Protokoll der Sitzung vom 09.06.2005

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es war eine konzertierte Aktion der Oppositionsfraktionen in diesem Hause, von den Gewerkschaften, den Studentenvereinigungen und letztlich natürlich von den Präsidenten der Hochschulen in diesem Lande, die es sich nicht haben gefallen lassen – Stillosigkeit bei Verhandlungen hin oder her,was man in den Zeitungen liest –,sich erpressen zu lassen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie wollten den Hochschulen einen Betrag von ungefähr 40 Millionen c im Jahre 2006 nicht mehr zur Verfügung stellen. Frau Kollegin Kühne-Hörmann, wie Sie dann auf

den – ich will es einmal so nennen – netten Ausweg kommen, dass daran Ruth Wagner schuld sein soll: Die Hilflosigkeit Ihrer Politik in diesem Lande ist nicht mehr zu überbieten.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ärgert schon ein bisschen, wenn man gemeinsame Vergangenheit falsch wiedergeben will. Es gab einen Hochschulpakt, und zwar einen wirklichen Pakt. Darunter verstehe ich, dass Partner auf gleicher Augenhöhe verhandeln und ein Ergebnis erzielen.

(Beifall bei der FDP)

Es gab einen Pakt, bei dem Ruth Wagner und Roland Koch eine planbare Finanzausstattung der Hochschulen in Hessen versprochen haben. Den haben Sie nicht eingehalten, weil Sie mit Stillosigkeiten schon einmal versucht haben, die Hochschulpräsidenten – – Ich will es nicht formulieren, weil mich der Präsident dann rügen müsste.

Herr Kollege Hahn, ich will Sie nicht rügen, aber die Redezeit ist abgelaufen.

(Heiterkeit)

Herr Corts, ich weiß nicht, worüber Sie eigentlich lachen. Ich wäre an Ihrer Stelle todtraurig, denn Sie haben es nicht alleine geschafft, den Hochschulen das Geld zu geben, das ihnen zusteht. Sie brauchten uns, die Opposition, dazu. Das ist für einen Minister zu wenig. – Vielen Dank.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es gibt keine weitere Wortmeldung. Damit ist die Aussprache zu diesen beiden Punkten beendet.

Es ist gewünscht, das wir jetzt sofort über Tagesordnungspunkt 49 abstimmen. – Herr Kollege Kahl, bitte zur Geschäftsordnung.

Herr Präsident, wir bitten, über diesen Antrag abzustimmen. Ziffer 1 des Antrags ist aufgrund der Änderung des Haushaltsaufstellungserlasses erledigt. Davon müssen wir ausgehen.Deswegen bitten wir um Abstimmung über Ziffer 2.

Ziffer 1 ist erledigt, darüber sind wir uns einig.

Dann stimmen wir über Ziffer 2 des Antrags der Abg. Siebel,Dr.Spies,Schaub (SPD) und Fraktion betreffend kein Kahlschlag bei den Hochschulen,Drucks.16/4077,ab.Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen.– Das sind SPD,GRÜNE und FDP.Wer ist dagegen? – Die CDU. Das ist die Mehrheit. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

(Zurufe von der SPD – Gegenruf der Abg. Eva Kühne-Hörmann (CDU))

Meine Damen und Herren, der Antrag ist abgelehnt. Ich kann es auch nicht ändern, Herr Kollege Siebel. Es ist so.

(Heiterkeit)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 87 auf:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend eine Aktuelle Stunde (Falsche Arbeitslosenzahlen der Bundesregie- rung) – Drucks. 16/4107 –

