Protokoll der Sitzung vom 22.04.2008

stimmt haben, ob sie bereit sind, einen solchen Gesetzentwurf mit zu unterschreiben und auch auf den Briefkopf zu gehen. So macht man das eigentlich.

(Petra Fuhrmann (SPD): Machen Sie doch auch nicht!)

Man schlägt nicht nachher ganz lässig vom Rednerpult aus vor, dass die Kollegen gerne mit drauf können. Das ist nicht die richtige Reihenfolge, Frau Kollegin Fuhrmann. Das lässt ein wenig den Verdacht offen, dass das Werben um die FDP zwar sehr vollmundig propagiert wurde, aber letztendlich gar nicht ernst gemeint war. Ich will nicht sagen,dass mich das sehr enttäuscht.Ich habe es fast geahnt, Frau Kollegin Fuhrmann. Nichtsdestotrotz sollte man das an dieser Stelle feststellen.

An dieser Stelle eine kleine Anmerkung an unsere Freunde, die GRÜNEN, die ihren Platz in der Mitte zwischen Rot-Rot und Schwarz-Gelb sehr geschickt nutzen. Liebe Kollegen, ich glaube, dass die Koalition im Landeswohlfahrtsverband aus CDU, FDP und GRÜNEN einen sehr guten Job macht. Das Thema Eingliederungshilfe ist ein Fachthema im Landeswohlfahrtsverband. Das funktioniert sehr gut. Ich glaube, dass die Koalition, die dort besteht, auch in Zukunft gute Chancen haben wird, den Verband in eine gute Richtung zu leiten.

(Beifall des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Vielen Dank, diesen Applaus nehme ich gerne auf.

(Heiterkeit)

Es war nicht viel, aber man freut sich darüber.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP sowie bei Ab- geordneten der CDU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Man muss es vielleicht öfter anmerken und einblenden: Applaus bestellen.

(Beifall des Abg. Michael Siebel (SPD))

Vielen Dank. – Bei dieser Frage geht es auch darum, wie wir uns auf Landesebene darauf einrichten. Deshalb war ich auch verwundert – das sage ich sehr offen –, dass die GRÜNEN, die in der Jamaikakoalition im LWV eine gute Rolle spielen und sich dort auch sehr wohl fühlen – wenn ich das sagen darf; die Kollegin Schönhut-Keil machte mir nicht den Eindruck, als ob sie sich zwischen Herrn Brückmann, der heute schon mehrfach erwähnt worden ist, und unserem ehrenamtlichen Beigeordneten, Herrn Dr. Barkey, sehr unwohl fühlt –, wenn sie die Koalition im Landeswohlfahrtsverband ernst meinen, nicht versuchen, die Personen anzusprechen, die diese Fragen politisch vertreten.

Meine Damen und Herren, insgesamt werden wir dem Gesetzentwurf zustimmen. Wir halten ihn für richtig und sinnvoll. Wir werden ein relativ schnelles Anhörungsverfahren durchführen können, weil aus meiner Sicht nicht sehr viele strittige Punkte bestehen. Ein Thema gibt es, nämlich die Vereinbarung zwischen den Kommunalen Spitzenverbänden und dem Land.Wenn das schnell zu lösen ist, wäre ich dankbar. Dann werden wir für den LWV sicherlich sehr schnell Rechtsklarheit in dieser Frage schaffen können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Rentsch. – Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Abg. Utter von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sicherlich sind wir uns schnell darüber einig, dass es in erster Linie darum geht, die beste Lösung für die betroffenen Menschen zu finden.Es wäre ein schönes Zeichen für eine konstruktive Auseinandersetzung mit diesem Thema gewesen, wenn SPD und GRÜNE bereits im Vorfeld das Gespräch mit CDU und FDP gesucht hätten.

(Petra Fuhrmann (SPD): Ihr habt das in der absoluten Mehrheit auch nicht dauernd bei uns gemacht!)

