Protokoll der Sitzung vom 20.11.2013

In einer Tiefe zwischen 2.000 und 5.000 m – das wissen wir, und das wissen alle, die schon einmal Erdkunde gehabt haben – finden wir eine sehr warme Gesteinsschicht vor, in der Schwefel und andere Umweltgifte massig vorhanden sind. Das heißt, alles, was wir dort unten an „menschlichem“ Gemisch hineinspritzen, kann nicht so giftig sein, wie das, was dort unten ist. Das wissen wir alle von Vulkanausbrüchen und dem Hervortreten von tiefen Erdschichten. Im Übrigen wird Fracking auch schon dann gemacht, wenn Geothermie wie bei uns im Oberrheintal, insbesondere im Bereich Groß-Gerau, schon erfolgt ist. Dort wird auch Fracking gemacht, weil auch dort die Gesteinsschichten aufgespalten werden müssen, damit die Wärme eben entweichen kann.

Wir wissen, dass wir in Deutschland ein Potenzial von 0,7 Billionen m³ Erdgas als Minimum schlummern haben, bis zu einem Maximum von 2,3 Billionen m³. Ich will jetzt gar nicht ausrechnen, was das bedeuten würde, was für einen wirtschaftlichen Erfolg das für Deutschland bedeuten würde, wenn man nur einen kleinen Teil davon bergen könnte. Deswegen haben wir uns früh mit dieser Thematik auseinandergesetzt und geschaut: Was ist Fracking? Ist das wirklich in jedem Falle umweltschädlich, oder kann man sich das einmal in Ruhe anschauen und untersuchen?

(Torsten Warnecke (SPD): Anschauen kann man das nie!)

Deshalb hat die FDP-Fraktion dies von der Bundestagsfraktion übernommen, damals sogar von Herrn Altmaier; auch wir haben gesagt: In Trinkwassergewinnungsgebieten, in Wasserschutzgebieten kommt das nicht infrage, weil jedes Austreten der heutigen Frackflüssigkeit gefährdend ist. Wir wissen nicht, was in ein paar Jahren ist. Es wird an dem sogenannten Clean-Fracking geforscht, dass man eben Bestandteile in der Flüssigkeit hat, die nicht mehr trinkwassergefährdend oder wassergefährdend sind.

Insofern wissen wir nicht, was kommt. Aber derzeit sind sehr viele Tenside drin, das ist das, was Waschmittel ausmacht, um eben in den Gesteinsschichten die Poren aufrechtzuerhalten, um den Sand in die Gesteinsschichten, in die Splitterung der Gesteinsschichten zu transportieren. Die sind zwar biologisch abbaubar, aber kurzfristig für das Wasser gefährlich, und deswegen: Ausschluss von Trinkwassergewinnungsgebieten und Wasserschutzgebieten. Das ist auch eine vernünftige Lösung.

Wir haben auch gesagt: Das Bergrecht in der heutigen Form gibt im Übrigen den Anspruch darauf, zumindest einmal den Versuch zu unternehmen, zu schauen, was denn dort unten ist. Darauf komme ich gleich noch einmal zurück. Das Bergrecht hat aber aus heutiger Sicht einen, sagen wir einmal, kleinen Fehler: Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist im Moment nicht notwendig, wenn ein Betriebsplan vorgelegt wird. Deswegen haben wir frühzeitig gesagt: Wir wollen auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung, falls es zu einem Betriebsplan, d. h. zu einer tatsächlichen Förderung, kommt.

(Beifall bei der FDP)

Wir in Hessen wissen nicht einmal, ob wir Potenzial zur Förderung haben, und jetzt kommt der Antrag der LINKEN ins Spiel, die sagen, wir sollen das Bergrecht ändern, indem wir das Fracking in Hessen total verbieten.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Ja!)

Das ist ein typischer Antrag, wo wieder das Primat der Politik kommt und gesagt wird: Die Gesetzeslage interessiert uns überhaupt nicht, sondern wir entscheiden politisch, was wir wollen und was wir nicht wollen, und dann korrigieren die Gerichte,

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das „Primat der Politik“ wie bei Ihnen!)