Ich wäre dankbar, wenn ein Kollege der FDP so lieb wäre, sich zu melden.– Herr Kollege Florian Rentsch,bitte sehr, Sie haben das Wort.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das ist unser Dirk Niebel! Das musst du doch wissen!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Nachdem wir gerade das fehlende Demokratieverständnis innerhalb der Fraktion der GRÜNEN diskutiert haben, kommen wir zu einem weiteren Thema rot-grüner „Glanzleistungen“ auf Bundesebene. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben, bevor wir diese Aktuelle Stunde beantragt haben, überlegt, ob man nicht eine ständige Aktuelle Stunde am Donnerstagmorgen mit dem Titel „Verfehlte Arbeitsmarktpolitik der rot-grünen Bundesregierung“ einrichten müsste.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Es wäre alles viel spannender, wenn der Bundeskanzler nicht gesagt hätte, er ergreife die Flucht und flüchte von Berlin, wahrscheinlich wieder zurück nach Hannover. Aber, meine Damen und Herren, Sie werden sich mit dieser Fluchtankündigung nicht aus dem reellen Arbeitsmarktproblem dieses Landes befreien können. Fakt ist, dass die Bundesregierung es auch bei der Einführung von Hartz IV nicht geschafft hat, das Thema Arbeitsmarktpolitik so zu begreifen und zu behandeln, wie es sich in diesem Lande gehören müsste.

Bei der Einführung von Hartz IV gab es Probleme, z. B.: Wie regeln wir das Verhältnis zu den Optionskommunen? Wen machen wir verantwortlich für die Arbeitsmarktbehandlung? Wer ist verantwortlich für die Vermittlung von Langzeitarbeitslosen? All diese Fragen haben wir nach Ansicht der FDP nur relativ unzureichend klären können.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Meine Damen und Herren, wir haben jetzt eine Situation, in der der sagenumwobene Bundeswirtschafts- und -arbeitsminister noch nicht einmal den Anstand hat, in diesem Land die reellen Arbeitmarktzahlen vorzulegen. Bundesarbeitsminister Wolfgang Clement hat aus parteipolitischen Gründen, wie wir wissen, vor der Wahl in NRW nicht den Mut gehabt, die Arbeitsmarktzahlen zu veröffentlichen,wie sie in diesem Land sind.Dass er Menschen in Ein-Euro-Jobs und Qualifizierungsmaßnahmen – das sind 1 Million Menschen in diesem Lande – nicht einrechnet, das haben wir mittlerweile schon diskutiert und auch akzeptiert. Wir erwarten es noch nicht einmal mehr,dass Wolfgang Clement die Größe hat,diese Zahlen einzuberechnen.

Aber dass Wolfgang Clement es auch nicht schafft, die Zahlen, die vorliegen, nämlich die Zahlen der Options

kommunen, in die Arbeitslosenstatistik einzuführen, ist schon abenteuerlich. Das werden wir ihm an dieser Stelle nicht durchgehen lassen.Das werden wir auch Ihnen nicht durchgehen lassen, nur weil Sie gesagt haben, sie werden bei dieser Bundestagswahl keine Rolle mehr spielen.

(Beifall bei der FDP)

Was ist geschehen? Wir haben eine Arbeitslosenstatistik vorgelegt bekommen, die im Frühjahr dieses Jahres ca. 5,1 Millionen Personen umfasst hat.Aber wir wissen, dass ca. 80.000 Menschen – die Schätzungen gehen sogar bis 200.000 – nicht in dieser Arbeitslosenstatistik enthalten sind, weil die Bundesagentur für Arbeit und der Bundesminister es nicht geschafft und nicht gewollt haben, die Zahlen der Optionskommunen in diese Arbeitslosenstatistik einzuführen.

(Beifall bei der FDP)

Die Argumentation war lange Zeit, dass die Zahlen, die von den Agenturen geliefert werden, zwar in Ordnung seien, aber nicht die der Optionskommunen, da sie nicht auf der gleichen EDV-Basis übermittelt würden wie die der Bundesagentur für Arbeit.

Meine Damen und Herren, die BA hat selbst ein Schätzverfahren entwickelt, um diese Zahlen schätzen zu können. Sie hat diese Zahlen aber nicht in die Statistik einfließen lassen. Ich frage Sie von Rot-Grün, wie Sie der Sache begegnen wollen. Denn Sie haben es damit geschafft, dass die Menschen der Politik und gerade der Bundesregierung in diesem Bereich überhaupt kein Vertrauen mehr entgegenbringen. Die Menschen fühlen sich von dieser Bundesregierung getäuscht, weil sie noch nicht einmal die Größe hat, die reellen Zahlen, das wirkliche Problem, das wir in diesem Land haben, den Menschen so zu präsentieren, wie es sich wirklich darstellt.

