Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Klein, Sie haben Recht:Der Inhalt dieses Gesetzentwurfes ist relativ wenig spektakulär. Andererseits ist die Zumutung, dass wir jetzt schon beim ersten Gesetzentwurf, der in diesem Raum in diesem Jahr eingebracht wird, unter Hintanstellung der Geschäftsordnung ein Hauruckverfahren in der Gesetzgebung durchführen sollen, schon ein paar Worte wert.
Sie haben Recht, dass das Bundesgesetz erst im Dezember veröffentlicht worden ist. Aber wer trägt die Verantwortung dafür, dass es so lange gedauert hat? Der Gesetzentwurf hat im April vorgelegen. Der auch in diesem Fall auf Krawall gebürstete Bundesrat hat dafür gesorgt, dass es sich so lange hingezogen hat.
Der Bundesrat hat im Mai seine inhaltlichen Bedenken dagegen vorgetragen und erklärt, dass das Asylbewerberleistungsgesetz nach seiner Auffassung bei den Verwaltungsgerichten bleiben sollte. Keiner wird bestreiten, dass das Asylbewerberleistungsrecht materiell-rechtlich Sozialhilferecht ist. Deswegen gehört es auch in den Zuständigkeitsbereich der Sozialgerichte. Das ist an sich, wie ich finde, vernünftigerweise nicht zu bestreiten.Auch die Tatsache, dass dort vielfach ausländerrechtliche Vorfragen zu
berücksichtigen sind, ist keine Besonderheit. Die Sozialrichter mussten auch bisher schon über familienrechtliche Vorfragen, über Erbschaftsfragen oder Eigentumsrechte inzidenter entscheiden. Das ist also überhaupt kein neues Problem.
Unabhängig davon: Nach dem Gesetzesbeschluss des Bundestages war klar, dass dieses Gesetz so in Kraft tritt. Sie haben im Bundesrat dafür gesorgt, dass es erst zwei Monate später im Bundesgesetzblatt gestanden hat. Sie haben den Vermittlungsausschuss im Oktober angerufen. Hätten Sie zugestimmt, hätte es im Oktober im Bundesgesetzblatt gestanden. Sie hätten hier in Hessen ein ordnungsgemäßes Verfahren durchführen können. Im November hat der Bundesrat dagegen gestimmt und vorsorglich Einspruch eingelegt. Deswegen hat es so lange gedauert. Das Problem ist: Ihnen war die Krawall- und Blockadestrategie im Bundesrat wichtiger als die Funktionsfähigkeit der Sozialgerichtsbarkeit.
Die Sozialgerichtsbarkeit ist Ihnen so egal, weil Ihnen die Menschen so egal sind, die dort ihre Hilfe suchen. Das ist das Problem. Sie sind Ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden.
Hätten Sie vernünftig gehandelt, hätten Sie die Bedenken zurückgestellt und im Oktober zugestimmt, dann hätten Sie ein ordnungsgemäßes Verfahren durchführen können. Dann hätten wir auch ernsthaft und ordnungsgemäß darüber reden können,ob es nicht sehr viel sinnvoller ist,die Zuständigkeitsbereiche der Sozialgerichte von den Zuständigkeiten der Amtsgerichte loszulösen und an den Grenzen der kommunalen Gebietskörperschaften auszurichten. Das wäre eine inhaltliche Frage gewesen, die wir sehr gut hätten besprechen können.
Dass wir jetzt in dieses Hauruckverfahren hineingeraten sind, ist also über den Bundesrat von der Hessischen Landesregierung mit zu verantworten.Wir werden uns diesem Verfahren nicht verweigern. Wir werden dem Verfahren nicht entgegentreten – nicht, weil wir glauben, dass die Hessische Landesregierung vernünftig gehandelt hat,sondern weil wir glauben, dass den Rechtsuchenden im Lande Hessen eine weitere Verzögerung nicht zugemutet werden kann, nur weil die Hessische Landesregierung mit ihrer Verantwortung für das Land offensichtlich überfordert ist.
Aber ich sage auch ganz klar: Sie können sich nicht darauf verlassen, dass wir immer den Ausputzer für das Versagen der Landesregierung spielen werden.
Danke schön, Herr Dr. Jürgens. – Frau Hofmann, Sie haben für die SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist in der Tat von meinem Vorredner schon gesagt worden:Der vorgelegte Gesetzentwurf, über den wir heute beraten, ist inhaltlich recht unspektakulär und aus unserer Sicht weitestgehend unproblematisch. Der Änderungsantrag der CDU trägt dazu bei, dass einige Ungereimtheiten – etwa dass jetzt das zweite Verwaltungsstrukturreformgesetz besteht, oder auch die Frage des In-Kraft-Tretens – noch nachgebessert werden. Das sind alles unspektakuläre Dinge.
Wir halten es auch für folgerichtig, dass es für jeden Landkreis nur ein Vorschlagsrecht für ein Sozialgericht gibt, um diese Regelung praktikabel und in der Anwendung möglichst fehlerfrei gelingen zu lassen.
