Es scheint hier andere Probleme zu geben. Was wir hier brauchen, sind nicht nur Klimagipfel, wir brauchen einen Bevölkerungsgipfel, um dieses Thema anzugehen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben zwei Anträge vorliegen, einmal von der Fraktion DIE LINKE mit der Koalition verbunden und von der
Fraktion der CDU. Ich nehme es vorweg, wir werden den Antrag der Fraktion DIE LINKE und der Koalition ablehnen, weil er viel zu kurz gegriffen ist und den Antrag der Fraktion der CDU unterstützen. Der entspricht dem, was in allen Punkten die Position der Fraktion der FDP ist.
Warum lehnen wir den Antrag der Fraktion DIE LINKE und der Koalition ab? Der Antrag beschreibt nur einen kleinen Ausschnitt der Problematik. Seenotrettung: Wenn wir uns die Menschen jeden Tag im Fernsehen vor Augen halten, das ergreift und erschüttert jeden. Dass diese Menschen gerettet werden müssen, privat oder staatlich, ist für uns eine Selbstverständlichkeit und das gilt es auch nicht zu kriminalisieren. Wir haben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft alles dafür zu tun, dass die Menschen nicht auf See herumirren, sondern in einen sicheren Hafen kommen und für sie gesorgt wird. Das ist das Eine.
Das Zweite ist, Bremen soll Geflüchtete oder soll aus Seenot Gerettete aufnehmen. Das ist auch eine Selbstverständlichkeit. Wir brauchen uns, was die Anstrengungen in den letzten Jahren anbelangt, bei der Integration von Flüchtlingen sicherlich nichts vormachen. Wir haben viele Menschen aus der Zivilgesellschaft, aus dem Ehrenamt, die hier erhebliche Beiträge geleistet haben. Deshalb sind diese beiden Anträge einfach viel zu kurz gegriffen und beschreiben nur einen kleinen Ausschnitt.
Im Übrigen kann eine solche Regelung für aus Seenot gerettete Personen nur zusammen auf Bundesebene oder auf europäischer Ebene geleistet werden. Einzelmaßnahmen helfen nicht richtig weiter. Man müsste es auch viel unspektakulärer machen. Die Öffentlichkeit, die wir erzeugen, ist Wasser auf die Mühlen der kriminellen Schleuserbanden.
Zweiter Punkt: Wir müssen die Frage der Migration mehr in einen größeren politischen Zusammenhang stellen. Diese Lösung ist nur europäisch möglich. Wir brauchen eine staatliche Seenotrettung im europäischen Stil. Das ist das Eine. Das Zweite ist, wir brauchen die Kooperation mit den Ländern Nordafrikas, dass die Personen, die –
über das Mittelmeer nach Europa wollen, dort auf ihren Asylstatus geprüft werden und in diese Länder zurückgeführt werden können zu sogenannten Hotspots oder Aufnahmezentren, um zu prüfen, ob ihre Asylgründe für eine Aufnahme in Deutschland oder in Europa hinreichend sind.
Das Wichtigste ist, die Zusammenarbeit in Europa und in den europäischen Staaten zu verbessern. Wenn wir das in Europa mit den europäischen Staaten nicht hinbekommen, werden wir weiter Schiffbruch erleiden. Ein Teil der europäischen Zusammenarbeit ist eine europäische Grenzpolizei, Frontex, die gleichermaßen gestützt werden muss, ein europäisches Asylrecht, das es ermöglicht, die Personen, die asylberechtigt sind, auf die europäischen Staaten zu verteilen und ein zusätzliches Einwanderungsgesetz, in dem zwischen Flucht und Migration genau unterschieden wird und mit dem für den Einzelfall die Aufnahmemöglichkeiten für Europa oder für Deutschland erleichtert werden.
Das Allerwichtigste in dem Zusammenhang: Langfristig muss es darum gehen, die Infrastruktur in Afrika, die wirtschaftliche Entwicklung in Afrika zu verbessern. Wir brauchen, wenn Sie so wollen, einen Marshallplan Europas für Afrika.
Die Bemühungen, die jetzt von Frau Merkel noch einmal aufgegriffen worden sind oder auch zuvor von der CSU und von dem CSU-Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, zeigen schon völlig in die richtige Richtung. Wir brauchen mehr finanzielle Unterstützung, wir brauchen mehr Firmen, die sich in Afrika engagieren, wir brauchen den besseren Ausbau der Infrastruktur und der Bildung, damit diese Politik als Weltinnenpolitik begriffen wird.
Dies kann langfristig dazu führen, auch im Einklang mit der Geburtenrate, die hier angesprochen wird, das ist auch ein Thema sicherlich, was man dort einbauen kann, – –. Aber nur so wird es gelingen, die Flüchtlingskontingente, die sich nach Europa bewegen, zurückzuführen. Wenn wir den Menschen in ihrer eigenen Heimat, in ihren eigenen Ländern eine Perspektive bieten.