Ich bin nicht überrascht – das sage ich ganz offen, und ich glaube, das ist bei Rot-Grün mittlerweile angekommen –, dass der Bundeswirtschaftsminister dies so gemacht hat. Ich glaube, Sie sind mittlerweile selbst der Auffassung, dass das, was er dort veranstaltet, nicht mehr akzeptabel ist. Aber wir werden vor der Bundestagswahl nicht zulassen, dass Sie diese falschen Zahlen weiterverbreiten und quasi als Erfolg Ihrer Arbeitsmarktpolitik verarbeiten. Wir haben in Deutschland deutlich über 6,5 Millionen Arbeitslose, wenn wir die Menschen einrechnen, die Sie aus den Statistiken herausgenommen haben.

Die Menschen in diesem Lande werden nicht begreifen, wie groß das Problem ist, wenn Rot-Grün diese Zahlen weiterhin fälscht und weiterhin dafür Sorge trägt, dass die Menschen in Deutschland ein falsches Bild von der Problemlage bekommen.

(Beifall bei der FDP)

Wir fordern Sie auf, Ihren kurzen Draht nach Berlin, solange Sie ihn noch haben, zu nutzen, damit die Zahlen der Arbeitslosenstatistik endlich reell werden, damit die Leute auch arbeitslos gemeldet werden und als solche erkennbar werden, die es wirklich sind. Es darf nicht sein, wie Sie es gerne hätten, dass die Menschen, die Sie rechnerisch herausdrängen können, die Sie statistisch nicht berücksichtigen wollen, nicht in die Arbeitslosenstatistik einfließen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Lieber Herr Kollege Rentsch,die Redezeit ist abgelaufen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, da wir dieses Thema in der Vorwahlkampfphase hier sicherlich noch einmal bearbeiten werden, möchte ich Ihnen zum Schluss eines auf den Weg geben. Ich glaube wirklich, dass in der Bundesrepublik Deutschland der Arbeitsmarkt und die Arbeitsmarktpolitik darunter leiden, dass gerade die rot-grüne Bundesregierung versucht, die Menschen an der Nase herumzuführen. Ich glaube, wenn Sie etwas Größe beweisen würden, wenn Sie etwas Stil hätten, würden Sie in diesem Hause zugeben, dass Sie sich in diesem Bereich verrannt haben, dass wir einen anderen Weg brauchen, einen Weg der Ehrlichkeit. Wenn Sie in dem Bundestagswahlkampf bestehen wollen, dann werden Sie das sicherlich nicht mit unehrlicher Politik und gefälschten Statistiken können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Rentsch. Das war zugegebenermaßen ein langer, aber intellektueller Schlusssatz. – Das Wort hat die Frau Kollegin Schulz-Asche von den GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir hatten beim Punkt davor die Diskussion, ob es aktuell ist oder nicht. Herr Rentsch, ich hatte echt erwartet, dass von Ihnen etwas Neues kommt.

Meine Damen und Herren, dass es Datenprobleme bei der Umsetzung von Hartz IV gibt, wissen wir. Das ist bekannt.

(Zuruf des Abg. Michael Denzin (FDP))

Wir können alle den Privatkrieg verfolgen, den Frau Ministerin Lautenschläger per Pressemitteilungen mit Herrn Clement führt. Wir wissen, dass die Bundesagentur seit Monaten mit Schätzungen arbeitet, weil einige Kommunen, vor allem in Hessen, keine nachvollziehbaren Daten, weil einige unvollständige Daten und weil einige Daten liefern, die nicht verarbeitet werden können. Darauf haben Sie hingewiesen. Wir haben eine Kommune, die von Anfang an problemlos Daten liefert, die auch verarbeitet werden können, nämlich Fulda – und keiner weiß, warum.