Ich möchte noch auf einen Punkt eingehen, den der Kollege Frömmrich angesprochen hat. Ich denke, dass in unserem Land Hessen die Stadt Frankfurt zentraler WMStandort war. Herr Kollege Frömmrich, ich teile Ihre Aussage, dass sich die Stadt Frankfurt nicht nur auf nationaler, sondern auch auf internationaler Ebene ganz hervorragend präsentiert hat. Sie haben die Sky-Arena und die Main-Arena angesprochen.
Jetzt komme ich zu dem Halbsatz, den Herr Hahn gesagt hat. Da muss ich in einer solchen Rede ein bisschen politisch werden. Wer hatte die Aufgabe, dieses in Frankfurt zu organisieren? Das war Sportdezernent Achim Vandreike, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Die Main-Arena war Achims Idee. Die hat er durchsetzen müssen. Meine Damen und Herren, wir alle machen Politik. Bei neuen Mehrheiten werden Dezernenten in der Regel abgewählt. Das kann man so machen, auch wenn die Stadt Frankfurt in dieser Frage eine andere Tradition hat. Ich möchte Ihnen aber eines sagen: Ich halte es schlichtweg für stillos, den Dezernenten, der, bundesweit anerkannt, die Organisation der WM-Veranstaltungen in der Stadt Frankfurt geleitet hat, während der WM abzuwählen. So etwas gehört sich nicht.
Die schwarz-grüne Truppe in Frankfurt hätte wenigstens abwarten können, bis die WM zu Ende war. Dies hätte Achim Vandreike verdient gehabt. Dies wäre jenseits des Lobes, das wir hier aussprechen, ein Zeichen wirklicher politischer Größe gewesen. Schwarz-Grün hat diese politische Größe nicht. Deshalb möchte ich von hier aus unseren Dank an Achim Vandreike und an die Stadt Frankfurt für die hervorragende Organisation der Veranstaltungen anlässlich der WM aussprechen.
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Auch namens der Landesregierung kann ich natürlich sagen, dass wir froh und glücklich sind über das Gelingen der Fußballweltmeisterschaft in unserem Lande – und natürlich auch in unserem Bundesland Hessen.
Es sind viele Facetten angesprochen worden. Ich denke, den allermeisten können wir alle zustimmen. Ich will eine Facette hinzufügen. Wir haben bei dieser Gelegenheit auch erleben dürfen, dass sich unser Bundesland sehr gut präsentieren konnte.Wir hatten sehr, sehr viele Gäste aus aller Herren Länder: Staatsgäste, Geschäftsleute, viele Journalisten, viele Touristen. Ich muss gestehen, ich hätte mir am Anfang nicht vorstellen können, wie viele Touristen, Geschäftsleute und Journalisten wir hier in Hessen zu Gast haben würden. Ich glaube, das war eine gute Gele
genheit,im Rahmen der Konzeption „Tor zur Welt“ durch viele persönliche Begegnungen und durch Mithilfe vieler Haupt- und Ehrenamtlicher – von der IHK über die Hilfsorganisationen bis hin zu den Sportvereinen – für unser Land etwas zum Guten zu bewegen. Darauf können wir alle gemeinsam stolz sein.
Ich bedanke mich für das Lob an die hessische Polizei, an die Hilfsorganisationen, an die Feuerwehren. Dieses Lob ist nicht überflüssig, sondern notwendig.
Zwei Jahre Vorbereitungszeit auf die WM haben intensivste Arbeit, konzeptionelle Führung, operationelle Führung und in allen Einzelheiten Führung durch das Land bedeutet. Ich bedanke mich ausdrücklich bei der Stadt Frankfurt für die ausgezeichnete Zusammenarbeit. Das habe ich am Montag in einer Pressekonferenz mit der Frankfurter Oberbürgermeisterin schon gesagt.