Aber, Frau Fuhrmann, die freundliche Art, mit der Sie mich unterbrechen und mit der Sie uns eingeladen haben, an dem Verfahren teilzunehmen – das nehmen wir gerne an.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Petra Fuhrmann (SPD): Geht doch! – Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Wir, die CDU, wollen, dass am Ende eine weitere Qualitätsverbesserung für die Situation behinderter Menschen in Hessen steht. In der letzten Legislaturperiode hat sich die CDU bereits für eine Verlängerung der bestehenden Vereinbarung um ein Jahr und für mögliche Verbesserungen in einer neuen Vereinbarung ausgesprochen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

In der Zwischenzeit wurde von der Landesregierung das Gespräch in diese Richtung eingeleitet. Aber grundsätzlich ist die Fraktion der CDU auch bereit, eine gesetzliche Regelung, wie sie mit dem vorliegenden Gesetzentwurf vorgeschlagen wird, offen zu diskutieren und ihr gegebenenfalls auch zuzustimmen.

(Beifall des Abg. Dr. Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Der Ausbau des betreuten Wohnens für Behinderte wurde in den vergangenen Jahren in Hessen konsequent vorangetrieben. Es ist gelungen, in vielen Fällen einen hohen Grad an selbstständiger Lebensführung zu ermöglichen. Der Grundsatz „ambulant vor stationär“ wurde vorbildlich umgesetzt. Dieser bisherige Erfolg ist das Resultat der partnerschaftlichen Zusammenarbeit des Landeswohlfahrtsverbandes mit den kommunalen Sozialhilfeträgern.

Bei der Frage der zukünftigen Zuständigkeit sollten die Interessen der betroffenen Menschen und die breite Akzeptanz aller Beteiligten im Vordergrund stehen. Die CDU hat sich daher für einen Dialog zwischen dem von den Kommunen getragenen LWV und den Kommunalen Spitzenverbänden eingesetzt.

Im Rahmen einer erneuten Anhörung im Landtag wollen wir sehen, wie weit sich die beiden Seiten bereits in ihren Auffassungen angenähert haben. Wenn wir uns im Ziel der Qualitätssicherung und -steigerung einig sind, dann sollten wir uns auch die Zeit für eine mündliche Anhörung nehmen und die Argumente der Kommunen und des LWV hören und abwägen. Mit den Verbänden der Behinderten möchten wir vor allem die Frage erörtern, wie der

bereits erreichte hohe Qualitätsstandard beibehalten und gesichert werden kann. Wir wollen gerne prüfen, welche Auswirkungen der Gesetzentwurf in diesem Bereich voraussichtlich haben würde. Gründlichkeit sollte hier vor Schnelligkeit gehen.

Daher die herzliche Bitte an das Haus,einer Überweisung an den Ausschuss und der Durchführung einer Anhörung zuzustimmen.Wir sind gerne bereit, unseren Beitrag dazu zu leisten, damit das gesamte Verfahren noch vor der Sommerpause zu einem guten Ende geführt wird.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal feststellen – weil es im letzten Jahr eine Rolle spielte –, dass die CDU keinerlei Pläne verfolgt, den Landeswohlfahrtsverband aufzulösen.Während des Wahlkampfes wurde uns leider immer wieder von interessierter Seite Derartiges unterstellt, wohl vor allem, um die Beschäftigten des LWV zu verunsichern.

(Dr.Walter Lübcke (CDU): Furchtbar!)

Die CDU ist mit der Arbeit des LWV und der Entwicklung der letzten Jahre sehr zufrieden. Das Reformbündnis von CDU, GRÜNEN und FDP hat sich bewährt. Diese erste Zusammenarbeit auf Landesebene von sicherlich sehr unterschiedlichen Partnern hat gezeigt, dass es zumindest in der Sozialpolitik genügend Übereinstimmungen für ein gemeinsames Handeln gibt.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Abg. Utter. Das war Ihre Jungfernrede im Hessischen Landtag. Ich gratuliere Ihnen herzlich dazu.

(Allgemeiner Beifall)

Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Kollegen Dr. Jürgens von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Das Rednerpult wird heruntergefahren.)

Wir haben das Problem erkannt und sind dabei,es in den Sommerferien zu beheben.

