Sparsam, wirkungsarm, männerzentriert? Zur Bilanz der Wirtschaftsförderung nach dem Landesinvestitionsförderprogramm (LIP) und seiner Arbeitsplatzeffekte 2007 bis 2017 Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE vom 6. März 2018 (Drucksache 19/1567)
Meine Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass der Senat die Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE nicht mündlich wiederholen möchte, sodass wir gleich in die Aussprache eintreten können.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben hinter die Überschrift „Sparsam, wirkungsarm, männerzentriert?“ in der Anfrage ein Fragezeichen gesetzt, wir werden im Verlauf der Debatte hören, ob dieses Fragezeichen bestehen bleiben kann, beziehungsweise zu streichen ist.
Wirtschaftsförderung des Landes ist dazu da, langfristig gute Arbeitsplätze zu schaffen und zu sichern und Strukturimpulse zu geben. Dazu gehören insbesondere die Entwicklung von Gewerbegebieten und die Förderung von Investitionen einzelner Betriebe. Die größten Teile der einzelbetrieblichen Förderung geschehen über das LIP, das allseits bekannte Landesinvestitionsprogramm. Darum geht es auch in unserer Anfrage.
Die Wirkung des LIP ist stark gesunken, darüber haben wir hier schon öfter diskutiert. Im Zusammenhang ist es so, dass es im Jahr 2015 auch einen Tiefpunkt markiert mit nur 20 neu geschaffenen Arbeitsplätzen. Das mag jetzt nur einen Spot darauf sein. Wenn man sich die letzten fünf Jahre ansieht, dann sind es 333 Arbeitsplätze, davon waren 68 Frauenarbeitsplätze. Das ist also in etwa ein Anteil von 20 Prozent.
Wenn man die Zahl der Arbeitsplätze dagegenhält, die jährlich durch Standortschließungen und Stellenabbau verloren gegangen sind, was ja in die Hunderte geht, wird deutlich, so kann man keinen Strukturwandel schaffen. An dieser Stelle wird gern gesagt, wir haben doch so gute Wachstumsraten, wir haben das bei den Arbeitsplätzen und bei dem Wirtschaftswachstum, es wird insbesondere auch immer gern auf das letzte Jahr verwiesen mit den blendenden Entwicklungen. Ich möchte in dem Zusammenhang sagen, es ist immer auch ganz interessant. Hier gibt es einen gewissen Kniff in Bezug darauf, wie sich dieses Wirtschaftswachstum entwickelt hat, je nachdem welches Bezugsjahr genommen wird. Wenn es natürlich gerade einen Tiefpunkt darstellt, ist es relativ einfach, daraus eine entsprechende Wachstumsrate abzuleiten.
Wenn man sich den Gesamtzeitraum ansieht, und deswegen haben wir nach 2007 bis 2017 gefragt, bleibt sowohl die Beschäftigungsentwicklung als auch das Wirtschaftswachstum sehr deutlich hinter dem bundesweiten Durchschnitt zurück. Das ist jetzt nicht – darum geht es uns ja auch nicht – die Schuld der Rot-Grünen-Landesregierung. Wenn man sich die Zahlen ansieht, dann weisen Bremen und auch das Saarland seit 1991 das schwächste Wirtschaftswachstum auf. Das hat auch mit der Verlagerung von Wirtschaftsräumen zu tun und von Wirtschaftsverkehren und insbesondere auch natürlich nach dem Ende der europäischen Teilung. Das hat auch damit zu tun, dass wirtschaftlicher Strukturwandel in Bremen langsamer verläuft als in anderen Orten. Der Anteil der Dienstleistungen ist geringer, der IT-Sektor und der Sektor der wissenschaftsintensiven Dienstleistungen sind kleiner als im Schnitt in anderen Bundesländern, und insbesondere im Mittelstand gibt es Rückstände bei der Digitalisierung, das hat auch das IAB-Betriebspanel gezeigt und betont.
