Protokoll der Sitzung vom 23.11.2006

Zweiter Punkt.Wir haben überhaupt keine Probleme damit, dass wir dieses wichtige Thema in einem Ausschuss oder in zwei Ausschüssen diskutieren. Ich würde vorschlagen, dass wir neben dem Haushaltsausschuss natürlich auch den Wirtschaftsausschuss mit einbinden, weil es auch um ein Thema der Wirtschaft geht – also Haushaltsausschuss und Wirtschaftsausschuss mitberatend.

Dritter Punkt. Wir haben uns auch gefragt, was unser Finanzminister heute gefrühstückt hat. Ich bin sicher, es war ein Kraftriegel zum alten Mehrwertsteuersatz.

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU)

Meine Damen und Herren, noch einmal zur Geschäftsordnung.Auf jetzt, damit wir weiterkommen. Bitte.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich lege Wert darauf, festzustellen, dass dieser Antrag noch nicht umgedruckt ist und unseren Kollegen und Kolleginnen noch nicht vorliegt. Insofern konnte sich noch keiner informieren, was denn Gegenstand der Änderung ist. Ich glaube in der Tat, darauf hinweisen zu müssen, dass das nicht nach der Geschäftsordnung ist, auf welchen Paragrafen auch immer wir uns beziehen.Aber wir sind einverstanden. Wir überweisen. Ich glaube, damit haben wir alle eingefangen.

Gut. Streiten wir uns jetzt nicht mehr länger. Ich glaube, wir sind uns einig, wir meinen es nur alle ein bisschen anders. Trotzdem kommen wir zu einem Ergebnis. Ich habe das jetzt so verstanden. Der Änderungsantrag liegt zwar hier vorn bei uns – das ist das Wichtigste –,aber noch nicht im Hause. Hier ist die Geschäftsordnung eindeutig:

Werden zu einer Vorlage mündlich Änderungen beantragt, ist auf Verlangen einer Fraktion die Abstimmung so lange auszusetzen, bis der Änderungsantrag schriftlich vorliegt.

Dieses Verlangen wird gar nicht mehr gestellt. Es wird jetzt gesagt, dass alle drei Anträge, Tagesordnungspunkt 65, Tagesordnungspunkt 68 und der hier mündlich eingebrachte Änderungsantrag, der noch nicht umgedruckt ist, der aber irgendwann einmal kommt – oder auch nicht – dann an den Haushaltsausschuss, mitberatend dem Wirtschaftsausschuss, überwiesen werden. – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Fertig.

Meine Damen und Herren, dann rufe ich Tagesordnungspunkt 51 auf:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend eine Aktuelle Stunde (Hochschulpakt 2020 – Herausforderung für die Hochschulen und die Politik) – Drucks. 16/6361 –

Das Wort hat Frau Kollegin Nicola Beer. Bitte sehr.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Von den Formalien zurück zu den Zukunftsthemen. Die FDP begrüßt, dass Bund und Länder sich endlich auf einen Hochschulpakt 2020 geeinigt haben. Ich meine, das war Einigung in letzter Minute. Alles andere wäre in unseren Augen eine Bankrotterklärung des Föderalismus gewesen. Denn wenn man sich den rasanten Anstieg der Studierendenzahlen in diesem Land anschaut – 2004 waren es 2 Millionen, 2014 werden 2,7 Millionen prognostiziert –, dann ist schnelles Handeln gefragt und nicht Taktiererei.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Die FDP ist besonders erfreut, dass sich in Deutschland erstmals das Prinzip des liberalen Bildungsgutscheins, nämlich das Prinzip „Geld folgt Studierenden“ – durchgesetzt hat.

