Problem des Auszählens. Beispielsweise: Es gab sechs Stimmen auf
mehrere Parteien verteilt, auf mehreren Seiten, von denen wurden aber nur fünf erkannt, und damit wurde dieser Stimmzettel nicht ungültig gewählt, sondern gültig gewählt. Oder es wurden sechs Stimmen für die Partei X abgegeben, aber leider für die Partei Y gewertet. Im Endeffekt, meine Damen und Herren, hat sich ja damals alles so ein bisschen neutralisiert, weil es einmal für die eine Partei positiv war und einmal für die andere. Aber Fakt ist, dass es diese Fehler gab und dass wir aufpassen müssen, dass diese Fehler bei zukünftigen Wahlen ausgemerzt werden.
Es ging ja bei der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung immerhin um 2 600 Stimmen, die damals falsch gewertet wurden. Deswegen, um diese Fehler zu beheben, müssen wir zukünftig darauf achten, und das war ja auch die Empfehlung aus Bremerhaven, dass erst einmal das Auszählverfahren verlängert wird, dass also nicht gesagt wird, um 16.00 Uhr schließen die Urnen, ihr müsst auszählen, wir brauchen um 21.30 Uhr für die Tagesthemen nun das Ergebnis der Wahl. Wir müssen den Zählerinnen und Zählern, den Wahlhelfern, genügend Zeit geben hier die Stimmzettel auszuzählen. Des Weiteren müssen wir natürlich auch darauf achten, dass dann richtig eingetragen wird; denn nach der Wahlordnung ist es ja so, dass derjenige, der die Zahlen in den PC eingibt, diese noch einmal laut ansagen muss, dass er sie eingegeben hat. Es kann ja nicht sein, dass 2 600 Stimmen falsch eingegeben worden sind, wenn tatsächlich dort eine zweite Person ist, die diese Eingabe kontrolliert. Da gab es auch Fehler, dass hier die Mechanismen nicht gegriffen haben, und darauf müssen wir achten. Ich verwahre mich jedoch gegen den Eindruck, dass in Bremerhaven die Menschen nur mit irgendwelchen persönlichen Bekundungen ihren Unmut auf dem Stimmzettel preisgeben. - Danke!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal kurz gemeldet, um einige Aspekte anzusprechen. Zunächst zu dem von Herrn Tschöpe am Anfang angesprochene sogenannte negative Stimmgewicht. Den Begriff halte ich in diesem Zusammenhang für falsch. Er war seinerzeit bei der Bundestagswahl einmal Thema, als in Sachsen nachgewählt werden musste, wo die CDU in einem bestimmten Bereich der Prozente ankommen musste. Wenn man zu viele Stimmen hat, ist man nicht dabei. Das ist in diesem Fall bei unserem Wahlrecht nicht so, denn je mehr Personenstimmen jemand
hat, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er dabei ist. Unabhängig davon, ob er über Personen- oder Listenstimmen gewählt ist.
Wenn Sie das Ganze jetzt umdrehen, zuerst die Personen verteilen und dann die Listen, haben Sie den gleichen Effekt. Wer viele Personenstimmen hat, ist dabei, wer weniger Personenstimmen hat, ist nicht dabei. Also diesen Effekt bekommen Sie auch durch das Umdrehen der Stimmen nicht heraus.
Zweiter Aspekt, der Frauenanteil: Ja, durch das Wahlrecht wurden die Listen durcheinander gewürfelt, und Frauen sind zum Teil herausgefallen, aus den Listen. Das ist aber auch Demokratie. Der Anteil der Frauen unter den Wählern ist vergleichbar mit dem Anteil der Männer unter den Wählern, und insofern ist das auch ein Teil der Demokratie und ich glaube auch nicht, dass wir dafür verantwortlich sind, wenn ich meine Fraktion anschaue, dass wir dafür da sind, dass hier so viele Männer im Parlament vertreten sind.