Wir haben also durchaus ein Problem mit dem Strukturwandel und deshalb sind Strukturimpulse über die einzelbetriebliche Förderung so wichtig und notwendig. Die wesentlichen Arbeitsplatzeffekte kommen derzeit nicht über die Investitionsförderung, sondern durch die Entwicklung von Gewerbegebieten. Da geht es vor allen Dingen um Neuansiedlungen. Für die Innovationen in Bestandsunternehmen bringt das erst einmal nichts. Da müsste eigentlich die einzelbetriebliche Investitionsförderung beschleunigt werden.
Im Zuge des allgemeinen Sparkurses ab 2007 ist aber auch die Wirtschaftsförderung in Bremen drastisch heruntergefahren worden. Wir hatten 2007 noch einen Förderwert von circa 29 Millionen Euro, inzwischen ist er auf ein Sechstel gefallen, auf fünf Millionen Euro. Das ist weniger als ein Promille der Bruttoinvestitionen im Land Bremen und damit schafft man natürlich keine ernsthaften Jobimpulse.
Ich möchte noch einmal sagen, dass das LIP ferner daran krankt – und auch das haben wir schon häufiger zur Diskussion gestellt – wir haben in dem Zusammenhang auch einen Antrag formuliert, dass es vollständig nach den Regeln der GRW vergeben wird, also die Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstrukturen. Das ist ein Bundesprogramm, wurde in den 50er Jahren
ins Leben gerufen, hatte insbesondere mit der ehemaligen Zonenrandförderung zu tun und dieses GRW fördert Exportbranchen, nach einer speziellen Branchenliste. Das sind typischerweise Branchen wie Maschinenbau, Großhandel, in denen der Frauenanteil naturgemäß sehr gering ist. Umgekehrt sind gerade die Branchen, wo die Beschäftigungsentwicklung besonders dynamisch ist, wo der Strukturwandel eigentlich wichtig wäre, von der Förderung ausgeschlossen.
Wir sind der Meinung, dass also nicht nur, was den Frauenanteil anbelangt, grundsätzlich diese Wirtschaftsförderung deutlich zu konservativ aufgestellt ist.
Weil sie schwerpunktmäßig die alten Industrien im Fokus hat. Also das, was immer mit Auto, Stahl et cetera zu tun hat, das ist im Fokus. Das ist letztendlich etwas, wenn wir uns unsere Exportorientierung ansehen und auch die Abhängigkeit von den entsprechenden Weltmarktzusammenhängen, für Bremen ein riesiges Problem, weil es immer konjunkturelle Entwicklungen gibt, überzeichnet. Das heißt, wenn es insgesamt einbricht, bricht es in Bremen extremer ein. Wenn es gut geht, geht es auch in Bremen besser. Aber das heißt natürlich, dass wir genau diesen Schwankungen unterliegen und wir uns einmal überlegen, wie wir da diversifizieren und breiter aufgestellt werden. Wichtig wäre natürlich so etwas wie Gesundheitswirtschaft, wissensintensive Dienstleistungen, Verlagswirtschaft, Einzelhandel, Gastronomie, Tourismus, insbesondere auch das, was wir entwickelten Dienstleistungsbereich nennen und nicht nur prekäre Beschäftigung in den Bereichen. Das wäre eigentlich etwas, was man mit auf die Agenda nehmen muss.
Wir sind deshalb der Meinung, dass man nicht diese GWR-Regeln weiterhin allem überstülpen kann, was in Bremen zur Wirtschaftsförderung notwendig ist. Das kann auf Dauer nicht zielführend sein. Wir hätten deshalb ganz gern ein eigenständiges Landesprogramm zur Investitionsförderung, das haben wir auch in den Haushaltsberatungen mehrfach vorgeschlagen. Es macht einfach keinen Sinn, Branchen auszunehmen, in denen nachweislich Arbeitsplätze entstehen.