(Beifall bei der FDP)

Denn in den Eckpunkten ist nunmehr vereinbart, dass die Verteilung der Mittel unter den Ländern – wenigstens unter den westdeutschen Flächenländern – 2007/2008 nach dem Königsteiner Schlüssel erfolgt, um dann ab dem Jahr 2009 für den gesamten Förderzeitraum, also rückwirkend, spitz abgerechnet zu werden. Dies bedeutet letztendlich, dass die Gelder so, wie von der FDP immer gefordert, dorthin fließen, wo zusätzliche Studierende ihr Studium aufnehmen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, dies ist ein Paradigmenwechsel in der deutschen Hochschulpolitik, wird doch erstmals – und zwar bundesländerübergreifend – das qualitätssteigernde Element des Wettbewerbs anerkannt und zur Basis der Hochschulfinanzierung in Deutschland gemacht.Wir als hessische FDP-Fraktion beglückwünschen den Kollegen Andreas Pinkwart, dass er erfolgreich genau diesen Prozess vorangetrieben hat.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herr Minister Corts, es gilt aber jetzt,sich dieser Herausforderung auch in Hessen offensiv zu stellen. Mindestvoraussetzung ist dabei natürlich, dass auch wir in Hessen die Komplementärfinanzierung sicherstellen.

Herr Minister Corts, andere haben bereits gehandelt. In Baden-Württemberg sind 20 Millionen c und in Nordrhein-Westfalen 31 Millionen c in den nächsten Landeshaushalt eingestellt worden. In Hessen ist bislang leider nichts geschehen. Es ist sogar so, dass die aktuellen Studierendenzahlen an unseren Hochschulen nicht einmal ausfinanziert sind. Herr Minister, ich finde es, ehrlich gesagt, peinlich, wenn Sie als Reaktion auf die Einigung beim Hochschulpakt als Erstes die Berliner Landesregierung mahnen, statt zu Hause Ihre Hausaufgaben zu machen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Ansätze zur Steigerung der Attraktivität Hessens als Studienort müssen darüber hinausgehen. Die Hochschulen müssen sich aktiv Gedanken darüber machen, wo und in welchen Studiengängen wie viele Studienplätze sinnvollerweise ausgebaut werden müssen, welche Umstrukturierungen,hin zu neuen attraktiven Studiengängen,notwendig sind und – vor allen Dingen – wie der Studienplatzaufbau so flexibel gestaltet werden kann, dass ein Rückbau bei dem jetzt schon absehbaren späteren Abebben der Studierendenzahlen zeitnah möglich ist.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Michael Sie- bel (SPD))

Herr Kollege Siebel, die Frage nach der Abschaffung des Berufsbeamtentums an unseren Hochschulen stellt sich mit neuer Aktualität. Hier sollten wir auch die privaten Hochschulen sowie die Wirtschaft einbeziehen,um ein bedarfsorientiertes, flexibles Angebot zu erarbeiten. Unserer Meinung nach wäre es eine gute Möglichkeit für unsere Hochschulen, wenn sie sich in Regionalkonferenzen mit den anderen an der Hochschullandschaft Beteiligten zusammensetzen würden.

(Beifall bei der FDP)

Wir begrüßen als FDP-Fraktion darüber hinaus die Einführung von Programmpauschalen bei der Einigung über die Forschungsförderung. Das Plus von 20 % für Overheadkosten bei den Fördersummen für Projekte der Deutschen Forschungsgemeinschaft ist Hochschulpolitikern wie Forschern seit Jahren ein Anliegen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich ziehe ein Fazit. Der Hochschulpakt 2020 weist insbesondere durch die Aufnahme des Prinzips „Geld folgt Studierenden“ in die richtige Richtung. Herr Minister, damit fängt in Hessen die Arbeit aber erst an. Wir als FDP-Fraktion werden darauf drängen, dass sie zügig erledigt wird.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Kollegin Sarah Sorge, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Kultusministerkonferenz, die Hochschulrektorenkonferenz und der Wissenschaftsrat haben in den vergangenen Monaten Zahlen vorgelegt, die deutlich machen, wie notwendig der weitere Ausbau der deutschen Hochschulen ist. Die Hochschulrektorenkonferenz geht von einem zu erwartetem Anstieg der Studierendenzahl auf bis zu 2,67 Millionen im Jahr 2014 und von einem anhaltend hohen Niveau bis zum Jahre 2020 aus. Auch der Wissenschaftsrat prognostiziert in einer Studie, dass die Zahl der Studienberechtigten in den kommenden fünf Jahren um über 20 % steigen wird.Das ist eine große Herausforderung für die Hochschulen, für die Wissenschaftspolitik und natürlich vor allem auch für den Finanzminister.