wie wir das so häufig haben. Ob es die Verwaltungsgerichte, der Staatsgerichtshof oder das Bundesverfassungsgericht ist, pausenlos hauen uns die Gerichte politische Entscheidungen um die Ohren, weil die Politik glaubt, das Primat sei die Politik und nicht das Gesetz. Erst muss ein Gesetz geändert sein, und dann hat die Politik abzuwarten, ob das, was sie getätigt haben, dann auch wirklich Bestand hat. Wir haben momentan eine Rechtslage, bei der es einen Anspruch auf Aufsuchungserlaubnis gibt – jetzt komme ich auf das zurück, was ich eingangs gesagt habe – einen Anspruch darauf, einen Claim abzustecken und zu sagen: Ich investiere viel Geld, um zu schauen, ob dort unten förderfähiges Erdgas liegt. – Dies ist auch in Hessen leider versagt worden. Ich sage es ganz bewusst – Frau Puttrich hat es damals auch gesagt –: Ich habe nicht das Gefühl, dass wir hier der Rechtslage entsprechend gehandelt haben. Ich habe dagegen auch sehr opponiert und gesagt: Das geht so nicht, und jetzt werden wir sehen, wie die Gerichte entscheiden werden. – Auf jeden Fall haben wir als FDPFraktion, und dabei bleibe ich auch, gesagt: Wer die Chancen liegen lässt, der verkauft den Wert Deutschlands.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD: Oh!)

Herr Sürmann, vielen Dank. – Für die CDU-Fraktion hat sich Herr Kollege Landau zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, guten Morgen, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wenn man betrachtet, welche Punkte von dieser Tagesordnung abgesetzt worden sind, dann ist es schon mehr als erstaunlich, dass dieser Punkt auf der Tagesordnung verblieben ist.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Ja!)

Es kann der LINKEN wohl nur darum gehen, sich hier mit diesem heute zur Diskussion gestellten Antrag von allen Gegnern des Frackings als der entschiedenste darzustellen.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Das sind wir auch!)

Das entspricht Ihrer Überbietungsstrategie und nicht mehr.

(Beifall bei der CDU – Janine Wissler (DIE LIN- KE): Sie müssen nur zustimmen!)

In der Sache sind wir uns doch alle einig. Das haben etliche Runden im Fachausschuss und hier im Plenum gezeigt. Wir wollen gegenwärtig alle kein Fracking in Hessen und schon gar nicht nach dem heutigen Stand der Technik und des Verfahrens. Insofern ist Ihr Antrag eigentlich überflüssig.

(Beifall bei der CDU – Janine Wissler (DIE LIN- KE): Dann können wir es ja beschließen, das ist ganz einfach!)

Anders als in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Thüringen hat die Hessische Landesregierung eine entsprechende Aufsuchungserlaubnis untersagt.

Zur Sache selbst ist Folgendes zu sagen. In Hessen haben wir es mit einer sehr heterogenen und stark gestörten Geologie zu tun. In Nordhessen ist das Erdinnere sogar größtenteils eine Terra incognita. Von daher wäre schon allein deswegen größte Vorsicht geboten.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Ja!)

Im Umweltausschuss haben uns das HLUG und Frau Prof. Dr. Böhm von der Uni Marburg zudem aufgezeigt, wie eingeschränkt der Potenzialraum für Fracking in Hessen ist. So sind allein durch Wasser- und Heilquellenschutzgebiete 80 % der Flächen durch öffentliche Interessen einer Nutzung entzogen. Zudem wird von kompetenter Seite die Wirtschaftlichkeit einer Förderung im eng besiedelten hessischen Raum bezweifelt. Betrachtet man die von uns allen, oder von fast allen, gesehenen Risiken durch Unfälle mit wassergefährdenden Stoffen, Risiken des Flowbacks oder auch hinsichtlich der Seismizität, dann spricht derzeit nicht sehr viel für diese doch relativ wenig aussichtsreiche Nutzung. Für uns, die CDU-Landtagsfraktion, hat der Schutz von Mensch und Umwelt allerhöchste Priorität – Punkt.

(Beifall bei der CDU)

Nun zu Ihrem Antrag von den LINKEN. Sie fordern, um Fracking zu verbieten, eine Änderung der Hessischen Bergverordnung. Weg und Ziel passen hier aber bei Ihnen nicht zusammen. In den §§ 65 bis 67 des Bundesbergbaugesetzes findet sich der Rahmen dessen, was wir in Hessen regeln können. Fracking selbst kann in diesem Rahmen nicht unmittelbar verboten werden; eine sozusagen präventive Untersagung ist nicht möglich. Wir können lediglich Bedingungen verschärfen.