Alle Vorgaben bezüglich Sicherheit und Organisation sind vom Land gekommen. Dabei bestand nicht immer Einigkeit. Ich erinnere einmal an die Diskussion, die entstanden ist, als ich Vorgaben dafür gemacht habe, wie Public Viewings in Hessen durchzuführen sind. Ich habe gesagt,das wird nur mit Rettungsdiensten,Ordnungskräften und mit Videoüberwachung gehen. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, dass man in der Debatte darüber nicht einer Meinung war. Ich bin sehr dankbar und froh, dass darüber heute nicht mehr ernsthaft diskutiert wird.
Es wäre undenkbar gewesen, solche Menschenmassen, nicht nur bei Public Viewings, sondern auch bei den großen Begegnungen, ohne Videoüberwachung friedlich und erfolgreich zu koordinieren.
Die hessische Polizei hat eine ganze Reihe von Besonderheiten eingeführt, die es bisher nicht gab und die es nur bei uns gibt. Ich will zwei Besonderheiten erwähnen, weil ich glaube, dass sie uns auch in Zukunft hilfreich sein können, und weil sie in gewisser Weise Modellcharakter haben. Die eine Besonderheit habe ich eben erwähnt: eine Zusammenschau, die es uns ermöglicht, sehr frühzeitig auf bestimmte Entwicklungen zu reagieren. Die Zusammenschau stützt sich auf Überwachungen vom Hubschrauber aus, auf mobile Einsatzkräfte und stationäre Überwachungsanlagen.So konnten z.B.am ersten Tag der WM bei dem ersten Spiel, als wir rund 60.000 Engländer in Frankfurt am Main und Umgebung hatten und niemand wissen konnte, wie sich die Dinge entwickeln würden, Probleme verhindert werden. Kollege Klee hat es angesprochen. Ich war nicht nur an den Spieltagen vor Ort, sondern an jedem Tag an jedem Einsatzort. Ich habe mir sehr genau anschauen können,wie sich z.B.mehrere Hundert Fans in feuchtfröhlicher Stimmung vor einigen Pubs aufhielten und sich immer weiter in Stimmung brachten.
Aufgrund von zwei Elementen ist es gelungen, diese Situation ohne jeden Krawall und ohne Schaden an Menschen sehr gut zu lösen: zum einen, weil wir in der Stadt Frankfurt eine Videoüberwachung durchgeführt haben. Ich appelliere an die Verantwortlichen immer wieder, dieses Mittel stärker zu nutzen; denn es nutzt den Menschen, wenn wir die polizeilichen Kräfte frühzeitig so positionieren, dass überall dort, wo es darauf ankommt, die Polizei in der Lage ist, mit genügend Kräften und intelligenten Organisationskonzepten ohne Gewalt, aber mit massiver Präsenz zu verhindern, dass es zu irgendwelchen Übergriffen kommt. Genau am Beispiel WM kann man zeigen, dass dieser große Kräfteeinsatz notwendig war. Viele haben mir geschrieben, und einige von Ihnen, liebe Kolle
gen, haben es auch berichtet: Man kann nicht immer und überall den Dienst mit diesem Kräfteeinsatz fahren.Aber nur dann, wenn man starke Kräfte einsetzt, ist man in der Lage, auf völlig unterschiedliche Herausforderungen rasch und ausreichend zu reagieren, sodass es erst gar nicht zu schwierigen Lagen kommt. Es war Teil des Konzepts, dass wir in einigen Bereichen eine sehr starke Präsenz vorhalten. Ich glaube, das hat sich bewährt. Ich bedanke mich ausdrücklich bei denen, die die unmittelbare operative Verantwortung getragen haben.
Was wir nicht nur in den deutschen Zeitungen, sondern insbesondere in den englischen Zeitungen an Lob eingefahren haben, war beachtlich. Ich füge hinzu – hier sitzen allesamt Fußballexperten,deshalb will ich dazu nicht allzu viel sagen –: Es ist für unser Land weit über den Tag hinaus eine sehr erfreuliche Situation, dass sich gerade die englische Presse über die deutsche Polizei so wohlwollend äußert. Jeder, der insbesondere die englische Massenpresse kennt, weiß: Durch das kluge, engagierte und mit Fingerspitzengefühl versehene Verhalten der Polizei hat – neben dem sportlichen Erfolg – das Ansehen unseres Land ungemein gewonnen.