Stellen wir uns einmal vor, meine Damen und Herren, der Bundestag hätte das Kooperationsverbot im Wissenschaftsbereich im Rahmen der Föderalismusreform beschlossen, wie es unter anderem die Hessische Landesregierung ursprünglich gefordert hat. Dann hätten Sie alleine handeln müssen. Das wäre wirklich zum Desaster

geworden, denn die Zukunft zu gestalten ist nun wirklich nicht Ihre Stärke.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Corts, warum tauchen Sie in dieser wichtigen Diskussion in den letzten Monaten eigentlich überhaupt nicht auf? Warum haben Sie denn nicht von sich aus – Frau Kollegin Beer hat es gerade angesprochen – Geld zum Ausbau der Studienplatzkapazitäten in den Haushalt eingestellt? Sie kennen auf dem Bundesparkett offenbar nur die Rolle des Blockierers. Die Rolle des Gestalters liegt Ihnen nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist sehr schade, denn dieser Hochschulpakt ist leider kein zukunftsweisender Schritt, sondern nur ein Notnagel, ein Beruhigungströpfchen, das allenfalls hilft, damit die Hochschulen nicht total kollabieren. Ein Kraftakt wäre aber notwendig gewesen, denn – ich sage es von dieser Stelle aus immer wieder – wir brauchen mehr Studierende, und wir brauchen vor allen Dingen mehr Hochschulabsolventinnen und -absolventen. Um im globalen Wettbewerb wettbewerbsfähig zu sein, brauchen wir einfach mehr kluge Köpfe, weil wir ein ressourcenarmes Land sind und unsere Ressource nun einmal das Knowhow und das Wissen sind. Dieser Anforderung wird der Hochschulpakt aber nicht gerecht.Wir hätten, wie gesagt, einen Kraftakt gebraucht und haben leider nur ein Kraftäktchen bekommen.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden nun darauf achten, sehr verehrter Herr Wissenschaftsminister, dass Ihre Zusage, dass auch die Fachhochschulen zu beteiligen, eingehalten wird, und wir werden vor allem darauf achten, dass Sie die Einnahmen aus Studiengebühren nicht für den Ausbau der Kapazitäten verwenden.Alles in allem ist der Hochschulpakt 2020 ein klitzekleiner Silberstreif am Horizont, mehr nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank – Das Wort hat Frau Kollegin Kühne-Hörmann, CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau, Sorge, selbst Sie sehen etwas Positives in dem Hochschulpakt. Das ist schon etwas. Es herrscht Einigkeit unter allen Hochschulpolitikern, dass der Hochschulpakt 2020 der Weg in die richtige Richtung ist.

Wir stehen in den Hochschulen vor neuen Herausforderungen. Zu erwarten ist ein Anstieg der Zahl der Studierenden auf bis zu 2,7 Millionen im Jahre 2014. Dieser erwartete Anstieg ist erfreulich und muss bewältigt werden. Der jetzt zwischen Bund und Ländern initiierte Hochschulpakt 2020 ist aus meiner Sicht der richtige Weg dahin. Wir Hessen haben Erfahrungen mit Hochschulpakten, und wir wissen auch, dass die Hochschulpakte verlässliche Zusagen für die Zukunftsplanung gewährleisten. Deshalb bin ich sicher, dass auch dieser Hochschulpakt, geschlossen zwischen dem Bund, den Ländern und den Hochschulen, der richtige Weg und das richtige Instrument ist. Der Hochschulpakt wird von allen Fachleuten

begrüßt, unter anderem von der Hochschulrektorenkonferenz. Er ist aber natürlich ein Kompromiss.

