Hier geht es um ein viel zu ernstes Problem, nämlich um die Gewalt gegen Polizeibeamte, Feuerwehrleute und auch Rettungskräfte. Dieser Beschluss muss daher unbedingt umgesetzt werden.
Der Beschluss der Innenministerkonferenz wird auch nicht dadurch ersetzt, dass es in Hessen seit dem 1. März 2009 an der Polizeischule in Wiesbaden eine Koordinierungsstelle gibt, die alle Angriffe auf Polizeibedienstete erfasst. Die hierbei zu erwartenden Ergebnisse und deren
Einbeziehung in die polizeiliche Fortbildung lösen das Gesamtproblem nicht und greifen daher letztlich zu kurz, wenn das nur – wie angekündigt – dazu führt, dass Angriffe besser abgewehrt werden können. Vielmehr bedarf es darüber hinaus umfangreicher Maßnahmen insbesondere auf dem Gebiet der Prävention, um diese gewalttätigen Übergriffe zu verhindern.
Ich darf noch einmal daran erinnern, worum es geht. Sicherheits- und Rettungskräfte leisten oftmals eine schwierige Arbeit: am Rande von Demonstrationen, bei Großveranstaltungen, bei Ausschreitungen, bei Fällen häuslicher Gewalt oder bei scheinbar harmlos wirkenden Alltagseinsätzen, die dann eskalieren. Dem muss mit einer Vielzahl von Maßnahmen möglichst wirkungsvoll begegnet werden. Ein Ansatz dabei ist auch die Wertschätzung, die man insbesondere der Arbeit der Polizei entgegenbringt.
Meine Damen und Herren von den GRÜNEN, anders als in allen anderen Fällen geht es auch hier darum – darüber muss diskutiert werden –, ob der Strafrahmen des § 113 StGB, in dem es um Widerstandshandlungen gegen Polizeibeamte geht,heraufgesetzt werden muss.Es ist nämlich nicht vermittelbar, dass jemand für einen einfachen Diebstahl zu einer Haftstrafe bis zu fünf Jahren verurteilt werden kann, während ein tätlicher Angriff auf einen Beamten – Widerstandshandlung – lediglich mit zwei Jahren Haft bestraft wird.
Das hat etwas mit der gesamten Normwertung im Kontext der Gesellschaft zu tun. Deswegen muss man auch darüber reden.
Aber natürlich muss es darüber hinaus präventive Maßnahmen geben. Ich hätte mir gewünscht, dass heute ein Antrag durchgekommen wäre, der einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet hätte: der Antrag der Fraktion der SPD zu einem Konzept für die Schulsozialarbeit. Das ist ein sehr probates Mittel, mit dem auch bei Jugendlichen die Gewaltbereitschaft frühzeitig verhindert werden kann. Deshalb muss dieses Haus seine Anstrengungen verstärken.
Meine Damen und Herren von der Landesregierung, ich fordere Sie auf: Kehren Sie zu dem Beschluss der Innenministerkonferenz zurück. Tragen Sie die Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen mit. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Um es vorweg zu sagen: DIE LINKE lehnt Gewalt
gegen jede Frau, jeden Mann und jedes Kind ab.Also verurteilen wir auch Gewalt gegen Polizeibeamte, Feuerwehrleute und Rettungskräfte.
Wir bestreiten nicht, dass es bei der Gewalt gegen Polizisten eine Zunahme gibt. Wir fragen uns aber, was die Ursachen für diese Zunahme physischer Gewalt in unserer Gesellschaft sind.
Steigende Kinderarmut,steigende Jugendarbeitslosigkeit, die Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse, Löhne, die oft nicht zum Leben reichen und keine Perspektive bieten, eine Hartz-IV-Perspektive nach zwölf Monaten Arbeitslosigkeit gerade in der jetzigen Wirtschaftskrise: Dies ist ein kleiner Ausschnitt der Themen,über die hier in diesem Zusammenhang geredet werden muss.
