Im Kernbereich der Verwaltung sind mehrere tausend Stellen gestrichen worden. Die Folgen sehen wir jetzt. Wir sind rein verwaltungstechnisch gar nicht mehr in der Lage, mit den Flüchtlingsströmen umzugehen. Deshalb müssen wir jetzt bei den Stellen nachsteuern. Das ist die Realität.
Wozu führen denn Ihre blödsinnigen Ideen, ständig irgendwelche Aufgaben zu streichen? Entweder werden sie nicht mehr erledigt – wer aber erledigt sie dann? –, oder sie werden von Unternehmen erledigt, die ihre Mitarbeiter nicht anständig bezahlen, sondern prekär beschäftigen. Ich kann Ihnen zahlreiche Beispiele nennen, in denen das der Fall ist. Hören Sie auf, mit Ihren Märchen ständig die Leute beeinflussen zu wollen. Das sind Wege in eine Zukunft, die auch Sie nicht anstreben.
Ich will noch eine Anmerkung zur aktuellen Situation machen. Es ist nicht nur so, dass die Zinsausgaben höher als die Investitionen sind. Die Sozialausgaben sind mittlerweile höher als die Zinsausgaben. Jetzt sagen Sie mir bitte, wie Sie im Rahmen Ihres Konzepts von Aufgabenstreichungen dieses Problem lösen wollen! Wollen Sie denen, die ohnehin wenig haben,
noch mehr wegnehmen? Wir haben gestern, als es um die Situation von betreuungsbedürftigen Kindern ging, darüber gesprochen, wie hoch die Fallzahlen sind, für die ein Fallmanager zuständig ist. Wollen Sie die Fallzahlen erhöhen? Wollen Sie die Kinder alleinlassen?
Schauen Sie sich doch an, wofür dieses Geld – es sind mittlerweile 800 Millionen Euro – verwendet wird! Es kommt Leuten zugute, die unmittelbar darauf angewiesen sind, dass solche Ausgaben getätigt werden. Wollen Sie die entsprechenden Aufgaben ablösen und von Leuten erledigen lassen, die dafür noch schlechter bezahlt werden? Wie wollen Sie das machen? Sie tischen uns hier ständig Märchen auf. Deswegen ärgert es mich ein ums andere Mal, wenn Sie diese Debatte anzetteln.
Wir können gern über eine Altschuldenregelung reden. Eine solche Diskussion fände ich durchaus interessant. Wir müssen aber auch unterhalb einer Altschuldenregelung tätig werden. So wäre es durchaus sinnvoll, gemeinsam mit dem Bund und möglichweise mit anderen Ländern einen Kreditpool zu bilden, das heißt, gemeinsam Kredite zu günstigeren Konditionen aufzunehmen. Ich habe mir von Finanzfachleuten sagen lassen, dass es dadurch möglich wäre, die Zinszahlungen in den nächsten fünf bis sieben Jahren um ungefähr 500 Millionen Euro zu reduzieren. Das hat überhaupt nichts mit einer veränderten Aufgabenwahrnehmung oder einer Verlagerung von Verantwortung zu tun, sondern ist das Ergebnis einer ganz einfachen betriebswirtschaftlichen Rechnung.
Auf diesen Minimalkonsens könnten sich die Ministerpräsidenten am 3. Dezember 2015 sicherlich einigen. Wir würden von einem gemeinsamen Kreditfonds profitieren, da wir nur dieselben niedrigen Zinsen wie der Bund zahlen müssten. Das wäre ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Vielleicht können Sie mithelfen, dafür zu werben, dass am Ende der Verhandlungen am 3. Dezember 2015 wenigstens dieses Ergebnis steht.
Ich bin auch gespannt darauf, welchen Preis wir bezahlen müssen, wenn wir tatsächlich mehr Geld aus dem Länderfinanzausgleich erhalten. Hat der Stabilitätsrat die Haushaltshoheit in Bremen? Sind wir gezwungen, Sozialpolitik nach Kassenlage zu machen, wenn wir vor der Frage „Standards senken?“ stehen? Ich bin gespannt. Ich bin überzeugt davon, dass Bremen einen Preis bezahlen muss, wenn wir 200 Millionen Euro, 300 Millionen Euro oder 400 Millionen Euro bekommen. Der Preis wird wohl der schleichende Verlust der Eigenständigkeit sein, nicht auf dem
Papier, aber de facto. Das wird sich daran zeigen, welche Entscheidungshoheit dieses Haus noch hat. Wenn es so weit ist, reden wir wieder darüber. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Steiner, mit Ihrer Idee einer „wettbewerbsorientierten Länderfinanzpolitik“ kann ich, ehrlich gesagt, überhaupt nichts anfangen.