Was wir aber auf keinen Fall akzeptieren können, ist das Prozedere dieser Gesetzgebung. Wir sollen jetzt – damit möchte ich an das anknüpfen,was Herr Dr.Jürgens gesagt hat – diesen Gesetzentwurf in Hauruckmanier in diesem Plenum in zwei Lesungen verabschieden. Diese Hektik ist völlig unnötig. Sie haben diese Hektik durch Ihr dilettantisches Vorgehen verschuldet. Denn zum einen haben Sie – das hat Herr Dr.Jürgens ausgeführt – das entsprechende Bundesgesetz im Bundesrat blockiert. Wir hätten im Plenum, das letztes Jahr vom 13. bis 16.12. stattgefunden hat, noch genügend Zeit für die erste Lesung des Gesetzentwurfes gehabt. Denn die Inhalte des Bundesgesetzes sowie die wenigen Regelungsmöglichkeiten des Hessischen Ausführungsgesetzes waren bekannt. Das Bundesgesetz selbst datiert vom 09.12.2004. Es wurde am 14.12.2004 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. In der Tat wäre noch Zeit gewesen, den Gesetzentwurf in erster Lesung einzubringen und im Dezember zu beraten, da die Regelungen bekannt waren.
Ich möchte noch einen weiteren Aspekt anführen. Sie haben den Gesetzentwurf so spät eingebracht und wollen ihn jetzt in Hauruckmanier verabschieden, weil Sie noch darauf spekuliert haben, dass der Bundespräsident das Bundesgesetz nicht gegenzeichnen wird.Deswegen haben Sie die Einbringung des Gesetzentwurfs verzögert. Deswegen werden wir Ihnen dieses dilettantische Vorgehen nicht durchgehen lassen. Es ist ein Beweis mehr dafür, dass Sie es nicht können. Deswegen wird sich die SPDFraktion bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf der Stimme enthalten.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Ergebnis vorab: Die FDP-Fraktion wird dem Gesetzentwurf in der von der CDU beantragten geänderten Fassung zustimmen.
Zu den Formalien ist zu sagen, dass man darüber streiten kann, ob wir diesen Gesetzentwurf schon im Dezember in erster Lesung hätten beraten können.Sicher wäre es mög
lich gewesen, hier schon parallel zum Gesetzgebungsverfahren im Bund Vorkehrungen zu treffen. Es ist meines Erachtens aber auch nicht zu kritisieren, dass zunächst einmal die Veröffentlichung des Gesetzes abgewartet worden ist.
Sehr verehrter Herr Justizminister, wenn Sie den Gesetzentwurf schon erst zum Plenum im Januar einbringen, dann hätte ich allerdings erwartet, dass dieser Gesetzentwurf auch richtig ist. Da auch im Justizministerium bekannt war,dass das Zweite Verwaltungsstrukturreformgesetz in dritter Lesung am 16. Dezember verabschiedet wurde, hätte ich erwartet, dass die Änderung, die sich aus diesem Gesetz ergibt, bereits in Ihrem Hause eingearbeitet wird und dem Plenum dann der richtige Gesetzentwurf vorgelegt wird
und es nicht der CDU quasi aufgebürdet wird, die handwerklichen Fehler bis hin zu Regelungen zum In-KraftTreten – die gar nicht stimmen konnten, als wir den Gesetzentwurf ausgehändigt bekommen haben – hier im Plenum zu korrigieren. – So viel zu den Formalien.
Inhaltlich hätten wir es auch wünschenswert gefunden, die örtlichen Zuständigkeiten der Sozialgerichte nach den Kreisen und kreisfreien Städten auszurichten, statt diese weiterhin an den Amtsgerichtsbezirken zu orientieren. Das ist aufgrund der vielfältigen Folgeregelungen, die wir hier vornehmen müssten,in dem zwischen den Fraktionen verabredeten Verfahren jetzt nicht mehr möglich. Herr Justizminister, ich darf Sie aber herzlich bitten, dies für folgende Änderungen im Blick zu behalten, weil dann die Kritik, über die der Kollege Klein referiert hat – dass Vorschlagsrechte zum Teil nicht wahrgenommen werden können,obwohl Zuständigkeiten der Sozialgerichte bestehen –, aus dem Weg geräumt werden könnte.
Von daher ergibt sich in der Gesamtschau für uns als FDP-Fraktion eine Zustimmung zu der Änderung des Ausführungsgesetzes zum Sozialgerichtsgesetz. Bei aller Kritik am Justizministerium und an dem Verfahren darf ich für meine Fraktion Dank sagen, dass – wenn es schon ein eiliges Verfahren ist – die frühzeitige Information insbesondere über die stattgefundene Kabinettsanhörung aus dem Justizministerium meines Erachtens vorbildlich war. Ich sage das vor dem Hintergrund, dass wir das bei anderen Verfahren, insbesondere in der Bildungspolitik, in der Vergangenheit nicht gewohnt waren. Verbunden mit diesem Dank kann ich sagen, dass die FDP-Fraktion diesem Gesetzentwurf zustimmen wird.