Herr Präsident,meine Damen und Herren! Ich freue mich natürlich für die antragstellenden Fraktionen, dass wir so große Zustimmung von allen Fraktionen des Hauses ernten. Ich glaube, dass wir gemeinsam zu einem guten Ergebnis finden werden.

Herr Rentsch, ich glaube, wir müssen alle noch ein bisschen lernen und üben, mit der neuen Situation zurechtzukommen. Es gibt die Möglichkeit, vor der Einbringung eines Gesetzentwurfs nach Gemeinsamkeiten zu suchen. Es gibt auch die Möglichkeit,danach nach Gemeinsamkeiten zu suchen. Es gibt auch Beispiele, wo Sie – wir werden das im Laufe dieser Plenarrunde zu diskutieren haben – die Gemeinsamkeiten im Vorfeld nicht gesucht haben. Wir müssen alle noch ein bisschen üben, bereits im Vorfeld zu Gemeinsamkeiten zu kommen, wenn wir das für sinnvoll halten.

Für meine Fraktion steht im Mittelpunkt der Diskussion: Wie kann den Menschen mit Behinderungen in Hessen am besten geholfen werden, und welchen Beitrag kann

der Hessische Landtag dazu leisten? Das ist das Entscheidende in der Debatte um unseren Gesetzentwurf.

Es ist bereits darauf hingewiesen worden: Das betreute Wohnen in Hessen ist eine Erfolgsgeschichte. Immer mehr Menschen mit einer seelischen, geistigen oder körperlichen Behinderung erhalten die Möglichkeit, mit entsprechender Unterstützung in einer eigenen Wohnung oder einer Wohngemeinschaft zu leben. Damit bleibt ihnen das Leben in der Institution, im Heim, erspart. Im Augenblick erhalten noch rund 16.000 behinderte Menschen vom Landeswohlfahrtsverband Eingliederungshilfe oder Hilfe zur Pflege in einer stationären Einrichtung, also einem Heim.

Gleichzeitig wurden kontinuierlich die Plätze im betreuten Wohnen ausgebaut. Diese Entwicklung hat besonders Fahrt aufgenommen, seit es die Jamaikakoalition im Landeswohlfahrtsverband gibt. Ich darf daran erinnern, Ende 2003 gab es knapp 7.000 Menschen im betreuten Wohnen. Bis Ende 2008 sollen es nach den gegenwärtigen Plänen knapp 10.000 sein. Damit liegt Hessen bundesweit deutlich an der Spitze, und das ist gut und richtig so. Das sollte nach unserer Überzeugung auch weitergehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Voraussetzung für diese Erfolgsgeschichte war die einheitliche Zuständigkeit für stationäre Hilfe und betreutes Wohnen. Die Hilfe aus einer Hand war ganz entscheidend dafür, dass nicht mehr fiskalische Erwägungen dafür ausschlaggebend waren, behinderte Menschen auf Heime zu verweisen.

Wir stehen jetzt vor der Entscheidung, ob die Zuständigkeit für das betreute Wohnen zum 01.01.2009 auf die örtlichen Träger übergehen soll. So lautet nämlich die gegenwärtige Gesetzeslage – deswegen auch ein bisschen die Eile, die wir produziert haben, die im Vorfeld vielleicht dazu geführt hat, dass nicht alle Absprachen, die man hätte treffen können, getroffen worden sind.Wir mussten unsere Initiative aber rechtzeitig in den Landtag einbringen,denn mit der Umsetzung der Regelung,die im Gesetz steht, wäre die Hilfe aus einer Hand beendet. Damit würde getrennt, was eigentlich zusammengehört. Das ist das Entscheidende, weshalb aus unserer Sicht Handlungsbedarf besteht.