Dritter Aspekt, der mir in der Debatte aufgefallen ist: Herr Eckhoff sagte, bei den hinteren Stimmen oder auf den hinteren Rängen ist es dann eher ein Zufallsprodukt, wer in das Parlament kommt. Ich halte es für eine schwierige Wortwahl, im Zusammenhang mit dem Wählerwillen von einem Zufall zu sprechen. Ich glaube schon, dass die Wählerinnen und Wähler das System jetzt sehr gut verstanden haben, dass sie wissen, was sie tun mit ihren Stimmen und dass es am Ende nicht zufällig ist, wer in dieses Parlament einzieht und wer nicht.
Deshalb bleiben wir dabei, wir finden es richtig, alles so zu belassen wie es ist. Die Menschen draußen haben es verstanden, sie wissen damit umzugehen mit diesen Rechten, die sie bekommen, und wissen es auch auszunutzen. - Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf den letzten Punkt von Herrn Hilz gehe ich gern ein. Herr Hilz, vielleicht ist das Wort nicht ganz glücklich gewe
sen. Ich wollte damit sagen, dass es nachher tatsächlich, wenn der eine Kandidat 2 143 und der andere 2 142 Stimmen bekommt und das darüber entscheidet, dass das zumindest so eng ist, dass dazu zumindest ein bisschen Glück gehört, ich will es einmal so formulieren. Zufallsprinzip ist vielleicht das falsche Wort in diesem Zusammenhang.
Deshalb habe ich mich aber nicht gemeldet. Ich verstehe noch immer nicht das Problem in letzter Konsequenz der FDP, dass man jetzt sagt, es ist nicht gut, dass die Personenstimmen mehr zählen als die Listenstimmen, indem das nämlich nach vorn gesetzt wird. Ich will auch sagen, ich glaube, dass das eine Chance ist. Es ist erst einmal richtig, natürlich, jeder denkt ja an sich selbst. Ich kann dann sagen, ich glaube, ich hatte Platz acht auf der Liste, hatte die viertmeisten Personenstimmen, gewählt wurde ich über die Liste. Für das Ego, sage ich einmal, wäre es natürlich schöner gewesen, wenn man hätte sagen können, wow, die Personenstimmen waren es, vielen Dank an jeden Wähler für diese Personenstimmen, die man bekommen hat.
Insofern, ich glaube, dass es richtig ist, dass die Personenstimmen im Mittelpunkt stehen, und was wir gemeinsam mit mehr Demokratie auch erreichen müssen, ist, dass die Menschen sich noch differenzierter mit den Kandidaten auseinandersetzen und noch mehr tatsächlich auch die Chance nutzen, das Personenwahlsystem im Mittelpunkt.
Ich meine, dass wir das, auch je mehr wir dieses Kumulieren und Panschieren in den Mittelpunkt stellen, auch erreichen werden. Ich will auch noch einmal ganz deutlich betonen, wir sind neben Hamburg übrigens das einzige Bundesland, das dieses Prinzip hat. Auch das ist ein großer Fortschritt für unser Bundesland.
Deshalb habe ich mich aber gar nicht gemeldet. Ich habe so verschiedene Sachen gehört von Herrn Schäfer, von Frau Wendland, wo jetzt sozusagen noch solch ein Parteien-Bashing stattgefunden hat. Ich sage es einmal ganz deutlich, mir geht es auf die Nerven, gerade von Ihnen, Herr Schäfer, denn ich weiß schon gar nicht mehr, für wen Sie sprechen.
Sie sind, glaube ich, einmal angetreten, weil irgendwie die AfD Vertrauen in Sie hatte. Danach waren Sie bei Allianz für Fortschritt und Aufbruch, jetzt sind bei LKR, manche Ihrer Kollegen sind schon bei Bürger in Wut gelandet. Meinen Sie, das stärkt das Vertrauen der Wähler in die Parteien?