Protokoll der Sitzung vom 14.12.2006

Dritte Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Hessen für das Haushaltsjahr 2006 (Nachtragshaushaltsgesetz 2006) – Drucks. 16/6710 zu Drucks. 16/6635 zu Drucks. 16/6201 –

Berichterstatter ist Herr Kollege Weinmeister. Er hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Haushaltsausschuss empfiehlt dem Plenum,den Gesetzentwurf mit folgender Änderung in dritter Lesung anzunehmen:

In Art. 1 § 1wird die Angabe „22 524 310 600 Euro“ durch die Angabe „23.009.310.600 Euro“ ersetzt.

Der Haushaltsausschuss empfiehlt dem Plenum außerdem, zu den Einzelplänen die Beschlüsse zu fassen, die in der Beschlussempfehlung nachzulesen sind.

Der Gesetzentwurf war dem Haushaltsausschuss in der 118. Plenarsitzung am 12. Dezember 2006 nach der zweiten Lesung zur Vorbereitung der dritten Lesung zurücküberwiesen worden.

Der Haushaltsausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner Sitzung am 12. Dezember 2006 behandelt und mit den Stimmen der CDU gegen die Stimmen der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP die oben wiedergegebene Beschlussempfehlung gefasst.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Weinmeister, für die Berichterstattung. – In der Aussprache beträgt die Redezeit fünf Minuten pro Fraktion. Als erster Redner hat sich Herr Kollege Williges für die CDU-Fraktion zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der dritten Lesung des ersten Nachtrags des Haushaltsplans 2006 stehen wir vor dem vorläufigen Ende – wie ich meine, einem guten Ende – eines Haushaltsjahres 2006. Jetzt steht nur noch der Kassenabschluss aus. Nach all dem, was uns prognostiziert wird und uns der Finanzminister in der Sitzung des Haushaltsausschusses gesagt hat, sieht es so aus, dass das Ergebnis des Kassenabschlusses über dem liegt, was uns als Planansatz vorliegt.

Das kommt nicht von ungefähr. Die Wirtschaft in Hessen hat wieder angezogen. In diesem Jahr haben wir ein Wachstum von 2,3 % zu verzeichnen. Daraus resultierend haben wir deutlich höhere Steuereinnahmen generiert, die uns in die Lage versetzen, die ursprünglich geplante Nettoneuverschuldung von 1,346 Milliarden c auf 880 Millionen c zu reduzieren. Hierzu hat neben den Steuermehreinnahmen natürlich auch die Ausgabendisziplin beigetragen, insbesondere die strukturellen Veränderungen, die die CDU-Fraktion mit großer Kraft und Entschlossenheit als „Operation sichere Zukunft“ umgesetzt hat.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,eigentlich müssten diese Fakten unstrittig sein, die Rednerinnen und Redner der Opposition ans Pult treten, mir zustimmen, sich wieder setzen und uns in die Mittagspause entlassen. Da aber ein Restrisiko besteht, dass das nicht so sein wird und insbesondere Herr Kollege Frank-Peter Kaufmann vermutlich behaupten wird, alles sei ganz anders, möchte ich noch einige wenige Dinge aus der zweiten Lesung klarstellen.

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Es steht fest, dass die Kommunen in einem erheblichen Ausmaß an den Steuermehreinnahmen partizipieren, in einem Ausmaß, an das alle drei Oppositionsfraktionen nicht geglaubt haben. Ausdruck der Ungläubigkeit war, dass die SPD-Fraktion im November des vergangenen Jahres beantragt hat, einen Fonds zur Verstetigung der Kommunalfinanzen zu bilden, der, wenn wir ihn in die Tat umgesetzt hätten, dazu geführt hätte, dass die Kommunen bis zu vier Jahre auf die ihnen zustehenden Mehreinnahmen warten müssten. Wir hingegen waren optimistischer und zuversichtlicher.Wir haben darauf verzichtet und dafür gesorgt, dass den Kommunen sehr zeitnah die ihnen zustehenden Mittel bereitgestellt werden.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie mich mit einer Legende aufräumen, die Herr Kollege Kaufmann am vergangenen Dienstag wieder einmal zu installieren versucht hat. In den Jahren 1994 bis 1998 sind die Steuereinnahmen nicht, wie Sie behauptet haben, in einem Ausmaß eingebrochen, wie es in den vergangenen Jahren unter der Regie von Finanzminister Weimar zu verkraften gewesen ist, sondern es waren stetigere Steuereinnahmen.

Abschließend möchte ich Ihnen eines sagen.Als mir mehr Redezeit zur Verfügung stand, habe ich Ihnen vorgerechnet, dass wir eine Nettoneuverschuldung von über 2 Milliarden c zu verzeichnen hätten,wenn Rot-Grün für diesen Haushalt Verantwortung tragen würde. Herr Kaufmann, Sie behaupten, wir hätten an die Finanzpolitik ab dem Jahr 1999 anschließen müssen. Wenn das nun der richtige Weg gewesen ist, wo waren dann Ihre Änderungsanträge bei den Beratungen des Nachtragshaushaltsplans 2006? Dann hätten Sie konsequent beantragen müssen, dass wir auf zusätzliche Polizisten und Lehrer verzichten und dass wir viele andere Dinge, die heute auch bei Ihnen unstrittig sind, nicht mehr so umsetzen, wie wir sie umgesetzt haben.

(Beifall bei der CDU)

Weil wir das nicht wollen und weil wir unseren Kurs fortsetzen,wird dieser Weg weiter fortgesetzt,sofern die Steuereinnahmen wie prognostiziert stabil bleiben. Im Anschluss an die Mittagspause werden wir in die Beratungen des Haushaltsplans für das Jahr 2007 eintreten, mit dem der Kurs fortgesetzt wird.Hessen ist auf einem guten Weg, auch wenn Herr Schmitt lautstark versucht, das Gegenteil zu behaupten.Argumentativ wird ihm das nicht gelingen.

(Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Konfettikanone!)

Vielen Dank, Herr Kollege Williges. – Als nächster Redner hat Herr Kollege Pighetti für die SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Williges, das war ein interessanter Auftritt. Zuerst haben Sie gesagt, die Redner der Opposition sollten sich am besten gleich wieder setzen und gar nichts sagen. Daraufhin haben Sie noch einmal zur zweiten Lesung des Haushalts gesprochen und sich auf die Ausführungen meines Nachredners bezogen. Das war eine in jeder Hinsicht interessante Rede, aber keine Rede zum Thema.

Die wesentlichen Argumente zum Nachtragshaushalt 2006 haben wir bereits in der zweiten Lesung ausgetauscht. Dementsprechend werde ich mich mit Rücksicht auf die fortgeschrittene Zeit, die anstehende Mittagspause und auf die Tatsache, dass das Plenum heute zum letzten Mal in diesem Jahr tagt, kurz fassen.

Wir haben vorgestern erfahren, dass der Geldsegen für das Land Hessen auch zwischen der zweiten und dritten Lesung noch anhält. Die Einnahmen sind um 485 Millionen c gestiegen. Man ist fast geneigt zu sagen, dass es schade ist, dass das Jahr nicht noch ein oder zwei Monate länger andauert. Vielleicht wären die Einnahmen dann noch höher.

Was die Verwendung dieser Mittel betrifft, so unterstützt die SPD-Fraktion den zu diesem Zeitpunkt ohnehin logischen Vorschlag, die Mittel für die Reduzierung der Neuverschuldung einzusetzen. Außerdem halten wir es für richtig, für den Teil, der erst nach endgültiger Abrechnung im nächsten Jahr zusätzlich in den Länderfinanzausgleich fließt, eine Rücklage zu bilden.

Auch wenn wir über die Höhe der prognostizierten Steuerausfälle infolge der Unternehmensteuerreform nicht

glücklich sind, so sperren wir uns nicht gegen die Bildung einer Rücklage für diese Einnahmeausfälle im Landeshaushalt 2008. Ich betone das vor dem Hintergrund, dass die Mittel voll zur Reduzierung der Neuverschuldung im Jahr 2006 verwendet werden und dem Finanzminister keine zusätzliche Kreditermächtigung erwächst.

Herr Finanzminister Weimar hat vorgestern im Rahmen der zweiten Lesung gesagt, nachdem ihm die Opposition über Jahre die Schuld an der schlechten Einnahmensituation zugeschrieben habe, beanspruche er nun für sich, für die Mehreinnahmen verantwortlich zu sein. Herr Finanzminister, an dieser Stelle müssen wir Sie korrigieren. Die Opposition hat immer auf das Ausgabenproblem des Landes verwiesen, während Sie immer wieder die rot-grüne Bundesregierung für die Einnahmensituation verantwortlich gemacht haben. Insoweit nehmen wir Sie beim Wort. Die positive Entwicklung in Hessen ist dem Handeln der Bundesregierung geschuldet. In erster Linie sind es die Früchte der rot-grünen Bundesregierung.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wenn es sich um ein Verdienst der neuen Bundesregierung handelt, können wir das als wesentlich Beteiligte nur fröhlich zur Kenntnis nehmen.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sie wollten sich doch kurz fassen!)

Dass darüber hinaus noch mehr möglich gewesen wäre, zeigt nicht zuletzt die Tatsache, dass in diesen Haushalt Einnahmen aus der Grundwasserabgabe und der Vermögensteuer eingehen. Das eine haben Sie abgeschafft. Gegen das andere sperren Sie sich. Mit beidem wäre eine Nettoneuverschuldung von null in greifbare Nähe gerückt.

(Beifall bei der SPD)

Die Frage des Verkaufs der Landesimmobilien werden wir heute Nachmittag noch erörtern, sodass ich – auch wenn es Ihnen nicht gefällt – ein kurzes Fazit ziehen kann: Auch die SPD freut sich über erhebliche Steuermehreinnahmen für unser Bundesland. Die Bundesebene hat in diesem Zusammenhang ihre Hausaufgaben gemacht. In Hessen hingegen stecken noch wesentliche Potenziale,die es zu wecken gilt. Den Nachtragshaushalt 2006 lehnt die SPD-Fraktion daher ab.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Pighetti. – Als nächster Redner hat Herr Kollege Frank-Peter Kaufmann für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Williges, weshalb ist Ihr Gedächtnis eigentlich so schwach? Haben Sie einen Bundesfinanzminister namens Theo Waigel nicht mehr in Erinnerung? Er wurde allseits der Herr der schwarzen Löcher genannt. Auch den Namen „Goldfinger“ erhielt er, weil er die Goldreserven der Bundesbank verkaufen wollte, da er infolge zurückgehender Steuereinnahmen seinen Haushalt nicht mehr finanzieren konnte. Sie hingegen erzählen, es hätte keine zurückgehenden Steuereinnahmen in den Neunzigerjahren gegeben. Das ist offensichtlich ein Denkfehler.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir befinden uns im Rahmen der Haushaltsdebatte nicht in einer komischen Oper. Deshalb sollte man sich nicht konjunktivisch verhalten, sondern lieber realpolitisch und auf das schauen, was tatsächlich ist.

Meine Damen und Herren, die höheren Steuereinnahmen sind auf keine Leistung dieser Landesregierung und kein Verdienst des Finanzministers zurückzuführen, sondern der konjunkturellen Entwicklung – in diesem Zusammenhang ist das Wort „geschuldet“ vielleicht falsch – gedankt. In diesem Zusammenhang hat die Bundespolitik sicherlich eine Rolle gespielt, aber nicht nur die Bundespolitik des vergangenen Jahres, sondern auch der Jahre zuvor.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nur aufgrund der verbesserten konjunkturellen Lage bleiben Sie mit Ihrer Schuldenaufnahme im Jahr 2006 im Rahmen der verfassungsmäßigen Kreditobergrenze, wenn denn nicht Immobilienveräußerungen im Wert von 768 Millionen c anstehen würden. Heute Nachmittag werden wir darüber noch streiten.

Meine Damen und Herren, natürlich muss man einen Investitionsbegriff so definieren, dass die Investitionen höher als die Kreditgrenze sind. Ansonsten zahlt man doch das laufende Geschäft aus Krediten, was man nach der Verfassung aber nicht darf.

Darüber hinaus ist zu erwähnen, dass in dem Nachtrag erhebliche Korrekturen enthalten sind, z. B. im Bereich der Versorgung. In diesem Bereich sollte man in der Zukunft etwas sorgfältiger arbeiten. Deswegen wollen wir von der Landesregierung einen eindeutigen Altersstrukturbericht, um das vorausschauend betrachten zu können.

Jetzt komme ich zum Wunderwerk des Finanzministers, nämlich zu den Rückstellungen, die er mit dem Nachtragshaushalt noch hinbekommen möchte. Meine Damen und Herren, ich will Sie auf Folgendes hinweisen. Es war nicht der Hessische Staatsgerichtshof, sondern der Verfassungsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen. Alle anderen Länder haben eine lockerere Kreditobergrenze, als dies in Hessen mit der sogenannten engen hessischen Bindung der Fall ist. Dieser hat geurteilt, eine Kreditaufnahme widerspreche im Regelfall dem Wirtschaftlichkeitsgebot, wenn ihr in dem Haushaltsjahr, auf das sie sich bezieht,kein entsprechender Ausgabenbedarf gegenübersteht. Gleiches gelte für die haushaltsplanerische Bildung von Rücklagen aus Haushaltsüberschüssen bei gleichzeitigen Ermächtigungen zur Kreditaufnahme; denn die zur Rücklage vorgesehenen Mittel könnten alternativ dazu eingesetzt werden, den aktuellen Kreditbedarf zu drosseln.

Meine Damen und Herren, genau das machen die Landesregierung und die sie tragende CDU-Fraktion nicht. Einzige Ausrede könnte sein, dass Nordrhein-Westfalen nicht Hessen sei und man insoweit prüfen müsse, ob das Urteil auch in Hessen gelte. Das Haushaltsgrundsätzegesetz gilt übrigens für alle Bundesländer in gleicher Weise.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Durch diese Verpflichtung – Richtung CDU-Fraktion und Landesregierung gesprochen – sind kreditfinanzierte Rücklagen grundsätzlich unvereinbar,insbesondere allgemeine Rücklagen. Da wir im Nachtrag aber die Kreditfinanzierung behalten – die wollen Sie gar nicht heruntersetzen, zumindest nicht planmäßig, sondern nur durch das

Geld, das noch kommen soll –, ist dieser Nachtragshaushalt mit diesen Grundsätzen nicht vereinbar. Denn letztendlich sind die Überschüsse, die Sie jetzt als Rücklage einstellen, aus Krediten finanziert. Das ist zumindest die Äußerung des nordrhein-westfälischen Staatsgerichtshofs. Dem kann man sich nur anschließen.

Meine Damen und Herren, insoweit ist die Rückstellung für die Unternehmensteuerreform, die die Risiken des Jahres 2008 abfedern soll, mit diesen verfassungsrechtlichen Grundsätzen nicht vereinbar. Wir hatten das im Ausschuss auch diskutiert. Was die Rückstellung für Verpflichtungen des Landes für den Länderfinanzausgleich angeht, sieht die Sache etwas anders aus, weil die im ersten Quartal des Jahres 2007 fällig werden. Jetzt die Kredite nicht aufzunehmen und die Ermächtigung auf das nächste Jahr zu übertragen, das ist ein ganz anderer Fall, als das über ein ganzes Haushaltsjahr vor sich her zu schieben.