Daneben ist es wichtig, dass wir der Schleuserkriminalität das Handwerk legen. Dieser Antrag, den sie gestellt haben, der ist nicht produktiv gegen Schleuserkriminalität. Die Leute müssen erfahren und begreifen, dass der Weg nach Europa nicht der Sicherste ist, sondern dass die Entwicklung auf ihre Heimat konzentriert werden muss und dass sie sich dort mit unserer Unterstützung weiterentwickeln können. – Dankeschön!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Was wir derzeit im Mittelmeer erleben, ist in vielfacher Hinsicht ein Drama und lässt uns nicht kalt, in vielfacher Hinsicht deshalb, weil es eben viele unterschiedliche Akteure und auch Handlungsstränge gibt.
Dass ernsthaft diskutiert wird, ob die Rettung von Menschen in höchster Lebensgefahr sinnvoll ist oder ob man damit nicht noch mehr Menschen zu dieser gefährlichen Reise über das Mittelmeer bewegt, ist aus unserer Sicht eine Schande!
Die Menschenrechte und auch unser Grundgesetz sind in dieser Frage eindeutig, und insofern ist auch die Kriminalisierung von Lebensrettern eine Schande! Wer Leben rettet, verdient Anerkennung und eben kein Gerichtsverfahren!
Diese privaten Initiativen füllen eine Lücke, die zu schließen eigentlich Aufgabe der EU und der Mitgliedstaaten wäre. Es ist ein Versagen der europäischen Mitgliedstaaten, dass sie bisher keine umfassende und verlässliche Seenotrettung geschaffen haben.
Es ist auch bedauerlich, dass die Operation „Sophia“ weiterhin bei ihrer militärischen Ausrichtung bleibt. Aus Sicht der Grünen wäre es wichtig gewesen, diese Mission in erster Linie mit der Seenotrettung als oberste Priorität zu versehen und die Unterstützung der privaten Rettungsmission ebenso festzuschreiben. Unter anderem deswegen haben die Grünen im Bundestag am Ende dem Mandat im Deutschen Bundestag nicht zugestimmt. Wir sind aber – das haben Sie vollkommen zu Recht beschrieben, Frau Grönert – den Soldatinnen und Soldaten dankbar, dass sie trotz anderer Missionen in der Vergangenheit auch dazu beigetragen haben, Menschenleben zu retten. Gleichwohl gibt es bei dieser Mission viele offene Fragen, unter anderem zum Aufbau der sogenannten libyschen Küstenwache und der Frage, wen wir da eigentlich ausbilden.
Europa muss sich dieser Verantwortung im Mittelmeer stellen, und zwar das ganze Europa. Wir brauchen legale und kontrollierte Fluchtwege und
darüber hinaus eine ausgewogene Verteilung auf alle Länder der Europäischen Union. Der europäische Gipfel im Juni dieses Jahres war dabei aus unserer Sicht keine Hilfe. Getrieben von einer Abschottungspolitik wurden das Recht auf Asyl für die EU weitgehend eingeschränkt und die Lösung der dringenden Probleme verschoben. Es ist bedauerlich, dass die Bundesregierung diese Agenda mitgetragen hat.
Ferner brauchen wir eine legale Möglichkeit der Einwanderung auch nach Deutschland, natürlich nach Kriterien, über die man zweifellos diskutieren kann und auch muss, aber ein Einwanderungsgesetz ist aus unserer Sicht mehr als überfällig!
Herr Schäfer, ich habe Ihnen bei dem Beispiel Australien aufmerksam zugehört – –. Er ist jetzt gar nicht mehr da, das ärgerlich, wenn man Argumente austauschen will. Gut, okay, aber wenn er hier wäre, würde ich ihn darauf hinweisen, dass wir dann, wenn alle Länder so verfahren und ihre Grenzen schließen würden, auf dieser Welt große Probleme hätten. Es kann nicht der Weg sein, dass jedes Land versucht, für sich die bestmögliche Lösung zu suchen. Solche Probleme löst man nur im Staatenverbund, meine Damen und Herren!
Da ist es im Übrigen auch nicht hilfreich, wenn führende Vertreter der Bundesregierung, wie unser Bundesinnenminister Horst Seehofer, im Zusammenhang mit der Seenotrettung von Shuttles sprechen. Ich glaube, dass dieser Begriff eigentlich eine Unverschämtheit ist.