Um richtig verstanden zu werden: Wir wenden uns nicht gegen die systematische Erfassung von Angriffen auf Polizeibedienstete, wie es im SPD-Antrag gefordert und angesprochen worden ist.An diesem Punkt darf die Debatte jedoch nicht enden.
Die richtigen Fragen befinden sich unserer Ansicht nach im Antrag der GRÜNEN, den wir ausdrücklich begrüßen, weil er auch den Diskussionsstand unserer Fraktion wiedergibt: nach dem allgemeinen Anstieg der Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft – gern würde ich hinzufügen: und der Ursachen hierfür – und bei der Weiterentwicklung der Gewaltprävention.
Das steht in dem Änderungsantrag der GRÜNEN. Auch wir wollen unterstreichen – das sehen die Gewerkschaften auch so –, dass mit einer Erhöhung des Strafrahmens die zunehmende Gewalt in der Gesellschaft nicht beseitigt werden kann.
Analphabetismus beseitigt man am besten mit guter Bildung und guten Lebensperspektiven. – Vielen Dank.
Herr Kollege Schaus, vielen Dank. – Nächster Redner ist Herr Kollege Frömmrich. Er spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Frau Präsidentin, vielen Dank. – Ich glaube, dass es ganz gut ist, dass man, nachdem jetzt der Pulverdampf weg ist, der dadurch entstanden ist, dass es um die Stellenzahl gegangen ist, einmal ganz ernsthaft über ein Thema redet, bei dem wir uns in diesem Hause eigentlich alle einig sein müssten. Deshalb haben wir auch nur einen Änderungsantrag zu dem Antrag der Fraktion der SPD gestellt. Denn es ist natürlich wichtig, über dieses Thema zu reden. Dabei darf man nicht den alten Erklärungsmustern teilweise verhaftet bleiben. Vielmehr sollte man sich einmal über die grundsätzlichen Tendenzen in unserer Gesell
Am Anfang meiner Rede möchte ich aber sagen, dass wir uns natürlich bei einem einig sein müssen. Ich glaube, das betrifft das gesamte Haus. Solche Gewalttaten gegen Polizisten, gegen die Feuerwehrleute und gegen die Leute des Rettungsdienstes müssen natürlich verurteilt werden. Das ist schlimm. Solche Angriffe auf die Beamtinnen und Beamten,auf die Feuerwehrleute und die Rettungssanitäter können nicht hingenommen werden. Natürlich verurteilen wir das.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Nancy Faeser (SPD) und Janine Wissler (DIE LINKE))
Insbesondere ist das natürlich für diejenigen schlimm, die sich ehrenamtlich engagieren,also für die Feuerwehrleute und die Rettungsdienstsanitäter, die ihre Freizeit opfern und sich im besten Geiste für den Mitmenschen zur Verfügung stellen und sich dann auch noch solchen Angriffen auf ihre Person ausgesetzt sehen.
Ich glaube, das sind ganz schlimme Tendenzen, über die wir uns alle Gedanken machen müssen.Daran müssen wir arbeiten. Ich glaube, da müssen wir auch einmal aus den einfachen Erklärungsmustern herausgehen.
Frau Kollegin Faeser, das Nächste sage ich in Ihre Richtung. Ich glaube, der Reflex, der sich da zum Teil einstellt, dass man sagt: „Wir haben es mit einem Problem zu tun, dann schauen wir einmal, ob der Strafrahmen ausreicht“, reicht in dieser Situation nicht aus. Ich glaube, Sie werden mit der Erhöhung des Strafrahmens keinen derjenigen, die, aus welchen Gründen auch immer, solche Gewalttaten begehen, davon abhalten, diese Gewalttaten zu begehen.
Das Nächste sage ich in Richtung des Herrn Kollegen Schaus.Ich glaube,auch der andere Reflex, all das mit den sozialen Verwerfungen und Hartz IV und solchen Dingen zu begründen, greift nicht zu 100 %. Da müssen alle einmal aus ihren Schützengräben herauskommen und wirklich inhaltlich darüber diskutieren, wo sich die Gesellschaft befindet. Wir müssen über die Ursachen der Gewalt diskutieren. Wir müssen über die Präventionsmaßnahmen diskutieren. Da sehe ich für uns als Mitglieder dieses Parlamentes und für uns als Mitglieder des Innenausschusses eine Aufgabe.
