Protokoll der Sitzung vom 28.02.2019

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Für eine Kurzintervention hat jetzt das Wort der Abgeordnete Prof. Dr. Hilz.

Herr Präsident! Ich möchte nur noch darauf hinweisen, dass es im Sinne der Stadtverfassung unterschiedliche Beamte gibt. In diesem Fall sind es politische Beamte, die in ein befristetes Beamtenverhältnis berufen werden. Das wird sich auch nicht ändern, wenn Sie die Frist auf vier Jahre zurücksetzen und wenn Sie sie an die Legislaturperiode koppeln.

(Zuruf Abgeordneter Fecker [Bündnis 90/Die Grü- nen])

Beides ist ein guter Anlass, aber es sind jetzt schon politische Beamte, die in ein befristetes Beamtenverhältnis übernommen werden. Insofern ist Ihre Argumentation ziemlich schwach. – Danke schön!

(Beifall FDP – Abgeordneter Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Nein, es geht um sechs Jahre!)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Janßen.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Abgeordnete! Ich glaube, das Meiste ist schon gesagt. Die Diskussion, die wir führen, führen wir über die Frage: Wollen wir politische Ämter auch politische Ämter nennen und sie in einem politischen Prozess auch bestätigen? Ich glaube, das ist der einzig richtige Weg, um mit diesen Ämtern umzugehen, um ihnen damit die Legitimität zu geben, aber auch den Streit über die Qualifikation und den Streit über die Besetzung führen zu können. Wenn wir in einem Ausschreibungsverfahren den Anschein erwecken, dass es rein um abstrahierbar neutrale Kriterien ginge, entziehen wir auch die Besetzungsverfahren

einer politischen Auseinandersetzung. Ich glaube, das ist ein Fehler, und ich glaube, es ist auch nicht mehr zeitgemäß, es so zu machen. Deshalb finde ich den Vorstoß der Fraktion der FDP an dieser Stelle richtig.

(Beifall DIE LINKE, FDP)

Trotzdem bleibt das Problem, dass wir, wenn wir diesen einzelnen Punkt ändern, die Gesamtproblematik der Magistratsverfassung und der Konstellationen, die dadurch zustande kommen können, nicht beheben werden. Es wäre auch jetzt so, angenommen man würde es jetzt beschließen und es würde jetzt noch funktionieren bis zur nächsten Wahl. Dann hätten wir trotzdem die Situation – ein konstruierter Fall –: Eine neue Partei tritt an und erreicht aus dem Stand 51 Prozent der Stimmen. Das würde bedeuten, dass diese neue Partei zwar drei der ehrenamtlichen Magistratsmitglieder besetzen könnte, aber keinen Zugriff auf die hauptamtlichen Magistratsmitglieder hätte. Das heißt, das Führungsgremium der Stadt bestehend aus den elf Magistratsmitgliedern würde nur drei von elf und damit überhaupt nicht die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler und auch nicht die Mehrheit des Parlaments abbilden.

Ob die dann theoretisch über ein Ausschreibungsverfahren besetzt werden würden oder ob die durch eine Wahl besetzt werden würden, dieser Zustand würde überhaupt nicht geändert werden. Deshalb, glaube ich, ist es zwar ein Schritt, ein Baustein für diesen Prozess, es ist aber noch nicht die abschließende Lösung, um hier eine wirkliche demokratische Aufwertung zu erreichen und auch diesen Streit einem demokratischen Prozess zuzuführen.

Ich glaube aber auch, was wir im Moment sehen, hat mit parlamentarischer Kultur zu tun. Ich erinnere mich ganz gut daran, da war ich zu Besuch bei der Stadtverordnetenversammlung, als der derzeitige Oberbürgermeister wieder berufen wurde. Das war ein Verfahren, bei dem es keine erneute Ausschreibung gab, sondern der Vertrag verlängert werden konnte. Das ist auch alles rechtens, das kann man auch alles so machen. Trotzdem gab es aus dem Parlament heraus den Wunsch, dass dieser Oberbürgermeister sich doch bitte einmal vorstellen möge, wofür er stehe, wofür er antrete und warum er jetzt die Zustimmung des Parlaments erhalten sollte. Diese Aussprache ist ausgeblieben mit dem Verweis darauf, dass man das Vorschlagsrecht habe und deshalb auch keine Begründung mehr nötig wäre, denn das sei ja schon geklärt. Ich

glaube, das ist eine Frage einer demokratischen Kultur, die dann entwickelt werden muss, in der über solche Auseinandersetzungen auch gestritten wird, indem man dann auch fragen kann: Was ist denn das Programm und was ist der Gegenentwurf der Opposition? Wo ist die Bruchlinie und wo sagt man: Gut, er hat die Mehrheit, aber er wird dafür zu Recht auch kritisiert?