Deshalb bedanke ich mich sehr herzlich bei der Leitung des Landespolizeipräsidiums, bei der Frankfurter Polizeiführung, aber auch bei den Einsatzleitern und bei allen anderen, die dort aus dem ganzen Land zusammengezogen worden sind. Insgesamt waren 15.000 Polizeibeamte eingesetzt. Sie haben eine herausragende Leistung vollbracht. Dafür bin ich ausgesprochen dankbar. Sie haben diese Leistung unter hoher Belastung und mit großem Engagement erbracht. Ich bin dankbar dafür, dass das ganze Haus dies gewürdigt hat. Ich bin sicher, das wird bei der Polizei wahrgenommen.
Ich habe von neuen Elementen gesprochen. Wir waren die Einzigen, die so genannte Kommunikatoren eingesetzt haben. Das sind Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte, die insgesamt 17 Sprachen abgedeckt haben, die im Rahmen des Konzepts „Sprechende Polizei“ in die Fangruppen gegangen und von Anfang bis Ende bei diesen geblieben sind: immer dabei und immer so, dass es in der Regel gar nicht zu eskalierenden Situationen kommen konnte. Eskalationssituationen gab es zwar auch, aber sie sind sehr schnell beendet worden.Das ist ein Konzept,das wir für die Zukunft sehr gut brauchen können,auch in vielen anderen Bereichen.
Ich erwähne das deshalb, weil uns diese WM sowohl für die Polizei wie auch für den Katastrophenschutz und die Rettungsdienste wichtige Hinweise und auch wichtige Erfahrungen geliefert hat. Damit bin ich beim nächsten Punkt. Sie haben zu Recht die Arbeit der Feuerwehren und der Rettungs- und Hilfsorganisationen, des THW gewürdigt. Ich füge hinzu: auch der Bundeswehr. Die Bundeswehr hat uns geholfen. Dafür bin ich dankbar. Das hat gezeigt, dass wir im Rahmen unserer zivil-militärischen Zusammenarbeit sehr gut aufeinander abgestimmt waren. Insbesondere für diesen Bereich gilt: 99 % der Vorbereitungsarbeiten müssen in der Hoffnung getroffen werden, dass nie ein wirkliches Problem eintritt.
Ich bin sofort fertig. – Es ist mir ein Anliegen, auf folgenden Umstand hinzuweisen. Es ist nicht nur eine frankfurtzentrierte Angelegenheit gewesen. Ich will mich ausdrücklich dafür bedanken, dass ehrenamtliche Rettungskräfte aus ganz Hessen, aus Waldeck-Frankenberg, aus Heppenheim,
und daraus eine gemeinsame Sache geworden ist. Es macht schon einen Unterschied, ob es Hauptamtliche sind, denen wir ebenfalls zu Dank verpflichtet sind, oder Ehrenamtliche, und mir liegt daran, darauf hinzuweisen, dass diese WM nicht nur in Frankfurt stattgefunden hat. Wir hatten im ganzen Land eine Fülle von Veranstaltungen ganz unterschiedlicher Art. Alle diese Veranstaltungen sind hervorragend verlaufen.
Bei all der Gefahr, die man läuft, wenn man ein Beispiel heraushebt, möchte ich das trotzdem tun. Diese WM war nicht nur eine WM im Fernsehen. Sie war nicht nur eine WM der VIPs. Sie war nicht nur eine WM des Kommerzes und des großen Kinos.Sie war eine WM der Begegnungen junger und nicht ganz junger Menschen. Beispielhaft will ich sagen: Wenn es die Mitglieder eines Vereins in Vellmar, einer Stadt mit 18.000 Einwohnern, fertig bringen, den Junior Football Cup 2006 mit 14.000 Teilnehmern aus Afrika, Lateinamerika, China, Russland und vielen Ländern Europas auszuspielen, alles ehrenamtlich zu organisieren und die Teilnehmer drei Wochen lang bei sich zu Hause oder bei Freunden unterzubringen, dann ist das eine Sache, von der man auch hier sprechen sollte.