Insofern möchte ich an der Stelle noch einmal zusammenfassen: Die Wirtschaftsförderung des Landes ist für die Beschäftigungsinteressen von Frauen in keiner Weise optimal aufgestellt. Ich habe jetzt diesen Fokus gewählt, ich finde ihn in dem Zusammenhang auch ziemlich prioritär, weil wir es uns nicht leisten können, auf diese Qualifikationen und Kompetenzen zu verzichten und weil wir es uns auch nicht leisten können, das bei unserer weiteren wirtschaftlichen Stärke hinten herunterfallen zu lassen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sparsam, wirkungsarm und männerzentriert – die Überschrift der Großen Anfrage der Fraktion DIE LINKE setzt das Landesinvestitionsförderprogramm, kurz LIP, von vornherein in ein schlechtes Licht. Diese pauschale Einschätzung teilen wir als CDU-Fraktion so nicht,
auch wenn wir an der konkreten Ausgestaltung des LIP, insbesondere dem ausschließlichen Primat der Darlehensförderung, in der Vergangenheit im Detail immer wieder Kritik geübt haben. Grundsätzlich halten wir die einzelbetriebliche Investitionsförderung über das LIP neben den Fördermitteln zur Entwicklung der wirtschaftsnahen Infrastruktur, insbesondere der Erschließung von Gewerbegebieten für einen zentralen Baustein der bremischen Förderkulisse.
Die Investitionsförderungen im Rahmen des LIP sollen für volkswirtschaftlich förderungswürdige Maßnahmen, zur Unterstützung von Unternehmen des Handwerks, des Handels, der Industrie, des Dienstleistungsgewerbes sowie sonstiger Gewerbetreibender im Lande Bremen eingesetzt werden. Dabei werden unbewegliche und bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gefördert, wie zum Beispiel die Errichtung oder der Erwerb von Immobilien, Investitionen in Maschinen und Einrichtungen sowie die Anschaffung von Standardsoftware. Die geförderten Betriebe – KMU sind hier ausgenommen – müssen überwiegend überregional tätig sein. Dies entspricht den Förderregeln der Bund-Ländergemeinschaftsaufgabe, Verbesserung
der regionalen Wirtschaftsstruktur, also kurz GRW, in deren Rahmen sich das LIP bewegt und aus der sie bald überwiegend finanziert wird.
Der GRW-Mittelanteil lag in den letzten drei Jahren stets über 90 Prozent, wobei die eine Hälfte vom Bund und die andere Hälfte vom Land kommen. Aber die wesentlichen Förderkriterien legt eben der Bund fest. Die lassen sich wirtschaftspolitisch bei aller Kontroverse auch begründen. Investitionen in den erwähnten Bereichen sind überwiegend kapitalintensiv und können daher für Unternehmen im Einzelfall eine besondere Herausforderung darstellen. Idealerweise hilft die Investitionsförderung, ein Projekt über die Realisierungsschwelle zu heben. Mitnahmeeffekte kann man da aber, wie bei keiner Maßnahme der Wirtschaftsförderung, ausschließen. Umso wichtiger ist es, die richtige Balance zu finden zwischen einem effektiven Mitteleinsatz einerseits und möglichst nicht zu restriktiven Zugangskriterien im Sinne einer breiten Wirkung andererseits. Natürlich kann man bei den Förderkriterien immer noch etwas dazugeben und zum Beispiel festlegen, dass die neu geschaffenen oder gesicherten Arbeitsplätze nicht mit Leiharbeitnehmern besetzt werden dürfen oder ein bestimmter Frauenanteil eingehalten wird. Irgendwann muss man sich dann aber auch nicht wundern, wenn die Förderung und das entsprechende Antragsverfahren für immer weniger Betriebe interessant ist, gerade auch im Hinblick auf die lang anhaltende Niedrigzinsphase, die eine normale Bankfinanzierung für viele Betriebe erleichtert.
