Protokoll der Sitzung vom 16.06.2009

Es war ein gemeinsamer Beschluss aller Agrarministerinnen und Agrarminister und -senatorinnen und -senatoren. Nur einzelne Länder haben zusätzliche Protokollerklärungen abgegeben. Ansonsten haben alle dem zugestimmt, auch die von Ihnen genannten Länder.

Zusatzfrage, Frau Kollegin Erfurth.

Frau Ministerin, welche Maßnahmen sehen Sie denn als geeignet an, die Milchviehhalter, besonders auch die in Hessen, zu unterstützen, und wie beurteilen Sie die Tatsache, dass der Beschluss auf Bundesebene, die Agrardieselsteuer zu senken, in allererster Linie den großen Ackerbaubetrieben statt den kleinen Milchviehbetrieben zugute kommt?

Frau Staatsministerin Lautenschläger.

Zum einen haben alle Agrarministerinnen und Agrarminister ausdrücklich gemeinsam beschlossen, die Auszahlung der Betriebsprämie zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu ermöglichen, um die Liquidität der landwirtschaftlichen Betriebe zu verbessern. Gleichzeitig haben alle das Thema Agrardieselbesteuerung mit aufgenommen. Sowohl die Länder mit grüner als die auch mit SPDBeteiligung, CDU-Beteiligung, CSU-Beteiligung – alle haben dem zugestimmt, da es alle für einen kleinen Beitrag halten, in dem Sinne Betriebe entsprechend mit zu unterstützen.

Aber ich glaube, man muss nach der Diskussion, die wir schon im letzten Plenum geführt haben, sehr deutlich machen:All diese Maßnahmen – es gibt weitere, die ich noch aufzählen könnte, auch zum Haushalt, wie wir eigene Möglichkeiten schaffen, um die Liquidität in den Betrieben zu verbessern – werden schlichtweg keine Preisbildung ersetzen.

Wir haben in den letzten 20 Jahren mit Milchquoten erlebt,dass es nicht möglich war,eine vernünftige Steuerung EU-weit durchzuführen. Wir haben hohe Überlieferung, wir haben gleichzeitig ein Zusammenbrechen der Exportmärkte. Wir sollten jedenfalls nicht versuchen, jemandem vorzumachen, dass wir als Politik die Preise festsetzen können, sondern immer nur Hilfsprogramme darum he

rum ermöglichen können, was auch auf der Sonderagrarministerkonferenz sehr deutlich geworden ist.

Zusatzfrage, Herr Abg.Al-Wazir.

Frau Ministerin, Sie fordern es heraus, Stichwort „grüne Regierungsbeteiligung“: Wie viele Milchkühe gibt es in Hamburg und in Bremen?

(Heiterkeit bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Frau Staatsministerin Lautenschläger.

Herr Kollege Al-Wazir, wenn wir uns immer aus allen Themen heraushalten würden, wo wir in Hessen nicht direkt betroffen sind oder keine große Beteiligung haben, müssten wir in der Politik wahrscheinlich kurzfristig jeweils das Gehirn ausschalten. Ich glaube, dies trifft auch für die Hamburger GRÜNEN nicht zu.

(Beifall bei der CDU)

Letzte Frage, Frau Kollegin Erfurth.

Frau Ministerin,wäre es nicht den Versuch wert,die Landwirte in Hessen dadurch zu unterstützen, dass wir eine Kennzeichnung für fair bezahlte ohne Gentechnik erzeugte Milch aus regionaler und Landwirtschaft in Hessen einführen, um so Verbraucherinnen und Verbraucher zu animieren, fair erzeugte Milch zu erwerben?

Frau Staatsministerin Lautenschläger.

Frau Kollegin Erfurth, ich bin gern bereit, darüber zu reden, wie wir Milch besser kennzeichnen können.Aber wir haben auch mit den Unternehmen Erfahrung gemacht, die nicht nur hessische Produkte verkaufen;wir haben das letzte Mal von tegut gesprochen. Es ist nicht nur hessische Milch, die verkauft wird. Gleichzeitig ist leider nicht festzustellen, was hessische Milch ist.

Viel hessische Milch wird an Molkereien außerhalb Hessen geliefert. Das ist so also umzusetzen. Wir haben kleinere Molkereien.Aber der Großteil der hessischen Milch geht an große Unternehmen außerhalb.Wenn Sie z. B. die Schwälbchen-Molkerei nehmen, die bei uns sitzt: Die verkauft nicht nur hessische Milch, sondern auch rheinlandpfälzische und andere Milch. Mit Kennzeichnung ist dem

Verbraucher noch nicht geholfen. Wir müssen insgesamt bei den Molkereien eine bessere Struktur finden. Da sind alle gefordert, aber vor allem die, die in den Beiräten sitzen.

Ich rufe die Frage 74 auf. Herr Abg. Bocklet.

Ich frage die Landesregierung:

Welche rechtlichen bzw.politischen Möglichkeiten sieht sie, um Veranstaltungen des sogenannten „Ultimate Fighting“ in Hessen zu verhindern?

Herr Innenminister.

Herr Kollege, ich würde gerne auch die Frage des Kollegen Bauer – das ist Frage 84 – gleichzeitig mit beantworten. Sie geht praktisch in die gleiche Richtung.

(Zuruf des Abg. Marcus Bocklet (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Das ist okay. – Das Ultimate Fighting ist kein einheitlicher Begriff. Im Wesentlichen wird darunter eine Bewegung aus den USA verstanden, die verschiedene Kampfsportarten zusammenfasst. Das Wesentliche ist, dass die Beteiligten in einem Metallkäfig kämpfen, bis einer nicht mehr kann,und das Ganze großes Zuschauerinteresse findet.