Wenn wir hier im Land Politik machen, dann machen wir das doch im Wettbewerb um die Wählerstimmen, nicht im Wettbewerb darum, drei Euro mehr aus einem Länderfinanzausgleichstopf zu bekommen. Uns geht es darum, gute Lebensverhältnisse für unsere Bürgerinnen und Bürger herzustellen. Das muss doch das Ziel unserer Politik sein. Wir verfolgen dieses Ziel.
Die in dem Titel der Aktuellen Stunde aufgeworfene Frage, wie es nach der Ministerpräsidentenkonferenz mit dem Länderfinanzausgleich weitergeht, finde ich durchaus berechtigt. Zumindest war sie zu dem Zeitpunkt berechtigt, als die Aktuelle Stunde beantragt wurde. Vor ein paar Wochen sah es in der Tat noch so aus, als ob sich die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten hier in Bremen auf eine Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen einigen könnten. Tatsächlich wurde, soweit ich es mitbekommen habe, in Bremen gar nicht über dieses wichtige Thema gesprochen. Daher könnten wir uns diese Debatte eigentlich sparen und Ihnen kurz antworten: Es wird weiterverhandelt.
Ich möchte aber an dieser Stelle kurz festhalten, was bisher erreicht wurde. Es gibt zwei unterschiedliche Vorschläge, die die Grundlage der Verhandlungen über die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen bilden. Ein Vorschlag kommt von den ALändern – das sind die SPD-geführten Länder –, ein anderer Vorschlag von den B-Ländern, also den Län
dern mit CDU-geführten Regierungen. In beiden Vorschlägen wird anerkannt, dass Bremen und das Saarland besondere Hilfen benötigen, und das ist ein erster Erfolg. Das ist wichtig für unser Bundesland!
Wir Grünen haben uns immer dafür eingesetzt, dass es eine Regelung für die Altschulden gibt. Wir müssen leider feststellen, dass in keinem der beiden Vorschläge das Thema Altschulden oder besondere Hilfen für deren Begleichung eine Rolle spielen. Dabei hätte eine Altschuldenregelung – das haben Sie angesprochen – strukturell wirklich geholfen, denn ohne Zinszahlungen hätte Bremen ja schon heute einen ausgeglichenen Haushalt geschafft.
In dem hohen Schuldenstand liegt ein hohes Risiko, denn zurzeit zahlt Bremen jedes Jahr circa 600 Millionen Euro Zinsen an die Banken. Dieses Niveau konnten wir zwar in den letzten Jahren trotz steigender Schulden halten, aber nur, weil die Zinsen gesunken sind und weil das Finanzressort durch Zinssicherungsgeschäfte dafür gesorgt hat, dass Bremen möglichst geringe Zinsen zahlt, und es so eben auch noch für die nächsten Jahre absichert.
Was aber ist in zehn Jahren? Wer von uns weiß denn heute, wie viele Zinsen wir dann für unseren Schuldenberg zahlen müssen? Wenn die Banken vom Land Bremen statt 600 Millionen Euro 1,2 Milliarden Euro verlangen, dann ist das bei einem Gesamthaushalt von knapp 4,8 Milliarden Euro aus heutiger Sicht nicht zu bewältigen. Es bleibt allerdings zunächst dabei, dass Bremen mit diesem Zinsrisiko allein umgehen muss. 300 Millionen Euro Zinshilfe vom Bund sind eine Hilfe, aber eben auch nicht mehr.
Warum gibt es eigentlich den Länderfinanzausgleich, über den wir hier reden? Unser Grundgesetz verpflichtet den Staat, dafür zu sorgen, dass im Bundesgebiet gleichwertige Lebensverhältnisse hergestellt werden. Die Finanzkraft eines Landes und der Erfolg eines Standorts sind von der historisch gegebenen Wirtschaftsstruktur abhängig, das ist doch auch gerade hier in Bremen offensichtlich. Der Länderfinanzausgleich soll strukturelle Unterschiede zwischen den Ländern ausgleichen. Wir müssen auch feststellen, dass die Finanzkraft der Länder durch die jeweilige Landesregierung auch kaum zu beeinflussen ist.
Der Länderfinanzausgleich es deshalb keine Entwicklungshilfe und auch kein Almosen, sondern erfolgt direkt aus der Verpflichtung zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse.