Als gleichstellungspolitische Sprecherin unserer Fraktion bin ich natürlich mit dem Frauenanteil der über das LIP geschaffenen und gesicherten Arbeitsplätze auch nicht zufrieden. Knapp 25 Prozent im Durchschnitt der letzten drei Jahre lassen durchaus Luft nach oben.
Allerdings gebe ich zu bedenken, dass das auch mit den noch immer sehr unterschiedlichen Berufswahlverfahren von Männern und Frauen zusammenhängt. Dies nachhaltig zu verändern, ist eine langfristige gesellschaftliche Aufgabe, die sich nicht mit den Mitteln der Wirtschaftsförderung erzwingen lässt. Der Einführung einer etwaigen Quotenregelung im LIP kann ich daher nichts abgewinnen. Demgegenüber begrüße ich die geltende Regelung, wonach für Investitionsmaßnahmen mit besonderen Struktureffekten, wozu auch die Schaffung von Frauenarbeitsplätzen zählt, höhere Fördersätze im LIP möglich sind. Wichtiger jedoch als
der alleinige Fokus auf diesen Aspekt, scheint mir der Rückgang von Investitions- und Beschäftigungseffekten insgesamt zu sein, den wir in den letzten Jahren beobachten mussten, und dies zeigt, dass es beim LIP durchaus Reformbedarf gibt, auf den ich dann in der zweiten Runde noch einmal näher eingehen möchte. – Danke!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! „Sparsam, wirkungsarm, männerzentriert?“, unter diese Überschrift stellt die Fraktion DIE LINKE ihre Große Anfrage zum Landesinvestitionsförderprogramm, LIP, und dessen Auswirkungen. In der Antwort des Senats gab es eigentlich wenig Erhellendes, also kaum etwas, das wir nicht schon aus der Wirtschaftsdeputation kannten.
Ich fange von daher einmal wie folgt an, die Aufgabe von Politik ist es nicht in erster Linie, nach dem Gießkannenprinzip Geld an Unternehmen zu verteilen, sondern gute Rahmenbedingungen zu schaffen wie zum Beispiel vernünftige Infrastruktur und eine faire Steuerlast.
Darin haben wir, was den Standort Bremen angeht, deutlich Nachholbedarf. Wirtschaftsförderung ist allerdings trotzdem ein wichtiger Baustein von erfolgreicher Wirtschaftspolitik. Dabei sollte sich Bremen auf die kleinen, kleinsten und mittleren Unternehmen konzentrieren, denn je größer ein Unternehmen ist, desto höher ist aus unserer Sicht die Gefahr, dass die Förderprogramme einfach als Mitnahmeeffekte fungieren, aber nicht den Nutzen haben, für den sie geschaffen worden sind.
Wenn man einmal schaut, was das LIP zur Wirtschaftsförderung seit dem Jahr 2007 beigetragen hat: Von 31 000 neu entstanden Arbeitsplätzen hat das LIP über die Zuschuss- und Darlehensförderung 2 785 neue Arbeitsplätze geschaffen, das sind also ungefähr neun Prozent. Das klingt erst einmal gut. Wie die Kollegin aber vorhin schon gesagt hat, wenn man sich die Zahlen genauer anschaut, wird es über die Jahre immer weniger, im Jahr 2016 waren es dann nur noch 0,4 Prozent, und 2017 waren es 2,6 Prozent. Also, der vom Senat festgestellte Einfluss des LIP auf die in Bremen entstehenden Arbeitsplätze hat dramatisch abgenommen, daher
Wie sieht es mit der Sparsamkeit aus, der zweite Punkt, den Sie beobachtet haben? Das LIP ist relativ sparsam. Zwei Gründe werden dafür in der Senatsantwort genannt. Erstens, der verhältnismäßig hohe Drittmittelanteil und –
Danke! – zweitens, die Fokussierung auf die Darlehensförderung in den vergangenen Jahren. Beides halten wir als Fraktion der FDP im Grunde für richtig.