Am vergangenen Samstag wurde das in Köln – nach meiner Kenntnis zum ersten Mal in Deutschland – unter großer Publikumsbeteiligung durchgeführt. Das Fernsehen hat die Veranstaltung live übertragen.

Bevor ich zu den rechtlichen Wertungen komme, will ich Folgendes sagen: Ich persönlich halte das für abscheulich.

(Allgemeiner Beifall)

Was dort geschieht,ist die nackte Brutalität und das Rechnen auf die dumpfen Instinkte des Publikums, das im Grunde genommen darauf hofft, dass dort einer wirklich ohne Kopf wieder hinausgeht.

Ich halte das für eine Degeneration des Sports. Aus meiner Sicht hat das alles wenig mit Sport zu tun. Das ist meine persönliche, wenn Sie so wollen, politische Antwort. Die rechtliche Antwort ist sehr viel schwieriger.

Als das Ganze noch nicht nach Regeln ging, konnten wir dort nach mindestens zwei Rechtsvorschriften eingreifen. Das eine ist § 33a der Gewerbeordnung,das andere ist das allgemeine Polizeirecht, bei uns in Hessen ist das der § 11.

Das funktioniert aber nur dann, wenn es sich nicht um überwiegend sportliche Darstellungen handelt. Auch § 7 des Jugendschutzgesetzes baut darauf auf. Das hat die Veranstalter und die International Fighting Championship Corporation dazu gebracht,sich ein Regelwerk zu geben. Dieses Regelwerk nimmt Elemente aus dem Boxen und anderem auf. Jedenfalls gibt es ein paar Dinge, die auch dort gelten: Es gibt Ringrichter, -ärzte und Regeln für den Abbruch eines Kampfes. Das Ziel ist, dass der

Kämpfer kampfunfähig sein muss oder der Ringrichter nach einer Vereinbarung das Ganze beendet.

Nach Prüfung aller Gesichtspunkte führt das zu dem Ergebnis, dass das nach Regeln geht, die dem Sport entnommen sind. Danach ist zwar § 33a der Gewerbeordnung einschlägig, aber nicht mit der Folge, dass man das verbieten kann. Denn bei einem überwiegend sportlichen Charakter einer Veranstaltung ist das gewerberechtlich nicht zu untersagen.

Die allgemeine Vorschrift unseres Polizeigesetzes scheitert wiederum daran, dass es sich um eine Kampfsportveranstaltung handelt, bei der die Kämpfer vorher ausdrücklich ihr Einverständnis auch zur Körperverletzung abgegeben haben. Das ist die juristische Brücke für jeden dieser Kämpfe.

Im Ergebnis bleibt dann noch die Anwendung von Art. 1 des Grundgesetzes, die Menschenwürde. Das ist ein weites und kompliziertes Feld. Hier muss mit der Veranstaltungsfreiheit und vielem anderen abgewogen werden.Aus Zeitgründen will ich das hier nicht alles vortragen.

Wir haben uns unter allen Ländern abgestimmt, auch mit den Kollegen in Köln. Denn es ist zu erwarten, dass so etwas irgendwann vielleicht auch in Hessen stattfindet.Aus Rechtsgründen sehen wir im Moment keine Chance, so etwas zu verbieten.

Aus politischen Gründen kann ich nur hoffen, dass das nicht Schule macht. Dieses Setzen auf rohe Gewalt, bis einer nicht mehr kann,ist aus meiner Sicht etwas,was in dieser Gesellschaft die völlig falsche Richtung angibt.

Insoweit wäre ich dankbar, wenn wir uns einig sind, dass wir versuchen – soweit wir politisch Einfluss nehmen können –, darauf hinzuwirken, dass möglichst wenige Leute dorthin gehen. In Gremien, in denen es um Fragen des Rundfunks und des Fernsehens geht, kann man die Frage diskutieren, ob man so etwas tatsächlich live übertragen muss. Wenn das alles dazu führt, dass sich die damit verbundenen Einnahmeerwartungen der Veranstalter nicht realisieren, dann haben wir die besten Chancen, dass solche – aus meiner Sicht – Entartungen des Sports in Hessen nicht stattfinden.

Zusatzfrage, Herr Kollege Bocklet.

Herr Minister, jetzt kenne ich eine Kommune in Hessen, in der der Wirtschaftsdezernent versucht, zu verhindern, dass solche Veranstaltungen in stadteigenen Hallen stattfinden. Halten Sie das für rechtlich haltbar?

Herr Innenminister.

Ich bin da sehr skeptisch. Wir haben diese Rechtsprechung zu den extremistischen Veranstaltungen. Soweit es sich um allgemein zugängliche und für öffentliche Veranstaltungen gewidmete Einrichtungen handelt,wird es sehr

schwer sein, den Verwaltungsgerichten nachzuweisen, warum der eine Veranstalter diese Möglichkeit bekommt, der andere aber nicht.

Ich weiß jetzt nicht, wo das ist. Vielleicht können wir das bilateral besprechen. Ich bin gern bereit, mich dort mit einzubringen.Aber aus heutiger Sicht habe ich eher Zweifel, dass das juristisch hält.

Meine Damen und Herren, das sind zwei Fragen zum selben Thema. Ich erweitere die Fragemöglichkeit, damit wir das korrekt behandeln. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. – Herr Kollege Frömmrich, Sie hatten sich gemeldet?

Das hat sich erledigt, ich hatte die gleiche Frage.

Der Fragesteller dürfte nur noch eine Nachfrage stellen.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Wir hatten die gleiche Frage!)