Was soll der Pakt leisten? Der Pakt soll die Fähigkeit der Hochschulen erhöhen, eine größere Zahl von Studienanfängern aufzunehmen, und dabei die erforderlichen personellen, sächlichen und räumlichen Kapazitäten schaffen. Gleichzeitig soll aber darauf geachtet werden, dass die Ausbildungsqualität nicht sinkt, sondern noch gesteigert wird. Die Gewährleistung der angestrebten Qualitätsstandards steht im Vordergrund. Oberstes Ziel ist, die Studierenden zu einem erfolgreichen Abschluss des Studiums zu bringen. Entscheidende Kriterien sind die Beratung und Betreuung bei der Studienwahl, beim Studium und später beim Berufseinstieg. Die Schaffung besserer qualitativer und quantitativer Rahmenbedingungen für Studieninteressierte ist die einzige Chance, die deutschen Hochschulen im internationalen Wettbewerb voranzubringen.

Besonders zu begrüßen ist, dass bei dieser Diskussion der Bund in Vorlage getreten ist und 565 Millionen c für die Schaffung zusätzlicher Studienplätze zur Verfügung stellt. Damit sollen bis 2010 über 90.000 Studienplätze geschaffen werden. Die Länder sind bereit, den gleichen Betrag dazuzugeben, um dieses Ziel zu erreichen.

Ich merke an dieser Stelle kritisch an, dass die in dem Kompromiss getroffenen Vorfestlegungen einen Großteil des Geldes binden. 15 % dieser 565 Millionen c sind für die ostdeutschen Länder vorgesehen, 3,5 % für die Stadtstaaten Bremen und Hamburg und 4 % für Berlin, wobei Berlin ein Sonderproblem darstellt. Ich will an dieser Stelle sagen, dass mit einem solchen Kompromiss der erste Schritt getan ist, aber die Hochschulen, die die Qualität verbessern und Studienplätze schaffen, nicht wirklich bevorzugt werden.Wie immer bei solchen Kompromissen handelt es sich um eine statische Vorgabe, die es auf Dauer zu verändern gilt.

Der Kraftakt, den Bund und Länder unternehmen, ist ein riesiger Schritt. Jedenfalls sind alle Minister überzeugt, in ihren Ländern das Notwendige zu tun – unser Minister ganz besonders, der in der Aktuellen Stunde auf Bundesebene für seinen Einsatz besonders gelobt worden ist.Das haben Sie wahrscheinlich übersehen, Frau Sorge.

Es sind aber nicht nur 565 Millionen c auf Bundesebene zur Verfügung gestellt worden, sondern weitere 700 Millionen c Bundesmittel fließen in die Vollkostenfinanzierung. Damit gewährt der Bund den forschungsstarken Universitäten, die viele Projekte bei der DFG einwerben, einen Bonus. Sie erhalten zusätzlich 20 % – für Ausgaben für das Personal und für Geräte.

Lassen Sie mich an dieser Stelle noch ein Wort zu Berlin sagen. Ich bin zunächst einmal froh darüber, dass eine grundsätzliche Bereitschaft zur Förderung besteht. Aber wenn man sich die Politik anschaut, die die SPD zusammen mit der PDS in Berlin betreibt, dann ist es schon erschreckend, was dort im Hochschulbereich in den vergangenen Jahren getan worden ist.Obwohl jetzt über eine Erhöhung der Studienplätze geredet wird, ist in den letzten vier Jahren in Berlin unter einer SPD-Regierung ein Drittel aller Studienplätze abgebaut worden. Für diese Hochschulpolitik war ein PDS-Senator zuständig. In diesem Wintersemester sind sechs von sieben Studierwilligen nach Hause geschickt worden. Das ist „die Zukunftsfähigkeit“ der Berliner SPD in der Hochschulpolitik.

Die Studienplatzplanung in Berlin bleibt offen. Es ist nun die Frage, wie viele Studienplätze Berlin für die Studie

renden der ersten Semester anbieten muss, um die vom Bund in Aussicht gestellten knapp 23 Millionen c an Unterstützung zu bekommen. Ich bin gespannt, ob es dazu kommt, dass Herr Zöllner in Berlin jetzt neue Aufgaben übernimmt und dort bessere Regelungen herbeiführt.

Am Schluss bleibt: Profitieren werden von all dem die Studenten, da mit dem Geld ihre Ausbildung verbessert wird und mehr Professoren und Dozenten eingestellt werden.