Dies wohl wissend, fordern Sie in Ihrem Antrag eine Bundesratsinitiative. Dazu wäre zu sagen, dass bereits im Fe

bruar dieses Jahres in einer Entschließung des Bundesrates mit Zustimmung des Landes Hessen mehr Umweltschutz beim Fracking eingefordert wurde. Der Bundesrat hat dabei von der Bundesregierung Rechtsänderungen im Hinblick auf eine obligatorische Umweltverträglichkeitsprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung gefordert. Der Einsatz umwelttoxischer Chemikalien wird bis zur zweifelsfreien Klärung ihrer Risiken abgelehnt. Auch eine Erweiterung des Geltungsbereichs des Bergschadenrechts auf solche Tiefbohrungen wurde gefordert. Das alles setzt im Ergebnis denkbar hohe Hürden für Fracking.

Lassen Sie mich zum Abschluss also kurz zusammenfassen: Fracking wird es in Hessen derzeit und in naher Zukunft nicht geben, nicht wegen Ihres Antrags, den wir nicht brauchen und deshalb ablehnen, sondern aus den Gründen, die ich eben vorgetragen habe. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr, Herr Landau. – Als Nächster spricht Herr Ackermann für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Fracking ist ein Thema, welches hier vor etwa zwei Jahren wie ein Gespenst aufgetaucht ist und unser ganzes Land verunsichert. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben bereits 2011 durch Anträge und breite Information der Bevölkerung verdeutlicht, welche Risiken mit Fracking einhergehen. Meine Vorredner haben dies auch schon deutlich gemacht. Das hat dazu geführt, dass die nordhessische Region in einem einzigartigen demokratischen Schulterschluss – allerdings mit Ausnahme von einigen FDP-Politikern – signalisiert hat: In Hessen gibt es mit uns kein Fracking.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Letztlich bin ich mir sicher, dass dieses starke Signal Ministerin Puttrich veranlasst hat, dem Antrag auf Aufsuchung für Adler South keine Genehmigung zu erteilen.

Ich erhoffe mir auch von dem kommenden Landtag, dass er in der nächsten Legislaturperiode weiter das Signal gegen diese Hochrisikotechnologie hochhält.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, besonders von der FDP, Trinkwasserschutzzonen rein zu schützen, reicht bei Fracking nicht aus. Wir wissen heute durch Geologen, dass Dinge, die ich in tiefen Lagen von über 1.000 m im Raum Sontra einbringe, in Bad Wildungen wieder zutage treten. Herr Landau hat es deutlich gesagt, wir reden hier von einer Terra incognita. Wir müssen genau hinschauen, was dort passiert und können nicht einfach sagen: Wir genehmigen das und warten ab, was passiert. – Meine Damen und Herren, diese Politik ist mit uns nicht zu machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen aus der LINKENFraktion, deshalb ist es so wichtig, dass wir in Hessen Fracking rechtssicher verhindern. Sie sind mit Ihrer Intention grundsätzlich auf dem richtigen Weg. Dass das Bundesberggesetz dringend geändert werden muss, ist eine Forde

rung, welche unsere Bundestagsfraktion bereits im Dezember 2011 in den Bundestag eingebracht hatte.

Ihr Antrag ist mit der Forderung nach einem Verbot etwas zu einfach gemacht. Wir hätten uns eine detailliertere Gesetzesvorlage gewünscht, damit wir auch entsprechende Stellungnahmen der Fachleute hätten hören können. Trotzdem werden wir dem zweiten Teil Ihres Antrags zustimmen, um den Prozess weiter nach vorne zu tragen und das Ganze zu unterstützen. Bei dem ersten Teil werden wir uns enthalten; dazu ist schon genug gesagt worden.

Meine Damen und Herren, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich auf Bundes- und Landesebene schon immer gegen diese Hochrisikotechnologie ausgesprochen. Ich sage es für uns noch einmal deutlich: Fracking mit uns in Hessen nicht. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Ackermann, ganz herzlichen Dank. Das war Ihre erste Rede im Hessischen Landtag. Ich gratuliere dazu herzlich. Das nenne ich Karriere: zwei Tage im Landtag und schon die erste Rede.

(Allgemeiner Beifall)

Herr Gremmels, Sie haben sich für die SPD-Fraktion zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema Fracking hat den Hessischen Landtag schon öfter beschäftigt. Ich prognostiziere: Wie immer die Regierungsbildung in Hessen weitergeht, es wird uns auch in Zukunft des Öfteren beschäftigen.

(Beifall des Abg. Torsten Warnecke (SPD))

Das ist auch gut so, weil es ein wichtiges Thema ist, das die Gemüter der Menschen erhitzt. Der Kollege Ackermann konnte es nicht wissen: Das Thema haben mein Kollege Heinz Lotz und ich durch zwei Kleine Anfragen hier im Landtag eingebracht – nur damit es im Protokoll ordentlich vermerkt ist.