Es ist vorgesehen, den Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Siebentes Gesetz zur Änderung des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Sozialgerichtsgesetz und den dazugehörenden Änderungsantrag der Fraktion der CDU an den Rechtsausschuss zur weiteren Beratung und Vorbereitung der zweiten Lesung zu überweisen. – Dem wird nicht widersprochen. Dann können wir so verfahren.
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP für ein Siebtes Gesetz zur Änderung des Hessischen Feiertagsgesetzes (HFeiertagsG) – Drucks. 16/3494 –
Der Fraktionsvorsitzende der FDP, Herr Hahn, wird den Gesetzentwurf einbringen und begründen. Die Redezeit beträgt zehn Minuten. Bitte sehr.
Vielen Dank. – Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Es ist schön, dass der erste inhaltliche Gesetzentwurf, der vom Hessischen Landtag in seinem neuen Zuhause diskutiert wird, das Thema „Deregulierung – weniger Staat“ zum Inhalt hat. In unserer Gesellschaft wird so viel verboten. In unserer Gesellschaft wird so viel reguliert.Viele Gesetze erschweren es dem Bürger, sich so zu verhalten, wie er meint, dass es für ihn am besten ist.Deshalb ist es sehr schön,dass wir heute ein Thema andiskutieren und im Ausschuss sicherlich noch weiter bearbeiten werden, in dem „weniger Staat“ in der Überschrift steht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir möchten mit diesem Gesetzentwurf erreichen, dass in Hessen an Wochenenden, an Sonntagen ab 13 Uhr, das möglich ist, was in acht anderen Bundesländern bereits möglich ist: nämlich dass Videotheken ihre Tore öffnen können. In Berlin, in Brandenburg, in Bremen, in Hamburg, in Niedersachsen, in Rheinland-Pfalz, in Sachsen-Anhalt und in SchleswigHolstein gibt es das Verbot, das es bei uns gibt, dass Videotheken am Sonntag nicht geöffnet haben dürfen, nicht.
Unserer Auffassung nach ist die von uns vorgetragene Öffnungsklausel sinnvoll und im Interesse der Bürger. Die Bürger haben die Möglichkeit, am Wochenende, auch am Sonntag, das zu tun, was sie tun möchten, nämlich sich zu unterhalten. Es gibt verschiedene Arten der Unterhaltung. Es gibt Menschen, die gehen ins Kino. Es gibt Menschen, die gehen auf Fußballplätze oder zu anderen sportlichen Veranstaltungen, und es gibt Menschen, die sich gerne Videos anschauen.Warum jedenfalls das Ausleihen von Videos verboten sein soll, obwohl man z. B. ins Kino gehen oder Spiele von Eintracht Frankfurt oder andere sportliche Ereignisse am Sonntag genießen kann, ist uns Liberalen nicht verständlich.
(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Frank Got- thardt (CDU): Geht es um erstklassige oder um zweitklassige Videos? – Weitere Zurufe von der CDU)
Gleiches gilt auch für Theater, für Freizeitparks und für eine Reihe von Vergnügungs- und Freizeitbetrieben. Alle diese Betriebe sind nicht mit dem Verbot belegt,am Sonntag nicht aufmachen zu dürfen. Es wäre fast widersinnig, wenn jemand sagen würde, dass Theater an Wochenenden geschlossen werden müssten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum meinen wir im Hessischen Landtag aber, dass es immer noch sinnvoll ist, dass Videotheken geschlossen haben sollen?
Ich glaube, dass das ein bisschen eine Geschmacksfrage ist. Der Zuruf des Kollegen Gotthardt, der sich auf Erstund Zweitklassigkeit bezog, verbindet sich möglicherweise damit, dass es das eine oder andere Video gibt, das
der eine oder andere von uns nicht sehen will. Ich darf Ihnen versichern, dass in unserem Gesetzentwurf nicht steht, dass jeder von uns bestimmte Videos ausleihen muss.
In dem Gesetzentwurf steht, dass jeder die Möglichkeit haben soll, aus dem breiten Tableau die ihm entsprechenden Videos auszuleihen.
Damit das Ganze nicht zu sehr kabarettistisch wirkt, darf ich darauf hinweisen, dass es zwei Argumentationslinien gegen mehr Freiheit für die Bürger in Hessen gibt. Die erste Argumentationslinie ist die der Gewerkschaften, die sagen, man dürfe den Menschen nicht zumuten, am Sonntag zu arbeiten, das sei unsozial. Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Argument als Gewerkschafter in Zeiten, wo wir fast 5 Millionen Arbeitslose haben, überhaupt in den Mund zu nehmen, heißt, die Probleme unserer Zeit nicht erkannt zu haben.
Es kann doch wohl nicht wahr sein, dass die Chance, zusätzliche Arbeitszeit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu generieren, nämlich am Sonntag Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen, mit dem Argument niedergemacht wird, das gehe aber nicht, dann müssten die Menschen ja am Sonntag arbeiten. Ich glaube, viele Menschen wären froh, wenn sie am Sonntag arbeiten könnten. Deshalb ist dieses Argument in unseren Augen unbeachtlich.