Das ist eine Auseinandersetzung, der man sich dann auch stellen muss, die man dann auch aushalten muss. Ich glaube deshalb, die Wahl ist richtig, sie ist aber nicht alles. Wir werden uns hier an dieser Stelle enthalten, glauben aber, dass es möglicherweise in den nächsten Jahren dort zu Entwicklungen kommt, hier eine Reformierung einmal voranzubringen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Böschen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Bremerhavener Stadtverfassung ist eine Magistratsverfassung. Bereits 2017 haben wir an dieser Stelle über die Besonderheiten dieser Verfassung gesprochen und auch darüber, dass es auch in Bremerhaven so gesehen wird, dass es hier Veränderungsnotwendigkeiten gibt. Über alle Fraktionen hinweg wurde gesagt, dass eine Verlängerung der Legislaturperiode auf fünf Jahre nötig ist. Wir brauchen eine Anpassung der Amtszeiten der Dezernenten, der hauptamtlichen Dezernentinnen und Dezernenten, und wir brauchen den Verzicht auf die Ausschreibungsnotwendigkeit der hauptamtlichen Dezernentinnen und Dezernenten.

Die Verlängerung der Legislaturperiode ist abschlägig beschieden. Übrig bleiben jetzt noch zwei Veränderungsnotwendigkeiten. Ich habe mir in der Vorbereitung dieser Debatte noch einmal das Protokoll der Stadtverordnetenversammlung angeschaut. Dort hat Herr Dr. Ebersberg genau das zugestanden, also sich auch dafür ausgesprochen, dass auf die Ausschreibungsnotwendigkeit verzichtet wird. Ich habe mir auch noch einmal das Protokoll von 2017 angeschaut, als wir hier im Haus die Debatte geführt haben. Frau Dogan hat dort deutlich gemacht, dass es einen Auftrag aus Bremerhaven braucht. Bremerhaven hat einen Geschäftsordnungsausschuss eingesetzt. Es gibt eine entsprechende Stellungnahme. Es gibt sogar einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung dahingehend, auf die Ausschreibung zu verzichten.

Von daher ist für mich der Fall klar. Wenn wir Bremerhaven ernst nehmen wollen, dann müssen wir dem folgen.

(Beifall SPD)

Damit machen wir genau das, was Herr Janßen ausgeführt hat, die politischen Ämter werden hier an die politischen Notwendigkeiten angepasst. Wir regeln nicht alle Probleme in Bremerhaven mit der Verfassung, da gebe ich Ihnen völlig Recht, natürlich nicht. Aber wir könnten ja einmal anfangen, wenigstens ein Problem zu regeln.

(Beifall SPD)

Darüber hinaus hat mich die Debatte hier doch sehr irritiert. Wenn davon die Rede ist, dass alle Verfahren eine Farce waren, Frau Dogan, frage ich mich: Was haben Sie in Ihrer Fraktion gemacht? Entschuldigung, also eine Farce war das bei uns auf jeden Fall nicht. Wenn Sie, Frau Schnittker, sagen, dass wir endlich über wichtigere Dinge streiten sollten, finde ich, das hier ist durchaus wichtig. Das ist ein Beschluss der Stadtverordnetenversammlung. Wie kämen wir dazu, zu sagen, dass wir uns hier mit Unwichtigem beschäftigen? So nicht!

(Abgeordnete Schnittker [CDU]: Ich habe von dem Verfahren gesprochen!)