Aus unserer Sicht muss deshalb die Angleichung der Finanzkraft an den Länderdurchschnitt auch weiterhin das zentrale Prinzip des Finanzausgleichs sein.
Für uns Grüne ist klar: Die Position der Länder im föderalen Bundesstaat muss gestärkt werden. Die dem Bund, den Ländern und den Gemeinden zustehenden Steuereinnahmen müssen dafür aufgabengerecht verteilt werden.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal darauf hinweisen: Bei allen Vorschlägen ist auch der Bund mit im Spiel! Wenn wir uns die Einnahmen Bremens anschauen, dann wird doch auch sofort deutlich, dass der Länderfinanzausgleich nur einen kleinen Teil davon ausmacht. Wir müssen uns nicht nur den Länderfinanzausgleich anschauen, sondern auch die vorgelagerten Regelungen zur Steuerverteilung. Die Methoden der primären Steuerzerlegung, zum Beispiel das Wohnort- oder Betriebsstättenprinzip bei der Lohnsteuer, oder auch den Modus der Umsatzsteuerverteilung. Diese sind für die Einnahmen eines Landes ebenso verantwortlich wie die tatsächliche Wirtschaftskraft.
Insgesamt müssen wir auch feststellen, dass die Finanzausstattung der Gesamtheit der Länder im Verhältnis zum Bund nicht ausreicht. Mit der Schuldenbremse ist den Ländern ab 2020 der Weg zur Kreditfinanzierung ihrer Ausgaben versperrt. Die Höhe der Ausgaben ist jedoch – und das sehen wir komplett anders als Sie! – insbesondere durch bundesgesetzliche Verpflichtungen nur begrenzt durch die Länder steuerbar. Viel zu oft werden vom Bund zu tragende Kosten auf Länder und Kommunen abgewälzt. Der Bund muss also zukünftig seiner Verpflichtung, den Ländern eine aufgabengerechte Finanzausstattung zu gewähren, stärker nachkommen. Dies kann er durch einen größeren Länderanteil am Steueraufkommen oder durch die Erhöhung der gesamtstaatlichen Steuereinnahmen erreichen.
Wichtig ist uns auch, dass in Zukunft die Steuerverwaltung im gesamten Bundesgebiet effizienter und gleichmäßiger geregelt wird. Es kann nicht sein, dass manche Bundesländer zu wenig Steuerprüfer einstellen und so ein Wettbewerb um die attraktivste Steueroase unter den Bundesländern entsteht. Außerdem muss Deutschland seine Kompetenz im Bereich der Steuerfahndung bei Großkonzernen unbedingt stärken. So können Bund und Länder ihre Einnahmen allein durch den Vollzug der bestehenden Regeln erhöhen, ohne die Steuern zu erhöhen.
Dramatisch ist aber insbesondere die finanzielle Situation der Kommunen in ganz Deutschland. Bei der Neufassung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs ist eine ausreichende Finanzausstattung der Kommunen sicherzustellen.
Das ist auch der Grund, warum wir den Vorschlag der A-Länder besser finden als den der CDU-geführten Länder, denn bei diesem werden die Gemeinden stärker berücksichtigt. Eine Verteilung, wie sie die CDU-geführten Länder fordern, die zudem die sowieso schon finanzstärkeren Länder noch stärker begünstigt, trägt nichts dazu bei, gleichwertige Verhältnisse herzustellen, ganz im Gegenteil!
Ich fasse zusammen: Erstens, die Frage der FDP, wie es weitergeht, lässt sich einfach beantworten. Es wird weiter verhandelt, nach der MPK ist vor der MPK.
Zweitens, bei den Verhandlungen muss es darum gehen, eine strukturell fairere Verteilung zwischen Bund und Ländern zu erreichen.
Drittens ist uns zudem wichtig, die Gemeinden stärker zu berücksichtigen, denn die Kommunen müssen viele Aufgaben finanzieren, zu deren Bewältigung sie nicht mehr in der Lage sind. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich gestehe zu, wir hätten vermutlich angesichts der Ergebnisse der Ministerpräsidentenkonferenz auch nicht die Aktuelle Stunde beantragt, aber ich finde, so bietet sich die Gelegenheit, über das Thema Haushalt auch aktuell in der Bürgerschaft zu sprechen.
Man muss ja auch fragen, woher die Erwartungshaltung kam, was auf dieser Ministerpräsidentenkonferenz beschlossen werden könnte. Es war unser Bürgermeister, der vor seinem Amtsantritt die Erwartung geweckt hat, Bremen brauche mindestens 500 Millionen Euro zusätzlich, um den Sanierungspfad weiter zu schaffen.