Dies hat es – zugegebenermaßen nicht überall in dieser Dimension – sehr, sehr viel gegeben. Dieser Gedanke der Völkerverbindung, dieser Gedanke der Freundschaft, das Erlebnis eines Landes, das nach meiner Vorstellung eine unglaublich gute Entwicklung genommen hat, dass die Menschen offen zu ihrem Land stehen, dass sie alle anderen genauso wertschätzen, dass dies jungen Menschen vermittelt wurde, ich denke, das ist eines der wichtigsten Dinge, die gelungen sind. Deshalb ist das, was wir heute hier gemeinsam feststellen, sicher ein Anlass zur Freude und – ich füge hinzu – auch zur Dankbarkeit.
Herr Präsident,ein Abschlusssatz.Herr Kollege Hahn,die Zeit ist jetzt nicht dafür gegeben, aber ich will es schon in einem Satz sagen: Die Debatte über die Sicherheitsarchitektur ist aus meiner Sicht nicht beendet.
Was glauben Sie eigentlich,wie wir heute diskutieren würden, wenn es nicht diese herausragende Vorarbeit, diese herausragende Durchführung, aber – auch das ist die Wahrheit – auch dieses notwendige Quäntchen Glück gegeben hätte?
Wenn wir dieses Glück nicht gehabt hätten und so etwas passiert wäre wie einen Tag nach Schluss der WM in Indien, dann wären wir in einer völlig anderen Situation. Dann hätten wir auch keine einfachen Antworten.
Aber,meine Damen und Herren,die Frage,wie Sicherheit in unserem Land am sinnvollsten organisiert ist,ist sowohl unter dem Gesichtspunkt der allgemeinen Herausforderungen der Sicherheitspolitik als auch unter dem Gesichtspunkt der terroristischen Bedrohung mit dem Tag der Fußballweltmeisterschaft nicht zu Ende gegangen. Deshalb: Dieses Jahrhundertereignis ist, wie ich finde, glanzvoll und großartig bewältigt worden und Anlass zu Dank und Anerkennung an alle. Aber es entbindet uns nicht davon, für die Aufgaben, die nach wie vor vor uns stehen, die klügsten Konzepte zu diskutieren und sie meiner Meinung nach auch richtig zu entscheiden. Wie, ist nicht Angelegenheit einer Aktuellen Stunde. Deshalb will ich es persönlich machen. Ich bedanke mich beim Hessischen Landtag für das, wenn ich es richtig verstanden habe, einstimmige Lob all derer, die uns besonders anvertraut sind. Ich hoffe, es wird nicht der einzige Punkt bleiben, in dem es in diesem Hause Übereinstimmung gibt. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Bouffier. – Meine Damen und Herren, damit ist die die Aussprache zu dem Tagesordnungspunkt 56 beendet.
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend eine Aktuelle Stunde (Sieg der großen Koalition der Lobbyisten – Reform vertagt – Versicherte ge- schröpft) – Drucks. 16/5799 –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nachdem eben zu Recht den ehrenamtlichen Helfern bei der Weltmeisterschaft gedankt wurde, erlauben Sie mir, dass wir uns wieder dem hauptamtlichen Personal in diesem Lande zuwenden. Da müssen wir feststellen: Als die Parteivorsitzenden der großen Koalition Anfang Juli vor die Presse traten und die Gesundheitsreform als Durchbruch feierten, war das in Wirklichkeit der Sieg der großen Koalition der Lobbyisten, der uns vorgestellt wurde.
Meine Damen und Herren, dieses Ergebnis ist umso dramatischer, weil die Gesundheitsreform die Messlatte der großen Koalition war.Wir müssen feststellen:Diese Messlatte ist gerissen.