Ich glaube,dass wir am heutigen Tag etwas Wichtiges nicht gemacht haben. Eines kann nicht sein. Wir unterhalten uns heute über die Verrohung und über die Gewalt, über die Gewalt der jungen Menschen, aber auch der Erwachsenen. Wir haben uns heute Vormittag über die Schulsozialarbeit unterhalten. Heute Nachmittag unterhalten wir uns über Gewalt.Wir hätten der Debatte heute Vormittag einen guten Dienst erwiesen, wenn wir etwas für die Weiterführung der Schulsozialarbeit getan hätten. Ich glaube, dann hätten wir etwas gegen Gewalt und für die Gewaltprävention geleistet.Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, da haben Sie heute eine wichtige Chance vertan.
Ich glaube, dass wir in unserem Änderungsantrag ein paar Dinge angesprochen haben. Frau Kollegin Faeser, da werbe ich einfach für unseren Änderungsantrag.Wir werden das im Innenausschuss besprechen.
In Nr. 3 unseres Änderungsantrags steht, dass wir einmal prüfen wollen, ob der Eindruck, der sich verfestigt, richtig ist. Ich weiß das nicht. Ich habe dafür keine Belege. Deswegen wollen wir einmal schauen, ob das richtig ist.
Wir wollen auch schauen, ob die Maßnahmen, die wir zurzeit schon im Bereich der Gewaltprävention machen, wirklich greifen.Wir wollen wissen, wie sie greifen und ob wir da nicht mehr machen müssten. Das betrifft sowohl die Schule als auch die außerschulische Arbeit. Das betrifft aber auch die Arbeit mit Erwachsenen. Denn es geht hier nicht nur um die Jugendlichen. Das muss man sich also ganz genau anschauen.
Ich glaube, wir müssen auch eine Debatte führen, die man in diesem Haus ruhig einmal führen sollte. Dabei geht es um die Frage, wie gewalttätig unsere Gesellschaft eigentlich geworden ist. Dabei geht es um die Verrohung der Menschen.
Wenn man sich die Bilder anguckt, wie z. B. in München – ich glaube, da war es – dieser ältere Mann zusammengeschlagen wurde, dann stellt sich die Frage: Was geht in einem Menschen vor, der mehrfach gegen den Kopf eines Menschen tritt, weggeht, wieder zurückkommt und wieder zutritt? Was geht in dem Kopf eines solchen Menschen vor? Dafür würde ich gerne eine Erklärung haben, wenn es die gibt. Da würde ich nicht gerne mit den einfachen Antworten arbeiten.Vielmehr würde ich mich damit gerne intensiver beschäftigen.
Ich möchte mich noch mit einem anderen Thema beschäftigen. Da sind wir von der Frage der jugendlichen Gewalt ganz weit entfernt.Was geht eigentlich in dem Kopf eines Polizeibeamten vor, der bei der Bundespolizei arbeitet, am Wochenende seine Uniform auszieht, nach Berlin fährt, sich dort an der Randale beteiligt und gegen die eigenen Kolleginnen und Kollegen vorgeht? Er hat dort mit Steinen auf seine Kollegen geworfen. Es handelt sich um einen Polizeibeamten. Er wurde zum Bundespolizisten ausgebildet.Da frage ich mich auch:Was geht in dem Kopf eines solchen Menschen vor?
Wenn man sich nur diese beiden Fragestellungen vergegenwärtigt, komme ich zu der Auffassung, dass man mit den Erklärungsmustern von gestern keine Antworten für die Problemlagen von heute findet. Darüber würde ich gerne einmal einen breiteren Diskurs führen. – Herzlichen Dank.
Frau amtierende Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Mitglieder der CDU-Fraktion werden dem Antrag der SPD-Fraktion zustimmen. Wir verzichten auch bewusst darauf, einen Änderungsantrag zu stellen und kleinere redaktionelle Änderungen vorzunehmen, um zu sagen:Wir können das besser.