Jetzt zum Antrag der Fraktion der CDU! Es ist eben in meinen Ausführungen sowohl zur Aktion „Sophia“ als auch zum EU-Gipfel deutlich geworden, dass wir da eine andere Bewertung haben. Deswegen sind die Punkte zwei und fünf für uns nicht zustimmungsfähig. Zu Punkt vier finden Sie eine sehr deutliche Aussage in unserem Antrag. Die Punkte eins, drei und sechs halten wir für zustimmungsfähig und werden ihnen gleich auch zustimmen, weil ich finde, Sie haben in den Debattenbeiträgen vollkommen zu Recht darauf hingewiesen, dass auch der Punkt der Schleuserkriminalität einer ist, über den wir reden müssen und den es zu bekämpfen gilt, und zwar nicht die Fluchthelfer – ich will da sehr deutlich unterscheiden –, sondern diejenigen,
die das Leid ausnutzen, davon profitieren und ein brutales und kriminelles Geschäft betreiben. Diesen Leuten müssen wir das Handwerk legen, meine Damen und Herren!
Abschließend, unser Verhältnis zum afrikanischen Kontinent in Punkt sechs, darauf hinzuweisen finden wir auch richtig. Gestatten Sie mir aber auch da den Hinweis, das ist ja die Standardantwort, wenn wir über Flucht und Migration reden, dass dann immer der Hinweis kommt, wir müssten die Fluchtursachen bekämpfen.
Das haben wir jetzt aber von dieser Bundesregierung und der Bundesregierung davor schon häufig gehört. Wie sieht denn die Bekämpfung von Fluchtursachen aus? Ist es dann wirklich hilfreich, weiter Waffen in Krisengebiete zu liefern? Ich glaube nicht!
Ist die Bekämpfung von Fluchtursachen, Geld in korrupte Systeme zu geben, damit die Bevölkerung weiter ausgebeutet wird und aus ihrem Land flieht? Ich glaube nicht! Wir müssen darüber einen viel offeneren Dialog führen und nicht immer nur mit diesem Schlagwort „Fluchtursachen bekämpfen“ arbeiten, sondern gemeinsam mit den Ländern Afrikas. Auch das ist ja immer so ein schöne Haltung, die wir Europäer annehmen: „Wir müssen mit Afrika reden“. Dass es da eine Vielzahl Nationalstaaten mit unterschiedlichen Kulturen, mit unterschiedlichen Systemen gibt, das fällt gar nicht auf, sondern wir reden immer davon, Afrika helfen zu müssen.
Meine Damen und Herren, das ist auch so ein Ausdruck unserer Politik, dass wir versuchen müssen, nicht von oben herab den Menschen, den einzelnen Nationen vorzugeben, wie sie ihr Land zu führen haben, sondern gemeinsam Lösungen für die Probleme jedes einzelnen Landes zu finden, aber dabei auch sehr klar und sehr deutlich unsere Leitlinie – und das sind nun einmal die Menschenrechte, das sind die Werte des Grundgesetzes – zu verteidigen. Insofern würde ich mich freuen, wenn wir aus diesem „Fluchtursachen bekämpfen“ ein bisschen mehr machen würden und – wie der Bremer sagen würde –: „Ein bisschen mehr Butter bei die Fische!“ – Herzlichen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Antrag der Koalition und der Fraktion DIE LINKE, er ist ja sehr schön kurz, steht unter Ziffer 1: Die Bürgerschaft (Landtag) verurteilt jede Kriminalisierung von Seenotrettung. Das ist ohne Frage einer Unterstützung wert. Die Kriminalisierung von Seenotrettung hat noch nie einer angestrebt. Was wir hier vertreten, ist, dazu darf ich meinen Bundestagskollegen Dr. Curio zitieren, der in einer seiner großen Reden zum Thema Flüchtlinge einmal seinen Beitrag damit beendet hat, dass Frau Merkel sicher nicht auf die Regierungs-, sondern auf die Anklagebank gehört.
Was wir machen, ist die Kriminalisierung des Handelns der Regierung in der Bundesrepublik in diesem Bereich. Es hat mit Seenotrettung nichts zu tun, worauf wir als Alternative für Deutschland unsere Kritik richten.
Es gibt im internationalen Seerecht, das Sie jetzt auch noch anführen, um es mit dem Asylrecht, mit dem Einwanderungsrecht, mit der Flüchtlingsfrage, mit den Genfer Konventionen gewissermaßen zu verquicken, keinerlei Ansatz, gewissermaßen mit Verpflegung und Verbringung in ein vom Mittelmeer tausende Kilometer entferntes Land wie Deutschland – –. Dass die aus Seenot Geretteten gewissermaßen in den Armen von Frau Senatorin Stahmann landen. Das ist doch Unsinn!
Ein solches internationales Seerecht gibt es nicht. Ein solcher Ansatz ist falsch, und Sie verquicken hier viele Ebenen, die nicht zusammengehören.