Das ist eine wichtige Entscheidung, die wir zu treffen haben. Wir haben hier ganz klar ein Votum der Stadtverordnetenversammlung, dem wir eigentlich entsprechen sollten, wenn nicht bessere Argumente dagegen sprechen. Das einzige Argument, um das es geht, das hat Staatsrat Lühr in der Debatte von 2017 gesagt, ist, dass es sich nicht um politische Beamte handelt. Da haben wir eine unterschiedliche Auffassung. Ich bin durchaus der Meinung, dass das hier politische Beamte sind und dass man hier genauso verfahren kann, wie wir das auch in Bremen tun.

(Beifall SPD, FDP)

Ich möchte aber auch noch einmal sagen, Herr Prof. Dr. Hilz: Der Aufwand, der dadurch provoziert wird, ist für mich auch kein Argument. In einem Rechtsstaat muss ich auch damit leben, dass es Aufwand gibt.

(Beifall SPD)

Die hier genannten Argumente zählen für mich nicht. Für mich zählt, dass es einen Beschluss der

Stadtverordnetenversammlung gibt. Ich finde, dass es bisher noch kein Argument gegeben hat, das nachvollziehbar darlegt, warum wir dem nicht folgen, und ich finde es sehr bedauerlich, dass unser Koalitionspartner hier nicht mitzieht. – Danke schön!

(Beifall SPD)

Als nächster Redner hat das Wort Staatsrat Lühr.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Beamtenrecht ist es so wie mit der lateinischen Sprache. Alle haben Ehrfurcht vor ihr, aber keiner wendet sie im Alltag richtig an. Ich erlebe hier heute als Vertreter des Senats die Stunde des Parlaments. Deswegen werde ich mir auch nicht anmaßen, jetzt – –.

(Abgeordnete Böschen [SPD]: Da bin ich froh!)

Nein, ich habe schon als 18-Jähriger parlamentarische Erfahrung in Kommunalparlamenten gesammelt, Frau Böschen, und ich habe schon in 14 verschiedenen Verwaltungen in fünf Bundesländern gearbeitet. Das können Sie mir schon zutrauen, dass ich das auseinander halten kann. Also die Stunde des Parlaments.

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Das Parlament entscheidet heute darüber und es geht letztlich um die Frage der praktischen Konkordanz. Das ist ein verfassungsrechtlicher Begriff, Sie erinnern sich noch an Ihr Studium.

(Heiterkeit)

Da geht es um die Ausschreibungsverpflichtung, die in der bremischen Landesverfassung – auch bestätigt durch zwei Urteile des Staatsgerichtshofes – enthalten ist, und letztlich um das kommunale Demokratieprinzip. Wie das gegeneinander abzuwägen ist, das obliegt dem Parlament. Da kann man sich verschieden positionieren, das will ich jetzt auch gar nicht tun. Deswegen würde ich sagen, wir werden das, was das Parlament beschlossen hat, als Senat dann natürlich ordnungsgemäß durchführen.

Erlauben Sie mir noch eine kurze Bemerkung. Frau Böschen und ich haben keinen Streit darüber, was politische Beamte sind. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Die haben gesagt, politische Beamte sind Lebenszeitbeamte, die sich in ihrem Werdegang dadurch von anderen normalen

Lebenszeitbeamten unterscheiden, dass sie jederzeit, wenn das Vertrauensverhältnis nicht mehr besteht, in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden können. Das ist das Element des politischen Beamten. Claus Grobecker hat früher einmal gesagt: „Du hast einen Kellnervertrag, streng dich an, sonst bist du in 14 Tagen nicht mehr hier an Deck.“ Deswegen kann man die politischen Beamten, so wie es das Bundesverfassungsgericht festgelegt hat, nicht mit den sogenannten Wahlbeamten auf Zeit vergleichen. Das würde ich gern noch einmal zu bedenken geben.

Man kann das so regeln, dass man für Wahlbeamte einen eigenen Status entwickelt und sagt, da soll beim Zugang zum öffentlichen Amt nicht von der Ausschreibung Gebrauch gemacht werden. Das ist aber eine parlamentarische Entscheidung. – In diesem Sinne bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen – Abgeordne- ter Dr. Buhlert [FDP]: Magistratsmitglieder haben einen Kellnervertrag!)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer das Gesetz zur Änderung des Bremischen Beamtengesetzes, Drucksache 19/1837, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür CDU, FDP, BIW, Abgeordneter Schäfer [LKR], Abgeordneter Tassis [AfD])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen)