Ich bin mir sicher, dass wir das, was wir eigentlich wollten, damit nicht werden gewährleisten können. Eigentlich wollten wir eine bessere Betreuung garantieren können. Das wird uns damit nicht gelingen. Das wird selbst dann nicht gelingen, wenn bei Jugendlichen der Vermittlungsschlüssel von einem Betreuer für 75 Arbeitsuchende garantiert werden sollte. Aber da gibt es noch die Frage, ob das überhaupt gelingen wird.
Darüber hinaus wird es noch weitere Probleme geben. Sie haben es vielleicht in den Zeitungen gelesen. Es gibt verschiedene Auszahlungstermine für Arbeitslosenhilfeempfänger und für Sozialhilfeempfänger. Auch das wird nicht einfach zu regeln sein. Ich bin deshalb erstaunt, dass die drei anderen Fraktionen hier mit Jubel-Entschließungsanträgen versuchen, über die doch sehr massiven Probleme hinwegzutäuschen.
Unserer Meinung nach wäre es richtig gewesen, diese „Jahrhundertreform“ zu verschieben. Wir wollen in diesem sensiblen Bereich keine Fehler machen. Deshalb wäre es der richtige Weg gewesen, die Reform bis zur Lösung aller offenen Fragen zu verschieben.
Wir haben gemeinsam mit der Union versucht, die Reform zu verschieben. Das ist uns nicht gelungen. Es ist auch völlig klar, warum uns das nicht gelungen ist. Herr Clement hatte nämlich kein Interesse daran, dass die Reform ein paar Monate nach hinten geschoben wird. Denn dann wäre sie ihm komplett in seinen Landtagswahlkampf hineingefallen. Dafür haben wir Verständnis. Herr Clement soll wohl gesagt haben, die Kürzung der Sozialleistungen möchte er am Anfang des Jahres haben, weil es sonst in seinen Landtagswahlkampf hineinfallen würde. Ich habe das als eine Aussage vom Hörensagen notiert. Wenn das aber so sein sollte, dann muss ich sagen: Das ist es nun wirklich nicht. Denn damit wird auf Kosten der Menschen Politik gemacht.
Dass aber gerade die Frage, ob man die Reform hätte verschieben sollen, von den Mitgliedern der Union mit keinem Wort mehr erwähnt wird, macht uns doch relativ nachdenklich. Einerseits bejubelt man das nun insgesamt. Andererseits nimmt man all das, was man zuvor noch kritisiert hatte, überhaupt nicht mehr zur Kenntnis. Man diskutiert das überhaupt nicht mehr.Meine Damen und Herren, das, was Sie hier gerade getan haben, spricht nicht für eine Politik der arbeitsmarktpolitischen Nachhaltigkeit.
Die Bundesregierung trägt die Verantwortung dafür, dass das, was mit dem großen Reformkomplex vorgesehen ist, auch wirklich funktioniert. Ich hoffe sehr, dass nicht das
eintreten wird, was ich hier skizziert habe. Ich hoffe sehr, dass die Menschen dieses Landes, die unserer Hilfe dringend bedürfen, nicht ab dem 1. Januar 2005 ein soziales Chaos werden erleben müssen. Die politische Verantwortung trägt allein die Bundesregierung.
Das lässt mich abschließend zu der Feststellung kommen, dass wir an dieser Stelle niemandem danken können. Ich habe damit den Gedanken vom Anfang aufgegriffen. Wir können Rot-Grün nicht danken. Denn Rot-Grün ist für dieses Chaos verantwortlich.
Herr Boddenberg, wir können aber auch nicht der Union danken. Denn man kann nicht etwas überschwänglich als Erfolg feiern, was letztlich kein Erfolg ist. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist dem Thema, bei dem es um sehr viele Schicksale geht, angemessen, noch einmal Revue passieren zu lassen, was die Grundlage der Gesetze der Hartz-Reform und dieser Reformen insgesamt ist.
Meine Damen und Herren der SPD und der GRÜNEN, ich kann Ihnen nicht ersparen, Sie noch einmal daran zu erinnern, dass wir bereits im Jahr 2001 sehr intensiv über die Frage gesprochen haben, ob man fördern und fordern sollte.
Der Sozialpolitische Ausschuss hat dann eine Reise nach Wisconsin gemacht, nachdem der Ministerpräsident dort war. Damals wurde von Mitgliedern der SPD gesagt, das, was man dort gesehen hatte, sei alles nicht notwendig, da das alles schon heute gehen würde.Das ist eine spannende Aussage. Denn Sie sind heute Morgen mit keinem Wort darauf eingegangen, dass alles das, was das Fordern betrifft, was in dem Gesetzentwurf, den wir im Bundesrat mitgetragen haben, steht, Vorschläge der von SPD und GRÜNEN getragenen Bundesregierung sind.
Wir haben das unterstützt, weil wir es für notwendig erachten. Aber das waren Ihre Vorschläge, von denen Sie hier, die Mitglieder des Landtags in Wiesbaden, kaum etwas wissen wollen. Denn es geht genauso um das Fordern wie um die Komponente, die auch in der Gesetzgebung in Wisconsin vorhanden ist. Das war Vorbild für die Gesetzesvorlagen,die die Hessische Landesregierung zuerst mit dem OFFENSIV-Gesetz und danach mit dem Existenzgrundlagengesetz erarbeitet hat. In diesen Gesetzentwürfen wird das Fördern entsprechend berücksichtigt. Sie haben zum Ziel, dies von den Kommunen gestalten zu lassen.Vor allem besteht das Ziel,Langzeitarbeitslose besser vermitteln zu können und besser zu betreuen. Es ist ein Betreuungsschlüssel von ungefähr 1 : 80 vorgesehen. Das heißt, ein Fallmanager soll auf 80 Personen kommen.
Dieser Gesichtspunkt des Förderns war das eigentliche Ziel, das wir hatten. Das wird mit Ihrem Gesetz, das wir durchaus mit Bauchschmerzen als Hartz IV mitgetragen haben, so nicht verwirklicht. Dieses Ziel wird wahrscheinlich auf lange Zeit in den Arbeitsgemeinschaften nicht verwirklicht werden können, und zwar nicht, weil nie
mand das will, sondern schlichtweg deswegen, weil die zentral gesteuerte Bundesanstalt für Arbeit damit überfordert sein wird.
Ich will auch sehr deutlich sagen,dass dies unabhängig davon gilt, wer sie führt. Denn sie wird zentral gesteuert und kann nicht angemessen auf die Verhältnisse reagieren, die es in den verschiedenen Bundesländern mit den unterschiedlichen Voraussetzungen, wie etwa West und Ost gibt. Aber es gibt auch Unterschiede innerhalb eines Bundeslandes. Jeder Kreis und jede Stadt können vor Ort die Lösung der Probleme besser organisieren.
Meine Damen und Herren der SPD und der GRÜNEN, ich will Ihnen schon sehr deutlich sagen, dass ich Ihnen das zum Vorwurf mache. Denn Sie haben sich nicht mit der Frage auseinander gesetzt, wie es dabei dem Einzelnen geht und wie tatsächlich gefördert werden wird. Sie haben sich nicht mit der Frage beschäftigt, wie wir das in unserem Bundesland gemeinsam so für die Menschen umsetzen können, dass die Langzeitarbeitslosigkeit abgebaut und das Fördern besser wird.
Genau das ist bei diesem Kompromiss die Schwierigkeit. Auch Herr Kollege Rentsch hatte das angesprochen. Im Dezember 2003 gab es den ersten Kompromiss. In ihm war klar eine Wahlmöglichkeit für alle vorgesehen, die so genannte Option. Das wäre uns lieber gewesen. Ich bleibe trotzdem dabei, dass es richtig war, die mit Hartz IV bezeichneten Gesetzentwürfe für diesen Bereich mitzutragen. Denn es geht hier um die ganz wichtige und grundsätzliche Reform der Zusammenlegung zweier Hilfesysteme mit dem Ziel, Menschen dauerhaft und besser in den Arbeitsmarkt integrieren zu können.
Sicher gibt es dabei auch viele Schwierigkeiten. Denn es handelt sich um eine der einschneidendsten sozialen Reformen in Deutschland. Dem Einzelnen wird damit einiges an Zumutungen abverlangt. Dabei wird aber nicht das zentrale Ziel aus den Augen verloren, dass wir Langzeitarbeitslose besser in den ersten Arbeitsmarkt integrieren wollen. Zweitens haben wir dabei aber auch die Frage der Lohnspreizung mit im Blick behalten. Genau im unteren Lohnbereich müssen die Anreize richtig gesetzt werden.
Ich will deutlich sagen: Unsere Gesetze hatten wesentlich weiter gehende Möglichkeiten, Menschen in den ersten Arbeitsmarkt besser zu integrieren. Schauen Sie sich das Existenzgrundlagengesetz noch einmal an, wenn es um das Thema Niedriglohnsektor und Zuverdienst und um die Übergangsmöglichkeiten in diesem Bereich geht.
Dazu höre ich von Ihnen nichts,überhaupt nichts.Denn in Ihrem Gesetz ist nur das Fordern übrig geblieben. Gerade das Fördern, der Übergang in den Arbeitsmarkt, die Frage, wie jemand, der einen niedrig entlohnten Job annimmt,trotzdem deutlich mehr hinzuverdienen kann,also nicht nur im 400-c-Bereich, sondern in einem normalen, regulären Arbeitsverhältnis – genau das waren unsere Vorschläge, denen Sie nicht gefolgt sind.
Deswegen bin ich davon überzeugt,dass der Kompromiss, auch wenn es nur 69 Kommunen bundesweit sind, ein klarer Erfolg für uns war, da wir darauf bestanden haben, dass ein solches Experiment überhaupt möglich gemacht wird, dass es Vergleichsmöglichkeiten gibt.Wir haben uns darauf verständigt, dass es wissenschaftlich begleitet wird,
dass ausgewertet wird, wie vermittelt wird, mit der Bundesregierung zusammen. Aber ich glaube, Sie haben noch nicht einmal diesen Kompromiss gelesen; denn sonst würden Sie nicht weiter die hessischen Landkreise und Kommunen, die sich mit der Option beschäftigen, beschimpfen, dass es ein Unsinn sei, was sie hier machten.
Nein, es ist die Möglichkeit, einen anderen Weg zu gehen, den wir unterstützen wollen, bessere Möglichkeiten zur Vermittlung von Langzeitarbeitslosen auszutesten. Ich kann Ihnen auch sagen: Ich bin sicher, dass der Rahmen von 69 ausgeschöpft wird. Wir hätten viel mehr Möglichkeiten. Viel mehr Kreise könnten daran bundesweit teilnehmen, wenn Sie es auf der Ebene der Bundesregierung nicht verhindert hätten. Es wäre unser Wille gewesen, aber wir haben einen Kompromiss geschlossen.
Frau Ministerin, Sie haben gerade gesagt, wir würden die Kommunen beschimpfen. Worauf beziehen Sie sich dabei? Könnten Sie dafür Belege bringen?
Frau Schulz-Asche, Ihre ganze Rede war wieder ein Beleg dafür, dass Sie die Kommunen, die optieren wollen, beschimpfen,
Das haben sowohl Sie als auch die Kollegin Fuhrmann mehrfach gesagt. Die Realität ist eine andere. Die kommunale Seite, nicht nur in Hessen, sondern bundesweit, hat ein großes Interesse daran, unterschiedliche Modelle auszuprobieren. Ich kann jeder Kommune nur raten, so weit es geht, von den Optionsmöglichkeiten Gebrauch zu machen. Aber ich sage auch sehr deutlich: Aus meiner Sicht ist die schlechteste Alternative für die kommunale Seite die Arbeitsgemeinschaft; denn dann hat sie nur die Mitverantwortung, kann aber nicht mehr wirklich steuernd eingreifen. Sie sollte besser draußen bleiben. Auch das entspricht der Realität, ist aber eine Möglichkeit, die das Gesetz vorsieht.
(Beifall des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU) – Abg. Petra Fuhrmann (SPD): Sie sollten einmal lesen lernen! Es ist ein Unsinn, was Sie hier erzählen!)
Meine Damen und Herren von SPD und GRÜNEN, vielleicht setzen Sie sich auch einmal mit Ihren Kommunalpolitikern in Hessen auseinander. Es ist schon spannend, was Sie hier vortragen, was alles nicht geht, wen wir angeblich nicht fördern. Ich höre aber, dass der grüne Beigeordnete des Landkreises Marburg-Biedenkopf, mit
dem ich spreche, großes Interesse an der Option hat. Er sagt, er hat sich in den letzten Jahren gut vorbereitet. Soviel ich weiß, steht der Kreistagsbeschluss noch aus, aber das Interesse ist dort vorhanden.
Herrn Pipa muss ich Ihnen sicherlich nicht mehr nennen. Aber auch der Landrat des Odenwaldkreises sagt klar: Wir wollen eine Option, und wir wollen uns um dieses Modell bemühen. – Ich kann Ihnen eine große Vielzahl, ob SPD, ob CDU, ob GRÜNE in Hessen, aufzählen, die an unserem Modell, das wir in vielen Sitzungen mit der Bundesregierung ausgehandelt haben, Interesse haben.
Denn sie sagen, das ist das Bessere für die Menschen, um sie wieder in Arbeit zu vermitteln. Darum sollten Sie sich hier auch einmal kümmern.
Dann höre ich von Ihnen: Wie wird die Reform umgesetzt? Wie sieht es aus mit der Finanzierung? – Dazu will ich Ihnen sagen:Hätten wir nicht weiterverhandelt und einen Kompromiss geschlossen, stünden die Kommunen vor einem Bankrott,und zwar bundesweit.So konnten wir eine deutlich bessere Quote heraushandeln. Wir haben jetzt die Beteiligung von 29,1 % bei den Unterkunftskosten, 3,2 Milliarden c, die dafür fließen werden. Gleichzeitig haben wir eine Revisionsklausel verhandelt und eine Übergangsbestimmung, dass nicht sofort am 01.01.2005 alles zusammenbricht, sondern dass Menschen ihr Geld organisiert erhalten können.Das haben die Menschen uns zu verdanken und nicht der Bundesregierung.