Es gibt in allen Parteien, vor allem auf der kommunalen Ebene, sozialpolitisch engagierte Menschen, die der Ansicht sind, alle Eingliederungshilfen für behinderte Menschen wären an sich bei den örtlichen Trägern besser aufgehoben. Es gibt durchaus Bundesländer, z. B. BadenWürttemberg, die genau diesen Weg gegangen sind. Das ist heute aber nicht die Frage, vor der wir stehen, jedenfalls nicht die vorrangige Frage. Wir haben jetzt zu entscheiden, ob die gesetzliche Regelung, die die Zuständigkeit des LWV für das stationäre Wohnen aufrechterhält und nur die Zuständigkeit für das betreute Wohnen verlagert, die richtige ist. Dazu sagen alle Fachleute, alle Betroffenen, alle Trägerorganisationen: Das ist nicht der richtige Weg; das würde zu neuen Verschiebebahnhöfen zulasten der Betroffenen führen. Die örtlichen Träger könnten dann wieder – unter Verweis auf die Heime – die Kostenlast auf den Landeswohlfahrtsverband abwälzen. Wir haben in der Anhörung Beispiele dafür erfahren. Das Problem wäre, dass dann gerade die örtlichen Träger bestraft würden, die sich für das betreute Wohnen engagieren, weil sie die Verbandsumlage und die Kosten für das betreute Wohnen zu tragen haben, und die Träger belohnt

würden, die das betreute Wohnen nicht weiter ausbauen, weil sie dann nur die Verbandsumlage und weniger Kosten zu tragen haben. Das macht aus unserer Sicht keinen Sinn. Es liegt auf der Hand: Die positive Entwicklung der letzten Jahre wäre in Gefahr, abgewürgt zu werden – ein Ergebnis, das wohl niemand ernsthaft will.

Es gibt auch bei uns engagierte Mitglieder, die der Auffassung sind, zur Vermeidung dieser gespaltenen Zuständigkeit sollte die Zuständigkeit für die stationäre Hilfe der Zuständigkeit für die ambulante Hilfe auf die örtliche Ebene folgen. Gegen dieses Modell sprechen zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus meiner Sicht zwei entscheidende Gesichtspunkte. Das würde nämlich erstens bedeuten, dass wir eine weit umfassendere Änderung der Zuständigkeiten – mit allen Folgeregelungen – zum 01.01.2009 vornehmen müssten, als wenn wir den jetzigen Zustand aufrechterhalten würden. Das ist zwar ein eher formaler Grund, aber sicher auch zu berücksichtigen.

Ein ganz entscheidender inhaltlicher Gesichtspunkt kommt hinzu. Diejenigen, die sagen, das betreute Wohnen, ja die Behindertenhilfe insgesamt kann genauso gut auf der örtlichen Ebene wahrgenommen werden, sind ein Stück weit auf Prognosen und Spekulationen angewiesen. Wenn wir uns für den Landeswohlfahrtsverband entscheiden – Herr Rentsch hat es schon gesagt –, entscheiden wir uns für einen Träger, von dem wir wissen, dass er es kann. Dann sind wir auf der sicheren Seite.Da haben wir die Berichte des Rechnungshofs, da haben wir die Erfahrungen der letzten Jahre, und wir wissen, dass es dort klappt. Deswegen schlagen wir mit unserem Gesetzentwurf vor, die Zuständigkeit zunächst auf jeden Fall und für einen längeren Zeitraum dem Landeswohlfahrtsverband zu belassen.

Der nächste Punkt. Wir halten nichts davon, eine Regelung nur für ein weiteres Jahr zu erlassen, wie es bei dem ursprünglichen Gesetzentwurf, den wir im letzten Jahr beschlossen haben, der Fall gewesen wäre.Wir meinen, dass die Regelung für einen längeren Zeitraum – wir sagen: bis zum 31.12.2012 – gelten muss, damit allen Betroffenen Planungssicherheit gegeben wird. Der Landeswohlfahrtsverband kann sich dann darauf einstellen,mit den Trägern stationärer Einrichtungen konkret darüber zu verhandeln,dass sie Plätze im stationären Bereich zugunsten von Plätzen im betreuten Wohnen abbauen. Dann muss der LWV ihnen aber anbieten können, das betreute Wohnen zu finanzieren. Wenn der Träger der stationären Hilfe sagt: „Baue mal bitte deine Plätze ab und kümmere dich um die Kommunen, die dir vielleicht bei der Finanzierung des betreuten Wohnens helfen“, dann ist das kein Erfolg versprechender Weg. Deshalb meinen wir, es muss über einen längeren Zeitraum bei der jetzt gefundenen Zuständigkeit bleiben.